Vampire Nation
"28 Days Later"-Verschnitt mit Vampiren Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Samstag, 08 Oktober 2011
 
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Vampire Nation
(Stake Land, USA 2010)
 
Vampire Nation
Bewertung:
Studio/Verleih: Glass Eye Pix/Splendid Film
Regie: Jim Mickle
Produzenten: U.a. Derek Curl, Larry Fessenden, Adam Folk, Brent Kunkle & Peter Phok
Drehbuch: Nick Damici & Jim Mickle
Filmmusik: Jeff Grace
Kamera: Ryan Samul
Schnitt: Jim Mickle
Genre: Horror
DTV-Release (Deutschland): 30. September 2011
Kinostart (USA): 01. Oktober 2011 (Woodstock Film Festival)
Laufzeit: 98 Minuten
Altersfreigabe: Ab 18 Jahren
Trailer: klick
Kaufen: Blu Ray, DVD
Mit: Connor Paolo, Nick Damici, Michael Cerveris, Danielle Harris, Kelly McGillis, Bonnie Dennison u.a.


Kurzinhalt: Eine Vampir-Epidemie hat weite Teile der Menschheit ausgelöscht, oder in blutrünstige Monster verwandelt. Eine Familie möchte gerade fliehen, als es einem der Vampire gelingt, sich in das Haus zu schleichen. Nur dank der Hilfe eines Vampirjägers, den alle nur "Mister" nennen, bleibt ihr 17-jähriger Sohn Martin als Einziger am Leben. Fortan zieht er auf Wunsch des sterbenden Vaters mit "Mister" durch die USA, immer weiter gen Norden, wo sich die vampirfreie Zone "New Eden" befinden soll. Doch der Weg dorthin ist nicht nur mit neuen Bekanntschaften, sondern auch mit Gefahren gepflastert – die über die reine Bedrohung durch die blutrünstigen Vampire hinausgeht. Denn um nach "New Eden" zu gelangen, muss man das Gebiet der Bruderschaft durchqueren, einer religiöse Sekte unter der Führung von Jebedia Loven – den sich Mister schon bald zum Feind macht…

Review: ImageDie Inhaltsangabe dürfte es wohl schon deutlich machen: "Vampire Nation" teilt einige Gemeinsamkeiten mit "28 Days Later" und muss sich als solches den Vergleich mit Danny Boyle's Dystopie gefallen lassen – und zieht dabei (wenig überraschend) in allen Belangen den Kürzeren. Doch nicht nur an Danny Boyle's modernen Horror-Klassiker, auch an "I am Legend" fühlte ich mich – wohl nicht zuletzt aufgrund der Vampire – teilweise erinnert (und auch diesem muss er sich recht klar geschlagen geben). Mit dem vergleichsweise geringen Budget dieses Indie-Horrors hat es indes aus meiner Sicht nicht das Geringste zu tun, das er gegenüber der Konkurrenz so enttäuschend abschneidet. Vielmehr sind kleinere und größere Schwachpunkte der Produktion an sich dafür verantwortlich, die in erster Linie auf das Konto von Regisseur und Drehbuchautor Jim Mickle gehen – wobei auch sein Co-Autor Nick Damici sicher nicht ganz unschuldig ist.

Die Probleme des Films beginnen schon beim Off-Kommentar, ein Stilmittel, dass aus meiner Sicht ungemein schwer vernünftig hinzubekommen ist. Für jedes positive Beispiel wie "Kiss Kiss Bang Bang" gibt es fünf schlechte wie z.B. die schwülstigen Kommentare aus "10.000 BC". Generell ist solch ein Stilmittel oft ein Anzeichen dafür, dass der Regisseur seinen eigenen Fähigkeiten, die Geschichte zu zeigen – statt sie uns quasi vorlesen zu lassen – nicht vertraut. Die Empfindungen und Gedanken der Figuren sollte man mir eigentlich mittels Inszenierung, Musik und den schauspielerischen Leistungen vermitteln. Sonst kann ich mir ja gleich einen Roman aus dem Regal nehmen und munter drauf los lesen – da brauch ich dann keinen Film zu schauen. Leider fallen auch die Off-Kommentare aus "Vampire Nation" in diese Kategorie. Bemüht-schwermütig, lassen sie uns an den Gedanken der Hauptfigur teilhaben in der Hoffnung, dass wir zumindest dadurch eine Beziehung zu ihm aufbauen würden. Stattdessen beginnen sie leider mit der Zeit richtiggehend zu Nerven, da allzu oft das allzu offensichtliche ausgesprochen wird. Was ebenfalls mit der Zeit an meinen Nerven zehrte, ist die sich ständige wiederholende Musik. Mir ist schon klar, dass das Budget bei dieser Produktion sehr gering war, aber wenn ihr es euch nicht leisten könnt, ein paar abwechslungsreiche Tracks komponieren zu lassen, dann müsst ihr halt die bittere Pille schlucken und auf Musik nur bei vereinzelten Szenen zurückgreifen – und in den anderen Momenten die schauspielerischen Leistungen, die Inszenierung, bzw. generell das Geschehen auf der Leinwand für sich selbst sprechen lassen.

