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Watchmen - Die Wächter Drucken E-Mail
Dreifrachreview zur Comicverfilmung Kategorie: Filme - Autor: C. Hrabcik D. Rams, C. Siegel - Datum: Sonntag, 15 März 2009
 

Watchmen - Die Wächter
(Watchmen, USA 2009)
 
Watchmen
Bewertung:
Studio/Verleih: Warner Brothers/Paramount Pictures
Regie: Zack Snyder
Produzenten: U.a. Lawrence Gordon,Lloyd Levin & Deborah Snyder
Drehbuch: David Hayter und Alex Tse, nach der Graphic Novel von Alan Moore
Musik: Tyler Bates
Kamera: Larry Fong
Schnitt: William Hoy
Genre: SF/Action/Comic/Drama
Kinostart (Deutschland): 05. März 2009
Kinostart (USA): 05. März 2009
Laufzeit: 163 Minuten
Altersfreigabe: Ab 16 Jahren
Homepage: klick
Trailer: klick
Kaufen: DVD, Blu Ray, Soundtrack, Score, Graphic Novel, Sammlerausgabe, Making of-Buch zum Film, Making of-Buch zum Comic
Mit: Malin Akerman, Billy Cudrup, Jackie Earle Haley, Jeffrey Dean Morgan, Carla Gugino, Patrick Wilson, Matt Frewer u.a.


Kurzinhalt: ImageIn den 60ern waren sie die Helden der Nation: Die Watchmen, ihrerseits die zweite Generation von maskierten Helden, die auszogen um das Böse zu bekämpfen. Doch in den 70ern wandelte sich das Blatt, die öffentliche Meinung wendete sich gegen sie, und ein Erlass zwang sie schließlich dazu, ihre Kostüme an den Nagel zu hängen. Nur Dr. Manhattan, der einzige der "Watchmen" mit Superkräften, und der Comedian, die sich bereit erklärten für die US-Regierung zu arbeiten, blieben auch weiter aktiv - wie auch Rohrschach, ein psychopathischer Detektiv, der seine Bestimmung trotz des Erlasses nicht aufgeben will und kann. Im Jahr 1985, der kalte Krieg scheint zu eskalieren, finden die Watchmen schließlich nach dem Tod eines der ihren wieder zusammen. Trotzdem scheint nur Rohrschach wirklich an den näheren Umständen dieses Todes interessiert zu sein - ist er doch überzeugt, dass jemand Jagd auf die Watchmen macht. Doch die Wahrheit geht viel tiefer, und deckt eine Verschwörung auf, deren Ziel offenbar nichts weniger ist als das Ende der Welt...

Review von Christian Hrabcik: Ich hatte einen Lieblingsfilm: "Pulp Fiction".

Es ist immer so eine Sache mit Filmen die einem Gefallen. Manche kommen aus dem Nichts und gefallen einfach. Andere enttäuschen, erfüllen die Erwartungen in keinster Weise, gefallen aber dennoch, auch wenn da immer dieses „aber“ im Raum schwebt. Manche Filme begeistern, aber wenn man darüber schläft wird einem am nächsten Tag klar, dass er vielleicht nicht ganz so genial ist. Andere gefallen einem, werden aber mit jedem wiederholten Sehen noch besser und arbeiten sich langsam aber sicher in der Favoritenliste hoch. Und manchmal hat man einfach nur Glück. Manchmal hat man unglaubliche Erwartungen, unrealistische Erwartungen die eigentlich kaum erfüllt werden können, weil man die Vorlage kennt, die Trailer kennt, die Werbespots kennt, die Featurettes und Specials und Dokus kennt, die Setphotos studiert hat, das T-Shirt so gut wie bestellt ist, man sich nicht entscheiden welches Poster man nehmen soll und man die Action Figuren schon seit einem Monat der Sammlung hinzugefügt hat. Und dann kommt der Film und erfüllt diese Erwartungen auch noch. Einfach so, als wäre es das Simpelste auf der Welt. Zum ersten Mal sitzt man im Kino, es ist egal wie voll der Saal ist, es ist egal das man in der ersten Reihe sitzt, zum ersten Mal hat man gar nichts zu sagen, kein flüchtiger Kommentar, noch so leise geflüstert, zu einem Freund. Es gibt nur die Leinwand und man kann die Augen nicht von ihr lösen. Es gibt nur den Film und dieses zufriedene Grinsen, dass einem auch am nächsten Tag noch nicht verlassen hat. So hab ich es erlebt bei der Verfilmung von Watchmen. Zum ersten Mal sogar. Vielleicht auch zum letzten Mal.

