Originaltitel: Caretaker (Part 2)
Episodennummer: 1x02
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 16. Januar 1995
Erstausstrahlung D: 21. Juni 1996
Drehbuch: Rick Berman, Michael Piller & Jeri Taylor
Regie: Winrich Kolbe
Hauptdarsteller:
Kate Mulgrew als Captain Kathryn Janeway,
Roxann Biggs-Dawson als B'Elanna Torres,
Jennifer Lien als Kes,
Robert Duncan McNeill als Tom Paris,
Ethan Phillips als Neelix,
Robert Picardo als The Doctor,
Tim Russ als Tuvok,
Garrett Wang als Harry Kim.
Gastdarsteller:
Basil Langton als Caretaker,
Gavan O'Herlihy als Jabin,
Angela Paton als Adah,
Armin Shimerman als Quark,
Alicia Coppola als Lieutenant Stadi,
Bruce French als Ocampa Doctor,
Jennifer Parsons als Ocampa Nurse,
David Selburg als Toscat,
Jeff McCarthy als Human Doctor,
Stan Ivar als Mark,
Scott MacDonald als Rollins,
Josh Clark als Carey,
Richard Poe als Gul Evek,
Keely Sims als Farmer's Daughter,
Eric David Johnson als Daggin,
Majel Barrett als Computer Voice u.a.
Kurzinhalt:
Vor wenigen Tagen ist in den Badlands ein Schiff des Maquis verschwunden. Normalerweise würde dies die Sternenflotte nicht weiter beschäftigen, aber an Bord befand sich auch Commander Tuvok, der sich Undercover in die Zelle eingeschlichen hatte. Captain Kathryn Janeway stattet deshalb der Strafkolonie auf Neuseeland einen Besuch ab, um dort Tom Paris – der einst Teil derselben Maquis-Zelle war – für die Mission zu rekrutieren. Auf der Raumstation Deep Space Nine findet sich dann schließlich die gesamte Crew ein, ehe man mit einem neuen, schlanken und besonders schnellen neuen Schiff der Sternenflotte, der U.S.S. Voyager, in die Badlands aufbricht um nach dem verschollenen Maquis-Schiff zu suchen. Nur kurz nach ihrer Ankunft werden sie von einer Energiewelle getroffen – und finden sich im Delta-Quadranten wieder, 70.000 Lichtjahre von ihrem Ausgangspunkt entfernt. Mit dem Warp-Antrieb würde die Heimreise 75 Jahre dauern – weshalb Captain Janeway alles daran setzt, herauszufinden, wie und warum sie hergebracht wurden, und inwiefern sich dieser Prozess wieder umkehren lässt. Nach ihrem ersten Besuch der Phalanx des sogenannten Fürsorgers, der für ihre Reise verantwortlich ist, fehlt jedoch vom jungen Fähnrich Harry Kim jede Spur. Auch bei der Maquis-Crew wird ein Besatzungsmitglied vermisst, nämlich die Chefingenieurin B'Elanna Torres. Der Anführer der Maquis-Zelle, Chakotay, und Captain Janeway beschließen daraufhin, zusammenzuarbeiten, um die vermissten Crewmitglieder wieder aufzuspüren, und danach nach einem Weg zu suchen, wieder nach Hause zurückzukehren…
Denkwürdige Zitate:
"Take the weapons offline. We'll transfer all power to the engines."
"Considering the circumstances, I question that proposal at this time."
(Ach, was habe ich die Vulkanier vermisst!)
"Mister Kim, at ease before you sprain something."
(Captain Janeway zu ihrem schüchtern-verkrampften Fähnrich.)
"Captain, there's something out there."
"I need a better description than that, Mister Kim."
(Immer diese Chefs. Mit nichts sind sie zufrieden!)
"Paris, she's only a hologram."
"No reason to be rude."
(Tom Paris lässt sich von der holographischen Natur der hübschen Farmerstochter nicht entmutigen.)
"Oh, well now. Aren't you contentious for a minor bipedal species?"
"This minor bipedal species doesn't take kindly to being abducted."
