Originaltitel: Through the Looking Glass (Part 2)
Episodennummer: 3x23
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 23.05.2007
Erstausstrahlung D: 11.02.2008 (Free-TV, Pro7)
Drehbuch: Carlton Cuse & Damon Lindelof
Regie: Jack Bender
Hauptdarsteller: Naveen Andrews als Sayid Jarrah, Emilie de Ravin als Claire Littleton, Michael Emerson als Benjamin Linus, Matthew Fox als Jack Shephard, Jorge Garcia als Hugo „Hurley“ Reyes, Josh Holloway als James „Sawyer“ Ford, Henry Ian Cusick als Desmond Hume,Daniel Dae Kim als Jin-Soo Kwon, Yunjin Kim als Sun-Hwa Kwon, Evangeline Lilly als Kate Austen, Elizabeth Mitchell als Juliet Burke, Dominic Monaghan als Charlie Pace, Terry O‘Quinn als John Locke
Gastdarsteller: M.C. Gainey als Tom Friendly, Tania Raymonde als Alex, Blake Bashoff als Karl, Andrew Divoff als Mikhail, Nestor Carbonell als Richard Alpert, Mira Furlan als Danielle Rousseau, Marsha Thomason als Naomi, L. Scott Caldwell als Rose, Sam Anderson als Bernard, Tracy Middendorf als Bonnie, Sonya Walger als Penny Widmore
Kurzinhalt:
Ben trifft auf Jack und versucht ihn davon zu überzeugen, dass es ein Fehler ist, sich mit der Crew des Frachters in Verbindung zu setzen. Als dieser nicht hören will, droht er, Jin, Bernard und Sayid erschießen zu lassen. Jack hat eine Minute Zeit, seinen Forderungen nachzugeben und ihm das Satellitentelefon zu bringen, sonst werden sie erschossen. Währenddessen führt Mikail unter Wasser in der Spiegel-Station Ben's Befehle aus. Doch kurz bevor er die zweite Frau töten kann, wird er von Desmond mit einer Harpune erschossen. Nun überredet Charlie sie dazu, ihnen den Code mitzuteilen, um das Störsignal auszuschalten. Kaum hat er dies erledigt, meldet sich Penny Widmore über einen Bildschirm – behauptet jedoch, dass es sich nicht um ihr Schiff handeln würde, dass vor der Insel auf Anker liegt. Desmond will gerade in den kleinen Raum kommen, da entdeckt Charlie draußen vor dem Bullauge Mikail mit einer Handgranate…
Die Flashbacks offenbaren sich als Flashforwards, und zeigen uns, wie (dreckig) es Jack nach seiner Rückkehr von der Insel ergangen ist.
Review:
Es ist schon sehr lange her, dass mich ein Staffel- oder Serienfinale so geflasht hat wie die letzte Episode der 3. Staffel von "Lost". Nehmen mir nur mal die Unterhaltung von Jack und Ben, und dessen Erpressungsversuch. Zugegeben, die drei sind zu große Eckpfeiler der Serie, als das ich glauben konnte, dass man uns ihren Tod tatsächlich so beiläufig miterleben lassen würde. Nichtsdestotrotz war diese Szene enorm spannend – und konnte mich schon allein deshalb überzeugen, weil Jack hier nicht klein beigegeben hat und daraufhin annehmen musste, dass er damit drei seiner Freunde – jenen Menschen, von denen er sich geschworen hat, dass er sie von der Insel retten würde – zum Tode verurteilt hat. Dadurch, dass wir nur bei Ben und Jack bleiben, konnte ich richtig mit ihm mitfühlen und sein Dilemma nachvollziehen. Seine Entscheidung, Ben nicht nachzugeben, war einerseits absehbar, hat mich andererseits mit seiner Härte doch überrascht.
