Midnight in Paris
Woody Allens jüngstes Meisterwerk Kategorie: Filme - Autor: C. Siegel | M. Spieler - Datum: Dienstag, 23 August 2011
 
Oscars 2012

Midnight in Paris
(Midnight in Paris, USA/Spanien 2011)
 
Midnight in Paris
Bewertung:
Studio/Verleih: Versátil Cinema/Concorde
Regie: Woody Allen
Produzenten: U.a. Letty Aronson, Jaume Roures & Stephen Tenenbaum
Drehbuch: Woody Allen
Filmmusik: -
Kamera: Darius Khondji
Schnitt: Alisa Lepselter
Genre: Komödie/Romanze/Fantasy
Kinostart (Deutschland): 18. August 2011
Kinostart (USA): 10. Juni 2011
Laufzeit: 94 Minuten
Altersfreigabe: Ab 12 Jahren
Trailer: klick
Kaufen: Blu Ray (noch nicht verfügbar), Blu Ray 3D (noch nicht verfügbar), DVD (noch nicht verfügbar)
Mit: Owen Wilson, Rachel McAdams, Kurt Fuller, Mimi Kennedy, Michael Sheen, Nina Arianda, Alison Pill, Kathy Bates, Carla Bruni, Marion Cotillard, Léa Seydoux, Adrien Brody u.a.


Kurzinhalt: Der junge Hollywood-Drehbuchautor Gil verbringt mit seiner Verlobten Inez den Urlaub vor der Hochzeit, in der Stadt der Liebe - Paris. Während Gil die Stadt förmlich in sich aufzusaugen beginnt, kann Inez seine Schwärmereien für ein Künstlerleben hier nicht verstehen. Er schreibt gerade seinen ersten echten Roman, abseits der Fließbandarbeit für die Film- und Fernsehstudios und hofft, in Paris seine Muse und Bestätigung zu finden. Eines Nachts verlässt Gil eine Party leicht angetrunken um allein durch die Straßen zu laufen. Um Mitternacht hält vor ihm ein alter Peugeot und man lädt ihn ein mitzufahren. Kurz darauf muss er feststellen, dass er sich nicht mehr im Paris der Gegenwart, sondern in den 1920er Jahren befindet und dort Schlag auf Schlag seine Idole aus jener Epoche kennenlernt.
Michael Spieler


Review von Christian Siegel: ImageDer Einstieg ist noch etwas gewöhnungsbedürftig: Mit für Frankreich typischer Musik zeigt uns Woody Allen mehrere Postkarten-Ansichten der berühmtesten Sehenswürdigkeiten und einige der schönsten Stellen von Paris. Wähnt man sich hier kurzfristig noch in einem Werbefilm des französischen Tourismusverbandes, und kurz darauf mit der nicht ganz harmonischen Beziehung zwischen Gil und Inez in einem Beziehungsdrama, beginnt einen der ganz eigene Charme des Films spätestens ab der ersten Zeitreise von Gil zurück in jene Epoche, die er als das goldene Zeitalter seiner Kunst ansieht, gefangen zu nehmen. Zumindest, sobald man – sofern man nicht ohnehin schon die Inhaltsangaben zum Film gelesen hat – den ersten Schock überwunden hat; denn auch wenn übernatürlichere Phänomene auch bei Woody Allen grundsätzlich nichts neues mehr sind und gelegentlich vorkamen, ist er doch eher für bodenständigere Unterhaltung bekannt. Ein potentieller Kritikpunkt, über den man jedoch angesichts des Zaubers, den der Film ab diesem Moment versprüht, schnell vergisst.

Man braucht weder Kunsthistoriker und/oder Literaturkritiker zu sein, noch Gil's Faszination mit dieser Epoche teilen, um von "Midnight in Paris" in den Bann gezogen zu werden. Denn auch wenn seine Interessen sehr spezifisch sind und wohl nicht von allen geteilt werden dürften, was uns wohl alle vereint, ist eine gewisse Faszination für die Vergangenheit. Egal ob wir nun gerne bei wichtigen historischen Ereignissen dabei gewesen wären und mit den damaligen Persönlichkeiten gesprochen hätten, ob unser Interesse in Musik liegt und wir gerne diesen oder jenen Künstler getroffen hätten, oder im Bereich der Filme… jeder von uns dürfte sich mit dem Wunsch einer solchen Zeitreise identifizieren und dadurch auch Gil's eigene Faszination nachvollziehen können. Doch in "Midnight in Paris" geht es nicht nur um Gil's Reise in die Vergangenheit, sondern auch seine Suche nach sich selbst – auch das wohl ein universelles Thema. Dargestellt wird Gil von Owen Wilson – in einer Rolle, die Woody Allen vor 20-30 Jahren wohl noch selbst gespielt hätte: Die des ewigen Romantikers, des Künstlers, des Träumers. Rachel McAdams kommt als seine Verlobte, die sich nur bedingt mit seiner Welt identifizieren kann, wohl die undankbarste Rolle zu. Darüber hinaus ist es vor allem wieder einmal Marion Cotillard, die be- und verzaubert, wobei auch Léa Seydoux als optischer Blickfang und potentieller love interest für Owen Wilson's Gil zu überzeugen vermag. Mein einziger Kritikpunkt: Die im Zentrum stehende Message, dass jede Generation eine Epoche aus der Vergangenheit als "das goldene Zeitalter" verehrt (und verklärt), wurde spätestens beim Gespräch nach dem Zeitsprung von und mit Adriana bereits überdeutlich – sie durch Owen Wilson noch einmal aussprechen und damit dem Zuschauer mit dem Holzhammer in der Hand vortragen zu lassen, war überflüssig. Etwas mehr Vertrauen in sein Publikum hätte Woody Allen hier ruhig zeigen dürfen.