(Captain Janeway macht den Fürsorger gegenüber ihren Standpunkt klar.)
"Mister Paris, set a course… for home."
(Der Abschluss der vielleicht besten Rede, die bei "Star Trek" je gehalten wurde.)
Review von Christian Siegel:
Nachdem ich kürzlich mit meinem neuerlichen Durchlauf von "Deep Space Nine" begonnen habe, ist nun also auch die letzte noch ausständige "Star Trek"-Ablegerserie "Voyager" an der Reihe. Da wie dort gilt, dass ich die Serie seit der Erstausstrahlung im Fernsehen nicht mehr gesehen habe. Trotz dieser Übereinstimmung könnten die Grundvoraussetzungen vor Beginn dieser zweiten Sichtung nicht unterschiedlicher sein. Wo sich bei "Deep Space Nine" meine Vorfreude – aufgrund der Tatsache, dass ich die Serie doch eher als meinen persönlichen Geschmack nicht wirklich treffend in Erinnerung habe – in argen Grenzen hielt, sah ich dem Ganzen nichtsdestotrotz mit der Hoffnung entgegen, dass sie mir nach all den Jahren nun deutlich besser gefallen könnte. Bei "Voyager" ist es genau umgekehrt: Eigentlich freue ich mich schon sehr darauf, mir die Serie nach all der Zeit endlich wieder einmal vorzuknöpfen. Andererseits habe ich dabei jedoch die starke Befürchtung, dass sich meine überwiegend positiven Erinnerungen in erster Linie als meinem jugendlichen Enthusiasmus geschuldet herausstellen könnten, und ich die Serie mit meinen heutigen, erwachseneren und erfahreneren Augen deutlich kritischer sehen werde.
Immerhin… zumindest der Pilotfilm konnte meine überaus positive Erinnerung an ihn einmal voll und ganz bestätigen. Ich hatte diesen als den besten aller "Star Trek"-Serien in Erinnerung, und stehe auch nach dieser Zweitsichtung zu meiner damaligen Meinung. "Der Fürsorger" schafft genau das, woran "Der Abgesandte" in meinen Augen gescheitert ist, nämlich einerseits eine spannende Geschichte zu erzählen, und andererseits die Figuren ausreichend zu etablieren. Zugegeben, die Charakterisierung selbst ist dabei vorerst einmal noch eher oberflächlich, und die meisten Figuren lassen sich auf ein oder zwei Eigenschaften herunterbrechen: Der unerfahrene, schüchterne Grünschnabel. Der draufgängerische Frauenheld mit problematischer Vergangenheit. Die ihren eigenen Prinzipien treue und dabei auch vor harten Entscheidungen nicht zurückschreckende Frau Kapitän. Der gewohnt gelassen-analytische Vulkanier. Der aufgeweckte Thalaxianer. Die gutmütige, engelsgleiche Ocampa. Der schrullig-missmutige holographische Doktor. Die temperamentvolle Halb-Klingonin. Der geruhsam-spirituelle Indianer. Und so weiter. Das kann man jetzt zwar eindimensional finden – und ich sage nicht einmal, dass ich dieser Einschätzung widersprechen würde – aber das ist immerhin eine Dimension mehr, als den meisten Figuren beim "Deep Space Nine"-Pilotfilm vergönnt war. Und dadurch, dass man sie bei der Vorstellung erstmal jeweils auf ein bis zwei zentrale Charaktereigenschaften reduziert, lernen wir sie zumindest oberflächlich schnell kennen, und grenzen sie sich von vornherein auch deutlich voneinander ab. Dementsprechend hatte ich die Figuren, ihre Namen sowie eine ungefähre Idee ihrer Persönlichkeit im Falle von "Voyager" bereits nach dem Pilotfilm intus. Zum Vergleich dazu: Bei "Enterprise" hat es fast eine Staffel gedauert, bis ich endlich die Namen kannte und die Figuren soweit halbwegs auseinanderhalten konnte.