ImageUnd die Erwartungen waren wirklich unbeschreiblich groß. Immerhin geht es hier um Watchmen. Es ist schon ein kleines Phänomen wie sehr sich Comicfans, die sich sonst streiten wie "Star Trek" und "Star Wars"-Fans, hier einig sein können. Es gibt viele Filme die immer wieder genannt werden wenn es um den besten Film aller Zeiten geht. Bei Musik dürfte es doch allein wegen Beatles, Elvis und Bob Dylan zuviel Songs geben die für den Titel „der Beste“ in Frage kommen. Bei Videospielen gibt es sicherlich auch einige Kandidaten, und mit Literatur will ich gar nicht erst anfangen. Aber Comics, da ist das anders. Ein Medium, dass doch schon einige Jahre alt ist, dass alles bietet von Mainstreamaction bis zu Kunst die nicht für jeden ist. Und hier ist man sich im Endeffekt einig – "Watchmen" ist der beste Comic den es gibt. Natürlich erhalten die "V For Vendettas" und "Maus'" und "Y - The Last Mens" und "Monsters" und "20th Century Boys'" auch alle ihr verdientes Lob. Aber "Watchmen" ist der beste Comic aller Zeiten. Und es IST ein Comic. Es wurde in einzelnen Heften veröffentlicht, es ist gezeichnet von einem Comiczeichner, geschrieben von einem Comicautor und veröffentlicht von einem Comicverlag der das Comic sogar im Namen trägt. Graphic Novel ist ein Begriff für Nicht-Kenner die sich zu fein sind vom Kindermedium Comics zu reden weil sie nicht kapieren dass das Medium schon vor bald 30 Jahren mehr als Erwachsen geworden ist und Comics für Kinder heute eher die Ausnahme und garantiert nicht die Norm sind.

Denn so sehr die Leute auch immer wieder in die Kinosäle eilen wenn ein Comic verfilmt wird, so wollen sie doch nicht einsehen, dass es immer wieder Superhelden-Geschichten gibt die komplexer sind als ein "Dark Knight", dass man bei Vertigo noch nie vor Nacktheit zurückgescheut ist und dass ein paar Ausgaben von „Kinderbüchern“ wie "Teen Titans" mehr Splatter und Gore enthalten als der xte Teil der Saw Reihe. Comics sind für Erwachsene, mal dank primitiven Elementen wie Sex und Gewalt, mal dank komplexer Erzählweise. Für "Watchmen" gilt dabei gleich alles auf einmal und das nun endlich auch in Form bewegter Bilder auf der großen Leinwand. Der Film beginnt mit einer Szene die man so nie im Comic gesehen hat, die aber durchaus gefallen hat. Der Kampf zwischen dem Comedian und seinem Mörder ist hart, packend und generell der beste Kampf im Film. Auch wird hier erstmals deutlich wie gelungen doch die Musikauswahl und perfekt auf die Szenen sie abgestimmt ist, aber dazu später mehr. Während der geneigte Fan also ohnehin schon am Rande des Nerdgasms steht fängt dann die Opening Sequenz an und als die aus war hatte ich ne Zigarette danach nötig. Das war mit Abstand einer der besten Momente die ich je in einem Film gesehen habe – das sage ich aber als Fan. Vor allem hat mich hier auch begeistert die Bereitschaft die Kostüme so zu belassen wie sie sein sollen, wie sie gehören, wie sie sind. Heutzutage eine Unvorstellbarkeit bei so bunten Outfits. Ich will die Kostüme der modernen Helden hier aber nicht schlechtreden, dann in diesem Bereich tut er Film genau das was der Comic auch tut – er Arbeitet mit Stereotypen seines Genres. Während die Helden im Comic an andere Comichelden erinnern, erinnern sie hier an die Latexfetischisten aus Batman, X-Men und co. - passt doch.

