Klappentext: Hinter einer vermauerten Tür entdeckt Coraline einen verborgenen Weg in eine albtraumhafte Parallelwelt: Dort trifft sie ein Wesen mit glänzenden Knöpfen anstelle der Augen, das sie freundlich umgarnt und hungrig auf Coralines Seele blickt.
Kurzinhalt: Coraline ist gerade mit ihren Eltern in ein Mehrfamilienhaus gezogen, dass auch von einem Zirkusartisten und zwei alternden Schauspielerinnen bewohnt wird, die ihren Namen ständig falsch aussprechen. Um die Langeweile in dieser neuen Umgebung zu bekämpfen, geht sie oft auf Entdeckungsreise, doch eines Tages schüttet es in Strömen, und ihre Eltern verbieten ihr nach draußen zu gehen. Auf ihrer Entdeckungsreise durch das Haus stößt sie auf eine verschlossene Tür, hinter der sich jedoch nur eine Ziegelmauer befindet. Als sie wenige Tage später allein zu Hause ist und die Tür noch einmal öffnet, findet sie dahinter allerdings auf einmal einen Korridor. Ganz die Entdeckerin, geht sie hindurch, und findet sich auf der anderen Seite plötzlich in einer Art Parallelwelt wieder, in der ihre Eltern und alle anderen Personen statt Augen Knöpfe im Gesicht haben. Ihre andere Mutter verspricht ihr ein glückliches Leben, wenn sie bei ihr bleibt, doch Coraline wird zunehmend mulmig zumute und kehrt wieder in ihre eigene Welt zurück. Doch als sie dort ankommt, sind ihre Eltern auf einmal verschwunden...
Review: Eigentlich hätte es ja nur eine Gute Nacht-Geschichte für seine Töchter sein sollen, doch als Neil Gaiman seinem Verlag "Coraline" schickte, um sie für die Verzögerungen bei "American Gods" zu entschädigen, bekamen letztendlich Kinder und Erwachsene aus aller Welt Gelegenheit, in einem der besten modernen Kinderbücher zu schmökern und gemeinsam mit Coraline die Reise durch die geheimnisvolle Tür anzutreten. "Coraline" entführt den Leser, egal ob jung oder alt, in eine phantasievolle und oftmals auch gruselige Geschichte über eine geheimnisvolle Parallelwelt, und verfügt über alle Zutaten, die man als (modernes) Märchen so braucht: Eine junge, schlagfertige Protagonistin, eine böse Hexe, zahlreiche phantastische Figuren – und natürlich auch eine Moral, die den Kindern mit auf den Weg gegeben werden soll. Letzterer Aspekt ist vermutlich einer der wichtigsten des Romans; einerseits, da sie sich stark an moderne Zeiten richtet, in denen Eltern leider nicht immer so viel Zeit für ihre Kinder haben, wie sie sich das wünschen würden (und das aber deshalb noch lange nicht heißt, dass man sie nicht lieben würde); und andererseits, da sich die Moral nicht ausschließlich an die Kindern, sondern auch an die Erwachsenen richtet, die dazu eingeladen werden, sich auch selbst an der Nase zu nehmen und ihre Kinder nicht zu sehr zu vernachlässigen.
Die Handlung an sich folgt einer sehr typischen Struktur: Die sympathische Protagonistin, mit der man sich wohl vor allem als Kind schnell identifizieren kann, verschlägt es "Alice im Wunderland"-mäßig in eine phantastische Welt, wo sie sich nicht nur schon bald einer bösen Hexe gegenübersieht, sondern zudem einige Aufgaben und Gefahren zu bestehen hat, um sich und ihre Eltern aus deren Fängen zu befreien. Besonders gut gefällt mir an "Coraline" der Wettbewerb mit der Hexe, bei der neben Mut auch ordentlich Grips gefragt ist. Die Mittel, mit denen letztendlich das Problem bzw. die Bedrohung durch die Hexe gelöst wird ist jedenfalls für mich eine der größten Stärken des Romans. Ein weiterer ist Gaimans wieder einmal sehr gelungener und origineller Schreibstil, der mit seinem skurrilen Humor die Geschichte auf ein Niveau hebt, dass ein weniger begabter Autor nicht erreicht hätte. Was nun die angeblich so beängstigenden Elemente betrifft, die "Coraline" als Kinderbuch disqualifizieren würden... wenn ich daran denke, was Kindern sonst so alles für Märchen vorgelesen werden, von großmutterverschlingenden Wölfen, vergiftete Äpfel verschenkenden Hexen und zum im Ofen brutzeln gefangengehaltenen Kindern, fällt es mir schwer nachzuvollziehen, was gerade an Coraline so schrecklich sein soll. Aber das muss letztlich jede Mutter/jeder Vater selbst entscheiden...
