Strange Days |
Düsterer SF-Thriller von Kathryn Bigelow
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Mittwoch, 08 Dezember 2010 |
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Kurzinhalt: Kurz vor der Jahrtausendwende ist die Stimmung in den USA, insbesondere im Brennpunkt L.A., nach der Ermordung eines afro-amerikanischen Rappers enorm aufgezeigt. Banden liefern sich regelmäßig Straßenschlachten mit der Polizei, und insgesamt herrscht eine seltsame Stimmung, die sich irgendwo zwischen Euphorie und Weltuntergang einpendelt. Ein fruchtbarer Boden für den früheren Polizisten Lenny Nero und sein (illegales) Geschäft mit "SQUID"-Clips. Dabei handelt es sich um die Aufnahmen eines Geräts, das die Erlebnisse eines Menschen in allen Details – Bild, Ton, Geruch, Emotionen – aufzeichnen und speichern kann. Damit können Menschen alle möglichen Erfahrungen machen – sei es ein Einbruch, Sex, mal in die Haut des anderen Geschlechts schlüpfen – die ihnen das wahre Leben nie bieten könnte. Dennoch sind die Clips in erster Linie die Zuflucht der verlorenen Seelen kurz vor dem neuen Millennium – zu denen auch Lenny zu zählen ist, der nach der Trennung von Faith nur mehr ein Schatten seiner selbst ist. Doch der neueste Clip, der ihm eine Freundin die kurz darauf tot aufgefunden wird übergibt, reißt ihn aus seiner Lethargie: Denn darauf ist der besonders grausame Mord eines Mörders gespeichert. Lenny, der die Erfahrung nicht mehr aus seinem Kopf bekommt, macht sich daran, den Ursprung des Clips herauszufinden… Review: ![]() Für den SF-Aspekt sorgt dabei neben der (wenn auch nur wenige Jahre) in der Zukunft angesiedelten Handlung in erster Linie die SQUID-Technologie. Diese ist weit mehr als ein reiner McGuffin, sondern für sich allein genommen schon eine faszinierende (wenn auch innerhalb des Genres nicht 100%ig neue) Idee, wobei sich "Strange Days" sowohl mit den Vor- als auch den Nachteilen (und Missbrauchsmöglichkeiten) der Technologie beschäftigt. Angesichts der Tatsache, dass bei vielen technologischen Errungenschaften der letzten Jahr(zehnte), wie Videokassetten bzw. DVD’s oder auch das Internet, die Pornoindustrie an vorderster Front dabei war, erscheint es nur plausibel, dass Sex-Squids einen großen Teil des (illegalen) Marktes ausmachen, und wohl das am weitesten verbreitete Anwendungsgebiet der Technologie darstellen. Darüber hinaus gibt es auch Clips von Einbrüchen oder extremen sportlichen Aktivitäten, die man sonst ohne sich selbst in große Gefahr zu bringen nie erleben könnte. Diese Clips sind wohl in erster Linie für jene da, die damit ihrer ansonsten recht unaufregenden bis trostlosen Existenz für ein paar Minuten entfliehen wollen. ![]() Von diesen SF-Elementen mal abgesehen erzählt "Strange Days" jedoch eine recht bodenständige und wenig originelle Geschichte über eine Verschwörung innerhalb der Polizei. Auch die Wendung rund um den Mörder ist doch recht klischeehaft und vor allem für geschulte Thriller-Nasen recht früh zu erschnüffeln und kann daher nur bedingt überzeugen. Deutlich besser gefallen da schon die Figuren, die allesamt recht gut ausgearbeitet sind und über interessante Ecken und Kanten verfügen, welche sie deutlich von jenen leeren Hüllen, die man sonst in Filmen leider immer wieder ertragen muss, abheben. Einige der Figuren mögen zwar auf 1 oder 2 Charaktereigenschaften reduziert werden und daher etwas eindimensional daherkommen, aber besser eine Dimension als gar keine. Und vor allem Lenny Nero überrascht und überzeugt als doch eher ungewöhnliche Hauptfigur – ist er doch alles andere als ein strahlender Held, sondern vielmehr ein abgehalfteter, gebrochener Mann, der immer noch in einer längst verlorenen Vergangenheit feststeckt und sich nicht davon lösen kann. ![]() James Cameron’s Handschrift und Einflüsse auf den Film mögen unverkennbar sein, dennoch war es nicht er, der hinter der Kamera stand, sondern seine Ex-Frau Kathryn Bigelow, die zuvor bereits mit "Gefährliche Brandung" einen erstaunlich maskulinen Actionfilm auf die Leinwand brachte und dieses Jahr den Oscar für Regie & Bester Film für "Tödliches Kommando" in Empfang nehmen durfte. Mit "Strange Days" inszeniert sie einen harten, teilweise brutalen (wenn auch vieles von der Gewalt nur angedeutet wird – was ich aber meist ohnehin erschreckender finde, als alles bis ins kleinste Detail zu zeigen) und mit gelegentlicher nackter Haut nicht geizenden SF-Thriller. Auch wenn ihr Cameron’s Gefühl für imposante, einprägsame Bilder fehlen mag, was die Atmosphäre betrifft kann sie ihm durchaus die Stirn bieten. In "Strange Days" wechselt sie zudem gekonnt zwischen verschiedensten Stimmungen, was ihn sehr abwechslungsreich macht, und verleiht ihm durch die bewusst kühl-blaue Farbgebung (die jedoch vielleicht etwas zu stark an "Aliens" erinnert) eine gefällige Optik. ![]() Fazit: Mit "Strange Days" ist Kathryn Bigelow ein atmosphärisch dichter Tech-Noir Thriller mit gut ausgearbeiteten Figuren und leisen sozialkritischen Untertönen gelungen. Die schauspielerischen Leistungen können weitestgehend überzeugen, die düstere Stimmung des Films ist sehr gut umgesetzt, und die Inszenierung kann vor allem mit ihrer Schonungslosigkeit sowie den grandiosen 1st-Person-Szenen begeistern. Nicht ganz so gelungen ist das Drehbuch von James Cameron, das doch einige aufgebrauchte Klischees bedient und daher teilweise etwas vorhersehbar ist. Und auch die Chemie zwischen Angela Bassett und Ralph Fiennes kann nicht völlig überzeugen. Für Fans des Genres ist dieser stimmungsvolle SF-Thriller nichtsdestotrotz empfehlenswert! Wertung:7 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © MGM)
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