Blue Valentine |
Ein deprimierendes, herzzerreißendes Meisterwerk
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Mittwoch, 03 August 2011 |
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Kurzinhalt: Dean und Cindy sind mittlerweile seit sechs Jahren verheiratet, und Eltern einer kleinen Tochter. Doch aus der einst so harmonisch-glücklichen Beziehung ist längst eine Tortur geworden. Gefangen im Frust des Alltagstrotts, kommen jahrelang zurückgedrängte und dadurch aufgestaute Gedanken und Emotionen langsam an die Oberfläche und drohen ihre Ehe zu vergiften; aus Liebe wird zunehmend Hass. Als ein Schicksalsschlag die ohnehin angespannte Situation bis zum Bersten zu belasten droht, beschließt man, sich für eine Nacht in ein Hotel zurückzuziehen, und den Alltag und den damit verbundenen Frust und Zorn hinter sich zu lassen. Ein letzter Versuch, um ihre zerrüttete Ehe doch noch zu retten… Review: ![]() Die Ausgangssituation von "Blue Valentine" mag an "Zeiten des Aufruhrs" erinnern – doch wo Sam Mendes' Beziehungsdrama, so gut der Film auch gewesen sein mag, teilweise doch ins Melodramatische verfiel, bleibt "Blue Valentine" sehr authentisch. Sowohl die Figuren als auch die Situationen, in denen sie sich wiederfinden, wirken echt und lebensnah. Natürlich ist "Blue Valentine" kein universelles filmisches Dossier über das Scheitern einer Beziehung – dafür sind wir, sind Beziehungen, viel zu komplex und unterschiedlich. Und dennoch glaube ich, dass so ziemlich jeder, der sich schon einmal in einer ähnlichen Situation befunden hat wie die beiden Protagonisten, im einen oder anderen Moment wiederfinden wird. Ich konnte es jedenfalls – und vermutlich auch deshalb hat mich "Blue Valentine" so berührt wie er das getan hat. Berührt, und auch verstört. Deprimiert. Ausgelaugt. Aufgrund seiner kompromisslosen Ehrlichkeit und Authentizität ist er ein ungemein anstrengender, deprimierender Film. Es tut einfach weh, zu sehen, wie diese beiden Menschen verzweifelt versuchen, an einer Liebe festzuhalten, die möglicherweise schon vor langer Zeit verloren gegangen ist. Teilweise wirken ihre Versuche so verzweifelt – und vergeblich – als würden sie Versuchen, Luft festzuhalten. Zugleich hat "Blue Valentine" aber auch etwas sehr katharsisches – vor allem wenn man etwas ähnliches selbst schon mal durchgemacht hat und sich durch die Anstrengung und die Qualen der Figuren unweigerlich an die eigenen schmerzlichen Erlebnisse erinnert. ![]() Neben den grandiosen Darstellern liegt es aber natürlich in erster Linie an Regisseur und Drehbuch(co-)autor Derek Cianfrance, dass "Blue Valentine" so gelungen ist. Neben dem (bereits angesprochenen) authentischen Ton des Films fällt auch seine gewiefte, angenehm ruhige Regie auf, die nie zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenkt und stattdessen ganz klar die Darsteller – und damit die Figuren – ins Zentrum rückt. Darüber hinaus ist es aber vor allem auch sein Drehbuch, welches zu begeistern vermag. So fällt zuerst einmal positiv auf, dass er uns hier zwei Protagonisten mit Ecken und Kanten serviert, statt die Schuld nur auf eine(n) von ihnen zu schieben. Beide haben ihre guten, charmanten, positiven und liebevollen Seiten, jedoch zugleich auch ihre Schwächen – und dürfen uns beide Aspekte ihrer Figur offenbaren. Darüber hinaus zeigt er uns eine psychologisch ungemein komplexe und vielschichtige Beziehung, und würzt "Blue Valentine" zudem mit einigen absolut schonungslosen und richtiggehend harten Szenen – nicht etwa aufgrund von physischer, sondern psychischer Gewalt. Auch wenn ich "Blue Valentine" in seiner Gesamtheit grandios finde, so ist doch für mich der mit Abstand beste Teil des Films alles, was sich im Hotelzimmer abspielt. Hier finden sich dann auch die denkwürdigsten Momente des Films – allen voran die erschütternde Sexszene. Derek Cianfrance musste lange kämpfen, um "Blue Valentine" so drehen und diese Geschichte so erzählen zu können, wie er das wollte – doch angesichts dieses Endergebnisses war es das definitiv wert. ![]() Fazit: "Blue Valentine" ist ein brutaler, authentischer und schonungslos ehrlicher Film über ein zerrüttetes Paar und den verzweifelten Versuch, ihre Ehe noch zu kitten. Der wahre Geniestreich besteht aber darin, dass wir zugleich in Rückblenden erleben, wie sie sich ursprünglich ineinander verliebt haben. Zu sehen, wie viel die beiden füreinander einst empfunden haben und wie perfekt sie füreinander zu sein schienen, und zugleich vor Augen geführt zu bekommen, wohin sich ihre Beziehung schließlich entwickelt hat, ist ungemein deprimierend und herzzerreißend. Neben dem tollen Drehbuch, dass einige in ihrer Schonungslosigkeit absolut denkwürdige Szenen zu bieten hat, und der stilvollen, ruhigen Inszenierung wird "Blue Valentine" dabei vor allem von den grandiosen schauspielerischen Leistungen von Ryan Gosling und Michelle Williams getragen. Trotzdem fällt es mir schwer, den Film uneingeschränkt weiterzuempfehlen. Frisch Verliebte könnten den Kinosaal recht desillusioniert verlassen, Paare die bereits länger zusammen sind ihre Beziehung in Frage stellen, und (unglückliche) Singles selbst den letzten Funken Hoffnung auf immerwährende Liebe verlieren. Wer sich jedoch von einem Film wieder mal so richtig das Herz rausreißen lassen will, ist bei "Blue Valentine" genau richtig… Wertung:10 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © Senator Film)
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