Fazit: ImageWoody Allen's jüngster Film ist ein zauberhaftes, charmantes modernes Märchen für Erwachsene, und sein bester Film seit langem. Zu Beginn mögen die phantastischen Elemente, mit der Zeitreise in ein Paris der Vergangenheit, den einen oder anderen vor den Kopf stoßen – wenn es solche auch in früheren Allen-Filmen schon gelegentlich gegeben hat. Hat man sich aber mal daran gewöhnt, wird man so wie Gil von der Stimmung dieser Zeit, und den Figuren die sie beleben, in den Bann gezogen, und vom Charme, den der Film in jeder Sekunde verströmt, verzaubert. Einzig die mit etwas gar aufdringlich präsentierte Message des Films, die so schwer zu erkennen ohnehin nicht war, hätte ich etwas subtiler vorgezogen, als Owen Wilson die Moral von der Geschicht nochmal in die Kamera sprechen zu lassen, damit sie auch jeder Dorftrottel (für die dieser Film ohnehin nicht gedacht ist) kapiert. Davon abgesehen ist "Midnight in Paris" aber ein traumhafter Film, bzw. ein Film zum Träumen.

Wertung:9 von 10 Punkten

Christian Siegel


Review von Michael Spieler: Das ist der bisher beste Film des Kinojahres 2011. Er hat alles: Charme, Witz, großartige Dialoge, glühende Darsteller und ein kleines bisschen Magie. Woody Allens neuer Film, sein 42. um genau zu sein, wurde komplett in Paris gedreht und ist, so klischeehaft wie es klingt, eine Liebeserklärung an die Stadt und ihre Geschichte, vor allem an die seiner Künstler. Owen Wilsons Charakter hat es satt, belanglosen Quatsch zu schreiben und wünschte sich in den Zwanzigern gelebt zu haben, mit Hemingway, Fitzgerald und Cole Porter am Klavier. Eben die Zeit, die für ihn die prägendsten Werke des Jahrhunderts hervorgebracht hat und so entführt ihn die Geschichte tatsächlich dorthin und den Zuschauer gleich mit. Da ich selbst eine kleine Liebe für die goldenen Zwanziger in mir trage, war ich sofort begeistert. Von den Kostümen, der Atmosphäre, dem scharfen Witz, der heutzutage in jeglicher Diskussion verlorengegangen zu sein scheint. Da wurde mir durchaus die sepiagetönte Brille, mit der man heutzutage jene Epoche gerne sieht, verpasst und sie abzusetzen fiel mir durchaus schwer.

ImageTatsächlich fühlt man sich intellektuell herausgefordert und ich ertappte mich dabei den ein oder anderen Namen zu googlen, der im Film "gedropt" wurde. Man will ja auch nicht dumm sterben. Ziemlich schnell wird klar, dass Inez nicht wirklich zu Gil passt, da sie sich grundsätzlich nicht auf Augenhöhe treffen. Im Gegensatz zu seinen neuen Freunden, die ihn als einen der Ihren sofort akzeptieren, obwohl Gil natürlich zunächst fast in Ehrfurcht vergeht. Inez' Collegefreund, der Besserwisser Paul, ist unerträglich und ihre Anziehung zu ihm wohl auch noch nicht überwunden. So distanziert Gil sich vom Tagesgeschehen immer mehr und flüchtet sich in die aufregenden Nächte, in denen er auch Picassos Muse, Adriana (Marion Cotillard) begegnet und sich eine gegenseitige Anziehung bis zu einem entscheidenden Erlebnis steigert. Marion Cotillard könnte ich ja beim Vorlesen aus dem Telefonbuch zusehen und wäre unterhalten, ihre kokette Ader kann sie hier voll ausspielen.

Jeder Künstler, der seine Idole treffen wollen würde, jeder Mensch, der sich schon einmal fehl am Platz und in der Zeit gefühlt hat, wird sich von dem Film angesprochen fühlen und wie Gil erkennen, dass es Menschen schon immer so gegangen ist. Immer mal ist man mit der Gegenwart auf eine diffuse Weise unzufrieden; hat das Gefühl, "damals war alles besser". Der Film macht einem deutlich, dass immer die Perspektive ganz entscheidend für diese Beobachtung ist. Woody Allen bricht eine Lanze für die Träumer dieser Welt, mit der Aufforderung, vielleicht einmal gedankenverloren durch die Stadt der Träume zu schlendern und alles wahrzunehmen, anstatt von einem Termin zum anderen zu "power walken".

Fazit: Unbedingt ansehen und danach glücklicher sein. Fröhlicher das Kino verlassen und den Tag wertschätzen.

Wertung:10 von 10 Punkten

Michael Spieler
(Bilder © Concorde)


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