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Blind Side Drucken E-Mail
Herzerwärmend, aber leider allzu seicht Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Donnerstag, 04 März 2010
 
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Blind Side
(The Blind Side, USA 2008)
 
Blind Side
Bewertung:
Studio/Verleih: Alcon Entertainment/Warner Bros. Pictures
Regie: John Lee Hancock
Produzenten: U.a. Broderick Johnson, Andrew A. Kosove & Gil Netter
Drehbuch: John Lee Hancock, nach dem Roman von Michael Lewis
Soundtrack: Carter Burwell
Kamera: Alar Kivilo
Schnitt: Mark Livolsi
Genre: Drama
Kinostart (Deutschland): 25. März 2010
Kinostart (USA): 20. November 2009
Laufzeit: 128 Minuten
Altersfreigabe: Ab 12 Jahren
Homepage: klick
Trailer: klick
Kaufen: DVD (noch nicht verfügbar), Roman (Englisch)
Mit: Sandra Bullock, Quinton Aaron, Tim McGraw, Lily Collins, Jae Head, Ray McKinnon, Kim Dickens, Adriane Lenox, Kathy Bates u.a.


Kurzinhalt:Als dem Footballtrailer einer christlichen High School Big Mike vorgestellt wird, ist ihm sofort klar, dass diese große, beeindruckende Gestalt eine Bereicherung fürs Team darstellen würde. Er setzt sich beim Direktor dafür ein, ihn in der Schule aufzunehmen – sehr zum Missfallen einiger Lehrer, ist Big Mike doch der erste Afroamerikaner an der Schule, dessen Vorbildung zudem enorme Lücken aufweist. Als er an einem verregneten Abend durch die Stadt zieht, ohne zu wissen, wo er übernachten kann, trifft er durch Zufall auf die Familie Touhy. Deren Mutter Leigh Anne nimmt sich des "Jungen" an, und überredet ihn dazu, zu ihnen nach Hause zu kommen. Was als einmaliger Akt der Barmherzigkeit beginnt, wird jedoch schon bald mehr: Leigh Anne erkennt in Michael einen sensiblen, netten und wissbegierigen jungen Mann, dem einfach bisher niemand eine Chance gegeben hat. Big Mike zieht bei den Touhy's ein, und nachdem seine Noten laufend besser werden, darf er schließlich auch ins Football-Team der High School. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten erweist er sich schon bald als – nicht nur körperlich – großes Talent, und einige Trainer von College-Teams werden auf ihn aufmerksam. Doch um dort angenommen zu werden, muss sich sein Notendurchschnitt noch einmal deutlich verbessern…

Review: ImageAls ich zum ersten Mal den Trailer für diesen Film sah, hielt ich ihn für einen zuckersüßen, schmalztriefenden Tränendrücker. Und auch wenn ich mit dieser Einschätzung durchaus recht hatte, so muss ich doch eingestehen, dass er mich besser unterhalten konnte, als ich das erwartet hätte. Dies liegt in erster Linie am lockeren Ton des Films, der immer wieder ein paar gute Gags präsentiert, sowie an den guten schauspielerischen Leistungen. Quinton Aaron spielt "Big Mike" wirklich perfekt, und versteht es, dessen Wandlung glaubhaft zu vermitteln. Auch die anderen (Neben-)Darsteller machen ihre Sache im großen und ganzen sehr gut, der wahre Star des Films ist aber eindeutig Sandra Bullock. Mit heftigem Südstaatenakzent bewaffnet dominiert sie diesen Film, und zeigt so viele Facetten ihrer Figur und ihres schauspielerischen Könnens, dass es eine wahre Freude ist, ihr zuzusehen. Fügt diesen Zutaten nun noch ein paar berührende Momente hinzu, und fertig ist das herzerwärmende, moralisierende Feel Good-Movie für die ganze Familie.

Leider aber hat man es bei "Blind Side" teilweise etwas übertrieben, wenn es darum ging, einen möglichst familiengerechten Film zu machen. So bleibt das Geschehen leider sehr oberflächlich, und der Film wirkt viel zu seicht und (ver)harmlos(end). Ich weiß, dass dies auf einer wahren Geschichte beruht und ich will den Touhy's nichts unterstellen – möglicherweise sind sie wirklich alle solche Engel auf Erden, aber… es fühlte sich schon etwas konstruiert und unglaubwürdig an, dass es innerhalb der Familie keine einzige Diskussion, keinen einzigen Einwand und nicht den geringsten Widerspruch gegen Leigh Anne's Entscheidung gibt, Michael in die Familie aufzunehmen. Auch davon abgesehen gibt es keinen einzigen Streit zwischen den Familienmitgliedern. Ja selbst als Michael kurz nachdem er seinen Führerschein geschafft hat durch Unaufmerksamkeit einen Unfall baut, der Sohn S.J. in große Gefahr gebracht und ihm theoretisch sogar das Leben hätte kosten können, gibt es keine Vorwürfe, keinen Ärger, kein schlechtes Wort. Die Tuohy's sind eine Familie wie aus dem Bilderbuch, zu gut um wahr zu sein, und waren daher für mich leider nicht realistisch und glaubwürdig. Auch wenn sie auf realen Personen basieren mögen, konnte ich sie nie als solche akzeptieren, sondern sah die ganze Zeit über nur Filmfiguren – was die emotionale Wirkung bestimmter Szenen stark reduziert hat.

ImageAuch davon abgesehen wirkt vieles in "Blind Side" ungemein verharmlost. Als Beispiel sei die Gang angeführt, der einige frühere Freunde von Michael mittlerweile angehören. In einer Szene konfrontiert Leigh Anne sie, und die Gangmitglieder wirken dabei in etwa so bedrohlich wie die Teletubbies. Durch diesen mangelnden Konflikt sowohl innerhalb als auch außerhalb der Familie, ohne jegliches Gefühl, dass das ersehnte Happy End jemals ernsthaft in Gefahr sein könnte, kommt leider den ganzen Film über nie wirklich Spannung auf. Auch wird sowohl die Herausforderung, vor der Big Mike steht, als auch die Leistung der Tuohy-Familie, die diesen völlig Fremden bei sich aufgenommen und so viel für ihn getan haben, dadurch dass alles so problemlos und leicht aussieht trivialisiert und marginalisiert – so als wäre es keine große Sache gewesen. Und das kann ja nun wahrlich nicht sein, was der Regisseur mit diesem Film aussagen wollte…

Fazit: Dank einiger amüsanter und bewegender Szenen sowie den guten schauspielerischen Leistungen – allen voran Quinton Aaron und Sandra Bullock – gelingt es "Blind Side", recht gut zu unterhalten. Aber angesichts der Tatsache, dass der Film einige ernstere Themen anspricht, ist "The Blind Side" unverzeihlich oberflächlich, verharmlosend und seicht. Ein netter, zuckersüßer Gute Laune-Film für die ganze Familie, aber leider nicht das ernsthafte und ernste Drama, das sich diese berührende Geschichte eigentlich verdient hätte…

Wertung:6 von 10 Punkten



Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros. Pictures)


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