Mit: Carey Mulligan, Peter Sarsgaard, Alfred Molina, Cara Seymour, Olivia Williams, Dominic Cooper, Rosamund Pike, Emma Thompson u.a.
Kurzinhalt: London Anfang der 60er Jahre: Das 16-jährige Schulmädchen Jenny trifft zufällig auf den Playboy David, der sie sodann umwirbt, und mit seiner charmanten Art sogar ihre Eltern für sich einnimmt. Jenny, die ihr Leben lang nur gelernt und auf ein College-Studium hingearbeitet hat, was wenig Zeit für Spaß und Abenteuer ließ, lernt nun eine völlig neue, faszinierende Welt kennen: Sie speist in den besten Restaurants, besucht die Oper, geht auf Reisen... Schon bald beginnt sie, David zu verfallen, auch wenn er ca. doppelt so alt ist wie sie. Selbst als sie erfährt, auf welch hinterhältige Art und Weise er sich seinen guten finanziellen Status verdient, kann sie dies nicht von ihrer Liebe zu ihm abbringen. Doch diese Affäre bringt auch ihre Schattenseiten: Sie vernachlässigt mehr und mehr die Schule und verliert ihr Ziel völlig aus den Augen – was sich zu rächen droht, als sich herausstellt, dass David ein Geheimnis birgt…
Review:
Die kurze Inhaltsangabe lässt es wohl schon erahnen: Die Handlung ist nicht gerade sonderlich originell und kann daher auch nicht zu den Stärken des Films gezählt werden. Neben der Tatsache, dass ähnliche Geschichten in der Vergangenheit einfach schon sehr oft erzählt wurden, und "An Education" diese Art von Film um keine großartigen neuen Wendungen und/oder Ideen bereichert, leidet Lone Scherfig 's Hollywood-Debüt vor allem auch an der Vorhersehbarkeit. Wenn man schon einige dieser Filme gesehen hat, ist es überdeutlich, wohin sich die Handlung bewegen wird, was den Film stellenweise doch etwas langatmig werden lässt. Auch die Message des Films wirkt etwas gar schlicht, wird mit dem Holzhammer serviert und erscheint zudem etwas angestaubt. Auch finde ich es schade, dass Jenny's Kritik am Schulsystem und dem Unterricht, die meines Erachtens auch heutzutage noch einiges an Relevanz besitzt, durch die Wendung am Ende sämtlicher Glaubwürdigkeit und Aussagekraft beraubt wird.
Der für mich größte Kritikpunkt ist aber die im Zentrum stehende Liebesgeschichte an sich. Liebesdramen funktionieren ist erster Linie dadurch, dass man es dem im Mittelpunkt stehenden Paar gönnt, dass sie alle Hindernisse überwinden und zusammenkommen bzw. –bleiben. Hier ist man sich jedoch von vornherein nicht sicher, ob diese Beziehung denn überhaupt so eine gute Idee ist, und ob man sie tatsächlich gutheißen und emotional unterstützen kann. Die Idee eines Mannes im mittleren Alter, dass ein junges, unerfahrenes Schulmädchen mit Geld und einem guten Leben lockt und verführt, hat etwas fragwürdiges an sich, dass durch einige bizarre Szenen (wie jener Moment als David Jenny bittet ihm ihre Brüste zu zeigen) noch verstärkt wird. Ich denke, dies war von Lone Scherfig auch so beabsichtigt, und ein Teil von mir findet diese Art der Darstellung auch wichtig, richtig und gut. Wenn ich eine solche Geschichte sehe, will ich mich ja auch ein bisschen unwohl in meiner Haut fühlen und dem lüsternen Playboy nicht auch noch zujubeln. Leider macht es aber genau diese Unbehaglichkeit schwer, in die Handlung einzutauchen und die Figuren ins Herz zu schließen. David ist zwar durchaus charmant, hat aber eben auch etwas obskures an sich. Auf der anderen Seite fällt es aber auch schwer, sich für Jenny zu erweichen, angesichts ihrer Naivität und Oberflächlichkeit. Lange Rede kurzer Sinn: Bei dieser Liebesgeschichte sprang der Funke bei mir leider nie so richtig über.