ImageDie ersten paar Kapitel wurden schlichtweg perfekt auf die Leinwand übertragen. Vielmehr kann man hier nicht sagen, es stimmt nicht hier und da etwas, es stimmt einfach alles. Die Dr. Manhattan Sache (Kapitel 4, wenn ich mich richtig erinnere) ist ein besonders starker Moment, auch wenn mir grundsätzlich alle Momente mit Rorschach am liebsten sind, so hat mich hier einfach die Umsetzung beeindruckt. Spätere Kapitel halten sich vielleicht nicht ganz so eng an die Vorlage, das Gefühl von „da stimmt einfach alles“ bleibt jedoch bestehen. Mein Höhepunkt des Films sind die Gefängnisszenen. Ich vermisse einiges mit dem Psychiater und hoffe, dass zumindest das Gespräch/die Gespräche zwischen ihm und Rorschach in der Langfassung etwas ausführlicher behandelt werden, aber generell gab es nur wenig, dass ich WIRKLICH vermisst habe. Ein paar Momente für den Psychiater. Der Zeitungshändler und der Junge (die zweifellos im Director's Cut ihre verdiente Screentime erhalten werden, allein da man sonst Black Freighter nicht richtig einbringen könnte). Der Flashback von Silk Spectre 2 hätte ausführlicher sein können (hier hoffe ich auch auf mehr) und man hätte sie doch ihre Zigaretten rauchen lassen können.

Aber ich will ehrlich sein – wenn ich den Film sehe, ist mir all das irgendwie egal. Der Film ist so gut, dass ich damit leben kann. Da ärgert es einen auch nicht, dass das Ende ein anderes ist. Und für jedes fröhliche, laut gejubelte „I DID IT!“, welches einem fehlt, hat man ein paar andere Momente, die es in der Vorlage tatsächlich nicht gab, die jedoch im Kontext des Filmes nicht nur Sinn machen, sondern auch die gewünschte Wirkung auf den Zuschauer haben. All die kleinen Änderungen um aus Watchmen etwas zu machen, dass auch als Film noch funktioniert und genauso eine Wirkung entfalten kann, all die Details die man zusätzlich noch für die Fans untergebracht hat, all das macht aus Watchmen auch mehr als ein bloßes abfilmen des Comics, so dass denn überhaupt möglich gewesen wäre, sondern einfach einen verdammt guten Film. Verdammt gut waren auch die Schauspieler. Selbst eine Akerman, die in den meisten Kritiken nicht gut abschneidet hat ordentliche Arbeit geleistet, wenn man bedenkt, dass ihre Figur auch in der Vorlage primär zwischen lästig und bemitleidenswert geschwankt hat. Andere hatten da einfach mehr womit sie arbeiten konnten. Cudrup zum Beispiel der einen erstklassigen Doctor Manhattan abgibt. Aber – und das dürfte jetzt niemanden verwundern – es sind Jeffrey Dean Morgan und Jackie Earle Haley die wirklich JEDE Szene an sich reißen in der sie vorkommen. Wenn der Comedian verkündet, dass der amerikanische Traum genau das ist was man gerade sieht und Rorschach klar macht wer hier mit wem eingesperrt ist, dann kann man die Augen nicht von der Leinwand lösen. Auch wenn der Hype mangels Tod nicht der gleiche sind wird, hinter einem Ledger oder Eckhart müssen sie sich nicht verstecken und schneiden bei mir persönlich sogar fast besser ab.

