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Review zu Guy Ritchie's Neuinterpretation Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Mittwoch, 24 Februar 2010
 
Sherlock Holmes
(Sherlock Holmes, USA 2009)
 
Sherlock Holmes
Bewertung:
Studio/Verleih: Warner Bros. Pictures
Regie: Guy Ritchie
Produzenten: U.a. Susan Downey, Dan Lin & Joel Silver
Drehbuch: Michael Robert Johnson, Anthony Peckham & Simon Kinberg
Musik: Hans Zimmer
Genre: Abenteuer/Krimi/Komödie
Kinostart (Deutschland): 28. Januar 2010
Kinostart (USA): 25. Dezember 2009
Laufzeit: 128 Minuten
Altersfreigabe: Ab 12 Jahren
Homepage: klick
Trailer: klick
Kaufen: DVD, Blu Ray, Soundtrack
Mit: Robert Downey Jr., Jude Law, Rachel McAdams, Mark Strong, Eddie Marsan u.a.


Kurzinhalt: Endlich gelingt es Sherlock Holmes und Dr. Watson, Lord Blackwood auf frischer Tat bei einem seiner finsteren Rituale zu ertappen und damit eine grauenhafte Mordserie zu beenden. Ein paar Monate später steht die Hinrichtung des Lords unmittelbar bevor, als dieser den Wunsch äußerst, noch ein letztes Mal mit Sherlock Holmes sprechen zu können. In diesem Gespräch versichert Lord Blackwood ihm, dass es noch nicht vorbei ist. Mit Hilfe seiner dunklen Mächte würde er vom Grab auferstehen und seine schrecklichen Pläne zu Ende führen – und dabei die Welt so wie man sie kennt von Grund auf verändern. Holmes nimmt diese Drohungen natürlich nicht wirklich ernst, und tatsächlich scheint es so als wäre die Hinrichtung ohne Zwischenfälle verlaufen: Dr. Watson stellt den Tod fest, und danach wird Lord Blackwood begraben. Doch kurz darauf scheint es tatsächlich so, als würde sein finsteres Werk fortgesetzt werden. Bei seinen Nachforschungen stößt Holmes schon bald auf einen schrecklichen Verdacht, und lässt daraufhin den Sarg überprüfen. Und tatsächlich: Statt Lord Blackwood befindet sich darin einer seiner Komplizen. Während die Londoner Polizei vor einem Rätsel steht und die Öffentlichkeit ob dieser schrecklichen Gerüchte immer mehr in Panik zu verfallen droht, nutzt Sherlock Holmes seine außerordentliche Kombinations- und Beobachtungsgabe, um Licht ins Dunkel zu bringen. Doch die Zeit drängt, denn bereits in wenigen Tagen soll laut Blackwoods Ankündigungen ein Ereignis stattfinden, dass England in seinen Grundfesten erschüttern und die Welt auf den Kopf stellen soll.

Review: ImageSchon seit meiner Kindheit bin ich großer Sherlock Holmes-Fan. Ich besitze die Komplettausgabe des Haffmanns-Verlages, die alle Romane und Kurzgeschichten von Sir Arthur Conan Doyle in einer werksgetreuen Übersetzung beinhaltet, und die ich allen Fans, und solchen die es werden wollen, nur wärmstens empfehlen kann. Ich kenne die meisten Verfilmungen, allen voran natürlich jene mit Basis Rathbone aus den 40ern, sowie die grandiose BBC-Serie mit Jeremy Brett. Und als großer Fan des Adventure-Genres habe ich natürlich auch schon selbst ein paar Abenteuer als Sherlock Holmes auf dem PC bestritten. Und dennoch – oder möglicherweise genau deshalb? – war ich trotz aller Vorfreude auf diesen neuen Film doch auch ein wenig skeptisch. Einerseits, da ich zugegebenermaßen nicht unbedingt der größte Fan von Guy Ritchie bin, und andererseits da der Trailer etwas zu sehr nach hohler Action aussah, und mich befürchten ließ, dass man das größte Markenzeichen des Detektivs – seine beeindruckende Kombinationsgabe – vernachlässigen könnte.

Letztere Befürchtung hat sich Gott sei Dank als unbegründet herausgestellt. Ja, natürlich kracht es hier deutlich lauter und öfter als bei früheren Verfilmungen, und auch die Fäuste werden öfters eingesetzt als man das bisher gewohnt war (wobei man fairerweise erwähnen muss, dass Holmes auch in den Romanen immer als geschickter Kämpfer galt). Trotzdem darf Holmes auch immer wieder seine besondere Begabung als Detektiv unter Beweis stellen. Originell und neu ist dabei vor allem, dass wir nicht nur bei der Lösung von Rätseln, sondern auch bei den Kämpfen Einblick in seinen Gedankenprozess erhalten. Auch wenn man mich was Holmes' Kombinationsgabe betrifft positiv überrascht hat – der einzige größere Kritikpunkt, den ich gegenüber Guy Ritchie's Film vorzubringen habe, betrifft dennoch in erster Linie die Handlung. So ist der zugrundeliegende Fall selbst für Hobby-Detektive relativ leicht zu durchschauen, weshalb sich einem Holmes' Genialität angesichts dieses eher durchschnittlichen Kriminalfalls nur bedingt erschließt. Der Versuch, diese Schwäche dadurch zu kaschieren, dass der Fall nicht aus einem einzigen Rätsel, sondern gleich einem ganzen Mosaik von Fragen besteht, gelingt leider auch nicht wirklich. Alles in allem ist der Fall rund um Lord Blackwood dem außergewöhnlichen Intellekt von Sherlock Holmes leider nur bedingt würdig.

