2001 - Odyssee im Weltraum |
Eine Sternstunde des Kinos!
Kategorie:
Filme -
Autor: Christian Siegel - Datum:
Mittwoch, 01 Dezember 2010 |
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Kurzinhalt: In der Morgendämmerung der Menschheit streiften unsere Vorfahren durch die Steppen Afrikas, im ständigen Kampf sowohl mit den Gefahren der Natur als auch gegen fremde Clans, die ihnen in Revier streitig machen wollen. Eines Tages erschien in dieser Einöde auf einmal ein schwarzer Monolith. Anfangs von entsetzlicher Angst befallen, da sie sich das Auftauchen dieses seltsamen Objekts nicht erklären konnten, wurden sie langsam mutiger – und der Monolith belohnte sie mit Wissen, in dem er den Menschenaffen beibrachte, wie man Werkzeuge einsetzen kann. Tausende Jahre später, kurz vor der Jahrtausendwende: Die Menschheit hat mittlerweile die ersten Schritte gemacht, um ihre Wiege – die Erde – hinter sich zu lassen und das Sonnensystem zu erobern. Neben einer Raumstation im Erdorbit gibt es mittlerweile auch eine ständig bewohnte Basis auf dem Mond. Zu eben dieser wird Dr. Heywood Floyd, ein Sonderbeauftragter der US-Regierung, gerufen, als die dort stationierten Wissenschaftler eine unglaubliche Entdeckung gemacht haben: Ein schwarzer Monolith, der im Mondstaub vergraben war. Einige Monate später bricht das Raumschiff Discovery auf, um die Jupitermonde zu erforschen. Neben dem Commander David „Dave“ Bowman, seinem ersten Offizier Frank Poole sowie drei bis zur Ankunft im Tiefschlaf gehaltene Wissenschaftler befindet sich auch eine künstliche Intelligenz namens "HAL 9000" an Bord, welche die komplizierten Systeme des Schiffs steuert. Als HAL den bevorstehenden Ausfall eines Moduls in der Antenne voraussagt, der die Kommunikation mit der Erde abbrechen würde, begibt sich Frank Poole ins All hinaus, um das defekte Gerät auszutauschen… Spoilerwarnung! Das nachfolgende Review von "2001 - Odyssee im Weltraum" inkl. der enthaltenen Bilder beinhalten teils große Spoiler zum Film! Zwar sind die wesentlichen Eckpunkte der Handlung inklusive des mysteriösen Endes mittlerweile weitestgehend bekannt, solltet ihr jedoch zu den wenigen (glücklichen) Unwissenden gehören, empfehlen wir, das Review erst nach (möglichst baldiger!) Sichtung des Films zu lesen. Review: ![]() Bevor ich mit meinem Liebesbrief an Kubrick's Meisterwerk fortfahre, sei festgehalten, dass ich für all jene, die mit "2001 – Odyssee im Weltraum" wenig bis gar nichts anfangen können, durchaus Verständnis habe. Auch wenn ich generell gegen eine langsame Erzählweise nichts einzuwenden habe – und "2001" ist nun mal ein langsamer Film, der oftmals in seinen Bildern, Einstellungen oder auch der Musik schwelgt – gibt es einige Filme, die auch mich nicht ansprechen konnten und mir zu fad waren. Allen voran "The New World", der genau genommen "2001" nicht unähnlich ist. Auch dort geht es in erster Linie um die Bilder, die Musik, und wie diese zu einem kunstvollen Gesamtbild verschmelzen. Und doch fand ich ihn einfach nur sterbenslangweilig und grottenschlecht (wobei die grauenhaft-schwülstigen Kommentare sicherlich nicht geholfen haben). Bin ich deshalb gleich anspruchslos oder gar dumm, und/oder leide unter ADS? Natürlich nicht. ![]() Geht man nach dem Papier, dürfte "2001 – Odyssee im Weltraum" eigentlich nicht funktionieren. Und um fair zu bleiben, für viele funktioniert er ja auch tatsächlich nicht. Figuren werden so plötzlich eingeführt wie sie auch schon wieder verworfen werden, die Handlung folgt keinem koheränten roten Faden, die einzelnen Episoden sind nur rudimentär miteinander verbunden, lange Stellen des Films (wie z.B. der komplette erste und letzte Abschnitt) finden ohne ein einziges gesprochenes Wort statt, es gibt zahlreiche Szenen und