Mit: Brad Pitt, Christoph Waltz, Mélanie Laurent, Eli Roth, Michael Fassbender, Diane Kruger, Daniel Brühl, Til Schweiger, Gedeon Burkhard u.a.
Kurzinhalt: Es war einmal im von Nazis besetzten Frankreich: Auf seiner Suche nach versteckten Juden stattet der SS-Offizier Hans Landa einem französischen Bauernhof einen Besuch ab. Hilflos muss Shosanna mit Ansehen, wie ihre Familie erschossen wird – ihr selbst gelingt die Flucht nur mit letzter Not. Währenddessen stellt der amerikanische Geheimdienst eine Sondereinheit zusammen, die "Basterds": Eine Gruppe von jüdischen Soldaten, die nach Deutschland geschickt werden, um Nazis skrupellos hinzurichten und das Dritte Reich damit in Angst und Schrecken zu versetzen. Drei Jahre später: Shosanna lebt mittlerweile unter neuem Namen in Paris und betreibt ein kleines Kino. Als der junge Soldat und Kriegsheld Fredrick Zoller auf sie aufmerksam wird, kann er Goebbels überreden, die Premiere seines neuesten Propagandafilms in ihrem Kino abzuhalten. Als die Basterds davon Wind bekommen, dass zahlreiche Vertreter aus den obersten Reihen des dritten Reichs an dieser Premiere teilnehmen werden, planen sie einen Coup, um den Krieg ein für allemal zu beenden. Doch sie sind nicht die einzigen, die es auf die Nazi-Schergen abgesehen haben: Denn auch Shosanna plant, am Abend der Premiere finstere Rache zu nehmen…
Review:
Tarantino ist (endlich) zurück! Nachdem er sich viel zu lange damit begnügt hat, Hommagen an andere Filme und Genres abzuliefern ("Kill Bill", "Death Proof"), hat er nun endlich wieder seine eigene Stimme gefunden, und bringt einen phantastischen Film auf die Leinwand, der unverkennbar seine Handschrift trägt. Dies wird auch gleich zu Beginn deutlich: Denn den fast 20-minütigen Dialog zwischen Hans Landa und dem Besitzes des Bauernhofs hätten wohl nur wenige Drehbuchautoren und Regisseure so packend auf die Leinwand zaubern können. Im Prinzip passiert nichts weiter, als dass sich diese beiden Personen unterhalten – und doch knistert die Luft und spürt man eine Anspannung, die einem von der ersten bis zur letzte Sekunde ihres Gesprächs nicht mehr los lässt. Einfach, da man aufgrund des Verhaltens des Bauers weiß, dass er Juden versteckt, und man zugleich auch bei Hans Landa erkennt, dass er dies wenn nicht weiß doch zumindest vermutet. Eben das macht ihren minutenlangen Tanz so spannend und interessant.
Einen großen Anteil daran hat aber natürlich auch Christoph Waltz. Ich muss gestehen, dass er selbst mir als Österreicher in der Vergangenheit kaum aufgefallen ist. Wer hätte gedacht, dass quasi mitten unter uns solch ein großes Talent schlummert, dass nur darauf gewartet hat, von einem Meisterregisseur gefördert, gefordert und damit ans Tageslicht gebracht zu werden? Sein Hans Landa reiht sich mühelos in die Riege der großartigen Bösewichte der vorangegangenen Dekade ein, und nimmt für mich sogar gleich nach Nolan's "Joker" Platz 2 ein. Man ist sich zu keiner Sekunde sicher, was er wohl als nächstes tun wird. Ja, er spricht sehr freundlich und wirkt kultiviert, und doch ist ständig das Monster zu erkennen, dass hinter dieser charmanten Fassade lauert. Eben das macht all seine Szenen, sei es nun der grandiose Anfangsdialog, sein Gespräch mit Shosanna oder auch seine gemeinsamen Szenen mit Diane Kruger und Brad Pitt, zu einem einzigen Genuss. Auch der Rest in der Darstellerriege weiß zu gefallen, wenn auch niemand annähernd an Christoph Waltz herankommt. Brad Pitt überzeugt vor allem im O-Ton mit seinem starken Südstaatenakzent. Mélanie Laurent gibt in ihrem Hollywood-Debüt ebenfalls eine starke Performance ab. Beeindruckend fand ich auch noch Martin Wuttke als Hitler, da er vor allem dessen Wahnsinn – wenn auch natürlich überzeichnet – sehr gut zur Geltung bringt. Einzig Diane Kruger's Leistung ließ wieder einmal zu wünschen übrig. So toll das Casting für "Inglourious Basterds" sonst auch gelungen sein mag, hier hat Tarantino meines Erachtens leider danebengegriffen…
