Nosferatu - Phantom der Nacht |
Horror-Meisterwerk von Werner Herzog
Kategorie:
Filme -
Autor: Björn Flügel - Datum:
Samstag, 29 Oktober 2011 |
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Kurzinhalt: Jonathan Harker begibt sich auf die Reise von Wismar nach Transsilvanien, um mit dem dort lebenden Graf Dracula ein Immobiliengeschäft abzuschließen. Als dieser zufällig ein Bild von Harkers Frau Lucy zu Gesicht bekommt, unterschreibt er ohne weitere Verhandlungen den Kaufvertrag. In der folgenden Nacht wird Harker von Dracula aufgesucht und gebissen - Dracula ist tatsächlich ein leibhaftiger Vampir! Während dieser per Schiff nach Wismar reist, flieht Harker, doch der "Vampir-Virus" schwächt ihn zunehmend. Als das Schiff schließlich Wismar erreicht, strömen unzählige Ratten an Land. Die Pest bricht aus, und der Vampir hat leichtes Spiel, seinen Opfern, insbesondere Lucy, nachzustellen. Review: ![]() Einem Film dieser Bedeutung und Tragweite ein angemessenes Denkmal zu setzen, ist ein schwieriges Unterfangen. Werner Herzog, der sich mit seinen akribischen Dokumentarfilmen, aber auch mit seinen visionären Spielfilmen international einen Namen gemacht hatte, wagte sich 1979 an eine Neuverfilmung und eine Hommage an Murnaus Stummfilmklassiker. Die Anforderungen waren hoch: Zum einen musste die Neuauflage das Original entsprechend würdigen, zum anderen musste sie mindestens die selbe Wirkung entfalten wie Murnaus Vorlage. Murnau hatte mit seinem "Nosferatu" das (Horror-) Kino revolutioniert, er erschuf den Vampirfilm, der seit beinahe einem Jahrhundert als Vorbild für ein ganzes Genre gilt, und er machte seinen damaligen Hauptdarsteller, Max Schreck, zu einer Legende. Außer Herzog hätte wohl niemand ein solches anspruchsvolles, ehrgeiziges Projekt realisieren können. Und ihm war klar, dass der Erfolg bzw. das Funktionieren seines "Nosferatu" ebenso wie Murnaus Original maßgeblich von seinem Hauptdarsteller abhängig war. Er entschied sich für Klaus Kinski, mit dem er bereits 1972 an seinem viel beachteten Abenteuerfilm "Aguirre, der Zorn Gottes" zusammengearbeitet hatte. Herzog und Kinski drehten über die Jahre fünf gemeinsame Filme, und diese zählen zweifelsfrei zu den Sternstunden des deutschen Films, und auch wenn Kinskis Tobsuchtsanfälle ständig die Dreharbeiten behinderten, pflegten sie doch eine tiefe, von gegenseitigem Respekt geprägte Freundschaft. Herzog wird in Bezug auf seinen "Nosferatu" gerne mit den Worten zitiert: "Wenn der Kinski das nicht gemacht hätte, dann hätte ich den Film nicht gedreht!" ![]() Herzog nimmt sich viel Zeit, um die verschiedenen Aspekte der altbekannten "Dracula"-Story näher zu beleuchten. So erhalten z.B. Jonathans Gefangenschaft auf dem Schloss sowie seine spätere Wandlung zum Vampir, aber auch Draculas Leiden und Todessehnsucht einen hohen Stellenwert. Weiterhin schweift Herzog in Teilen drastisch von Murnaus Vorlage ab, indem er die Pest zu einem dominierenden Handlungsbestandteil ausbaut. Was Murnau seinerzeit auf Grund technischer Gegebenheiten lediglich andeuten konnte, treibt Herzog vollends auf die Spitze und liefert möglicherweise den "Dracula" ab, den Murnau im Sinn hatte, aber nicht realisieren konnte. Er orientiert sich dabei deutlich an den uralten Sagen und Legenden, die den Nosferatu als abstoßende, todbringende Kreatur beschreiben und eben die Ratte als Symboltier benennen. Die Bilder, in denen die Ratten Wismar übervölkern, in denen die Pestopfer aus ihren Häusern getragen werden und in denen sich die wenigen noch Lebenden mit einem Totentanz selbst zelebrieren, sind extrem beklemmend und verbleiben im Gedächtnis. Auf diese Weise hat noch kein (Leinwand-) Vampir gewütet. Und sie belegen Herzogs außergewöhnliche Fähigkeit, sein Publikum zu bannen und emotional aufzuwühlen. ![]() Fazit: Das geniale Gespann Herzog / Kinski hat einige herausragende Filmproduktionen hervorgebracht. Bei "Nosferatu - Phantom der Nacht" dürfte es sich um das Meisterstück handeln. Herzog behandelt den Stummfilmklassiker von Friedrich Wilhelm Murnau mit allergrößtem Respekt und versucht, dessen Intention auf seine Hommage zu übertragen. All das, was Murnau 1922 nicht möglich war, greift Herzog auf und zeigt den "Dracula", den Murnau sich wohl vorstellte, angefangen bei der Namensgebung der Protagonisten bis hin zur eindringlichen Darstellung der Pest. Jedoch möge man nicht den Fehler begehen, den Film als weitere "Dracula"-Verfilmung zu verstehen, vielmehr bezieht er sich auf die alten Vampirmythen und -sagen. Tatsächlich basiert die Handlung nur lose auf Stoker, das Ende unterscheidet sich sogar grundlegend von Murnau. Der Film verlangt seinem Publikum freilich einiges an Geduld und Aufmerksamkeit ab, er lässt sich eben nicht "so nebenbei" anschauen. Der geneigte Zuschauer wird allerdings mit einem Augenschmaus voller Symbolik und Ästhetik belohnt. Er ist ein Kunstwerk, bedacht darauf, einem der wegweisendsten Filme der Geschichte ein würdiges Denkmal zu setzen. Schockmomente sucht man hier vergeblich, die schauerhafte Atmosphäre entsteht ausschließlich aus den raffinierten Bildkompositionen und der Dramaturgie, die mit den menschlichen Urängsten spielt. Dass Herzogs "Nosferatu" nicht derart revolutionär und bahnbrechend wie Murnaus Original sein kann, versteht sich von selbst. (Die Grundregel lautet: Stelle niemals dein Vorbild in den Schatten!) Nach all den Lobhuldigungen wird es an dieser Stelle niemanden verwundern, wenn ich die Frage, ob Herzog die Erwartungen erfüllt, eindeutig mit "Ja!" beantworte. Er besinnt sich auf die Ursprünge des Vampirfilms und zeigt dadurch auf, wie sehr sich das Genre und die Filmkunst an sich weiterentwickelt haben. Mit dem falschen Hauptdarsteller hätte die Neuverfilmung niemals gelingen können, doch an Kinskis Performance besteht kein Zweifel. Sicher eine der besten Rollen in der Filmographie dieses genialen Ausnahmeschauspielers. Wertung:10 von 10 Punkten
Björn Flügel
(Bilder © Arthaus)
Mitreden! Sagt uns eure Meinung zum Film im SpacePub! Weiterführende Links: Halloween-Special Wer ist Nosferatu? - Auf den Spuren eines uralten Vampir-Mythos
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