ImageDavon abgesehen gibt es jedoch nicht wirklich etwas, das man an "Sherlock Holmes" kritisieren kann – und dafür vieles, das Lob verdient. Allen voran natürlich Robert Downey Jr. und Jude Law in den Hauptrollen. Anstatt die hochgelobten – und bei Fans sehr geschätzten – Leistungen von Rathbone und/oder Brett zu kopieren, findet Downey Jr. seine eigene Art und Weise, den Meisterdetektiv darzustellen – und überzeugt mit einer originellen Interpretation der Figur, die man so bisher noch nicht gesehen hat. Jude Law wiederum profitiert in erster Linie davon, dass man diesmal Dr. Watson endlich nicht mehr als reine Witzfigur und Stichwortgeber für Holmes' missbraucht, sondern ihn ebenfalls als durchaus intelligent und geschickt darstellt. So versteht er es durchaus, sich gegen Holmes zu behaupten und ebenfalls die eine oder andere richtige Schlussfolgerung zu ziehen. Wer die Romane kennt, wo Watson ebenfalls nie der Volltrottel war, als der er in einigen Verfilmungen dargestellt wurde, wird diese Herangehensweise sicherlich begrüßen.

Vor allem aber überzeugt das Zusammenspiel zwischen den beiden. Robert Downey Jr. und Jude Law harmonieren vor der Kamera wirklich perfekt miteinander, und ihre Spielfreude trägt viel zum Gelingen des Films bei. Auch Rachel McAdams' Darstellung hat mir sehr gut gefallen, lediglich Mark Strong blieb ein wenig blass - was jedoch weniger mit seiner Performance als seiner Figur zu tun haben mag. Angenehm überrascht war ich von der Tatsache, wie amüsant diese neue Verfilmung ist. Der Humor entsteht dabei in erster Linie aus dem Schlagabtausch zwischen Holmes und Watson, wodurch der Film stellenweise mehr an das gute alte und in den letzten Jahren schmerzlich vermisste Genre der Buddy-Actionkomödien denn einen reinen, staubtrockenen Kriminalfilm erinnert. Und mit dem Techtelmechtel zwischen Holmes und Adler präsentiert man uns sogar einen Hauch von Romantik. Natürlich mag diese Herangehensweise Puristen nicht unbedingt gefallen, aber ich für meinen Teil bin froh, dass mir nicht die x-te ewig gleiche Interpretation von Sir Arthur Conan Doyle's Werken serviert wurde, sondern eine originelle, neue, frische, energiegeladene und sehr amüsante Variation des Stoffes. Die Inszenierung ist zudem durchaus ausgereift, mit einigen Zeitlupen- und Zeitraffereffekten, und auch Hans Zimmer gebührt für seinen originellen (und oscarnominierten) Soundtrack Lob.

ImageTrotz der Unterschiede im Ton was die bisherigen Verfilmungen und die Vorlage betrifft, haben Guy Ritchie & Co. dennoch zahlreiche Anspielungen eingebaut, die Fans des Meisterdetektivs gefallen sollten. Das reicht von Kleinigkeiten wie Irene Adler's Portraitphoto über sonst oftmals vernachlässigte Details wie den leicht hinkenden Dr. Watson bis hin zu den subtilen, aber dennoch vorhandenen Anspielungen auf Holmes' Hang zu Suchtmitteln. Generell gefiel mir die Darstellung von Holmes sehr gut. Er ist hier ein richtiggehend getriebenes Genie, das sofort in Melancholie verfällt, wenn sein Geist nicht beansprucht wird. Dafür wirkt er in anderen Belangen richtiggehend hilflos und weist vor allem im zwischenmenschlichen Bereich Defizite auf. Eine Interpretation, die mit Doyle's Vorlage durchaus übereinstimmt, die man jedoch in den bisherigen Verfilmungen oftmals vermisst hat. Die letzte große Stärke ist dann die Art und Weise, wie hier Holmes' Nemesis langsam und im Hintergrund eingeführt und damit eine potentielle Fortsetzung vorbereitet wird – und trotz der kleineren Schwächen freue ich mich schon sehr auf das nächste Abenteuer!

Fazit: Als alter Holmes-Fan, der die meisten der bisherigen Verfilmungen und natürlich alle Romane und Kurzgeschichten von Sir Arthur Conan Doyle kennt war ich - trotz der überdeutlichen Modernisierung, mit der man sich natürlich in erster Linie dem Mainstream und damit dem Kommerz beugt - durchaus angetan. "Sherlock Holmes" ist eine spaßige und höchst unterhaltsame Mischung aus Krimiabenteuer und Buddy-Actionkomödie. Dank den perfekt harmonierenden und gut gelaunten Hauptdarstellern, der originellen und flotten Inszenierung sowie einigen amüsanten Szenen und Einfällen bietet er grandiose Blockbuster-Unterhaltung, und das sowohl für Holmes-Jünger als auch solche, die es noch werden wollen. Robert Downey Jr. und Jude Law können als Holmes und Watson jedenfalls gerne noch einige weitere Abenteuer in London und auf der Kinoleinwand bestreiten - bei denen dann allerdings hoffentlich auch einer ausgeklügelten Handlung etwas mehr Beachtung geschenkt wird.

Wertung:8 von 10 Punkten



Christian Siegel
(Bilder © Warner Bros. Pictures)


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