Fazit: Coraline ist ein schaurig-schönes modernes Märchen für Kinder und Junggebliebene. Die Geschichte präsentiert sich dabei sehr abwechslungs- und einfallsreich, und überzeugt vor allem mit dem gelungenen Showdown, in dem Coraline ihr Köpfchen einsetzen muss, um die böse Hexe zu besiegen. Kurz und gut: Ein phantastisches Kinderbuch, an dem auch Erwachsene ihre Freude haben können...
Klappentext:
Wenn Coraline durch eine bestimmte Tür in ihrem neuen Zuhause geht, betritt sie ein anderes, sehr ähnliches Haus, in dem jedoch alles irgendwie besser ist: das Essen, das Spielzeug... Aber da sind auch andere Eltern, unheimliche Eltern. Und die wollen ihr kleines Mädchen nie mehr gehen lassen.
Review:
Mit seinem Comic zu Neil Gaiman's Roman hat P. Craig Russell eine extrem werkgetreue Adaption abgeliefert, weshalb ich was den Inhalt betrifft auf das Review zum Roman verweise und mich hier nur mit der optischen Umsetzung beschäftigen will. Grundsätzlich sind die Bilder sehr schön gestaltet. Die Farben sind teilweise bewusst etwas blasser gehalten, um damit den Realismus zu unterstreichen. Generell sind auch die Zeichnungen sehr realistisch und weniger stilistisch gehalten - womit sich P. Craig Russell's Adaption stark von Henry Selicks Ansatz unterscheidet. Alles und jeder in der "normalen" Welt sieht sehr realistisch aus, und Coraline wirkt wie ein ganz gewöhnliches junges, blondes Mädchen. Damit soll wohl die Identifikation der Leser mit der Titelheldin erleichtert werden, für eine solch phantastische Vorlage wirkt die Optik aber doch arg gewöhnlich. Über jeden Zweifel erhaben sind aber die cinematographisch gewählten Bildausschnitte sowie die dynamische Anordnung der Bilder, bei der dennoch nie die Übersicht verloren geht. Alles in allem ist der Comic zum Roman vor allem nachdem man Henry Selicks Film mit seiner skurril-einfallsreichen Optik gesehen hat vergleichsweise unspektakulär, überzeugt aber mit der werksgetreuen Adaption des Romans, die auch auf zahlreiche Bemerkungen und Kommentare aus Neil Gaimans Vorlage zurückgreift, sowie der gelungenen Farbgebung und der filmreifen Inszenierung der Bilder.
Fazit:
P. Craig Russell's Adaption ist eine extrem werkgetreue Adaption des Romans von Neil Gaiman. Er übernimmt nicht nur die Dialoge sondern auch zahlreiche Beschreibungen und Kommentierungen 1:1 (von der abweichenden deutschen Übersetzung mal abgesehen). Wer sich statt des Romans den Comic besorgt braucht also nicht befürchten, etwas zu verpassen, und selbst jene welche das Buch bereits zu Hause haben können angesichts der gelungenen (wenn auch im Vergleich zu Henry Selicks Verfilmung etwas unoriginell wirkenden) optischen Umsetzung einen Kauf in Erwägung ziehen. Wer jedoch nach Sichtung des Kinofilms nun vor der Frage steht, sich entweder Roman oder Comic zuzulegen, ist grundsätzlich mit beiden Optionen gut bedient. Die Entscheidung sollte man wohl von den eigenen Präferenzen abhängig machen. Möchte man lieber eine weitere (optische) Interpretation der Geschichte lesen, oder – sofern das nach Sichtung des Films überhaupt noch möglich ist – seine eigenen Bilder im Kopf entstehen lassen? Grundsätzlich sind Comic und Roman in meinen Augen jedenfalls gleichermaßen empfehlenswert.
Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel
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