Doch es ist nicht nur die Charakterisierung der Figuren, die besticht, auch die schauspielerischen Leistungen stechen enorm positiv hervor. Zugegeben, seither mag sich die TV-Landschaft – und damit auch die Erwartungshaltung der Zuschauer sowohl an Serien generell als auch Pilotfilme im Speziellen – sehr gewandelt (sprich: gesteigert) haben. Aber damals war es gang und gäbe, dass die Schauspieler bei neuen Serien ein paar Episoden brauchten, um so wirklich in ihre Figuren hineinzufinden. Das gilt für TOS genauso wie für TNG, DS9 und wie ich meine auch ENT. Aber VOY? Da schienen alle Darsteller von Anfang an ihre Figuren zu "verstehen", und verkörperten sie allesamt nahezu perfekt. Vielleicht hat dies ebenfalls mit der guten, klaren Charakterisierung zu tun, und dass sie sich allesamt erstmal auf eine hervorstechende Eigenschaft konzentrieren konnten, welche ihre Figur im ersten Moment bestimmte; sorgte eben dies dafür, dass sie rasch einen Zugang zu ihren Rollen gefunden haben. Vielleicht ist es auch dem Casting zu verdanken. Oder aber die durchschnittliche Qualität der Performer war insgesamt höher als bei manch anderen "Star Trek"-Serien. Woran auch immer es liegt, ich war bei dieser Neusichtung echt erstaunt, wie großartig die Darsteller ihre jeweiligen Figuren hier schon verkörperten, bzw. generell, wie hoch die Qualität der schauspielerischen Leistungen im Pilotfilm bereits waren.
Im Vergleich zu "Deep Space Nine" konnte mir auch das Konzept der Serie sehr gut gefallen. Immerhin heißen die Serien ja "Star Trek", und eben das trek-ken hat bei DS9 zu diesem Zeitpunkt ja doch überwiegend gefehlt. Zwar führte man zeitgleich mit den VOY-Pilotfilm die Defiant ein, die dann ebenfalls häufigere Forschungsmissionen in den Gamma-Quadranten erlaubte, dennoch war ich froh, nach dem Ende von TNG nicht nur auf eine überwiegend auf eine Raumstation reduzierte Serie, bei der die Geschichten zu den Figuren kommen müssen, statt umgekehrt, angewiesen zu sein. Hinzu kommt dann noch die Grundidee, die Voyager nicht einfach nur munter durchs All fliegen und dieses erforschen zu lassen, sondern diesen Grundgedanken von "Star Trek" um eine Odyssee zu ergänzen. Generell finde ich diese Idee, ein Raumschiff der Föderation so weit von zu Hause agieren zu lassen – und damit auch fernab von jeglicher Unterstützung, keiner Verstärkung, keinen Reparaturmöglichkeiten und ohne Nachschub – ungemein interessant. Ob die "Voyager"-Macher aus diesem Konzept im weiteren Verlauf der Serie auch wirklich das Optimum herausgeholt haben, darüber lässt sich zugegebenermaßen vortrefflich streiten – und das ist sicherlich etwas, dass uns in den nächsten Monaten auch immer wieder mal beschäftigen wird. Ein potentielles Verabsäumen, das sich aus dieser interessanten Ausgangssituation ergebende dramaturgische Potential auch wirklich auszuschöpfen, ist jedoch nicht jener Episode anzulasten, dass eben diese Ausgangssituation etablierte.
Dass bei "Voyager" statt dem stationären "Deep Space Nine" wieder die Reise durchs All im Mittelpunkt steht, macht auch gleich das wundervolle Intro klar, dass mit einigen wundervollen Bildern und Einstellungen aufwarten kann, und in Kombination mit dem großartigen, eingängigen Hauptthema von "Star Trek – Der Film"-Komponist Jerry Goldsmith (dessen Theme für den Film ja auch für die "Next Generation" übernommen wurde) mein Favorit unter allen "Star Trek"-Serien ist. Eine wunderschöne Intro-Sequenz, die mir immer wieder eine Gänsehaut beschert. Sowohl in dieser als auch in der Pilotfolge generell können auch die Effekte absolut überzeugen. Die Voyager selbst wird dabei vor allem als man Tom Paris zum Schiff bringt wundervoll zelebrierend in Szene gesetzt (ein Moment, der wohl nicht von ungefähr an die entsprechende, minutenlange Kamerafahrt aus "Star Trek – Der Film" erinnert), kann jedoch auch danach gefallen. Ein tolles Design, und ein großartiges, sehr detailliertes Modell, das auch extremen Nahaufnahmen standhält. Und auch die CGI-Effekte, die zu diesem Zeitpunkt bei "Star Trek" nun vermehrt Einzug fanden (in Falle von "Der Fürsorger" z.B. für die Badlands), können sich wie ich finde auch heute durchaus noch sehen lassen.