Einstellungen, die für die eigentliche Geschichte absolut redundant sind, und und und. Geht man nach dem allgemein anerkannten Lehrbüchern für Filme, macht Stanley Kubrick bei "2001" so ziemlich alles falsch, was man nur falsch machen kann. Für mich zählt aber genau die Tatsache, dass "2001" mit vielen Konventionen bricht, denen sich das Medium Film sowohl zuvor als auch danach freiwillig unterworfen hat, zu seinen größten Stärken – da es ihn zu einer einmaligen und einzigartigen Filmerfahrung macht. ![]() Die Affenmenschen werden als Opfer ihrer Umwelt dargestellt. Verzweifelt streitet man sich mit einem verfeindeten Clan um eine Wasserpfütze, einer der Affen wird von einem Leoparden angegriffen. Doch dann erscheint – begleitet von Lygeti’s schauerlichem Requiem, das ein Gefühl des Unbehagens und des Unerklärlichen vermittelt die absolut perfekt zur Szene passt – der Monolith und bringt ihnen bei, Tierknochen als Waffen einzusetzen. Als der erste Affenmensch einen Knochen erhebt und damit den Skelettschädel eines Tieres einschlägt, untermalt Kubrick auch diese Szene mit Strauss "Also sprach Zarathustra", und unterstreicht damit ihre Bedeutung für die Entwicklung der Menschheit zur Herrschaft über die Erde. Nun folgt eine der bekanntesten und beeindruckendsten Szenenübergänge der Filmgeschichte: Als der von den Affenmenschen als Waffe verwendete Knochen in die Luft geschleudert wird, blendet Kubrick auf einen Satteliten im All – und überbrückt mit einem einzigen, kongenialen Szenenwechsel Jahrtausende der Evolution und Menschheitsgeschichte… ![]() Was hier neben Kubricks Gespür für eine perfekte Symbiose von Bildern und Musik und generell seinem Gefühl für imposante Bilder und Einstellungen besonders ins Auge sticht, ist die grandiose Effektarbeit von Douglas Trumbull, die den ganzen Film hinweg überzeugen kann. "2001 – Odyssee im Weltraum" ist mittlerweile mehr als 40 Jahre alt, und sieht immer noch so jung aus wie am ersten Tag. Die Effekte sind nach wie vor ein Augenschmaus, absolut beeindruckend und völlig glaubwürdig. Einzig die Szenen am Mond mögen dadurch, dass wir nach den bemannten Mondmissionen (deren erste, wie man sich bei der Sichtung des Films immer vor Augen halten sollte, erst 1 Jahr nach dem Kinostart des Films Wirklichkeit wurde) einen besseren Blick auf unseren Trabanten werfen konnte, nicht 100%ig stimmig erscheinen – aber dies kann dem Film nun wahrlich nicht vorgeworfen werden. Das Design ist zwar eindeutig als der typische futuristische Look aus den 60er Jahren zu entlarven, und einige Ideen wie die Haft-Schuhe mögen heute etwas unfreiwillig komisch wirken, dennoch können die hier dargestellten Konzepte durchaus überzeugen, und sind als eine Art alternative Realität plausibel. ![]() Danach wird der Flug zum Mond – und damit auch der Donauwalzer – fortgesetzt, und neben den imposanten Weltraumeffekten beeindruckt vor allem jene Szene, als die Stewardess in einem Kreis 180° und damit quasi an die Decke geht, womit man (nach der Einstellung mit dem Kugelschreiber zuvor) erneut deutlich macht, dass auf der Sphäre Schwerelosigkeit herrscht, und den geneigten Filmfan zudem mit einem fragenden „wie zum Teufel haben die das nur gemacht?