ImageBesonders beeindruckend ist da vor allem Rorschachs Stimme, denn Haley schafft hier das, woran Bale so kläglich gescheitert ist – er klingt mit seiner kratzigen Stimme beeindruckend, einschüchternd, gefährlich und einzigartig, ohne dabei auch nur einmal unfreiwillig komisch zu wirken. Hier sei auch erwähnt, dass der Film, den ich mittlerweile zweimal gesehen habe (beide Male nur auf suboptimalen Plätzen, da er sonst ausverkauft war), auf Deutsch und auf Englisch, auch in der deutschen Fassung noch exzellent ist. Vielleicht nicht die beste Synchro aller Zeiten, aber man hat es geschafft Leute wie Doctor Manhattan und Rorschach ohne größeren Verlust ins Deutsche rüberzuretten. Nur der Comedian wirkt nicht mehr ganz so beeindruckend und Nixon ist nicht mehr die herrlich überzogene Karikatur die er mit teilweise in der englischen Version zu sein scheint. Und wo wir schon dabei sind auf das Gehörte einzugehen. Ich weiß gar nicht wie ich die Musik in Watchmen loben soll, ohne dass ich am Ende nicht trotzdem noch untertreibe. Seit "Kill Bill habe" ich keinen Film gesehen wo musikalisch alles so sehr gestimmt hat. Es gab nur einen Moment der mich kurz aus dem Film gerissen hat und das war "99 Luftballons", was jedoch weniger am Lied liegt, sondern mehr daran, dass es eben auf Deutsch war.

In meinen Augen hat Zack Snyder mit Watchmen das Unmögliche geschafft. Er hat einen Watchmen Film gemacht, der der Vorlage gerecht wird. Das ist eine Leistung wie ich sie sonst noch nie sehen durfte. Watchmen ist auch ein Film wie ich ihn sonst noch nie sehen durfte. Ein Film in dem, für mich, einfach alles stimmt und so nah an Perfektion wie in meinen Augen noch kein anderer Film gekommen ist und vielleicht auch nie wieder einer kommen wird. Wenn man nicht einmal richtig schlafen kann, weil man nicht aufhören kann daran zu denken und davon zu schwärmen wie unglaublich das Gesehene war, dann hat man einen guten Film erlebt. Ich weiß, dass viele, die meisten vielleicht, meine Meinung nicht teilen werden. Man wird sich beschweren über das veränderte Ende, welches für mich jedoch den Sinn der Vorlage würdig vermittelt, wenn auch vielleicht nicht ganz so erschreckend (und seltsam). Man wird sich beschweren über Zeitlupen, weil man gar nicht in Erwägung zieht, dass Snyder nicht nur großartige Actionsequenzen damit abliefert, sondern, wie auch mit den Kostümen, auf etliche Vertreter des Genres zurückgreift und damit nur tut, was auch Moore mit der Vorlage schon getan hat. Man wird sich beschweren über Doctor Manhattans Nacktheit weil es doch ach so schockierend ist, dass in der heutigen Gesellschaft ein Mann tatsächlich über einen Penis verfügt. Man beschwert sich sogar über zu wenig Action und schwache Handlung und langweilige Charaktere, weil man vielleicht zu blöd ist den Film überhaupt zu kapieren und für das zu nehmen was er ist und verflucht nochmal auch sein soll. Viele Meinungen werden sich von meiner unterscheiden, aber das heißt für mich nichts, außer dass es eben eine große Zahl an Meinungen gibt die ich nicht teile und die mir außer in ein paar wenigen Ausnahmefällen auch völlig egal sind.

