Die Zeitmaschine |
Review zu George Pal's SF-Klassiker
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Sonntag, 12 Dezember 2010 |
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Kurzinhalt: Kurz vor der Jahrhundertwende lädt der Erfinder H.G. Wells – George genannt – Freunde und Bekannte zu sich ein, um ihnen von seiner jüngsten Errungenschaft zu erzählen: Eine Zeitmaschine! Während die Mehrheit seiner Besucher trotz seiner Theorien zum Thema Zeitreise und einer kurzen Demonstration mit einer "Mini-Zeitmaschine" nicht überzeug sind, glaubt ihm sein bester Freund Filby, und hat Angst, dass George, wenn er in die Zukunft aufbricht, möglicherweise nie zurückkehren könnte. Doch George lässt sich von seinem Vorhaben nicht abbringen: Nachdem alle Gäste das Haus verlassen haben, geht er in seine abgesperrte Werkstatt und beginnt seine faszinierende Reise durch die Zeit, die ihn zuerst zu zwei Weltkriegen führt, und danach in eine scheinbar utopische Zukunft im Jahre 802701, die jedoch ein dunkles Geheimnis birgt… Review: ![]() Der Film beginnt mit einer Einstellung von Big Ben, was nicht nur einen extrem passenden und cleveren Einstieg in den Film darstellt, sondern dem Zuschauer auch bereits klar macht, dass man – obwohl es sich bei "Die Zeitmaschine" um eine amerikanische Produktion handelt – das Setting im viktorianischen London beibehalten hat. Nach dem Schlagen der wohl berühmtesten Uhr der Welt führt man uns ins Haus des Erfinders – der hier, zu Ehren des Autors, H. "George" Wells getauft wurde (im Roman hat er keinen Namen; da dieser jedoch aus der Ich-Perspektive erzählt wurde, erscheint die Namensgebung hier sowohl clever als auch passend) – schwenken wir über zahlreiche Uhren, die in seinem Wohnzimmer stehen, und die seine Besessenheit mit dem Thema Zeit anschaulich vermitteln (eine Einstellung, der "Zurück in die Zukunft" 25 Jahre später mit einer Hommage Tribut gezollt hat). ![]() Als seine kurze Demonstration bei der Mehrheit seiner Gäste auf Skepsis und Ablehnung stößt, ist George erkennbar beleidigt – vor allem, als ein Besucher vom Militär meint, er solle seinen Erfindungsreichtum lieber in den Dienst des Militärs stellen, und etwas entwickeln, dass England dabei helfen könnte, zukünftige Kriege zu gewinnen. Hier wird auch schon die Hauptthematik des Films deutlich, der eine klare Anti-Kriegs-Message vermittelt. Der Zeitreisende ist die ständigen Kriege und die Kurzsichtigkeit der Menschheit satt – genau deshalb möchte er dieser Epoche entfliehen. Er hofft, in der Zukunft auf klügere Menschen zu treffen, die gelernt haben, diese Differenzen hinter sich zu lassen. Der einzige, der seinen Ausführungen Glauben schenkt, ist sein bester Freund Filby. Rod Taylor und Alan Young gelingt es ausgezeichnet, uns in kurzen Momenten und mit wenigen Worten die tiefgehende Freundschaft und gegenseitige Wertschätzung, die sich die beiden entgegenbringen, zu vermitteln. ![]() Seine Flucht vor der atomaren Zerstörung Londons führt ihn ins Jahr 802701. Als er die Zeitmaschine zuerst verlässt, glaubt er, in einer Epoche der Erdgeschichte gelandet zu sein, in der die Menschheit ausgestorben ist. Erst nach einiger Zeit trifft er auf unsere Nachkommen, die Eloi – und es ist genau dieser Aspekt, wo George Pal’s Verfilmung des Romans glänzt (und Simon Wells Remake völlig versagt): So wie in H.G. Wells visionärer Geschichte sind die Eloi hilflose, geistig verkümmerte Wesen, die von ihrer Angst vor der Dunkelheit abgesehen völlig sorglos leben, jedoch zugleich ungemein passiv und antriebslos sind, und teilnahmslos dabei zusehen, wie eine von ihnen zu ertrinken droht. Dies ist nicht die weise, fortschrittliche Menschheit, die sich der Zeitreisende zu finden erhofft hat. Neben den Eloi gibt es auch noch die Morlocks, die im Untergrund leben, und sich einerseits von den Eloi ernähren und ihnen andererseits Kleidung, Essen etc. bereitstellen. Es mag ein grausames Arrangement sein, man muss sich dabei aber immer