In hundert Jahren, in tausend Jahren |
Episodennummer: 4x22 Bewertung: ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Erstausstrahlung USA: 27. Oktober 1997 Erstausstrahlung D: 24. Oktober 1998 Drehbuch: J. Michael Straczynski Regie: Stephen Furst Hauptdarsteller: Bruce Boxleitner als Captain John Sheridan, Jerry Doyle als Security Chief Michael Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Richard Biggs als Doctor Stephen Franklin, Bill Mumy als Lennier, Stephen Furst als Vir Cotto, Jeff Conaway als Zack Allan, Patricia Tallman als Lyta Alexander, Peter Jurasik als Londo, Andreas Katsulas als G'Kar. Gastdarsteller: Roy Brocksmith als Brother Alwyn Macomber, Alastair Duncan als Latimere, Eric Pierpoint als Daniel, Neil Roberts als Brother Michael, Rob Elk als Henry Ellis, Bennet Guillory als Leif Tanner, Doug Hale als Derek Mitchell, Kathleen Lloyd als Elizabeth Metarie, David Anthony Smith als Man, Joane Takahashi als Dr. Tashaki, Ken Taylor als Jim Bitterbane, Nick Toth als Exeter u.a. Kurzinhalt: In einer Million Jahren bereiten sich die Nachkommen der Menschheit darauf vor, die Wiege der sie entstammt sind für immer zu verlassen, ehe die Sonne zur Nova wird und daraufhin verglüht. Einer von ihnen sieht sich Aufzeichnungen über Sheridan, Delenn und die von ihnen gegründete Interstellare Allianz an. Nach einer kurzen Aufzeichnung der beiden, wie sie frisch verheiratet und unter tosendem Applaus auf der Station empfangen werden, diskutieren Experten in einem wenige Tage später entstandenen Ausgabe der ISN-Sendung "Nightside" über die Herausforderungen, der sich die neu gegründete Interstellare Allianz gegenübersieht – und ob Sheridan diesen gewachsen sein wird. Hundert Jahre später setzt sich ein Bildungsprogramm kritisch mit ihrem Erbe auseinander, und sieht Sheridans Rolle in der Gründung der Allianz für überschätzt – immerhin kann kein einzelner Mensch den Lauf der Geschichte verändern. Fünfhundert Jahre später werden Sheridan, Delenn, Franklin und Garibaldi in einer Holo-Simulation zu Propaganda-Zwecken wieder zum Leben erweckt. Als Garibaldi erkennt, was hier gespielt wird, durchkreuzt er ihre Pläne jedoch gewaltig. Weitere fünfhundert Jahre später ist die Erde immer noch dabei, sich vom Großen Brand zu erholen, der den Planeten heimgesucht hat. Bruder Alwyn versucht, seinem Akolythen Michael bei seiner Glaubenskrise zu helfen – glaubt dieser doch, dass es sich bei Sheridan, Delenn usw. nicht um Geschichte, sondern nur um Mythen und Legenden handelt… Denkwürdige Zitate: "Perhaps it is something I said." "Perhaps it is everything you say." (Londo und G'Kar nach ihrer Ankunft auf der Station.) "Delenn, wait. You came all this way, just to say that?" "You came just as far… to say less." (Delenn zum Moderator der "Geschichtsstunde".) "You do not wish to know anything. You wish only to speak. That which you know, you ignore because it is inconvenient. And that which you do not know, you invent." (Delenn staucht die sogenannten Geschichtsexperten zusammen.) "Estimated dead?" "Fifteen to twenty million enemy casualties. Can't make an omelet without breaking a few eggs." (Die erschreckend lapidare Antwort des Holo-Programmierers.) "I have no answer for you, Brother Michael. That's what faith is for." (Für die Serie eines Atheisten sehr unerwartete Worte.) "This is how the world ends. Swallowed in fire, but not in darkness. You will live on. The voice of all our ancestors, the voice of our fathers and our mothers to the last generation. We created the world we think you would've wished for us. And now we leave the cradle for the last time." (Die Worte des Nachkommen der Menschheit, ehe er die Erde verlässt.) "Faith manages." (Die für Fans der Serie zum Leitspruch avancierte Nachricht an alle Schwarzseher.) Review: ![]() Mein erster Kritikpunkt ist die Art und Weise, wie JMS hier fast schon krampfhaft versucht, die Zuschauer davon zu überzeugen, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist (obwohl sie dies in bestimmten Bereichen natürlich durchaus schon war, da er bestimmte Entwicklungen, die eigentlich erst für die fünfte Staffel vorgesehen waren, vorziehen musste), und die fünfte Staffel eh auch noch ganz super, spannend und interessant wird. Das beginnt schon beim "Nightline"-Segment, wo die Experten die Herausforderungen diskutieren, denen sich die Interstellare Allianz in ihrem ersten Jahr wird stellen müssen, und ist dann vor allem auch im zweiten Teil der Episode rund um die pädagogische Sendung mit den Geschichtsexperten überdeutlich. Wie man dort das eine oder andere Detail erwähnt, dass sich im ersten Jahr der IA zugetragen hat, wäre ja schon schlimm genug gewesen, aber dann auch noch den Clip rund um Garibaldi einzublenden und uns davon zu überzeugen versuchen, dass dieser hier den Tod findet, war schon sehr billig. Effektiv, wie ich zugestehen muss, da es dieser Szene bei der Erstsichtung durchaus gelungen ist, mein Interesse zu wecken, aber dennoch überaus plump (und auch frech, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass "Der Weg ins Licht" zu diesem Zeitpunkt schon abgedreht war, und JMS schon ganz genau wusste, wie Garibaldis Schicksal aussieht). Generell wirken diese Appelle an die Zuschauer, doch bitte schön dranzubleiben, sehr verzweifelt. Und insgesamt machte "In hundert Jahren, in tausend Jahren" auf mich teilweise einen etwas rat- und hilflosen Eindruck, der eher an so manche Episoden der ersten Staffel erinnert, als JMS und die gesamte Crew den richtigen Rhythmus noch nicht gefunden und sich die Produktion der Serie noch nicht so recht eingespielt hatte. Nach dem nachfolgenden Aufstieg und gerade auch angesichts der hochdramatischen, überwiegend perfekten vierten Staffel ist dieser Stolperer aber nur halt leider umso auffälliger – und enttäuschender. ![]() Die pädagogische Sendung 100 Jahre später war vom Grundgedanken her ja durchaus nett, leidet allerdings unter dem oben erwähnten Phänomen, dass es JMS hier in erster Linie darum zu gehen scheint, dem Zuschauer die fünfte Staffel schmackhaft zu machen. Zudem verfehlte die kritische Diskussion der Rolle von Sheridan und Delenn bei mir – gerade auch im Vergleich zu "Lügenpropaganda" – irgendwie die gewünschte aufwühlende Wirkung. Delenns Auftritt am Ende war dann dafür ein absoluter Gänsehautmoment. Wie sie aus dem Nichts und völlig unerwartet erscheint, sie niedermacht und als Heuchler offenbart die versuchen, sich auf Kosten von historischer Figuren zu profilieren, und danach einzig und allein mit ihrem Blick verstummen lässt und beschämt, war ungemein stark, und von Mira Furlan glänzend gespielt. Generell muss ich allen – zahlreichen – Gaststars bei "In hundert Jahren, in tausend Jahren" ein makelloses Zeugnis ausstellen. Sie sind allesamt absolut klasse, und spielen ihre Rollen perfekt. Der einzige Haken an dieser Szene ist, dass es natürlich extrem unplausibel ist, wie schnell Delenn dort erscheint. Entweder, interstellare Reisen finden in 100 Jahren nach dem B5-Zeitfenster um einiges – nämlich de facto augenblicklich – statt, oder sie war zufällig gerade auf der Erde und in der Nähe. Beides erscheint mir doch eher unplausibel. In diesem Fall bin ich jedoch aufgrund der emotionalen Wirkung dieser Szene dazu bereit, darüber hinwegzusehen, und meinem Herzen den Vorzug gegenüber meinem Kopf zu geben. ![]() Kritisch sehe ich auch den düsteren Ausgang des Geschehens, der sich dann ja auch im Segment, das 1.000 Jahre nach der Gründung der Allianz angesiedelt ist, fortsetzt. Ich kann zwar JMS Begründung dafür nachvollziehen, und in gewisser Weise finde ich ja auch die Aussage dahinter, dass Kriege nie für immer gewonnen sind und der Frieden und die Freiheit aktiv bewahrt werden müssen, wenn wir sie nicht verlieren wollen, ja durchaus gelungen. Dennoch halte ich es aber gerade nach der Episode, wo Sheridan & Co. ihren Triumph gefeiert haben, für ziemlich niederschmetternd. Der