Die SF-Tage in Herxheim am Berg - ein Rückblick
Wein und Weltall Kategorie: Specials - Autor: Roger Murmann - Datum: Donnerstag, 17 Mai 2007
 
Ein kleiner Kampf"Herxheim wo... ?" wird der geneigte Leser zunächst fragen. Denn in der deutschen Con-Landschaft war der Name "Science Fiction Tage" bisher eher als ältere Bezeichnung für ein längst dahin geschiedenes Vorgängerevent des Dortmunder DortCon ein Begriff.

Bis jetzt...

Bereits zum vierten Mal luden Eric Hass, Frank Luschnat und das Team vom Trekdinner "Deep Space Neustadt" am zweiten Mai-Wochenende zu den Science Fiction Tagen in die 800-Seelen Gemeinde Herxheim am Berg an die Deutsche Weinstrasse ein. Hatte man sich bei den ersten beiden Veranstaltungen noch auf "Raumschiff Enterprise" und "Star Wars" spezialisiert, ist spätestens seit den SF-Tagen 2006 eine Ausweitung auch auf andere phantastische Serien Teil des Konzepts. Veranstaltungsort war und ist das Dorfgemeinschaftshaus, das die Gemeinde den Veranstaltern dankenswerterweise kostenlos zur Verfügung stellte. Nun, zugegeben, auf den ersten Blick hört sich das alles recht bieder und provinziell an. Da macht ein Trekdinner aus einer, mehr durch seinen Wein als durch seine SF-Aktivitäten bekannten Gegend in einem übersichtlichen Dorfgemeinschaftshaus ein Event und lädt ein paar Freunde aus der Szene ein. Aber weit gefehlt: wohl selten ist eine Convention im Vorfeld von Kennern der Szene so unterschätzt worden, wie diese hier. Und wieder einmal wurde bewiesen, dass man keine teueren Stars braucht, um "die Hütte randvoll" zu bekommen. Auch der Eintritt diente nicht dazu, die Leute vom Besuch abzuhalten. 2 Euro für die Tageskarte, 3 Euro fürs Wochenend-Ticket...da braucht sich niemand zu beklagen. Ergebnis: etwa 500 restlos begeisterte Besucher. Spätestens jetzt kann der geneigte Leser damit beginnen, sich zu wundern, und gewisse grosse Converanstalter damit, sich am Kopf zu kratzen...

Der Samstag begann für mich als Händler und Repräsentant der Darmstädter SF-Szene zugegeben ein klein wenig chaotisch. Händler wollen vor allem eines: gefunden werden. Das musste zunächst für mich sicher gestellt werden. Eine kurze Diskussion mit den Veranstaltern, die Sache war zu beiderseitiger Zufriedenheit schnell geklärt und man konnte der Dinge harren, die da tagsüber noch kommen würden. Und die Dinge, sprich Menschen, kamen in ungeahnten Massen. Ein Glücksgriff der Veranstalter war, dass man sich der Hilfe verschiedener Fangruppen bedient hatte. Namentlich seien genannt aus dem Star Wars-Bereich das Jedi-Forum "Order of the Force", die German Garrisson, die "Sith-Force", die "Star Wars Fans Nürnberg", aus dem Star Trek-Fandom die Liverollenspiel-Crew der USS Trinitiy, sowie die Modellbauer der SiRA aus dem nahen Mannheim, die alle im grossen Saal im ersten Stock ihre Stände aufgebaut hatten. Doch wer nun glaubt, dass die Besucher der Con sich nur aus diesen Gruppen rekrutierten, hat sich getäuscht. Man konnte denken, dass sämtliche Phantastik-Fans und -interessierte der Pfalz sich aus ihren Wohnzimmersesseln erhoben und an diesen beiden Tagen nur ein Ziel hatten. Neben bekannten Gesichtern vom Perry Rhodan Stammtisch Mannheim und, von etwas weiter her, vom Science Fiction Treff Darmstadt, konnte man zahlreiche Jugendliche, Paare und ganze Familien mit Kindern treffen, die ganz fasziniert von Stand zu Stand pilgerten. Weiteres Laufpublikum konnte auch dadurch erreicht werden, dass das Event zeitgleich mit der "Kulinarischen Wanderung ins Himmelreich" stattfand, was stellenweise vor dem Gebäude für einen mittleren Menschenauflauf sorgte. Ein äusserst geschickter Schachzug, denn der Tourist erwartet an so einem weinseligen Tag sicher am allerwenigsten, plötzlich Darth Vader und einer Legion Stormtrooper persönlich gegenüber zu stehen.

Zusätzlich zu den Ständen bekam der Besucher ein reichhaltiges Programm geboten. Der von der FedCon und seinen Weihnachtsvorlesungen an der Uni Zweibrücken her bekannte Dr. Hubert Zitt referierte am Samstag sehr unterhaltsam einmal zum Wahrheitsgehalt der bei Star Wars verwendeten Technik und etwas später am Nachmittag erneut über die Technik im Star Trek Universum. So erfuhr man interessante Details über den Energiebedarf beim Beamen und die geforderte Speicherkapazität zukünftiger Festplatten. Etwas unter ging die Lesung des Perry Rhodan Autors Christian Montillon, den man auch an seinem Tisch im Hauptsaal finden konnte. Die Perry Rhodan Schiene wäre sicher (vielleicht mit Unterstützung des Verlags) noch ausbaufähig. Erstmals dabei war auch Robert Vogel, welcher einen Überblick über die vergangenen zehn Jahre Stargate gab und dabei auch einen Ausblick in die Zukunft des Sternentor-Franchise wagte. Dies alles, kurz bevor Robert zu einer neuen Tour ans Stargate-Set ins kanadische Vancouver startete. Weitere kreative Programmpunkte drehten sich um das Schneidern von Star Wars-Kostümen, sowie um den Bau von Droiden, bei dem klar wurde, dass auch der hübscheste Droide im Prinzip bloß ein Innenleben aus Sperrholz und Schrauben hat. Ein Exemplar dieser Gattung konnte man in Lebensgröße bewundern, wobei der "Vater" dieses Geschöpfs verlauten ließ, dass noch geplant sei, ein wenig Elektronik und ein ferngesteuertes Fahrgestell einzubauen.