Doch nicht nur die Effekte wissen zu gefallen – die gesamte Produktionsqualität ist generell sehr hoch. Heutzutage ist man es zwar von TV-Serien eh schon gewohnt, dass sie so gut aussehen wie ein Kinofilm, Mitte bis Ende der 90er zählte dies jedoch eher noch zu den Ausnahmen. Abseits des 4:3-Formats kann sich "Der Fürsorger" aber von der Produktionsqualität her durchaus mit damaligen mittelpreisigen SF-Filmen messen. Neben den tollen, hochwertigen Sets (wie die Brücke der Voyager, oder auch der unterirdischen Anlage der Ocampa) stechen dabei vor allem auch die (wenigen) Szenen hervor, die "on location" gedreht wurden – wobei es mir vor allem die Szenen auf der Oberfläche des Ocampa-Planeten angetan haben, welche die Unbarmherzigkeit und Trostlosigkeit der dortigen Wüste perfekt einfingen. Und auch die Musik, die abseits des Hauptthemas – welches jedoch natürlich auch im Verlauf der Pilotfolge immer wieder zitiert wird – von Jay Chattaway stammt, kann sich absolut hören lassen, und ist wunderbar komponiert und gewohnt hochwertig eingespielt. Insgesamt stach "Der Fürsorger" was die Produktionsqualität betrifft anno dazumal jedenfalls ganz klar hervor. Gut, ok, ist natürlich insofern kein Wunder, als es sich damals um den teuersten Pilotfilm aller Zeiten gehandelt hat (und zumindest innerhalb von "Star Trek" blieb er das selbst nach "Aufbruch ins Unbekannte") – was damals durchaus auch für einiges Aufsehen sorgte. Den – auch finanziellen – Aufwand sieht man dem fertigen Produkt jedoch auch an, und somit hat es sich wie ich finde durchaus ausgezahlt. Nett fand ich auch die Idee, nach der Enterprise in "Der Abgesandte" hier nun ebenfalls wieder die unmittelbare Vorgängerserie "Deep Space Nine" zur quasi-Staffelübergabe zu nutzen – womit zu Beginn der Folge auch Quark zu einem kurzen, amüsanten Auftritt kommt.
Positiv finde ich aber vor allem auch, dass sich das hohe Budget zwar in einer beachtlichen Produktionsqualität niederschlug, jedoch dennoch nicht in eine reine Actionorgie ausartete. Tatsächlich würde ich den abschließenden Raumkampf, wenn auch grundsätzlich nicht unspannend umgesetzt und mit Chakotays Opferung seines Schiffes mit immerhin einem markanten Höhepunkt aufwartend – noch zu den am wenigsten hervorstechenden Merkmalen von "Der Fürsorger" zählen. Womit wir beim letzten wesentlichen Punkt angekommen sind: Der Story. Diese ist auf der einen Seite eine sehr persönliche, auf Tom Paris und seine Wiedergutmachung fokussierte Geschichte. Hier sind wir dann auch schon bei meinem einzigen nennenswerten Kritikpunkt an "Der Fürsorger". Angesichts der Tatsache, dass er von Robert Duncan McNeill dargestellt wird, und sich die Vorgeschichten beider Figuren fast 1:1 decken, hätte ich es wirklich vorgezogen, wenn er auch bei "Voyager", wie in "Ein missglücktes Manöver", in die Rolle von Nicholas Locarno geschlüpft wäre. Denn so ist es erstmal doch ziemlich irritierend, den gleichen Schauspieler in fast identischer Rolle, jedoch mit anderem Namen, zu sehen.
