Originaltitel: The Man behind the Curtain
Episodennummer: 3x20
Bewertung:
 
Erstausstrahlung USA: 09.05.2007
Erstausstrahlung D: 04.02.2008 (Free-TV, Pro7)
Drehbuch: Elizabeth Sarnoff & Drew Goddard
Regie: Bobby Roth
Hauptdarsteller: Naveen Andrews als Sayid Jarrah, Emilie de Ravin als Claire Littleton, Michael Emerson als Benjamin Linus, Matthew Fox als Jack Shephard, Jorge Garcia als Hugo „Hurley“ Reyes, Josh Holloway als James „Sawyer“ Ford, Henry Ian Cusick als Desmond Hume,Daniel Dae Kim als Jin-Soo Kwon, Yunjin Kim als Sun-Hwa Kwon, Evangeline Lilly als Kate Austen, Elizabeth Mitchell als Juliet Burke, Dominic Monaghan als Charlie Pace, Terry O‘Quinn als John Locke
Gastdarsteller: M.C. Gainey als Tom Friendly, Tania Raymonde als Alex, Andrew Divoff als Mikhail, Nestor Carbonell als Richard Alpert, Marsha Thomason als Naomi, Jon Gries als Roger Linus, Carrie Preston als Emily, Doug Hutchinson als Horace
Kurzinhalt:
Locke bringt den Leichnam seines Vaters ins neue Camp der Anderen, und verlangt von Ben nun Antworten. Dieser behauptet, auch er wüsste nicht alles. Zudem sei er nicht der Anführer, sondern würde vielmehr die Befehle von Jacob ausführen. Locke hält diesen Jacob für eine reine Erfindung, hinter der sich Ben versteckt. Widerwillig stimmt Ben zu, John zu ihm zu bringen. Währenddessen kehrt Sawyer an den Strand zurück, und spielt Sayid das Band von Juliet vor. Doch als man Jack und sie damit konfrontiert, offenbart sich, dass die beiden bereits seit einigen Tagen einen Plan für die Ankunft der Anderen aushecken.
Die Flashbacks zeigen uns, wie Ben noch als kleiner Junge auf die Insel gekommen ist, nachdem sein Vater ein Jobangebot der Dharma-Initiative angenommen hat. Viele Jahre später sollte ihm dann schließlich eine Schlüsselrolle bei der "Säuberung" – und damit dem Massenmord an den Mitarbeitern der Dharma-Initiative – zukommen.
Review:
 "Der Mann hinter dem Vorhang" war eine sehr faszinierende Folge. War ich – so wie wohl die meisten Zuschauer – anfangs noch davon überzeugt, Jacob wäre in der Tat eine reine Erfindung von Ben, bzw. auch eine Einbildung, mit der er sich von jeder Verantwortung für seine Taten freisprechen kann, deutet das kurze „Hilf mir“ und der für einen Sekundenbruchteil im Stuhl erkennbare Mann darauf hin, dass Jacob tatsächlich existiert. Dies bringt jedoch gleich wieder zahlreiche Fragen mit sich: Was hat es mit dem Kreis aus Asche rund ums Haus auf sich – soll dieser etwas davon abhalten, dass es ins Haus gerät, oder im Gegenteil dafür sorgen, dass etwas (Jacob?) nicht herauskann? Wieso scheint Richard seit den Flashbacks nicht merklich gealtert zu sein? Warum schien er davon überrascht, dass Ben seine Mutter erschienen ist? (Letzteres hat jedoch zugegebenermaßen auch mich verwundert; haben wir doch bisher in erster Linie Visionen von Menschen gesehen, deren Leichnam sich auf der Insel befand).