eine oder andere Zuschauer könnte sich hier durchaus fragen, wozu das ganze denn letztendlich eigentlich gut war, wofür sie gekämpft haben und Leute wie Marcus gestorben sind, wenn fünfhundert Jahre später ohnehin alles in einem Großen Brand endet. Diese Offenbarung vermindert und untergräbt ihre Leistung, und ihren Sieg, in meinen Augen doch erheblich. Und andererseits finde ich diese Wendung wiederum schön mutig, und sehe ich sie durchaus in der Tradition der Serie, die sich ja bewusst vom "Friede Freude Eierkuchen"-Konzept von "Star Trek" abheben wollte. Insofern bin ich bei dieser Wendung im Zwiespalt, und mir selbst nicht so recht darüber im Klaren, ob ich sie nun gut oder schlecht finde. Keine innere Zerrissenheit verspüre ich hingegen, wenn es um Garibaldi geht. Denn wie dieser den Holo-Programmierer hier austrickst, und so letztendlich dafür sorgt, dass die andere Seite den Krieg gewinnt – oder zumindest durch den Präventivschlag, der sich dafür jedoch nur gegen militärische Ziele richtet (entgegen der Pläne jener Seite, die ihn "reaktiviert" hat), einen Vorteil erlangt – war ein ungemein starker Moment für die Figur, und zeigte uns Garibaldi wieder einmal in Hochform. ![]() Fazit: "In hundert Jahren, in tausend Jahren" sehe ich doch recht zwiespältig gegenüber. Positiv fällt in erster Linie auf, dass hier wieder einmal mit dem üblichen Erzählschema gebrochen wird, und uns JMS hier generell eine ziemlich ungewöhnliche und experimentelle Folge präsentiert. Delenns Auftritt im "100 Jahre später"-Segment war ein sehr starker und durchaus berührender Moment. Die schauspielerischen Leistungen, sowohl der Stammbesetzung (wobei vor allen Mira Furlan in der gerade angesprochenen Szene besticht), als auch sämtlicher Gaststars, ist ebenfalls phantastisch, und lässt keinen einzigen Ausreißer nach unten erkennen. Garibaldis "Sternstunde", wo er einfach mal mir nichts dir nichts Millionen von Zivilisten rettet, war auch sehr nett. Wunderbar auch die Rahmenhandlung, welche eine Brücke zur Staffel 1-Episode "Ein unheimlicher Fund" schlägt. Und auf objektiver Ebene muss ich JMS den Mut zu einer derart düsteren Entwicklung der Zukunft der Serie anerkennen. Subjektiv betrachtet bin ich mir allerdings nicht sicher, ob mir dies gefällt, und ob ich davon unbedingt wissen wollte – oder gar musste. Gerade auch so unmittelbar nach ihrem großen Triumph in der Episode zuvor ist das schon ein ziemlicher Schlag in die Magengrube, der ihre Leistungen untergräbt und irgendwie mindert. Es mag realistisch sein und eine wertvolle Message beinhalten, aber selbst mir als durchaus Fan von Dystopien war das letztendlich dann etwas zu bitter, düster, und deprimierend. Kritisch fallen zudem einige logische Schwächen auf, sei es Delenns plötzliches Auftauchen in der Sendung (wie zum Teufel hat sie es so schnell dorthin geschafft?), oder vor allem auch das ganze Grundkonzept hinter der Holo-Propaganda, die extrem konstruiert und unglaubwürdig wirkte. Mein größter Kritikpunkt ist aber, wie verzweifelt JMS hier Köder auswirft, um sicherzustellen, dass die Zuschauer auch weiterhin am Haken bleiben, und uns davon zu überzeugen versucht, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist, und die fünfte Staffel eh auch voll super und spannend wird. Vor allem die Aufzeichnung rund um Garibaldi war ein ungemein billiger, plumper Trick, der vor allem rückwirkend betrachtet sehr negativ auffällt. Insgesamt ist "In hundert Jahren, in tausend Jahren" somit der doch etwas durchwachsenen Qualität der fünften Staffel näher als jener – überwiegend großartigen – Season, die sie abschließt. Wertung: 2.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
