Originaltitel: This Place is Death
Episodennummer: 5x05
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 11.02.2009
Erstausstrahlung D: 04.02.2010 (Free-TV, Kabel1)
Drehbuch: Edward Kitsis & Adam Horowitz
Regie: Paul Edwards
Hauptdarsteller: Naveen Andrews als Sayid Jarrah, Jeremy Davies als Daniel Faraday, Michael Emerson als Benjamin Linus, Matthew Fox als Jack Shephard, Jorge Garcia als Hugo „Hurley“ Reyes, Josh Holloway als James „Sawyer“ Ford, Henry Ian Cusick als Desmond Hume, Daniel Dae Kim als Jin Kwon, Yunjin Kim als Sun-Hwa Kwon, Ken Leung als Miles Straume, Evangeline Lilly als Kate Austen, Rebecca Mader als Charlotte Lewis, Elizabeth Mitchell als Juliet Burke, Terry O‘Quinn als John Locke
Gastdarsteller: Melissa Farman als Danielle Rousseau, Fionnula Flanagan als Eloise Hawking, John Terry als Christian Shephard, William Blanchette als Aaron, June Kyoto Lu als Mrs. Paik
Kurzinhalt:
Während sich einige der Oceanic 6 mit Ben treffen, kommt plötzlich Sun mit einer Waffe auf sie zu, fest dazu entschlossen, den Tod ihres Mannes zu rächen. Doch Ben überrascht sie mit der Offenbarung, dass Jin noch am Leben sei. Dieser ist so wie die anderen, die auf der Insel zurückgeblieben sind, durch die Zeit gesprungen. Nach dem letzten Flash wird er von einer französischen Crew, deren Schiff nahe der Insel gekentert ist, aufgelesen und an Land gebracht. Eine junge, schwangere Frau stellt sich ihm kurz darauf als Danielle Rousseau vor. Ein paar Zeitsprünge später, trifft Jin auf Sawyer, Locke & Co. Die Sprünge treten nun immer häufiger auf, und immer mehr von ihnen zeigen jene besorgniserregende Symptome, die eine Überanstrengung des Gehirns andeuten, wie Nasenbluten, Kopfschmerzen etc. Kurz bevor sie die Orchidee-Station erreichen bricht dann schließlich Charlotte zusammen…
Review:
Grundsätzlich hat mir "Dieser Ort ist der Tod" ja sehr gut gefallen, aber bevor wir zu den positiven Aspekten kommen muss ich erst ein bisschen Kritik üben. So sind mir leider wieder einige logische Schwächen sauer aufgestoßen. Nach wie vor frage ich mich, woher Sun weiß, dass Ben für den Tod ihres Mannes verantwortlich ist/wäre. Gab es dafür bisher noch eine mögliche Erklärung – nämlich das Locke es ihr gesagt hat – erfahren wir nun, dass sich die beiden – Jin’s Wunsch gemäß – nie getroffen haben. Warum will sie Ben dann töten, und nicht z.B. Charles Widmore, der die Frachtercrew ja erst losgeschickt hat? Sorry, Leute, das ergibt überhaupt keinen Sinn. Sehr seltsam finde ich auch Eloise Hawking’s Reaktion als Ben erwähnt, dass es ihm leider nicht gelungen ist, die Oceanic 6 vollständig zu versammeln. Meinte sie in "Die Lüge" noch, dass ihnen wenn ihm dies nicht gelänge nur mehr Gott helfen könne, tut sie dies nun mit einem lapidaren, sinngemäßen „Wird schon schiefgehen“ ab. Öhm… hallo?!?! Hab ich da was verpasst?
