Mit: Kåre Hedebrant, Lina Leandersson, Per Ragnar, Henrik Dahl, Karin Bergquist, Peter Carlberg, Ika Nord, Mikael Rahm u.a.
Kurzinhalt:
Die schwedische Kleinstadt Blackeberg im Jahr 1981: Der 12-jährige Oskar wird tagtäglich in der Schule gehänselt und belästigt, hat jedoch nicht den Mut, sich zu wehren. Nur am Abend, in der Sicherheit seiner Wohnung bzw. des umliegenden Parks gibt er sich seinen Machtphantasien hin, und träumt davon, mit einem Messer blutige Rache zu nehmen. Eines Tages ziehen ein alter Mann und ein kleines Mädchen in der Wohnung direkt neben ihm ein. Als sie sich am späten Abend gelegentlich im Garten treffen, beginnt sich Oskar langsam mit dem jungen, schüchternen und auch etwas seltsamen Mädchen Eli anzufreunden. Ungefähr zur gleichen Zeit beginnt in Blackeberg eine grauenvolle Mordserie: Zuerst findet man im Wald eine aufgehängte Leiche, der fast sämtliches Blut entnommen wurde – die Polizei vermutet einen Ritualmord. Als kurz darauf noch eine zweite blutleere Leiche gefunden wird, steht die Polizei vor einem Rätsel. In der Zwischenzeit kommen sich Oskar und Eli näher. Oskar fühlt sich immer selbstsicherer und traut sich eines Tages während eines Schulausflugs sogar, zurückzuschlagen. Zwischen ihm und Eli entsteht eine zarte, unschuldige Liebe, die beide wieder aufleben lässt. Doch Eli hat ein schreckliches Geheimnis, dass in direkter Verbindung zu den Morden in Blackeberg steht: Sie ist ein Vampir…
Review:
Auf "So finster die Nacht" wurde ich das erste Mal vor ca. einem Jahr durch einen Artikel im Filmmagazin Empire aufmerksam, und sofort wurde mein Interesse geweckt. Während man in Deutschland Ende letzten Jahres Gelegenheit bekam, sich selbst ein Bild davon zu machen, ob die Vorschusslorbeeren angebracht waren oder nicht, schien es lange Zeit so, als müssten wir Österreicher wieder einmal auf eine Kinoveröffentlichung verzichten. Erst im Frühjahr dieses Jahres, ca. 2 Wochen vor jenem Termin, an dem eigentlich bereits auch hierzulande der DVD-Release geplant war, hatte der Filmverleih doch noch ein Einsehen und brachte den Film – wenn auch nur für kurze Zeit und mit sehr wenigen Kopien, aber immerhin – in die Kinos. Und wer saß gleich am ersten Abend im Kinosaal? Richtig – meine Wenigkeit. Eine Entscheidung, die ich auch nicht im geringsten bereut habe. Eines muss ich jedoch gleich noch vorausschicken: "So finster die Nacht" ist kein Film für jedermann. Er ist kein reiner, klassischer Horrorfilm, sondern ein sehr origineller Genre-Mix, der Horror-, Romanzen- und vor allem Jugenddramaelemente in sich vereint. Wer sich hier einen beängstigenden, bluttriefenden Horrorfilm voller Schockmomenten und atmosphärisch dichter Szenen erwartet, wird enttäuscht werden, und sich hier wohl eher langweilen. Hier regiert der psychologische Horror, den "So finster die Nacht" vor allem aus der perfiden Grundidee und seinem bestechenden Realismus bezieht.
Von der ersten bis zur letzten Sekunde an ist die Handlung und die Welt aus "So finster die Nacht" sehr überzeugend und glaubhaft. Neben dem sehr bodenständigen Setting, das weitestgehend auf übernatürliche Elemente verzichtet, sind daran vor allem die gut gezeichneten, vielschichtigen und daher auch sehr real wirkenden Figuren verantwortlich. Im Zentrum des Films steht Oskar, der schüchterne, kleine, schwache Schüler, der praktisch am laufenden Band von einigen Mitschülern erniedrigt und malträtiert wird. Trotz dieser Ausgangslage, die den Zuschauer durchaus dazu anregt, mit ihm Mitgefühl zu empfinden, macht es einem Oskar dennoch nicht ganz leicht, mit ihm zu sympathisieren. Denn es wird immer wieder deutlich, dass in der Seele des an und für sich netten und freundlichen Jungen auch etwas dunkles brodelt, dass sich unter anderem in seinen Mordphantasien und seiner Faszination für Gewaltverbrechen niederschlägt. Und irgendwie kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, das tief hinter diesen unschuldigen blauen Augen ein Mörder, ja vielleicht sogar ein Amokläufer, darauf wartet, an die Oberfläche zu kommen.
