Das neue Gesicht der Artus-SageKategorie: Kolumnen - Autor: Florenz Villegas - Datum: Samstag, 10 Oktober 2009
Ab 17. Oktober 2009 läuft auf RTL immer Samstags die neue Fantasy-Serie "Merlin". In Ausgabe 19 unserer Empfehlungskolumne FollowTheBox wollen wir euch die Welt von Arthur, Merlin, König Uther & Co. näher vorstellen...
Die Artussage dürfte zu den bekanntesten Geschichten des westlichen
Kulturkreises zählen und sie ist unzählige Male in allen möglichen
Medien verarbeitet worden.
Jetzt hat BBC 1 eine weitere Adaption ins Rennen geschickt, die sich
eher an ein jüngeres Zielpublikum richtet. So gibt Johnny Capps, einer
der Schöpfer und Produzenten der Serie auch unumwunden zu, sich bei dem
Konzept an aktuelle Serien wie Smallville orientiert zu haben: "Genau
wie bei Smallville wollen wir Erwartungen untergraben. So ist Camelot
ein Land, in dem die Magie verboten wurde. Statt eines unglaublich
alten und weisen Magiers haben wir einen jungen Merlin, der als Arthurs
Knappe dient und seine Fähigkeiten nicht zeigen darf. Zwar rettet er
Arthur regelmäßig das Leben, seine Magie aber muss er geheim halten."
In einem Punkt kann man den Mann nach der ersten Staffel beim Wort
nehmen: Was Sie auch immer über die Artussage zu wissen glaubten, bei
dieser Serie wird es Ihnen nichts nützen. Böse Zungen könnten
behaupten, die Macher würden die Legende regelrecht zerfleddert, doch
seien wir ehrlich, bis heute ist nicht einmal geklärt, ob es sich bei
König Artus überhaupt um eine historische Figur handelt. Tatsache ist
auch, dass kaum eine filmische oder literarische Umsetzung die
"geschichtlichen Fakten" ihrem Sujet zu Grunde legt. Wer Artus und die
Tafelrunde nur aus Filmen und Romanen kennt, wird sie unweigerlich im
englischen Hochmittelalter suchen und damit um rund 600 Jahre zu spät
kommen. Tatsächlich müsste man sich den legendären König eher in Fellen
gehüllt vorstellen, die mit ein paar römischen Rüstungsteilen verziert
sind.
Und so gingen die Produzenten und Autoren offenbar nach dem "Wenn
schon, denn schon"-Prinzip vor, schnappten sich Namen, Wesen und
Ereignisse aus dem Arthurversum und setzten sie völlig neu wieder
zusammen. Das geht schon damit los, dass Arthur und Merlin in der Serie
beinahe gleichaltrig sind, dabei "weiß doch jeder", dass sich Merlin
bereits in britannische Politik gemischt hat, ehe Arthur überhaupt das
neblig verschwommene Licht der Insel erblickte. Man könnte sogar sagen,
dass der Zauberer wesentlich zu den Manipulationen - wenn nicht gar
Machenschaften - beitrug, die letztlich zur Zeugung des legendären
Königs führten.
Doch bei dieser kleinen Diskrepanz soll es nicht bleiben. Ohne zuviel
verraten zu wollen, richten Sie sich schon Mal darauf ein, dass die
"Dame vom See" noch weit weniger damenhaft agiert, als in der Sage
selbst, oder dass Tristan nie etwas von Isolde hören wird. Überhaupt
schießt einem beim Betrachten der Serie immer wieder ein "Das habe ich
aber anders in Erinnerung" durch den Kopf.
Was hat man denn nun zu erwarten, wenn die Serie ab 17. Oktober 2009 den Samstagnachmittag bei RTL bereichert? Das ist einfach zu
beantworten: "Merlin" ist leichte, witzige und - in künstlerischer wie
handwerklicher Hinsicht - gut umgesetzte Familienunterhaltung. Im Laufe
der ersten Staffel scheinen die Darsteller immer besser in ihre Rollen
hineinzuwachsen, die beiden Hauptcharaktere funktionieren jedoch von
Anfang an. Nahezu die gesamte Besetzung dürfte in Deutschland kaum
bekannt sein, Freunde von Buffy dürfen sich jedoch auf ein Wiedersehen
mit Anthony "Rupert Giles" Head freuen und wer die kurzlebige
Neuauflage der "Bionic Woman" kennt, erinnert sich bestimmt auch an
Michelle Ryan, die hier in einer wiederkehrenden Gastrolle zu sehen
ist. Auf einen echten Weltstar im Merlin-Cast werden wir in Deutschland
aber wohl verzichten müssen: John Hurt leiht im Original dem
CGI-Drachen seine Stimme, der in der Serie eine wichtige Rolle innehat.
Die technische Umsetzung ist für das Budget einer TV-Serie absolut
akzeptabel. Als Hauptset dient das unter Denkmalschutz stehende Schloss
Pierrefonds nördlich von Paris. Für die Produktion zeichnet Shine
verantwortlich, eine Firma die schon etliche BBC-Produktionen aus der
Taufe gehoben hat. Für die Spezialeffekte verließ man sich wieder auf
"The Mill", die bereits bei Dr. Who hervorragende Arbeit leisten und
für ihren Beitrag zu Ridley Scotts Gladiator sogar einen Oscar
einheimsen konnten. Musikalisch befand man sich bei Rob Lane in den
besten Händen, der sich mit seinem orchestralen Score keinesfalls
hinter großen Namen verstecken muss.
In England konnte die Serie zwar kaum Quotenrekorde brechen, hielt sich
aber - trotz häufig wechselnder Anfangszeiten - recht wacker und Ende
2008 kam die Bestätigung für eine zweite Staffel. Auch die Abverkäufe
der Serie liefen gut, NBC importierte die Serie in die USA und beginnt
im Juni mit der Ausstrahlung. Australische Fernsehzuschauer kommen
bereits in den Genuss der Serie und im deutschsprachigen Europa dürfen
sich die Fans auf den September freuen, dann nämlich zaubert Merlin
vermutlich auf RTL und im ORF.
Fazit: Freunde des Fantasy-Genres und Menschen mit einer Affinität zur
Artussage kommen ganz sicher auf ihre Kosten. Die Figuren haben ein
gutes Identifikationspotential und in englischsprachigen Fankreisen ist
die Paarberatung für die Seriencharaktere bereits in vollem Gange. Was
will man mehr als Anhänger sauberer, familienfreundlicher
Abenteuerserien?