Mit: Leonardo diCaprio, Mark Ruffalo, Ben Kingsley, Max von Sydow, Michelle Williams, Emily Mortimer, Patricia Clarkson, Jackie Earle Haley, Ted Levine u.a.
Kurzinhalt: Als in einer Einrichtung für psychisch abnorme Gewaltverbrecher eine Frau spurlos verschwindet, werden die beiden US-Marshalls Teddy Daniels und Chuck Aule damit beauftragt, den Fall zu untersuchen. Doch schon kurz nach ihrer Ankunft müssen sie bemerken, dass sich die behandelnden Ärzte, allen voran der Anstaltsleiter Dr. Cawley, nur bedingt kooperativ verhalten. Auch die Pfleger und selbst die Patienten verhalten sich sonderbar, so als würden alle irgend ein schreckliches Geheimnis hüten. Im Zuge ihrer Ermittlungen dringen sie immer tiefer in den Sumpf aus Lügen, Täuschungen und Verschwörungen vor, bestrebt, die Wahrheit ans Licht zu bringen…
Review:
Martin Scorsese zählt – völlig zu Recht – zu den großen Regie-Altmeistern unserer Zeit. Mit "Shutter Island" zeigt er uns wieder einmal, warum das so ist, und dass er diesen Titel zu recht trägt. Ich will damit nicht behaupten, dass "Shutter Island" ein perfekter Film, ein fehlerfreies Meisterwerk wäre – aber es ist unbestreitbar, dass der Film von Scorsese's Beteiligung enorm profitiert, und dies auch einer der Hauptgründe für die hohe Qualität dieses Thrillers ist. Seine Inszenierung für "Shutter Island" ist für seine Verhältnisse ungewohnt ausgefeilt und wirkt fast schon ein wenig verspielt. Vor allem die Traumsequenzen sind mit zahlreichen kleinen Details und vielen beeindruckenden denkwürdigen Bildern gespickt. Man merkt, dass sich Scorsese diesmal erlaubt hat, etwas freier zu agieren, und dabei sichtlich Spaß hatte. Und auch wenn die Inszenierung für ihn etwas untypisch ist, so ist die meisterliche Handschrift dennoch unverkennbar. Wo sich andere auf billige Schockmomente verlegen, versteht es Scorsese, praktisch von der ersten Minute an eine unheimliche und beunruhigende Atmosphäre aufzubauen. Trotz aller Spielereien ist seine Inszenierung ungemein stilvoll, sehr ausgefeilt, clever und mit einer beeindruckenden Bildsprache. Hier erreicht der Film eine Klasse und Qualität, die man nicht gerade oft erleben darf.
Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum "Shutter Island" von Scorsese's Beteiligung so stark profitiert hat: Die Besetzung. Ein anderer Regisseur hätte für kleinere Nebenrollen möglicherweise entweder irgendwelche unbekannte Gesichter engagiert, um Geld zu sparen, oder aber bekannte Stars verpflichtet, die ein Massenpublikum anlocken können, auch wenn sie für die jeweilige Rolle nicht unbedingt die richtigen gewesen wären. Nicht so Scorsese. Er hat für jede Rolle einen grandiosen Schauspieler (bzw. Schauspielerin) verpflichtet, und auch wenn sich darunter einige prominente Namen finden, so merkt man doch, dass er sich davon nicht blenden ließ, sondern für jede Rolle genau den richtigen Darsteller ausgewählt – und aufgrund seiner Reputation eben auch bekommen – hat. Die größte Bürde lastet dabei sicherlich wieder einmal auf Leonardo diCaprio, der auch hier seine Entwicklung als Schauspieler fortsetzt und erneut nicht einfach nur eine großartige, sondern die bisher beste Leistung seiner Karriere abliefert. Als Teddy Daniels zeigt er uns sowohl eine harte wie auch eine verletzliche Seite, und überzeugt in jeder Szene. "Shutter Island" fordert ihm schauspielerisch sicherlich so viel ab wie kein Film zuvor, und er meistert die Herausforderung mit Bravour. Insofern finde ich es wirklich schade, dass der Verleih diesen Film aufgrund der Verschiebung aus dem diesjährigen Oscar-Rennen genommen hat. Denn an einer Nominierung für ihn wäre man aus meiner Sicht nicht vorbeigekommen…
Doch es ist nicht nur diCaprio. Mark Ruffalo hatte bisher zwar noch nie eine richtige Hauptrolle, mit der ihm der große Durchbruch gelungen wäre, als unterstützender Schauspieler (und ich verwende hier ganz bewusst die deutsche Übersetzung des "supporting actors", da er eben nicht einfach nur neben, sondern wirklich mit diCaprio spielt) zählt er aber in den letzten Jahren zu den Verlässlichsten und Besten – etwas, dass er auch hier wieder unter Beweis stellt, auch wenn seine Rolle vergleichsweise wenig fordernd und/oder beeindruckend ist. Im Vergleich dazu bekommt Ben Kingsley schon deutlich mehr zu tun – und nutzt die Bandbreite, die ihm die Figur bietet, sichtlich mit Genuss aus. Es ist eine großartige, clevere und sehr subtile Performance, die dazu führt, dass man seinem Dr. Cawley praktisch von der ersten Minute an misstraut. In weiteren Nebenrollen brillieren Max von Sydow, Emily Mortimer, Ted Levine, Patricia Clarkson, Jackie Earle Haley und Michelle Williams – und ich schreibe bewusst "brillieren". Sie alle haben nur ein paar Szenen, einige von ihnen sogar nur eine einzige, und doch gelingt es ihnen allen, beim Zuschauer Eindruck zu hinterlassen, und den Film für ein paar Minuten zu prägen und zu bereichern.