vor Augen halten, dass die Eloi ohne die Morlocks nicht lange überleben würden, da sie völlig unfähig sind, für sich selbst zu sorgen… ![]() Neben Weena bedient man sich auch noch einer weiteren Erfindung des Drehbuchautors, um dem Zuschauer die Hintergründe der neuen Gesellschaftsordnung auf der Erde zu vermitteln: Die sprechenden Ringe sind eine faszinierende Idee und wirklich gut umgesetzt; sicherlich eine der größten Bereicherungen des Films im Vergleich zum Roman. Hier wird dann schließlich auch deutlich, dass George Pal’s Verfilmung was die Gründe für die Trennung der Menschheit in Eloi und Morlocks betrifft stark von H.G. Wells Vision abweicht. War diese im Roman die logische Konsequenz aus der zunehmenden Trennung zwischen der aristokratischen Elite und der arbeitenden Unterschicht zu Zeiten der Industrialisierung, ist sie im Film auf die Kriege zurückzuführen. Und auch wenn ich H.G. Wells Konzept nach wie vor den Vorzug gebe, ist George Pal’s Erklärung quasi als alternative Interpretation durchaus gelungen. Vor allem die Idee rund um die Sirenen, und dass sich dieses Geräusch nach Jahrzehnten wenn nicht gar Jahrhunderten an Kriegen so ins kollektive Bewusstsein der Menschheit eingebrannt hat, dass die Eloi nach wie vor darauf konditioniert sind, sich beim Erschallen des Geräuschs in den Bunker zu begeben, finde ich faszinierend. ![]() Neben den Morlocks kann auch der Showdown an sich nur bedingt überzeugen. Nach der faszinierenden und auch durchaus ungewöhnlichen Handlung zuvor war mir diese Prügelei einfach doch etwas zu konventionell. Zumal die Inszenierung der Kampfszenen altersbedingt auch nicht gerade zu begeistern vermag, und es vor Klischees, wie dem Helden der es gleich mit einer ganze Horden an Feinden aufnimmt, sowie dem nutzlosen Frauchen, dass zu nichts gut ist außer um Hilfe zu schreien und sich retten zu lassen, nur so wimmelt. Deutlich besser schon der abschließende Kampf an der Zeitmaschine, sowie der großartig gemachte Effekt des schnell alternden Morlocks. Etwas schade fand ich allerdings, dass der Film die Reise viele Millionen Jahre in die Zukunft, als sich der Lebenszyklus unserer Sonne langsam dem Ende nähert, ausspart. Eine Entscheidung, die ich nichtsdestotrotz verstehen kann. Einerseits wäre es effekttechnisch in der damaligen Zeit nur schwer umsetzbar und andererseits inhaltlich ein ziemlich starker Bruch gewesen. ![]() In den 30er und 40er Jahren machte sich George Pal vor allem als Regisseur von Zeichentrick-Kurzfilmen einen Namen. Nach mehr als zehnjähriger Pause hinter der Kamera engagierte ihn MGM schließlich für die Märchenverfilmung "Der kleine Däumling". Als er beim Fantasy-Musical das bereitgestellte Budget sogar unterschritt, imponierte dies den Chefs bei MGM so sehr, dass sie ihm für sein nächstes Filmprojekt freie Hand gaben. "Die Zeitmaschine" war also nicht einfach nur eine Auftragsarbeit, sondern George Pal’s Traumprojekt, und das merkt man auch an der Liebe zum Detail, die Pal’s Inszenierung auszeichnet. Auch die Filmmusik von Russell Garcia weiß zu gefallen. Auch wenn es ihr etwas an markanten Themen mangeln mag, fängt sie die jeweilige Stimmung einer Szene immer sehr gut ein. Neben George Pal’s Inszenierung und den damals wegweisenden Effekten ist es aber in erster Linie die charismatische Performance von Rod Taylor, die den Film trägt. Er verfügt nicht nur über eine enorme Bildschirmpräsenz und über jenes gute Aussehen, dass man als Hauptdarsteller in der damaligen Zeit (und genau genommen ja auch noch heutzutage) einfach braucht, er war auch als Gelehrter und Erfinder absolut überzeugend. Seine Spielfreude und seine Fähigkeit, allein über die Mimik und seinen Blick die Gedanken der Figur zu vermitteln, sind wesentlich dafür verantwortlich, dass "Die Zeitmaschine" zu einem unvergesslichen Klassiker des Genres wurde. Fazit: ![]() Wertung:8 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © MGM)
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