Das Ding aus einer anderen Welt |
John Carpenter's Remake - ein Meisterwerk?
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Freitag, 17 Dezember 2010 |
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Kurzinhalt: Nach einem kuriosen, beängstigenden Zwischenfall, in dem die Crew einer Forschungsstation in der Antarktis von den scheinbar letzten Überlebenden einer nahegelegenen Basis angegriffen wurde, beschließen sie, der Sache auf den Grund zu gehen. In der Station ihrer Kollegen finden sie nur mehr Leichen – darunter auch eine seltsam entstellte, die ihnen Rätsel aufgibt. Als man sie zurück auf die eigene Station bringt und ihr Arzt eine Autopsie durchführt, bringt er gar erstaunliches zu Tage, handelt es sich dabei doch um eine außerirdische Lebensform! Diese ist offenbar in der Lage, jede beliebige Gestalt anzunehmen – was sofort die Frage aufwirft, ob alle von ihnen auch wirklich noch sie selbst sind, oder der Feind bereits unter ihnen weilt… Review: Ich fürchte, das mit John Carpenter und mir wird keine cineastische Liebesgeschichte mehr. Im Gegensatz zu vielen anderen, die mir seinen Filmen aufgewachsen sind, und sie recht zeitnah zu ihrer Entstehung sagen, habe ich die meisten seiner Werke erst viel später – nämlich in diesem Jahrtausend – nachgeholt. Keiner davon konnte mich ähnlich begeistern wie das bei vielen anderen der Fall war. "Halloween" und "Die Klapperschlange" mag ich immerhin noch Klassiker-Status (wenn schon nicht den eines Meisterwerks) einräumen können, aber der Rest seines Schaffens rangiert bei mir von ok ("Dark Star", "The Fog", "Flucht aus L.A.") bis schwach ("Assault – Anschlag bei Nacht", "Vampires", "Ghosts of Mars"; wobei ich zumindest bei letzterem ausnahmsweise mal nicht aus der Reihe tanze). Zugegeben, ein paar seiner Filme mögen mir noch fehlen, aber… wenn ich es überhaupt einem seiner Werke zugetraut hätte, den Bann zu brechen, dann "Das Ding aus einer anderen Welt", der von vielen als Meisterwerk angesehen wird und mit seinem SF/Horror-Mix eigentlich genau meinen Geschmack treffen müsste. Aber leider… Bevor ihr euch jetzt völlig entrüstet abwendet, sei festgehalten: Ich finde „The Thing“ keinesfalls schlecht, aber er ist aus meiner Sicht auch nicht das Meisterwerk, als das er oft von einigen hingestellt wird. Einer der Gründe dafür ist wohl eine Schwäche, die ich bisher bei so ziemlich allen Carpenter-Streifen ausmachen konnte: Sie altern sehr schlecht. Aufgrund seiner oftmals sehr schlichten Inszenierung wirken sie im Vergleich zu anderen Filmen der Ära eher billig. Bei „The Thing“ haben die mittlerweile durchs Land gezogenen 28 Jahre zudem den Effekten überhaupt nicht gut getan. Was damals wegweisend, erschreckend und verstörend gewesen sein mag, wirkt heutzutage leider eher unfreiwillig komisch. Hier rächt es sich auch, dass Carpenter – im Gegensatz z.B. zu Ridley Scott bei "Alien" – das Monster nicht versteckt, sondern es richtiggehend zelebriert. Mal ganz abgesehen davon, dass mir dieser Ansatz generell immer schlechter gefällt, als den Schrecken zumindest teilweise der Vorstellungskraft des Zuschauers zu überlassen, rächt es sich halt heutzutage, da die entsprechenden Effektszenen – zumindest mich – nicht im Geringsten erschrecken und/oder schockieren konnten. Was im Vergleich zu "Alien" – der Vergleich mit Ridley Scott’s Meisterwerk drängt sich angesichts der Ähnlichkeiten (eine Gruppe von Menschen müssen sich auf engstem Raum und fast ohne Waffen gegen eine außerirdische Bedrohung