Fazit: "Watchmen" ist ein Meisterwerk. Ein Filmerlebnis wie man es nur einmal, nämlich hier, zu sehen bekommt. Es ist ein Film der, für mich, auf jeder, wirklich jeder Ebene funktioniert und das so gut wie kein anderer. Für mich ist Watchmen auch nach zwei Sichtungen und nachdem ich darüber geschlafen und lange, verdammt lange darüber nachgedacht habe einfach immer noch das beste Filmerlebnis an dass ich mich zurückerinnern kann. Es ist mein "Fargo" und "Big Lebowski", mein "Die Verurteilten", mein "alle Episoden von Babylon 5 am Stück" und was den Leuten hier sonst noch alles besonders gefallen mag. In meinen subjektiven, voreingenommenen Fan-Augen ist es der beste Film den ich kenne, selbst ich unter vorgetäuschter Objektivität anderen den Vorzug geben müsste, für mich persönlich ist "Watchmen" eben der eine Film der über allen anderen steht.

Ich habe einen neuen Lieblingsfilm: "Watchmen".

Wertung:10 von 10 Punkten


Christian Hrabcik



Review von David Rams: ImageEs sind Momente, die einen Film unvergesslich machen können. Natürlich ist ein Film ein Gesamtkunstwerk und niemals im Traum sollte man ihm diesen Status entziehen. Aber was bleibt letztendlich im Gedächtnis von einem Film, den man vielleicht ein einziges Mal gesehen hat? Momente, Fragmente, Erinnerungen. Nach seiner kurzen Exposition eröffnet Zack Snyders Watchmen mit einer wundervollen Filmcollage. Es sind Erinnerungsfetzen, Bilder, Momente aus einer längst vergangenen Zeit. Selbst wenn man noch nie etwas von den Watchmen gehört, gelesen, keinen Brocken der komplexen Geschichte kennen würde, den nötigen Kitt verleiht Bob Dylans The Times They Are a-Changin’. Diese dreiminütige Sequenz sollte jeden Fan des Comics nicht nur zu Tränen rühren, sie macht jedem deutlich um was es hier geht, um was für eine Stimmung es sich handelt und letztendlich welche Emotion diese Erinnerung auslösen soll. Zack Snyder braucht keine 40 minütigen Subplot um dem Zuschauer die wichtige Rahmenhandlung des Films begreifbar zu machen, er braucht exakt 3 Minuten um diese in einem unvergessen Filmmoment zu verarbeiten. Und so eröffnen die Watchmen ihren finalen Siegeszug auf die große Leinwand.

Die zwölfteilige Comicserie, später auch in einem Gesamtband veröffentlicht, entstand zwischen 1986/1987 und stammt aus der Feder von Alan Moore und dem Zeichner Dave Gibbons. Watchmen ist der einzige Comicband der vom Magazin „Time“ in die Top 100 der wichtigsten englischsprachigen Romane seit 1923 gewählt wurde. Die Geschichte des Comics spielt in einem fiktiven Szenario in New York im Jahre 1985. Präsident Nixon wurde inzwischen zum dritten Mal wiedergewählt. Die Stimmung in der Bevölkerung ist extrem angespannt. Die Sorge eines nuklearen Angriffs auf die USA geht um. Die USA hingegen haben noch gut lachen: Nach einem katastrophalen Unfall verwandelte sich der Wissenschaftler Jon Osterman (Billy Crudup) zum blauleuchtenden, unsterblichen Wesen Dr. Manhattan. Mit seiner Hilfe gelang es den Amerikanern den Vietnam-Krieg für sich zu entscheiden. Die Geschichte des Films beginnt mit dem Tod eines maskierten Superhelden und umstrittenen Kriegsveterans The Comedian (Jeffrey Dean Morgan). Einer seiner früheren Kameraden, Rohrschach (Jackie Earle Haley), beginnt mit seinen eigenen Ermittlungen und glaubt einem Mörder, der es auf ehemalige maskierte Helden abgesehen hat, auf die Schliche gekommen zu sein. Mit Hilfe seiner ehemaligen Kollegen kommen die maskierten Helden langsam aber sicher einer Verschwörung auf die Spur, die ihre Vorstellungsgrenzen bei weitem überschreiten wird…