Wenn es an "Shutter Island" etwas gibt, dass man kritisieren kann, dann ist es wohl die Tatsache, dass der eine oder andere sicher lange bevor Scorsese seine Karten offen auf den Tisch legt erahnen wird, was auf der Insel vor sich geht. Wenn ihr von einem Thriller unbedingt erwartet, dass er euch überrascht, könntet ihr von diesem Film enttäuscht werden. Für mich galt das hingegen nicht. Mich hat "Shutter Island" praktisch ab der ersten Minuten gepackt und danach keine Sekunde mehr losgelassen. Es gibt zahlreiche großartige Dialoge voller versteckter Anspielungen und mit viel Interpretationsspielraum. Zudem gibt es immer wieder Hinweise in verschiedenste Richtungen, und auch den einen oder anderen roten Hering. Dank Scorsese's Inszenierung und den tollen schauspielerischen Leistung ist es "Shutter Island" gelungen, mich zu packen, wie das schon lange kein Film mehr vermocht hat. Was die Handlung zudem aufwertet ist ihre hohe Komplexität. Durch die vielen verschiedenen Thematiken, die der Film behandelt, erreicht er einen Tiefgang und eine Vielschichtigkeit, wie man sie im modernen Kino leider nur mehr selten antrifft. Nichtsdestotrotz ist es in erster Linie die meisterliche Art und Weise, wie diese Geschichte erzählt wird, die "Shutter Island" von der überwiegenden Mehrheit der Genrekonkurrenz abhebt. Gemeinsam mit dem gelungenen Soundtrack, der die beunruhigende Atmosphäre des Films perfekt unterstützt (lediglich bei der Ankunft der Insel fand ich die Musik etwas unpassend, da zu aufdringlich) sowie einem grandiosen Ende, das zum Nachdenken anregt, ergibt das endgültig ein kleines Meisterwerk, dass man sich als Cineast nicht entgehen lassen sollte.
Fazit:
Mit "Shutter Island" beweist Martin Scorsese ein weiteres Mal, warum er zu Recht als einer der talentiertesten und besten Regisseure der Gegenwart gilt. Seine stilvolle, atmosphärische , clevere und ausgefeilte Inszenierung ist sicherlich die größte Stärke des Films – aber bei weitem nicht die Einzige. Die Handlung konnte mich ab der ersten Minute in ihren Bann ziehen und ließ mich aufgrund der vielen Wendungen, Offenbarungen und Andeutungen bis zuletzt nicht los. Zudem ist die Geschichte durchaus komplex, vielschichtig, und voller faszinierender Dialoge. Die schauspielerischen Leistungen sind einfach nur großartig, wobei es neben Leonardo diCaprio und Ben Kingsley vor allem noch Max von Sydow und Michelle Williams gelingt, in verhältnismäßig kleinen Rollen zu glänzen und diese durch ihr großes schauspielerisches Können aufzuwerten. Und das Ende zählt für mich definitiv mit zu den perfektesten, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Lange Rede kurzer Sinn: "Shutter Island" ist ein exzellenter psychologischer Thriller, den ich allen Kinofans nur wärmstens empfehlen kann.
einer der besten filme die ich in letzter zeit gesehen habe. enorme profitierung auch dass dicaprio die hauptrolle spielt, er ist mein lieblingsschauspieler