Die zweite zentrale Figur des Films ist natürlich Eli, die über 200 Jahre alte Vampirin, die für immer im Körper eines jungen Mädchens gefangen ist. Mit der Idee, ein solches Monster, dass Blut trinken und damit Menschen töten (oder töten lassen) muss, um zu überleben, in den Körper eines jungen, unschuldig aussehenden Mädchens zu stecken, treibt man das faszinierende Grundkonzept der Vampire (Monster in schöner, harmloser Verkleidung) auf die Spitze. Gleichzeitig vermittelt Eli aber auch eine gewisse Traurigkeit, da sie nach all ihren schrecklichen Taten und trotz ihres jungen Aussehens die kindliche Unschuld natürlich schon lange verloren hat. Nicht minder interessant ist die Figur von Hakan – vor allem auch, da uns die genauen Hintergründe seiner Beziehung zu Eli verborgen bleiben. Ist sie für ihn der Ersatz einer Tochter, die er nie hatte, oder ist er ihr aus deutlich abscheulicheren Motiven (Stichwort Pädophilie) hörig? Worin genau die Anziehung auch bestehen mag (und schon allein in dieser Frage findet sich mehr Anspruch und Tiefgang als in 90% der Horrorfilme aus Hollywood), es wird im weiteren Verlauf des Films nur allzu deutlich, dass Hakan Eli abgöttisch liebt, und alles für sie tun würde, während uns im Gegenzug Eli's Gefühle für ihn – nutzt sie seine Liebe nur aus, oder hat sie vielleicht zumindest früher einmal ähnlich für ihn empfunden? – völlig verborgen bleiben. Neben der im Zentrum stehenden Handlung rund um Oskar ist Hakan's Geschichte jedenfalls die mit Abstand interessanteste und gelungenste des Films.
Daneben gibt es noch einen Handlungsstrang, der sich mit einer Gruppe von Bewohnern der Stadt und ihrer Suche nach ihrem Freund Jocke auseinandersetzt. Eben dieser war einer von Eli's ersten Opfern nach ihrer Ankunft in Blackeberg, wobei Lacke Zeuge des Angriffs wurde. Diese Bilder gehen ihm nicht aus dem Kopf, und auch wenn ihm niemand glauben will setzt er alles daran, das junge Kind, dass seinen guten Freund ermordet hat, ausfindig zu machen. Ich gebe zu, dass diese Geschichte den Film vor allem zu Beginn etwas aufhält und das Tempo stark reduziert, zumal auch die hier vorgestellten Figuren im Vergleich zu Oskar, Eli und Hakan eher uninteressant sind. Nichtsdestotrotz hat auch dieser Handlungsstrang einige gelungene Momente und Szenen zu bieten – vor allem, nachdem eine der Frauen von Eli gebissen wurde und sich langsam in einen Vampir zu verwandeln beginnt. Letzteres ist dann auch der faszinierendste Teil dieser Handlung, der durch den Realismus, mit dem man die Verwandlung behandelt, einiges an Schrecken gewinnt. Zudem mündet diese Geschichte schließlich in einer der optisch beeindruckendsten und am längsten nachhallenden Szene.
Die größte Stärke des Films ist aber ohne jeden Zweifel die ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen diesem seltsamen 12-jährigem Einzelgänger und dem jungen Vampir-Mädchen. Nicht nur, dass diese Idee sehr originell ist, und ähnliche Romanzen wie aus "Twilight" ungemein kitschig und verharmlost wirken lässt. Es ist zudem trotz aller romantischer Untertöne doch irgendwie beunruhigend und etwas unheimlich mitzuerleben, wie Oskar und Eli sich langsam näher kommen. Was mir aber an dieser Lovestory am besten gefällt, ist die Fülle an Interpretationsspielraum, die sie bietet. Ist Eli wirklich in Oskar verliebt, oder sieht sie ihn nur als Mittel zum Zweck und als Ersatz für Harkan, dessen Nützlichkeit sich dem Ende zuzuneigen scheint? Sehen wir in Harkan Oskar's zukünftiges Schicksal? Was genau spricht Eli an Oskar an, seine Unschuld, oder seine dunkle Seite? Über all diese Fragen kann man geteilter Meinung sein – und genau das ist das Schöne daran. Jeder wird die Liebesgeschichte anders empfinden und anders verstehen. Tatsächlich gibt es darüber hinaus sogar noch eine weitere Interpretation, die der ganzen Handlung noch einmal deutlich mehr Vielschichtigkeit verleiht. Es handelt sich hierbei um einen Twist, der im Roman einen großen Stellenwert einnimmt, im Film jedoch nur zu erahnen ist. Und auch wenn ich persönlich die kurze Andeutung lieber ignoriere, da ich es zumindest für die Filmversion vorziehe, es einfach "nur" als Liebesgeschichte zwischen einem Jungen und einer Vampirlady zu sehen, könnte diese Wendung für andere durchaus auch eine zusätzliche Stärke darstellen.