ImageWatchmen hat wie jede andere „Verfilmung“ mit der Dualität ihres Seins zu kämpfen. Die Gefahr liegt auf der Hand: Eine unwürdige Verfilmung wirkt sich auch zwangsläufig immer negativ auf die Vorlage aus. Vor allem auf eine, die inzwischen über 20 Jahre darauf gewartet hat, endlich verfilmt zu werden. Doch Balsam für die beunruhigte Comic-Fan-Seele: Der Film wird der Vorlage absolut gerecht. Eigentlich sogar viel mehr als das. Dadurch, dass er sich von einigen Subplots der Vorlage erleichtert, wird auf einer Seite sicherlich die Komplexität etwas reduziert, er gibt den Watchmen-Einsteigern aber auch eine wesentlich bessere Chance ein Verständnis und eine Faszination zu dieser komplexen Welt aufzubauen. Schließlich geizt Comic und Film nicht mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Charakteren und einer generationsübergreifenden Erzählung. Doch gerade in den Schlüsselmomenten des Comics zeigt sich, wie vorbildlich Snyder die Geschichte visualisiert, ihrer Erzählstruktur treu geblieben und mit minimalen Veränderungen trotzdem eine flüssige Narration im 160 Minuten starken Comic-Epos gewährleistet hat.

Die Darsteller wurden wirklich fast perfekt besetzt. Herausragend ist Jackie Earle Haley als Rorschach, der „mit und ohne Maske“ mit seiner gänsehautforcierenden Performance und Stimme begeistert. Nicht minder genial besetzt wurde Jeffrey Dean Morgan als The Comedian, dem ich wie schon im Comic noch mehr Auftritte gewünscht hätte, doch seine wenigen Szenen sind schlichtweg genial. Patrick Wilson als Dan Dreiberg bzw. sein maskiertes Alter Ego Nite Owl II ist die tragende Sympathiefigur des Films. Mit dem falschen Darsteller hätte einem diese Figur leicht auf die Nerven gehen können, doch Wilson zieht die Sympathien des Zuschauers mit seiner Ausdruckskraft, die er bereits zuvor ebenfalls an der Seite von Jackie Earle Haley in Little Children beweisen durfte, und trifft mit seiner Darstellung seine Figur absolut auf den Punkt. Dr. Manhattan hingegen wirkt mit allen (!) physiognomischen Details wie dem Comic entsprungen. Natürlich muss man differenzieren, hier sind keine oscarreifen Darstellerleistungen zu erwarten, aber das Ensemble wird dem Comic und auch dem Film zu jeder Zeit gerecht.

ImageNach 300 wuchs in mir die Sorge, dass Snyder evtl. in visuell stilisierte Eskapaden mit überhäuften Super-Zeitlupen und übertrieben-pathetischer Kameraführung und Farbgebung verfallen könnte. Doch diese Sorge bleibt ebenfalls unbegründet. Auch stilistisch hält sich Snyder sehr nahe an die Vorlage. Bis auf das strahlende Blau von Dr. Manhattan fällt die Farbpalette sehr dezent aus. Besonders die Szenen im New York der 80er spiegeln die apokalyptische Grundatmosphäre des Films wunderbar wieder. Ausstattung, Art Direction, Kostüme, visuelle Effekte und der fantastische Soundtrack wirken wie aus einem Guss. Nein, hier ist nicht alles perfekt, aber viel wichtiger: Alles ist stimmig. Dass Snyders Zeitlupen-Tick trotzdem relativ häufig eingesetzt wird, stört hier viel weniger als in 300, weil es eben nicht den Erzählfluss beeinträchtigt. In vielen Aspekten ist dies mit großen Abstand Snyders beste Regiearbeit bisher.