Bei seiner nachfolgenden Geschichte handelt es sich dann in meinen Augen weniger um eine Charakterentwicklung an sich – weshalb ich "Der Fürsorger" auch verzeihen kann, dass diese recht zügig (manche würden wohl "überhastet" dazu sagen) von statten geht – als vielmehr um eine Veränderung dessen, wie die Figur sowohl vom Zuschauer als auch von den anderen Protagonisten wahrgenommen wird. Ich denke, letzten Endes ist der Kerl, den Captain Janeway zu Beginn von "Der Fürsorger" in der Strafkolonie aufsucht, derselbe, der am Ende die Pilotenkonsole der Voyager übernimmt. Sowohl sie als auch wir haben lediglich erkannt, dass er zwar in der Vergangenheit einen Fehler gemacht haben mag, deshalb jedoch noch lange kein schlechter Mensch ist. Die entsprechende, hier mitschwingende Aussage, gefällt mir ungemein gut. Sehr gut gefallen hat mir auch die Darstellung seiner beginnenden Freundschaft mit Harry Kim. Harry ist schüchtern und unsicher, und sucht nach jemandem, der ihn auf dieser Reise begleitet und ihm ein bisschen seine Ängste nimmt. Und Tom sucht schlicht und ergreifend nach einem Freund; jemanden, der ihn wegen seiner Vergangenheit nicht von vornherein verurteilt. Damit ist es bereits im Pilotfilm erfolgreich gelungen, mir beide Figuren sympathisch zu machen und mich eine Verbindung zu ihnen aufbauen zu lassen. Als weiterer Favorit aus der Besatzung offenbarte sich bei mir danach auch rasch der von Robert Picardo genüsslich dargestellte schlecht gelaunte holographische Doktor. Auch diesem gelang es mit nur wenigen Szenen, sofort einen Eindruck zu hinterlassen. Tuvok fand ich ebenfalls bereits bei seinem ersten Auftritt phantastisch. Nachdem man Spock bei TNG durch einen Androiden und bei DS9 mit einem Formwandler ersetzt hat, heißt es nun quasi "zurück zu den Wurzeln", und angesichts seiner herrlich sachlichen Kommentare freute ich mich schon bald darüber, endlich wieder einen "Mister Vulkanier" an Bord zu haben.
Weil ich ihn gerade indirekt erwähnte: Was viele gegen Neelix hatten, konnte ich auch noch nie so recht verstehen. Gut, ok, auf den ersten Blick mag er etwas gar an Quark erinnern, mit seiner wieseligen Art, dennoch fand ich, dass sich das in weiterer Folge schnell erledigt hatte. Interessant fand ich dabei vor allem den Kontrast zwischen seinen Wesen und seinen Taten. Auf der einen Seite wirkt er sehr gutherzig und zuvorkommend, auf der anderen benützt er die Voyager-Crew in Wahrheit aber erstmal nur dazu, um seine geliebte Kes aus den Fängen der Kazon-Ogla zu befreien. Dies bescherte ihm ein gewisses Maß an Ecken und Kanten, die in weiterer Folge zwar leider sofort abgeschliffen wurden, die Figur aber zumindest im Pilotfilm für mich durchaus bereicherten. Und auch Kes ist nicht das zarte, hilflose Fräulein in Nöten, wie es auf den ersten Blick den Anschein macht. Vielmehr offenbart sie sich als mutig, aufgeweckt, neugierig und unabhängig. Mit B'Elanna Torres hat man zudem eine weitere starke Frauenfigur mit im Gepäck. Diese besticht in erster Linie mit ihrem klingonischen Temperament. Die einzige Figur aus der Stammbesetzung, die hier noch nicht übermäßig großen Eindruck bei mir hinterließ, war Chakotay – was einfach daran lag, dass er relativ wenig Sendezeit hatte. Immerhin lässt man aber in der Szene, wo er sein eigenes Schiff zugunsten der Voyager opfert, Taten statt Worte sprechen.