Die Liebesgeschichte bzw. auch der hier angestrebte Realismus würden allerdings nicht funktionieren, wenn die Schauspieler ihre Figuren nicht überzeugend Leben einhauchen würden. Während man sich bei den erwachsenen Schauspielern – auch wenn sie einem natürlich unbekannt sind – ohnehin nichts anderes erwartet, überraschen vor allem Kåre Hedebrant und Lina Leanderssonin mit glänzenden schauspielerischen Leistungen, die man von Kinderdarstellern nur in Ausnahmefällen zu sehen bekommt. Eine weitere Stärke des Films ist Johan Söderqvists grandioser Soundtrack, der wie auch der Film ständig zwischen romantisch und unheimlich wechselt, und einige wunderschöne Melodien zu bieten hat. Zuletzt muss auch noch Regisseur Tomas Alfredson hervorgehoben werden. Seine Inszenierung mag zwar langsamer sein, als man das von seinen MTV-verseuchten Kollegen aus Amerika gewohnt ist, dafür gibt er sowohl der Handlung als auch den Figuren ausreichend Zeit, um Eindruck beim Zuschauer zu hinterlassen. Zudem hat "So finster die Nacht" einige atmosphärische Szenen und denkwürdige Bilder zu bieten, die einem noch lange in Erinnerung bleiben werden...
Fazit:
"So finster die Nacht" ist eines dieser raren Horrorjuwele, die nicht literweise Blut, billige Schockmomente oder explizite Gewaltdarstellung benötigen, sondern ihren Schrecken in erster Linie aus der der Beziehung zwischen den Figuren – in diesem Fall Oskar und Eli – beziehen. Zugegeben, "So finster die Nacht" ist kein Film, der den Zuschauer die ganze Zeit über in Angst und Schrecken versetzt und dafür sorgt, dass man sich fingernägelkauend hinter der Decke versteckt. Hier regiert der psychologische Horror, zumal "So finster die Nacht" auch starke Elemente eines Jugenddramas beinhaltet – und sich damit wohl am ehesten mit Stephen King's Roman "Es" vergleichen lässt. Dennoch verleiht schon allein die perfide Grundidee "So finster die Nacht" eine Art von Biss und einen fiesen Touch, den Horrorfilme aus den USA zumeist schmerzlich vermissen lassen. Die im Zentrum stehende Liebesgeschichte ist sowohl süß und unschuldig als auch unheimlich, die Figuren sind angenehm komplex und vielschichtig, die schauspielerischen Leistungen teilweise sensationell, und die Handlung sehr originell und wendungsreich. Die schaurig-schöne Filmmusik von Johan Söderqvist sowie Tomas Alfredson's sehr stilsichere, ruhige Inszenierung runden das positive Gesamtbild ab. Kurz und gut: Wer vom x-ten Teenieslasher oder Asia-Geisterhorrors die Schnauze voll hat und endlich wieder einen originellen, beunruhigenden Horrorfilm sehen will, dem kann ich "So finster die Nacht" nur wärmstens ans Herz legen!
kann dir nur zustimmen! das ist einer der besten horrorfilme, die ich in den letzten jahren gesehen habe. allerdings fand ich die handlung mit den nebenfiguren nicht aufhaltend oder uninteressant. gerade die szenen mit den älteren, teils sehr einsamen blockbewohnern unterstrichen für mich nochmal die trostlosigkeit der umgebung, in der oskar aufwächst.
hatte nur gesagt, dass es das Tempo etwas reduziert hat, und die Figuren im Vergleich zu Oskar, Eli und Hakan nicht so interessant waren. Langweilig war aber auch der Handlungsstrang nicht - zumindest nicht für mich. Bin mir sicher, dass es einige Leute gibt, die das anders sehen