Watchmen ist jedoch nicht fehlerfrei. Im Vorfeld wurde bereits bekannt, dass Snyder einen Director’s Cut zum DVD und Blu-Ray-Start präsentieren wird, der ca. 190 Minuten dauern soll. Somit fielen für diese Kinofassung gute 30 Minuten der Schere zum Opfer. Eigentlich bemerkt man diese kaum, doch es fehlt eben diese unglaubliche Komplexität und Tiefe, die z.B. durch Comic-in-Comic Geschichte oder die auführlichere Betrachtung der ersten maskierten Helden-Generation erreicht wurde. Ein wenig zu kurz kommt auch die permanente Endzeitstimmung, die sich im Comic bis zum Finale immer mehr zuspitzt. Das veränderte Ende rundet den Film dagegen konsequent ab, auch wenn es den „Wahnsinn“ des Comics etwas vermissen lässt. Die Änderungen und Schwächen kann man insgesamt auch unter dem bereits angesprochenen Aspekt sehen, dass die Komplexität jeden Otto-Normalkinobesucher wohl schlichtweg erschlagen hätte. Somit tut die Fokussierung auf die „Helden“ und ihrer Geschichte dem Erzählfluss gut, auch wenn hier und da dann doch das leicht episodische Abhacken der einzelnen Kapitel deutlich wird. Doch trotz Schönheitsmängeln: Watchmen ist ein Film für Liebhaber des großen Kinos. Fans des Comics sollten hier durch die originalgetreue und respektvolle Aufbereitung einer großartigen Vorlage auf ihre Kosten kommen. Genauso wie jeder Zuschauer, der fordernder und komplexer Blockbusterunterhaltung etwas abgewinnen kann. Denn zusammen mit The Dark Knight verkörpert Watchmen jenen Typus moderner Blockbusterunterhaltung, der das Genre wirklich revolutionieren könnte. Und mehr konnte man wirklich nicht erwarten.

Fazit: Aufatmen und Staunen. Watchmen ist das Blockbusterspektakel des bisherigen Kinojahres. Zack Snyder liefert anspruchsvoll-komplexe Unterhaltung auf höchstem technischen Niveau. Watchmen verneigt sich vor dem Comic-Film-Genre und hebt es gleichzeitig auf ein höheres Level. Ganz groß!

Wertung:9 von 10 Punkten


David Rams


Vielen Dank an Movienerd.de für dieses Review!



Review von Christian Siegel: ImageIm Gegensatz zu vielen anderen, die sich "Watchmen" im Kino angesehen haben war ich noch ein völliger Neuling auf diesem Gebiet. Zwar hatte mich ein Freund vor ca. einem Jahr angefleht unbedingt den Comic vorher zu lesen, da der Film ohnehin nie so eine Komplexität und Wirkung entfalten würde können etc., trotzdem blieb ich standhaft – vor allem dank meiner Erfahrung mit dem "Herrn der Ringe". Bitte nicht falsch verstehen, die Trilogie war einfach nur großartig, aber ein bisschen habe ich mich nach dem Kinostart von "Die Gefährten" schon verflucht, kurz davor die Trilogie gelesen zu haben – ist solch eine Verfilmung doch natürlich immer spannender, wenn man die Story noch nicht kennt. Angesichts der Tatsache, wie vielgepriesen die Comics wurden habe ich mich daher bemüht, so unvorbereitet wie möglich in den Film zu gehen. Ich las nur wenig Kritiken, keine Inhaltsangaben, und selbst die Trailer hatte ich gemieden. Kurz und gut: Als ich mich am Samstag, dem 07.03.2009 um 20:30 Uhr ins Kino gesetzt habe, hatte ich keine Ahnung was mich erwarten würde – und wurde überwältigt.