Jin’s Begegnung mit Danielle wirft zudem die Frage auf, warum sie sich denn so überhaupt nicht an ihn erinnern konnte. Gut, ok, es vergehen in der Zwischenzeit 16 Jahre, aber etwas seltsam finde ich ihr mangelndes Erinnerungsvermögen an diese Begegnung schon, vor allem angesichts der Tatsache, dass sich hier Dinge ereignen die man wohl nicht so schnell vergessen dürfte. Und kommt mir jetzt nicht mit „durch die Zeitreise wurde eine neue Zeitlinie eröffnet, in der ursprünglichen sind sie sich nie begegnet, daher konnte sie ihn nicht erkennen blahblahblah…“ Denn wenn Jin nicht gewesen wäre, wäre sie dem schwarzen Rauch gefolgt und ebenfalls wahnsinnig geworden. Dies muss sich also schon immer so zugetragen haben. Last but not least: Es wird alle Alkohol- und Tablettensüchtigen da draußen sicherlich freuen zu erfahren, dass sie nichts weiter tun müssen als sich ihren Bart abzurasieren (sorry, Ladies…), und schon sind sie geheilt. Ernsthaft: Jack’s Entzug ging mir dann doch etwas zu schnell, überhastet und vor allem problemlos vonstatten. Vor wenigen Tagen noch ein Säufer und von seiner Tablettenabhängigkeit gezeichnet, ein völliges nervliches und körperliches Wrack, und nun scheint er auf einmal wieder ganz der alte zu sein. Hier macht man es sich – und ihm – meines Erachtens dann doch etwas zu leicht.
Wenn wir schon dabei sind, kann ich eigentlich auch gleich erwähnen, wie äußerst praktisch für die Drehbuchautoren und damit auch für uns als Zuschauer die Zeitsprünge ausgefallen sind. JMS hat auf die Frage, wie schnell sich bei seinem Weltraum-Epos "Babylon 5" Raumschiffe durch den Hyperraum bewegen würden, mit "Plot-Geschwindigkeit" geantwortet. Er meinte damit, dass sie immer genau so langsam oder schnell sind, wie dies die Handlung gerade erforderte. Bei den Zeitsprüngen habe ich ein ähnliches Gefühl: Einerseits wirken sie völlig willkürlich, andererseits nehmen sie auf überaus hilfsbereite Art und Weise Rücksicht auf die Erfordernisse der Handlung. In "Der kleine Prinz" vermisst Sawyer seine Kate – kurz darauf sieht er sie auch schon vor sich, damit er uns seine Gefühle in einer – zugegebenermaßen durchaus bewegenden – Szene anschaulich vermitteln kann. Hier springen wir nun nicht einfach nur zu Danielle Rousseau zurück, damit uns die Macher einige langerwartete Antworten endlich vernünftig präsentieren können, der unmittelbar darauf folgende Zeitsprung ist noch dazu gerade so getimt, dass wir sehen, wie Danielle sich dazu gezwungen sieht, ihren Freund zu erschießen. Wie… zweckmäßig.
Jetzt aber genug gelästert, denn wie eingangs schon erwähnt, fand ich "Dieser Ort ist der Tod" ja eigentlich sehr gelungen. Trotz meiner Kritik an den etwas gar zweckdienlichen Zeitsprüngen fand ich es natürlich großartig, endlich zu erfahren, was mit Danielle und "ihrer" Crew geschehen ist. Angesichts der Tatsache, dass man von dieser angeblichen Krankheit auf der Insel, von der in den ersten zwei Staffeln immer wieder die Rede war, schon lange nichts mehr gehört hatte, hatte ich die Hoffnung auf eine Auflösung dieser Frage eigentlich schon aufgegeben. Umso erfreulicher, dass sogar eine recht plausible und überzeugende Erklärung gefunden wurde. Ihre männlichen Begleiter sind also nach dem – mit dem abgerissenen Arm für Lost-Verhältnisse erstaunlich brutal umgesetzten – Angriff des Rauchmonsters diesem in die Höhle gefolgt, und dadurch wahnsinnig geworden. Einem Teil von mir hätte es zwar noch besser gefallen, wenn man ihren Geisteszustand etwas vager gehalten und die Möglichkeit in den Raum gestellt hätte, dass Danielle vielleicht überreagiert hat, andererseits… da sich ihre Figur ohnehin schon in die ewigen Jagdgründe verabschiedet hat und ein solche Offenbarung somit für die "Gegenwart" der Serie keine Auswirkung mehr gehabt hätte, war es vermutlich eh besser so, wie es gelöst wurde – Mordversuch ihres Freundes inbegriffen.