zur Wehr setzen) halt einfach auf – ebenfalls negativ auffällt, sind die Figuren. Wo bei "Alien" der langsame Aufbau genutzt wurde, um uns die Figuren und ihr Verhältnis zueinander vorzustellen, ist eine Charakterisierung in "The Thing" de facto nicht vorhanden. Vielleicht war das von Carpenter ja Absicht, da er Angst hatte, wenn er uns die Figuren zu sehr vorstellt erkennen wir ein mögliches verdächtiges Verhalten zu schnell, und er kann uns dann mit der Offenbarung, dass es sich in Wahrheit um ein Alien handelt, nicht mehr überraschen. Hier überwiegen aber aus meiner Sicht die Nachteile: Da ich mit den Figuren keine Verbindung aufbauen wollte, habe ich auch nie wirklich mitgefiebert, da mir ihr weiteres Schicksal ziemlich egal war. War bei "Alien" jeder Tod bedeutsam, verkommen die Figuren hier leider zu Kanonenfutter. Zumal es Carpenter leider mehr darum zu gehen scheint, seine – damals – revolutionären Spezialeffekte herzuzeigen, als uns die Verluste wirklich spüren zu lassen… John Carpenter wird immer wieder für seine atmosphärische Inszenierung gelobt – und jedes Mal aufs Neue frage ich mich, was daran atmosphärisch sein soll. Auch wenn ich mit meiner Meinung allein dastehen mag, finde ich ganz im Gegenteil, dass es viele seiner Filme – so auch "The Thing" – aufgrund seines banalen Inszenierungsstils an Spannung und Stimmung vermissen lassen. Aber selbst jene, die mir hier nicht zustimmen mögen, müssen doch zumindest eingestehen, dass er was die Bilder anbelangt, nicht zu den Großmeistern des Mediums gehört. Originelle Kameraeinstellungen, ja, da ist er vorne dabei. Aber bei der Bildkomposition an sich lassen seine Filme meines Erachtens immer wieder zu wünschen übrig – auch wenn "The Thing" diesbezüglich zugegebenermaßen eh noch zu seinen besseren gehört, da er durchaus gekonnt mit dem Kontrast zwischen Licht und Dunkel spielt – was insbesondere in den durch Feuer beleuchteten Szenen überzeugen kann. Dennoch, auch hier zieht "Das Ding aus einer anderen Welt" im direkten Vergleich zu "Alien" ganz klar den Kürzeren. Doch nicht nur die Optik lässt etwas zu wünschen übrig, auch der Soundtrack hat mich wieder einmal weniger überzeugt. Auch das ist bei Carpenter-Filmen für mich nichts Neues. Bis auf "Halloween" und "The Fog", deren Filmmusik ich nach wie vor sehr schätze, sind bei mir noch die meisten seiner Werke auf akustischer Ebene eher durchgefallen. Trauriger Tiefpunkt stellte wohl "Assault – Anschlag bei Nacht" dar, dessen eintöniger Synthie-Lärm zu Beginn mir so in den Ohren geschmerzt hat, dass ich kurz davor war die DVD rituell zu verbrennen. Jedenfalls hat er mir diesen Film gehörig verdorben. Bei "Das Ding aus einer anderen Welt" ist es zwar nicht ganz so schlimm, aber ich frage mich schon, warum man einen genialen Filmkomponisten wie Ennio Morricone anheuert, wenn er dann ohnehin nicht viel mehr zu tun hat als ein paar atmosphärische, jedoch größtenteils unmelodische Klänge abzuspielen. Das hätten auch deutlich weniger talentbegabte Filmkomponisten hinbekommen. Doch genug der Kritik – ehe mir die Carpenter-Fans noch einen auf Michael Myers machen und mit scharfem Küchenmesser bewaffnet die Treppen zu meiner Wohnung raufschleichen, will ich mich lieber den gelungenen Aspekten des Films zuwenden. Hier ist einerseits die Idee zu nennen, dass jeder der Anwesenden in der Station ein Außerirdischer sein könnte. Zwar erinnert das Konzept mit seiner Paranoia an die McCarthy-Ära, und wäre daher wohl beim Original besser aufgehoben