“ zurücklässt. Mittlerweile kenne ich natürlich die Antwort darauf, aber ich wünschte wirklich, ich wüsste sie nicht. Es ist wie bei einem gelungenen Zaubertrick: Wenn man mal weiß, wie es gemacht wird, ist leider viel vom Zauber und der Magie verflogen. Während der Landung gibt es erneut einige ungemein beeindruckende Effektszenen zu bestaunen. Besonders beeindruckt bin ich immer von jenen Momenten, wie z.B. als die Kapsel in die Basis hinuntergelassen wird, und man in gleich mehreren Fenstern der Basis dahinter Menschen erkennen kann, die ihrer gewöhnlichen Arbeit nachgehen. Diese Szenen bestehen aus so vielen, einzeln gefilmten und dann perspektivisch korrekt auf die entsprechenden Mini-Leinwände des Modells projizierten Segmenten, dass mich das Ergebnis vor allem angesichts des Alters des Films immer wieder in Staunen versetzt (wie genau genommen eigentlich der gesamte Film). ![]() Nun beginnt das 3. Segment: Die Reise der Discovery zum Jupiter. Für viele ist es der beste Abschnitt des Films, und auch wenn ich persönlich keinen Teil von "2001" besonders hervorstreichen könnte, kann ich verstehen warum. Nicht nur beinhaltet die nachfolgende Stunde einige der denkwürdigsten Momente und Dialoge des Films, sie erzählt zudem eine sehr spannende Geschichte, und widmet sich mit der künstlichen Intelligenz HAL einer neue Thematik, nämlich der Angst (und Abhängigkeit) des Menschen vor (bzw. von) neuen Technologien. Bevor uns jedoch in einem Bericht der BBC kurz und prägnant die nötigen Hintergrundinformationen für den Rest dieses Handlungsteils vermittelt werden, dürfen wir noch einmal eine beeindruckende „Wie zum Henker haben die das nur angestellt?“-Szene bewundern, als wir Frank Poole mit der Kamera dabei verfolgen, wie er wie ein Hamster im Rad über die Innenwand des Schiffes läuft. Auch hier ist es am besten, sich gar nicht zu viele Gedanken über das „Wie?“ zu machen, sondern die Szene einfach zu genießen und diesen magischen Filmmoment auf sich wirken zu lassen… ![]() Nachdem die Untersuchung des angeblich defekten Moduls keinen Schaden aufgezeigt hat und deutlich wird, dass HAL 9000 offenbar ein Fehler unterlaufen ist, nimmt die Spannung – zum ersten und einzigen Mal im Film – so richtig zu. Wir sehen, wie sich Poole und Bowman besprechen, und Kubrick zeigt uns auch, wie sie dabei von HAL beobachtet werden. Sofort beschleicht uns ein mulmiges Gefühl – das kurz darauf bestätigt wird, als ein von HAL gesteuerter Pod Frank angreift und er unaufhörlich in die Weiten des Alls treibt. Während Dave versucht, ihn zu retten, tötet HAL alle im Tiefschlaf befindlichen Wissenschaftler. Die nachfolgenden 10 Minuten… es fällt mir schwer, sie als die besten des Films zu klassifizieren, da ich damit irgendwie den Rest von "2001" abwerten würde, aber sie sind definitiv die spannendsten und gehören auch zu den denkwürdigsten Momenten von Kubrick’s Meisterwerk. Schon allein der grandiose Dialog zwischen David Bowman und HAL: „Open the pod gate doors HAL.“ „I’m sorry Dave, I’m afraid I can’t do that….“ ![]() Nun führt uns "2001 – Odyssee im Weltraum" zum Jupiter – und darüber hinaus. Auch in diesem letzten Abschnitt wird kein einziges Wort gesprochen. Generell werden die nächsten 15 Minuten von verschiedenen und verschiedenartigen, jedoch immer opulenten Effektszenen dominiert, die Bowman’s unglaubliche Reise verbildlichen sollen (und wohl zugleich für die Klassifizierung des Films als der „ultimative Trip“ verantwortlich sind). Auch diese können genau genommen wieder in drei Segmente unterteilt werden. Zuerst haben wir jene Effekte, in der verschiedenfarbige Lichtstrahlen oben, unten, seitlich etc. an uns vorbeistreifen, was die unfassbare Geschwindigkeit ausdrücken soll, mit der sich Bowman fortbewegt. Danach gibt es beeindruckende Bilder aus dem All zu bestaunen (ich weiß bis heute nicht, ob es sich bei allen um Special Effects-Aufnahmen handelt, oder auch ein paar echte Aufnahmen von Teleskopen verwendet wurden. Dass ich mir die Frage überhaupt stelle macht deutlich, wie überzeugend die Aufnahmen sind). Der 3. und letzte Teil konnte mich schon immer an wenigsten überzeugen, handelt es sich dabei doch offensichtlich um Aufnahmen von Hubschrauberflügen über die Erde, die nachträglich eingefärbt wurden, um sie fremdartig und außerirdisch wirken zu lassen. Leider