A propos Kostüme: man fühlte sich stellenweise um über 10 Jahre in die Vergangenheit versetzt, in eine Zeit, als man auf MediaConventions noch stolz darauf war, ein Kostüm zu tragen. Als noch keine sensationslüsternen Kamerateams und Pressefotografen Jagd machten auf Leute in möglichst exotischem Outfit, um diese dann als minderbemittelte Freaks öffentlich an den Pranger zustellen. Vom leichtbekleideten Lea-Double über aufwändig ausgestattetes, schweißtreibendes Darth Vader-Outfit bis hin zu absolut perfekt sitzenden Jedi-Roben konnte man so einiges entdecken. Unter anderem demonstrierten die Nürnberger Fans, mit welchem Aufwand man Helme abseits der industriellen Massenproduktion möglichst authentisch herstellt. Zahlreiche Ergebnisse aus den Werkstätten der Kostümbesitzer wurden später im Rahmen eines Wettbewerbs ausgezeichnet.

Ein Schwertkampf zweier Mitglieder der Sith-Force musste nach kurzer Kostprobe wegen drangvoller Enge im Saal in den Hof vor dem Dorfgemeinschaftshaus gelegt werden. Leider gingen dadurch zwar die Lichteffekte der Schwerter verloren, beeindruckend war es aber allemal. Und gegen Ende der Con hatte die herrlich verrückte Crew der USS Trinitiy, die ihren Hangar bei Pforzheim hat, noch einmal die Lacher auf ihrer Seite.

Abseits vom Programm konnte man in zahlreichen Vitrinen im Erdgeschoss die Sammlungen verschiedener Fans bewundern, darunter auch zahlreiche, lange nicht mehr erhältliche Raritäten quasi schon historischer Merchandising-Produkte. Insgesamt eine einzigartige, friedliche Athmosphäre, welche Trekkies, Warsler, Gater, Perry Rhodan Fans und andere vereinte. So sah man den Darth Vader und die Lea vom Samstag sonntags dann als Starfleet-Commander und Classic-Crewmitglied im roten Kleid flanieren. Da gabs kein böses Wort, keine abschätzigen Blicke. Da gabs nur eins: Fans.

Der außerordentlich gute Zuspruch ist vermutlich darauf zurück zu führen, dass die Region nicht sonderlich reich mit massenwirksamen phantastischen Events und Cons gesegnet ist. Außerdem haben es die Veranstalter im Vorfeld verstanden, eine zunehmend auf Optik ausgerichtete Presse geschickt für Werbezwecke einzusetzen. Worin auch gleichzeitig eine Problematik liegt. Kostüme mögen einem Event einen exotischen Touch verleihen und so dafür sorgen, dass jener Event durch seine Außergewöhnlichkeit in der Berichterstattung weit vorne landet. Für den Veranstalter dieser Art Event ist das positiv und garantiert die ungeteilte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Nachteil: SciFi-Events, die zwar anspruchsvollen Inhalt in Form von Vorträgen oder ähnlichem zu bieten haben, dafür sich aber optisch nicht durch Kostümierung der Zielgruppe hervorheben, werden schnell als langweilig und nicht sonderlich attraktiv eingestuft. Denn welche Zeitung bildet schon Fotos von harmlosen Leuten ab, die "nur" um einen Tisch sitzen oder einem wissenschaftlichen Vortrag lauschen. Eine Erwähnung findet dann nur, wenn überhaupt, im Terminkalender zwischen Hausfrauenclub und Gesangverein statt.

Wie auch immer, man kann den Herxheimern zu dieser Veranstaltung, mit der sie sich in der Hitparade der Conventions mit Mediabezug ziemlich nahe an FedCon und RingCon herangeschoben haben, nur gratulieren! 2008 soll es eine Neuauflage geben. Sehr wahrscheinlich wieder am zweiten Wochenende im Mai. Ein Besuch lohnt sich allemal!
Denn wo gibt es das sonst noch, dass eine Science Fiction Veranstaltung ganz offiziell vom Bürgermeister, und dazu in Begleitung zweier Weinprinzessinnen eröffnet wird und so hohe gesellschaftliche Anerkennung genießt? Überhaupt: Wein zog sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung. Zwar wurde kein Alkohol ausgeschänkt, jedoch gehörten, wo anderswo hauptsächlich Merchandise-Anbieter präsent sind, hier auch zahlreiche örtliche Weingüter zu den Sponsoren. Offensichtlich hat man angesichts der zahlreichen Besucher auch die nicht zu unterschätzende Bedeutung des Events für den lokalen Tourismus erkannt und seitens der Gemeinde bereits das O.K. für ein weiteres Event dieser Art im kommenden Jahr gegeben. Das Datum findet der Leser rechtzeitig hier auf fictionBox.de im News-Bereich "Fandom & Conventions"!


Galerie:
   


Weiterführende Links:
Homepage ScienceFiction-Tage Herxheim
Geschichte der ScienceFiction-Tage Herxheim