ImageGenerell fehlt es "Vampire Nation" leider an irgendeiner Besonderheit – dem Quentchen Originalität, dass ihn von anderen Filmen abheben und ihn damit trotz der Schwächen lohnenswert machen würde. Im Gegenteil, wie beim Einstieg schon erwähnt erinnern zu viele Szenen und Elemente an andere, bessere Filme. Auch vor typischen Genre-Klischees und ausgelutschten Szenen macht Jim Mickle nicht halt. Am negativsten ist mir hier jener Moment aufgefallen, als sich eine Figur, die von der Gruppe abgeschnitten ist, während eines Vampir-Angriffs das Leben nimmt. Als der Schuss ertönt, schauen auf einmal alle anderen in die entsprechende Richtung, bedeutungsschwangeren Blick inklusive. Das Problem daran: Die entsprechende Figur hat nur wenige Momente zuvor bereits einen Schuss abgegeben, um sich gegen die Vampire zur Wehr zu setzen. Aber irgendwie hat die Gruppe wohl gespürt, dass das nur ein "normaler" Schuss war – denn da hat sich keiner umgedreht und hat traurig-bedrückt in die Kamera geschaut. Aber vielleicht klingen Selbstmordschüsse ja auch anders als "normale", keine Ahnung. Hab's noch nicht ausprobiert…

All diese Kritikpunkte sind aber sogar noch vergleichsweise marginal – ganz im Gegensatz zum teilweise völlig bescheuerten Verhalten der Figuren. Vor allem "Mister" hat mit der Zeit bei mir jeglichen Respekt verloren. Er soll angeblich dieser große, clevere mega-erfolgreiche Vampir-Jäger sein, gefürchtet im ganzen "Stake Land" (so der Originaltitel) – fällt jedoch gegen Ende des Films auf den ältesten Trick der Welt hinein, als er sich von einer schlafenden, sich in verletzlicher Lage befindlichen Figur weglocken lässt. Am schlimmsten fand ich aber wieder einmal das typische Genre-Klischee, dass die Guten wenn sie den Bösen endlich geschnappt haben es partout nicht schaffen, auf Nummer sicher zu gehen. So wie "Mister" Jebedia hier zurücklässt, war klar, dass da noch etwas kommen wird. Das was dann kam erschien mir aber zu allem Überfluss auch noch ungemein unschlüssig und konstruiert, (Achtung, Spoiler!) ist es doch von allen bisher Infizierten just der böse Bube, der sich auch nach der Verwandlung in einen Vampir noch seine Erinnerungen, seine Intelligenz und Sprachfähigkeit bewahrt (Spoiler Ende). Gänzlicher Reinfall ist "Vampire Nation" trotzdem keiner. Wenn ihn das von ihm mitverfasste Drehbuch nicht dazu zwingt, sich völlig bescheuert zu verhalten, kann Nick Damici als "Mister" durchaus überzeugen. Auch die anderen Schauspieler und –innen liefern (mit Ausnahme von Connor Paolo, der in der Hauptrolle erschreckend uncharismatisch und blass bleibt) gute Leistungen ab, wobei mir vor allem noch Danielle Harris und Kelly McGillis positiv aufgefallen sind. Auch die Inszenierung von Jim Mickle ist grundsätzlich nicht schlecht, und fängt die düstere Atmosphäre des Films gut ein. Trotzdem war er aufgrund der vorhandenen Schwächen definitiv der schlechteste Film, den ich beim diesjährigen /slash Filmfestival gesehen habe…

Fazit: ImageDem Horror-Subgenre des Vampirfilms wurde in den letzten Jahren einige neue Impulse gegeben – "Vampire Nation" gehört leider nicht dazu. Nach gutem Beginn offenbart er sich allzu bald als – unterlegener – "28 Days Later"-Verschnitt, der zudem unter einigen inszenatorischen Entscheidungen leidet, insbesondere den Off-Kommentaren und der sich ständig wiederholenden Musik. Beides zehrt mit der Zeit mehr an den Nerven, als es die Spannung des Films je vermag. Der größte Schwachpunkt sind jedoch einige konstruierte Entwicklungen und das teilweise strunzdumme Verhalten der Protagonisten. Immerhin inszeniert Jim Mickle atmosphärisch dicht und fängt die düstere Stimmung der "Vampire Nation" gelungen ein. Auch die eine oder andere nette, angesichts des mickrigen Budgets durchaus beachtliche Einstellung und Szene präsentiert er. Und auch die schauspielerischen Leistungen vermögen es überwiegend, zu überzeugen. Angesichts der Schwächen kann ich jedoch für dieses "Land der Pfähle" leider keine Reiseempfehlung aussprechen…

Wertung:4 von 10 Punkten


Christian Siegel
(Bilder © Splendid Film)


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Weiterführende Links:
Halloween-Special
Review zu "28 Days Later"
Homepage des "/slash Filmfestivals"







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