Und dann ist da natürlich noch die Frau im Sessel in der Mitte. Dass mit Kathryn Janeway zum ersten Mal eine Frau die Hauptrolle in einer "Star Trek"-Serie übernimmt, sorgte damals ja für einiges an Aufsehen. Und zumindest ich konnte mich damals wie heute durchaus zu den Fans der Figur zählen. Janeway hat auf der einen Seite zu Hause einen Mann und einen Hund, die auf sie warten – wodurch man die Entscheidung, die sie am Ende treffen muss, für sie besonders schwierig macht – und ist auf der anderen Seite eine erfolgreiche Karrierefrau. Sie beweist bereits im Pilotfilm, dass sie sowohl über Zärtlichkeit und Wärme, als auch über die notwendige Härte sowie die Fähigkeit, schwere Entscheidungen zu treffen, verfügt – und offenbart sich damit als überaus kompetente Kommandantin. Sie profitiert dabei zudem einerseits von einigen großartigen Szenen, die sich auf sie konzentrieren, einer der besten Reden die je von einen "Star Trek"-Captain gehalten wurden, und wo es mir auch bei dieser Zweitsichtung wieder kalt den Rücken herunterlief, sowie eine phänomenale, ausdrucksstarke und charismatische Performance von Kate Mulgrew, die sämtliche Facetten ihrer Figur sehr überzeugend spielt – und das, obwohl sie die Rolle erst fünf Minuten nach zwölf übernommen hat (nachdem die ursprüngliche Besetzung der Figur nach zwei Tagen das Handtuch warf, bzw. herausgeschmissen wurde – je nachdem, welcher Darstellung der Ereignisse man glauben schenken will). Jedenfalls fand ich es überaus positiv, dass man sich in "Der Fürsorger" stark auf die Figuren, und auch wirklich auf alle Figuren, konzentriert hat. Noch beeindruckender ist jedoch, wie es gelingt, diesen Aspekt mit einer für sich genommen schon sehr interessanten und packenden Abenteuergeschichte zu verbinden. Das Rätsel rund um den Fürsorger vermochte mich von Anfang an zu packen, und auch dessen Auflösung fand ich wunderbar. Dass dieses interessante Mysterium letztendlich in einem schwerwiegenden moralischen Dilemma mündet, machte "Der Fürsorger" dann schließlich (fast) perfekt.
Fazit:
Spannend, abwechslungsreich, interessant, faszinierend, temporeich, spektakulär, hochdramatisch, actionreich, dabei aber dennoch mit einer angenehmen Portion Anspruch und Tiefgang ausgestattet, und schließlich in einem herrlichen moralischen Dilemma mündend… "Der Fürsorger" ist in meinen Augen ganz klar und mit Respektabstand der beste Pilotfilm, den "Star Trek" je gesehen hat. Dabei gelingt es ihm fast mühelos, eine perfekte Balance zwischen der Vorstellung der Figuren und dem Erzählen einer tollen Geschichte zu finden. Zudem besticht "Der Fürsorger" mit einer – dem beträchtlichen Budget zu verdankenden – für damalige TV-Verhältnisse extrem hohe Produktionsqualität, sowie der Tatsache, dass praktisch alle Schauspieler unverzüglich in ihre Rollen fanden, und sie vom ersten Moment an perfekt verkörpern. Dass die Figuren dabei teilweise noch etwas schlicht und eindimensional gezeichnet werden, sehe ich nicht im Geringsten als Problem – im Gegenteil, so war es wenigstens möglich, sie rasch voneinander abzugrenzen, und gelang es ihnen zumindest bei mir, einen Eindruck zu hinterlassen. Komplettiert wird der überaus positive Gesamteindruck dann schließlich vom packenden Finale, Janeways schwerwiegender Entscheidung, ihrer phantastischen Rede am Ende, sowie der tollen Musik von Jerry Goldsmith und Jay Chattaway. Man mag vom Rest der Reise der Voyager halten, was man will – aber die erste Etappe war einfach nur großartig, und zählt mit zum Besten, dass uns "Star Trek" im TV jemals beschert hat.
Wertung: 4.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
(Bilder © CBS/Paramount)
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