Doch zurück zur Handlung des Films: Nach dem Prolog springen wir 3 Jahre in die Zukunft, wo wir den jungen deutschen Kriegshelden Fredrick Zoller, dargestellt von einem ebenfalls groß aufspielendem Daniel Brühl, kennen lernen. Wie er versucht, Shosanna zu umwerben, ist nicht zuletzt da man ihre Vergangenheit kennt, erdrückend mitzuerleben. Kurz darauf folgt mit dem Gespräch zwischen Landa und Shosanna eine weitere grandiose Szene des Films. Weiß Landa, wer sie ist, und spielt einfach nur mit ihr, oder waren die ganzen Hinweise und Andeutungen nur ein Zufall? Kurz darauf folgt mit der Szene im Keller ein weiterer großartiger Moment, der mit genialen Dialogen und einigen skurrilen Einfällen aufwarten kann. Und spätestens, wenn der Oberst auftaucht und sich nach dem Akzent des englischen Spions erkundigt, wird es auch hier wieder ungemein spannend und atmosphärisch dicht. Bei der Kinopremiere laufen dann schließlich alle Handlungsfäden mehr oder weniger zusammen, und kulminieren in einem grandiosen Finale voller Humor, Spannung, überraschenden Wendungen und Gewalt, in dem Tarantino schließlich die Geschichtsbücher umschreibt.
Die Inszenierung von Inglourious Basterds ist doch etwas ausgefeilter und mit schöneren Bildern geschmückt, als man das von Tarantino bisher gewohnt war. Trotzdem ist seine Handschrift natürlich vor allem in den Dialogszenen, dem skurril-schwarzhumorigen Unterton und der schonungslosen (und teilweise bewusst überzogenen) Gewaltdarstellung unverkennbar. Was den Soundtrack betrifft, griff er erneut auf keine neuen Kompositionen zurück, sondern bediente sich aus dem Archiv, und setzte dabei vor allem auf frühere Werke von Ennio Morricone. Grundsätzlich setzt er aber wie gewohnt sowohl Lieder aus auch instrumentale Filmmusik sehr sorgfältig und nur sporadisch ein. Was dem Film ebenfalls viel Atmosphäre verleiht ist die Tatsache, dass er in insgesamt vier verschiedenen Sprachen (wobei italienisch nur während einer Schlüsselszene zu hören ist) gedreht wurde. Tatsächlich wird nur in einem Bruchteil des Films englisch gesprochen, im Rest hört man vor allem französische und deutsche Dialoge. Für die Synchronisation hat man sich lobenswerterweise dazu entschlossen, die französischen und italienischen Passagen auch weiterhin in der Originalsprache zu belassen, und lediglich den englischen Part einzudeutschen. Im Großen und Ganzen ist dies auch sehr gut gelungen – Waltz' "Da zuckt er" gegenüber Aldo Raine fand ich auf Deutsch sogar um einiges süffisanter und damit auch amüsanter als im O-Ton. Lediglich in jener Szene, in der Lt. Aldo Raine versucht, italienisch zu sprechen, geht aufgrund des Fehlens seines starken Südstaatenslangs einiges an Humor verloren, weshalb ich allen englischkundigen dann doch zur Originalfassung raten würde.
Fazit:
Am Ende des Films sagt Lt. Aldo Raine zu seinem Kumpanen „I think this might just be my masterpiece“, und als Zuschauer kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier der Autor und Regisseur höchstpersönlich zu seinem Publikum spricht. Eine Einschätzung, die ich durchaus teilen kann. Was die Coolness betrifft, mag auch sein neuestes Werk nicht an "Pulp Fiction" herankommen, aber was die erzählerische Kraft und das inszenatorische Geschick betrifft, stellt "Inglourious Basterds" all seine bisherigen Filme klar in den Schatten. Geniale Dialoge, in denen es oftmals vor Anspannung nur so knistert. Großartige darstellerische Leistungen, insbesondere vom zu recht allerorts hochgelobten Christoph Waltz. Eine gewohnt verschachtelte Story, die einige Überraschungen bereit hält. Herrlich skurrile und originelle Figuren. Ein gewohnt genialer Soundtrack. Einige grandiose & denkwürdige Einzelszenen. Und am Ende: Der Triumph des Kinos über den Nationalsozialismus. Was will man mehr?