Es war wohl auch in diesem Moment, als Ben erkannt hat, dass er gescheitert ist. Sein verzweifelter Plan, die Überlebenden davon abzuhalten, das Schiff zu kontaktieren, ging nicht auf, und zum ersten Mal seit wir ihn kennengelernt haben wirkte er hilflos, verzweifelt und – nun – verloren. Generell ist man nach dieser Episode noch mehr als jemals zuvor geneigt, ihm zu vertrauen, und damit nun auch zu befürchten, dass Jack hier die falsche Entscheidung getroffen hat. Zumal wir ja auch von Charlie wissen, dass es sich entgegen Naomi's Behauptung nicht um Penny's Schiff handelt. Ben hat ja immer wieder behauptet, sie wären die Guten, und wenn man sich in dieser Episode ansieht, wie die Anderen Sayid, Bernard und Jin verschonen, während im Gegenzug Sawyer Tom Friendly kaltblütig ermordet, fällt es schwer, in ihm und den Anderen noch die großen Bösewichte zu sehen. Auch der Flash Forward (dazu gleich mehr) deutet an, dass Jack seine Entscheidung nun zu bereuen scheint. Werden die Leute auf dem Schiff etwa tatsächlich auf die Insel kommen, um sie alle auszuschalten? Zumindest einigen ist ganz offensichtlich die Flucht gelungen – doch wie viele sind dafür gestorben, welchen Preis musste man dafür zahlen? Fragen, deren Antwort ich schon gespannt erwarte.
Und das sind wahrlich nicht die Einzigen. Wer lag im Sarg? Warum hat sein Tod Jack zu mitgenommen? Warum ist Jack nach der Rettung von der Insel solch ein Wrack, wünscht sich, wieder mit dem Flugzeug abzustürzen und zurückkehren zu können? Immerhin scheint es Kate deutlich besser zu ergehen. Wem ist noch die Flucht gelungen? Wer lag im Sarg? Wenn es nicht Penelope Widmore's Schiff ist – wem gehört der Frachter, der nahe der Insel vor Anker liegt? Was haben sie vor, was wollen sie von der Insel? Was genau meint Jack, wenn er sagt, dass sie wieder zurück müssen? Ist es so, wie auch Rousseau gesagt hat, dass er einfach in dieser Welt keinen Platz mehr für sich sieht, oder steckt mehr dahinter? Und wer verdammt nochmal lag in diesem Sarg?!?!
Doch interessante Fragen für den weiteren Verlauf der Serie zu stellen, war natürlich nicht das Einzige, was "Hinter dem Spiegel – Teil 2" so ausgezeichnet hat. Die Handlung war ungemein spannend und dramatisch in Szene gesetzt, war extrem tempo- und wendungsreich inszeniert und bot zahlreiche Höhepunkte. Nebem dem Gespräch zwischen Jack und Ben gehörte für mich unter anderem auch die herrlich schräge Rettung durch Hurley mit dem VW-Bus dazu. Ein Highlight in schockierender Hinsicht war die schonungslose Hinrichtung von Tom Friendly – den man mittlerweile doch irgendwie zu schätzen gelernt hat – durch Sawyer. Zwar nach der Entführung von Walt und allem, was Sawyer in Gefangenschaft durchgemacht hat verständlich, war es dennoch eine ungemein kaltblütige Aktion, mit der ich so nun wirklich nicht gerechnet hätte – schon gar nicht, nachdem er sich doch tatsächlich ergeben hat! Eine weitere tolle Szene war das Aufeinandertreffen von Danielle und ihrer Tochter Alex, wobei dieses mit ihren ersten Worten „Hilf mir, ihn zu fesseln” auch eine herrlich schräg-unkonventionelle Note erhielt. Sehr gelungen dann auch jener Moment, als Rousseau ihr vor über 16 Jahren abgesetztes Notsignal abschaltet. Kurz darauf folge mit Naomi's Ermordung und Locke's Drohung an Jack die nächste große Überraschung. Wie Jack dann schließlich mit dem Schiff Kontakt aufnimmt, war zwar durchaus ein erhebender Moment, dessen Fröhlichkeit jedoch durch die düsteren Prophezeiungen und Warnungen von Ben und Locke doch etwas untergraben wurde – was ihn für mich nur um so gelungener gemacht hat.