gewesen, dennoch ist es auch hier durchaus effektiv. Auch das Konzept hinter dem Alien gefällt mir sehr gut. Es mag zwar nicht übertrieben originell sein, da es doch ziemlich an "Die Körperfresser kommen" erinnert, aber im Vergleich zu den damals dominierenden, deutlich schlichteren Filmmonstern (egal ob außer- oder nur irdische) fällt der hier gewählte Ansatz durchaus positiv auf. Ich mag zwar der Ansicht sein, dass "The Thing" nicht unbedingt vor beklemmender Atmosphäre und nervenzerreißender Spannung gestrotzt haben mag, dennoch fand ich ihn durchwegs unterhaltsam; Langeweile kam bei mir jedenfalls zu keinem Zeitpunkt auf. Die Schauspieler werden zwar leider durch ihre eindimensionalen Figuren kaum gefordert, dennoch sind sie alle in ihren Rollen überzeugend; und einigen wenigen, wie Kurt Russell, Donald Moffat und Wilford Brimley, gelingt es sogar, ihren Charakteren durch ihre Bildschirmpräsenz Leben einzuhauchen. Zudem fand ich "The Thing" bis auf wenige Ausnahmen nicht übertrieben vorhersehbar – das Verwirrspiel rund um die Frage, wer denn nun wirklich noch ein Mensch ist, hat bei mir recht gut funktioniert. Last but not least gab es einige durchaus gelungene, denkwürdige Szenen – wobei vor allem der gelungene, offene Abschluss hervorsticht und für einen versöhnlichen Ausklang sorgt. Fazit: Ich kann selbst nicht genau sagen, woran es liegt, aber irgendwie werde ich mit John Carpenter nicht wirklich warm. Bei "The Thing" hatte ich die Hoffnung, hier endlich in die allgemeine Jubelstimmung einfallen zu können, aber leider war ich nach meiner ersten Sichtung vor einigen Wochen doch eher enttäuscht. Die üblichen Schwächen, die zumindest ich bei seinen Filmen regelmäßig ausmache, waren auch hier wieder vorhanden (wie die eher schlichte Inszenierung, der wenig beeindruckende Soundtrack etc.), und zudem durch ein paar neue ergänzt; allen voran die eindimensionalen, langweiligen Figuren, die doch etwas auf die Spannung drücken. Darüber hinaus fand ich vor allem störend, wie Carpenter die – für damalige Verhältnisse wegweisenden, heutzutage aber doch etwas angestaubt wirkenden – Spezialeffekte zum Star des Films gemacht hat, statt sie nur als Mittel zum Zweck einzusetzen. Hier hat mich "The Thing" irgendwie (und jetzt werden die Carpenter-Jünger gleich einen Schrei der Entrüstung von sich geben, der bis in die Antarktis zu hören ist) an "Die dunkle Bedrohung" erinnert: Ein seelenloses Spektakel, bei dem alles drumherum, wie die Handlung und vor allem die Figuren, nur als Ausrede zu dienen scheint, um die Spezialeffekte vorführen zu können. Schlecht ist "Das Ding aus einer anderen Welt" dennoch nicht. Die Schauspieler agieren souverän, die Handlung ist durchaus wendungsreich und nur in Teilbereichen etwas zu vorhersehbar, die Effekte zwar veraltet – und überpräsent – aber durchaus inspiriert, und das Konzept rund um die Aliens zwar nicht übertrieben originell, aber durchaus gefällig. Vor allem aber war "The Thing" trotz seiner Schwächen durchgehend unterhaltsam, und hatte doch den einen oder anderen packenden Moment und gelungene Szene zu bieten. Im Vergleich zum Original fehlt es ihm zwar an Charme, dafür verzichtet man auch auf eine ähnlich fragwürdige Message; insgesamt ist John Carpenters Remake dem Original-"Ding aus einer anderen Welt" aus meiner Sicht zwar ebenbürtig, aber keinesfalls überlegen… Wertung:6 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © Universal Pictures)
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