Mitreden! Sagt uns eure Meinung zu "In hundert Jahren, in tausend Jahren" im SpacePub! Stimmen zur Episode: ![]() Quelle: "Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 5: The Wheel of Fire" Vom Skript zur Folge: Die größte Änderung ist zweifellos, dass im ursprünglichen Drehbuch noch Ivanova enthalten war, und zu Beginn der Folge – statt Garibaldi – zusammen mit Franklin die Frischvermählten an Bord begrüßten sollte. In der Diskussion im Zuge der pädagogischen Ausstrahlung im "100 Jahre in der Zukunft"-Segment fehlt zudem ein kurzer Teil, mit dem der Weg für "Waffenbrüder" und "Crusade" geebnet wurde: "Es gab den Telepathenkrieg, und der Drakh-Krieg kann als direktes Resultat von Sheridans Handlungen nachdem er von der Erde zurückgekehrt war angesehen werden. Als die Drakh eine biogenetische Seuche in die Erdatmosphäre strömen ließen…" "Na ja, jetzt holen wir aber etwas gar weit aus." "Aber Sie können doch nicht einfach so ein Ereignis ignorieren, dass fast den Tod von jedem Mann, Frau und Kind auf der Erde verursacht hätte." "Das versuche ich auch gar nicht, aber das wäre wohl für eine andere Sendung geeigneter" – was natürlich eine Anspielung auf die Nachfolgeserie "Crusade" war. Kurz darauf, nach dem Clip mit Garibaldi, sagt einer der Experten zudem noch "Wenn ein Freund getötet wurde, wie wir es hier sahen, dann war das halt nun mal so." Daraus sollte man allerdings nicht schließen, dass JMS ursprünglich vor hatte, Garibaldi in dieser Folge wirklich sterben zu lassen – immerhin tritt er ja noch in "Der Weg ins Licht" auf. Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11" Kommentare von JMS Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11" ![]() Quelle: "Babylon 5: The Scripts of J. Michael Straczynski - Volume 11" ![]() Das hängt von Deinem Standpunkt ab. Fakt ist, so wie ich es sehe, dass niemand und nichts jemals alle unserer Probleme sofort und für immer lösen wird. Menschen werden immer Menschen bleiben. Man kann keinen Zauberstab schwenken und alles heil machen. Ja, es gab einen weiteren Krieg… aber wären die Schatten nicht gestoppt worden durch unsere Charaktere, hätte es wahrscheinlich ÜBERHAUPT keine menschliche Rasse mehr gegeben. Ja, es gab einen Krieg, und viele sind darin gestorben… wie es normalerweise in einem Krieg passiert… aber die nominell richtige Seite hat gewonnen, was nicht der Fall gewesen wäre wenn Garibaldis Simulacrum ihnen nicht unter die Arme gegriffen hätte. Wir hatten, haben weiterhin, und werden immer Kriege haben, und Trauer und Streit… wir werden aufsteigen und fallen… aber jedes Mal klettern wir ein bisschen höher, und letztendlich, werden wir die Welt schaffen, die unsere Ahnen für uns gewollt hätten… wir werden die Wiege schließlich verlassen, und unseren Platz zwischen den Sternen einnehmen, die lehrend, die uns nachfolgen. Meiner Meinung nach ist das ein so glückliches Ende, wie irgendjemand es sich wünschen kann. So wie mit allem ist auch B5 (in jedweder Inkarnation) über den Prozess. Ihr habt gesehen, wie Londo von G'Kar erwürgt wurde… aber ihr wusstet nicht, wie es dazu gekommen ist. Ihr kennt den Ausgang des Erd-Minbari-Krieges… aber ich denke, dass es noch einige Überraschungen in "Der erste Schritt" geben wird. So wie mit allen Dingen liegt die Freude beim Fortschreiten. Wir wissen alle, dass wir sterben werden, dass wie der Dichter sagt "wir rittlings auf dem Grabe geboren werden". Aber das Wissen um diese unausweichliche Realität hat niemals das menschliche Streben gestoppt. Es ist die Reise und das Tun das zählt. Wir hatten vertraglich keine Wahl. Als wir "Der Weg ins Light" in die 5. Staffel verschoben mussten wir ihren Namen aus "In hundert Jahren, in tausend Jahren" entfernen, oder ihr ein extra Episodengehalt zahlen. Wir bemerkten das nicht, bis WB uns ungefähr drei Tage bevor die Sendung gezeigt wurde anrief und uns darauf hinwies. Wir hatten keine Wahl. Sie sagten, es müsste entfernt werden. Wir konnten Jason im Vorspann lassen, weil er in "Der Weg ins Licht" nicht mitspielt. ![]() Quelle: Der deutsche Lurker’s Guide für Babylon 5
Zusammengestellt und überarbeitet von Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros.)
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