aber wirken sie zugleich extrem künstlich – zumal die Farben ständig, aber scheinbar willkürlich (zumindest konnte ich in der Anordnung bisher keinen Sinn erkennen – ich lasse mich von euch aber gerne aufklären!) wechseln. ![]() Was genau mich daran so geängstigt hat, kann ich nicht sagen. Vielleicht symbolisierte es für mich den Tod (angesichts der immer wieder aufkommenden Erzählungen von Menschen an der Schwelle des Todes, dass sie ihre Körper quasi verlassen und auf sich selbst herabgeblickt hätten), möglicherweise empfand ich diesen Wechsel der Perspektive und diese Selbstwahrnehmung generell als schockierend. Jedenfalls waren das immer jene Alpträume, aus denen ich ganz besonders schweißgebadet aufgewacht bin. "2001" bedient sich nun in diesen Szenen eines ganz ähnlichen Konzepts, dass dadurch, dass Bowman nicht einfach nur sich selbst sieht, sondern immer sein zukünftiges oder vergangenes Ich, für mich sogar noch an Schrecken gewinnt. Und auch wenn ich nun Gott sei Dank schon seit Jahren nicht mehr von ähnlichen Träumen geplagt werde, haben diese Momente bei mir nach wie vor nichts an Wirkung verloren – immer noch läuft mir jedes Mal ein kalter Schauer über den Rücken… ![]() Schließlich wartet dann auch der Abspann noch mit einer Besonderheit auf. Denn um das Filmerlebnis stilvoll ausklingen zu lassen, ist während die "Credits" über die Leinwand/den Bildschirm flimmern noch einmal Johann Strauß‘ "An der schönen blauen Donau" zu hören. Doch da die Filmcrews früher noch deutlich kleiner (bzw. die Anforderungen an den Abspann, auch wirklich alle Beteiligten anzuführen, noch nicht so streng) waren als heutzutage, sind diese ca. zur Hälfte des Donauwalzers auch schon vorbei. Anstatt – wie man das bei jedem anderen Film gemacht hätte – das Musikstück abzubrechen, lässt Kubrick "An der schönen blauen Donau" bis zur letzten Note über dem schwarzen Bild weiterspielen und gemütlich ausklingen. Dies gibt dem Zuschauer noch einmal Gelegenheit, sich über den Film Gedanken zu machen und das Gesehene zu verarbeiten und darüber zu reflektieren. Und das ist auch bitter nötig, denn "2001 – Odyssee im Weltraum" lädt nicht einfach nur dazu ein, er erfordert es förmlich. Erst wer sich über die Sichtung des Films hinaus mit ihm und den darin vorgestellten Themen, Gedanken und Ideen beschäftigt, wird jemals seine Faszination nachvollziehen können. Und letztlich lag genau darin auch Kubrick’s Absicht. Es ging ihm weniger darum, die Zuschauer zu unterhalten, als sie zum Nachdenken anzuregen. Nicht zuletzt auch deswegen ist "2001 – Odyssee im Weltraum" für mich ein absolutes Meisterwerk, und eine Sternstunde des Kinos… Fazit: ![]() Sein Perfektionismus, für den er Zeit seines Lebens bekannt war, ist dabei in jeder Einstellung spürbar. Jede einzelne Szene, jeder Moment des Films hat einen Sinn – und sei es nur, uns durch traumhaft schöne Bilder ins Staunen zu versetzen. Nichts ist willkürlich, alles bewusst und absichtlich. Wer er nicht schafft, sich auf dieses Erlebnis einzulassen und einfach nur in den Bildern und der Musik zu schwelgen, für den hat "2001" angesichts der fragmentarischen Handlung wohl nicht viel zu bieten, und wird ihn als lang und langatmig empfinden. Kubrick geht es hier nun mal weniger darum, eine Geschichte zu erzählen, als Gefühle, Gedanken und Ideen zu vermitteln, unsere Phantasie anzuregen, uns zu inspirieren und zum Nachdenken zu bringen – über den Film, über uns, die Menschheit, und unsere Rolle in Universum. Und eben dies macht "2001 – Odyssee im Weltraum" für mich letztendlich nicht einfach "nur" zu einem Meisterwerk, sondern zum besten Film aller Zeiten… Wertung:11 von 10 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © MGM)
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