Was den Film trotz der mäßigen Geschichte doch noch deutlich über den Durchschnitt hebt, sind die schauspielerischen Leistungen. Dies betrifft in erster Linie die Neuentdeckung Carey Mulligan, die hier eine beeindruckende Performance zur Schau stellt und sich damit als Talent offenbart, dass man im Auge behalten muss. Zwar scheitert selbst sie daran, mir Jenny sympathisch zu machen, aber die Darstellung an sich ist absolut beeindruckend. Sie versteht es, gänzlich ohne Hysterie und übertriebene Mimik und Gestik, die Gefühle ihrer Figur zu vermitteln. Achtet bei ihr einfach mal aufs Gesicht, und wie sich im Laufe des Films die verschiedensten Emotionen darin wiederspiegeln. Dabei wirkt ihr Schauspiel aber auch nie aufgesetzt, sondern immer natürlich. Es ist schon lange her, dass ich ein ähnlich gutes Debüt einer Nachwuchshoffnung miterleben durfte (Jake Gyllenhaal in "Donnie Darko"). Jedenfalls ist es meines Erachtens allein schon ihre Performance wert, sich diesen Film bei Gelegenheit einmal anzusehen – auch wenn es erst bei der Free-TV-Ausstrahlung sein sollte.
Auch wenn Carey Mulligan mit ihrem natürlich-beeindruckenden Schauspiel den Film dominiert und alle anderen an die Wand spielt, liefert auch der Rest gute Leistungen ab. Peter Saarsgard hat dabei wohl die schwerste Aufgabe, ist sein David doch einerseits freundlich und charmant, andererseits aber auch sonderbar und suspekt. Dadurch verfällt man weder seinem Charme mit Haut und Haaren, noch findet man ihn gänzlich abstoßend – eine Gratwanderung, die ihm mit Bravour gelingt. Das ehemalige Bond-Girl Rosamund Pike ist hier als wandelnder Blondinenwitz zu sehen, die mit ihren hohlen Kommentaren viel an Humor einbringt. In kleinen Nebenrollen schaffen es zudem noch Olivia Williams und Emma Thompson, Eindruck beim Zuschauer zu hinterlassen. Die wahren Stars in der Riege der Nebendarsteller sind aber Cara Seymour und Alfred Molina als Jenny's Eltern. Generell ist die Art und Weise, wie die beiden auf David reagieren, wohl das einzig originelle und wirklich beeindruckende an der Handlung des Films: Wo die Eltern sonst Sturm laufen und es zum Bruch mit der Tochter kommt, verfallen auch die beiden David's Charme und seinem Versprechen nach einem besseren Leben – sowohl für ihre Tochter als möglicherweise auch für sie selbst. Blind von dieser Hoffnung lassen sie ihre Tochter ins offene Messer laufen. Jene Szene, als ihnen schließlich bewusst wird, was sie angerichtet haben, gehört definitiv zu dem besten Momenten des Films.
Fazit:
Wenn man sich die Handlung von "An Education" im Nachhinein vor Augen führt, fragt man sich, was daran so großartig, interessant und/oder bedeutsam war, dass diese Geschichte unbedingt erzählt werden musste. Was das betrifft, bietet der Film leider wenig neues; zudem fühlt er sich doch ein wenig angestaubt an, und auch die Message ist etwas arg simpel. Nichtsdestotrotz gibt es einige starke Szenen und Momente, und auch die Inszenierung weiß zu gefallen. Was den Film aber wirklich aus der Durchschnittlichkeit hebt, sind die sehr guten schauspielerischen Leistungen, allen voran die phänomenale Carey Mulligan. Sie allein ist so gut, dass sie es fast vermag, über die hanebüchene Handlung hinwegzutäuschen. Fast.