Mit Charlotte hatte man zudem das erste Todesopfer aufgrund der ständigen Zeitsprünge zu beklagen. Zwar war es nach Dan’s Liebesgeständnis ja leider eh nicht anders zu erwarten, trotzdem hatte ich bis zuletzt gehofft, man würde doch noch einen Weg finden sie zu retten. Jedenfalls tut es mir um diese Figur wirklich leid, sie war auf eine angenehm schräge Art sympathisch, die die Serie bereichert hat. Interessant auch die Offenbarung rund um Dan’s Warnung aus der Vergangenheit (was mich etwas an "Babylon 5" und Delenn’s Warnung an Sheridan erinnert; der hat ja auch nicht darauf gehört…). Außerdem ist sie damit (nach Charles Widmore) schon die zweite Person von der wir wissen, dass sie eine Zeit auf der Insel verbracht hat, diese dann jedoch wieder verlassen hat (und ich könnte mir vorstellen, dass wir schon bald von einer 3. erfahren werden). Damit wurde nicht nur der Grund klar, warum sie sich in ihrem Flashback so über das ausgegrabene Dharma-Logo gefreut hat, es verleiht ihrer Geschichte zudem eine gewisse Tragik: Ihr ganzes Leben hat sie nach jenem Ort gesucht, an dem sie schließlich den Tod finden sollte…
Nach einer kurzen humoristischen Auflockerung mit Juliet’s Kommentar „Haben wir ein Glück, in einer Zeit gelandet zu sein, wo die Orchidee-Station existiert“ (sinngemäß) und dem darauffolgenden Zeitsprung, nach dem die Station natürlich verschwunden ist, wurde es dann mit John Locke’s Opfer noch einmal hochdramatisch. Sein Beinbruch sah ja wirklich brutal aus, und wie er sich zum Rad schleppt – im Wissen, dass er in weiterer Folge sterben wird (herrlich Christian’s trockener Kommentar „Deshalb nennt man es Opfer, John“) – um seine Freunde auf der Insel zu retten, war durchaus bewegend in Szene gesetzt. Doch nicht nur die Handlung auf der Insel war gelungen, auch in L.A. wurde es spannend. Ben konnte es sich, so wie man das angesichts der Offenbarung rund um Jin am Ende der letzten Folge wohl schon erwarten konnte, doch noch herausreden, und bringt sie und Jack – nach einem kurzen Wutausbruch im Auto, der mich sehr überrascht hat, aber für mich definitiv zu den Highlights der Folge zählte – zu Eloise Hawking (finde es übrigens cool, wie man einem der berühmtesten und genialsten Physiker unserer Zeit damit quasi ein Denkmal setzt), die sich erwartungsgemäß als Dan’s Mutter herausstellt. Bleibt nur die Frage, ob es mit dieser reduzierten Besetzung jetzt wirklich schon weitergehen kann, oder man doch noch Sayid, Hurley, Kate und Aaron irgendwie davon überzeugen muss, sich ihnen anzuschließen. Muss Desmond eigentlich auch zurück, und Penny und Charlie zurücklassen? Was ist mit Sun und Ji Yeong? Es ist wirklich erstaunlich wie es Lost von Episode zu Episode gelingt, mein Interesse an der Fortsetzung zu wecken…
Fazit:
Die eine oder andere logische Schwäche mag mir zwar auffallen und erwähnenswert erscheinen, bei "Dieser Ort ist der Tod" waren jedoch Spannung, Dramatik und generell der Unterhaltungswert groß genug, als dass mich diese sonderlich gestört hätten. Zudem bot die Episode auch wieder einige starke Szenen (allen voran Charlotte’s Tod), die eine oder andere kurze gelungene humoristische Auflockerung, ein paar Antworten auf langgehegte Fragen, und warf aber zugleich natürlich auch wieder einige interessante Fragen auf, die mich wieder einmal sehr neugierig auf die Fortsetzung machen!
Wertung: 4 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © ABC)
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