Wer ist Jacob? Ist er für die Visionen der Losties, in denen er sich vor allem auch jener Personen bediente, deren Leichnam sich auf der Insel befand, verantwortlich? Vor wem braucht Jacob Hilfe, vor Ben? Vor der drohenden Entdeckung durch das Schiff? Konnte Ben ihn wirklich sehen und hören, oder war zumindest dieser Teil nur ein Schauspiel? Warum konnte er den Hilferuf nicht hören, und weshalb brachte ihn das so aus der Fassung, das der Locke erschossen und scheinbar zum Sterben im Dharma-Massengrab zurückgelassen hat? Fragen über Fragen über Fragen über Fragen – mit "Der Mann hinter dem Vorhang" ist der Mystery-Aspekt der Serie wieder mal absolut ins Zentrum gerückt; neben "Erinnerungsfetzen" definitiv die "phantastischste" und auch faszinierende Folge der Staffel. Zugleich erfuhren wir aber auch endlich mehr über Ben und dessen Vergangenheit. Entgegen seinen früheren Behauptungen wurde er doch nicht auf der Insel geboren, sondern begleitete seinen Vater, der sich als jener "Roger Workman" herausstellt, dessen verwesten Leichnam Hurley im VW-Bus gefunden hat. Auch wie er dorthin gelangt ist, erfahren wir hier, hat doch Ben seinen eigenen Vater ermordet – was seine Forderung an Locke, dessen Vater umzubringen, widerspiegelt und vielleicht sogar teilweise erklären könnte. Wer weiß, vielleicht war es auch weniger die Insel, die dieses Opfer von Locke verlangt hat, als Ben selbst? Seine Beteiligung an diesem Massenmord an den Leuten der Dharma-Initiative war jedenfalls erschreckend. Bei den Szenen, als er durch die Leichen schlendert, lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. Interessant auch, wie vergleichsweise brutal die "Anderen" hier agiert haben, während sie in der Gegenwart noch keinen der Überlebenden des Flugzeugabsturzes auf dem Gewissen haben. Was wohl der Grund für ihre Feindseligkeit gewesen sein mag?
 In der – vergleichsweise weniger gelungenen, aber kurz genug gehaltenen um die interessanteren Aspekte nicht zu sehr aufzuhalten und dadurch negativ aufzufallen – Handlung am Strand bestätigte sich schließlich mein Verdacht, dass ich Jack und Juliet tatsächlich Unrecht getan habe. Letztere hat den Doc also kurz nach der Aufnahme ihrer Nachricht an Ben von ihrem Auftrag erzählt, sowie vom Plan der Anderen, das Camp der Überlebenden zu überfallen und die schwangeren Frauen zu entführen. Etwas seltsam erschien es mir aber schon, dass Jack dies bislang für sich behalten hat – lernen diese Losties denn nie dazu? Wie viel Unheil ist auf dieser Insel schon passiert, bloß weil es die Leute nicht schaffen, miteinander zu REDEN? Und dann behält Jack so eine wichtige Information für sich – und meint als Begründung, er hätte sich noch nicht entschieden gehabt, was sie nun tun sollen?! Hallo?! Seit wann hat sich der Inselstaat der Überlebenden in eine Diktatur gewandelt? Etwas befremdlich fand ich diesen Kommentar jedenfalls schon – aber zumindest mit meinem Vorwurf der Naivität und Leichtgläubigkeit lag ich falsch. Immerhin etwas…
Fazit:
Die Gespräche zwischen Locke und Ben sowie ihr Treffen mit Jacob waren ungemein faszinierend, und definitiv eines der bisherigen Highlights der Staffel, vor allem auch was den Mystery-Aspekt betrifft. Die Rückblenden waren ebenfalls sehr interessant und aufschlussreich, und boten einige tolle Momente – vor allem Ben's Ermordung seines eigenen Vaters, sowie der erschreckende Massenmord an den Mitgliedern der Dharma-Initiative. Auch die Wendung am Ende war ein Schock, wobei ich momentan noch davon ausgehe, dass es Ben vielleicht noch bereuen wird Locke nicht noch eine weitere Kugel verpasst zu haben. Und die Gespräche am Strand machen deutlich, dass sich Jack der drohenden Ankunft der Anderen bewusst ist, und in Kürze wohl die bisher größte Konfrontation der beiden Gruppen bevorstehen könnte.
Wertung: 4.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © ABC)
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