Der emotionale Höhepunkt von "Hinter dem Spiegel – Teil 2" - und wohl der kompletten bisherigen Serie – war aber ganz klar Charlie's Tod. Hatte man zuerst noch die leise Hoffnung, Desmonds Zukunftsvision könnte sich als falsch herausstellen, war in dem Moment als man Mikail hinter der Glasscheibe mit einer Handgranate gesehen hat klar, was passieren wird. Sein Tod war wirklich heldenhaft – nicht nur, dass er damit den Kontakt mit der Außenwelt ermöglicht hat (auch wenn sich das möglicherweise noch als Fehler herausstellen wird – aber das konnte er ja nicht wissen), schließt er zudem die Luke da er weiß, das sonst Desmond gestorben wäre – da er sich von Penny nicht hätte wegbringen lassen. Und danach schreibt er noch eine vielleicht alles entscheidende Nachricht auf seine Hand, um seine Freunde zu warnen. Zudem war sein Tod wirklich grandios inszeniert – ungemein still und eigentlich unspektakulär, verlässt man sich zum wiederholten Mal bei Lost nur auf die Bilder und Michael Giacchino's wundervolle, traurige Musik, um die Emotionen der Szene zu vermitteln – was zumindest bei mir unheimlich gut gelungen ist. Sicherlich einer der emotionalsten, traurigsten Momente, die ich je auf dem Fernsehschirm erlebt habe.
All diese Elemente hätten schon ausgereicht, um "Hinter dem Spiegel - Teil 2" zu einem grandiosen Staffelfinale zu machen, doch in den letzten Minuten setzt man sogar nochmal eins drauf, als sich die vermeintlichen Flashbacks als Frashforwards herausstellen. War ich zuvor zunehmend über die irgendwie etwas schräg wirkenden Szenen mit dem völlig kaputten Jack doch etwas verwirrt, machte am Ende alles mehr oder weniger Sinn – wenn ich es auch sehr erschreckend finde, wie schlecht es Jack nach der Rückkehr zu gehen scheint, und schon auf die Gründe dafür sehr gespannt bin. Jedenfalls ist es den Machern hier wirklich gelungen, mich zu täuschen. Man ist das Stilmittel der Rückblenden jetzt über drei Staffeln hinweg so gewohnt gewesen, dass ich nicht einmal in Betracht gezogen hätte, dass es sich in den Szenen mit dem bärtigen Jack um etwas anderes handelt. Selbst als Kate aus dem Auto stieg habe ich mich für einen kurzen Moment noch gewundert „Die kannten sich schon vor dem Absturz? Das ergibt aber irgendwie überhaupt keinen Sinn…” ehe ich den Gedankengang dann selbst unterbrach und ich mir im Moment der Erkenntnis ein staunend-anerkennendes „Aaaaaaah – genial!” nicht verkneifen konnte. Wirklich ein ungemein genialer und cleverer Einfall, der "Hinter dem Spiegel - Teil 2" dann endgültig zur möglicherweise bisher besten Folge der Serie gemacht hat!
Fazit:
Mit einem Wort: Grandios. "Hinter dem Spiegel - Teil 2" war alles, was man sich von einem Staffelfinale nur wünschen kann. Ungemein spannend, hochdramatisch, mit zahlreichen tollen, denkwürdigen Szenen und auch einigen emotionalen Momenten. Schon allein die ersten 35 Minuten hätten für die Höchstwertung gereicht, doch dann setzten die Macher mit ihrer Offenbarung rund um den Flash Forward und Jack's verzweifeltes „We have to go back!“ sogar noch eins drauf. Ganz großes Kino auf dem "kleinen" Bildschirm…
Wertung: 5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © ABC)
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