Viele, welche die komplexe Geschichte vorher bereits kannten mögen sich als sie den Film sahen gedacht haben, man könne ihn nur verstehen, wenn man auch die Comics schon gelesen hat. Dem kann ich definitiv nicht zustimmen. Auch ohne jegliche Vorkenntnisse hatte ich eigentlich kein Problem, in die Handlung hineinzufinden und der Geschichte zu folgen – trotz ihrer recht hohen Komplexität. Dies gilt aber sicherlich nicht für jedermann und schon gar nicht, wenn man aufgrund der Trailer einen ziemlich typischen, auf Action ausgelegten Comicfilm à la "Fantastic Four" erwartet. Man muss schon dazu bereit sein, sich auf diesen Film einzulassen und auch ein wenig das Hirn anstrengen. Einige werden dazu wohl einfach nicht bereit sein, und andere werden den Kinosaal während der Pause mit drei großen Fragezeichen über ihren geistig minderbemittelten Köpfen verlassen und nicht mehr zurückkehren, da alles was die Komplexität von "Spongebob Schwammkopf" übersteigt ihren verkümmerten Intellekt bereits überfordert. Ich gehe allerdings davon aus, dass es bei der überwiegenden Mehrheit der Kinobesucher eher eine Frage des Wollens, denn des Könnens, sein wird.

ImageUnd in der Tat, so begeistert sich viele von "Watchmen" auch zeigen, er ist definitiv kein Film für Jedermann – ist er doch ein anspruchsvoller Kunstfilm in Blockbuster-Verpackung, der mehr mit den Genres SF & Drama gemein hat denn mit dem üblichen Comic-Actionspektakel. Dass damit – isnbesondere wenn man mit den falschen Erwartungen in den Film geht – nicht jeder etwas anfangen kann, zeigten schon allein die sehr gemischten Reaktionen auf den Film, die ich in meinen mittlerweile zwei Kinobesuchen mitverfolgen durfte. Während am Ende vereinzelt geklatscht wurde und man aus der einen oder anderen Ecke ein "Das war großartig!" vernehmen konnte, war die überwiegende Reaktion verhalten bis negativ. Wo "The Dark Knight" auf den Anfangs-Hype durch positive Mundpropaganda aufbauen konnte, werden viele "Watchmen" nach den (unqualifizierten?) Meinungen in ihrer näheren Umgebung meiden, und das Einspielergebnis wohl ziemlich schnell in den Keller rasseln - leider. Viele fanden den Film langweilig und zäh, einige meinten sogar er hätte keinen Inhalt, was ungefähr so ähnlich ist als würde man über "House of the Dead" sagen er hätte keine miesen Szenen.

Aber ok, dass nicht jeder mit dem Film was anfangen kann, verstehe ich. Dass man das Setting nicht glauben kann, sich nicht einfühlen kann, die mangelnde Action kritisiert, von der Komplexität überfordert wird oder halt einfach den aufgrund des vielen Inhalts doch eher langsamen Erzählstils bemängelt - finde ich persönlich zwar schade, wenn man damit nichts anfangen kann, ist aber nachvollziehbar. Am Schlimmsten fand ich aber die vorpubertären (wenn auch dem pubertären Alter eigentlich schon entwachsen, zumindest ihrem Aussehen nach) Jungs neben mir, die jede Gewaltszene mit "Boa, wie geil ist das denn?!?!" kommentieren mussten, ständig über Jon's Johnnie schwafelten (der generell bei einigen homophoben Leuten Reaktionen hervorruft, die ich ziemlich amüsant finde. Ich meine, sind wir uns doch mal ehrlich: Wäre Dr. Manhattan eine Frau, und die würde die ganze Zeit nackig herumlaufen und des öfteren einen Blick auf ihr Allerheiligstes gewähren, würde sich kein Schwein, egal ob Mann (no na) oder Frau – darüber aufregen. Aber kaum zeigt man einen blau leuchtenden, animierten Schwengel, ist der Teufel los), lauter völlig aus der Luft gezogene Bezüge fanden (in der Szene in der Night Owl vor seinem Kostüm steht waren sie echt der Ansicht er würde davor onanieren) und einfach vieles ach-so-witzig und komisch fanden, das nicht komisch war und auch nicht komisch gedacht war. Ach, wenn es doch nur schon Maschinen gäbe, mit denen man das GEISTIGE Alter messen und dementsprechend einen Detektor vor den Eingang zum Kinosaal platzieren könnte...

ImageDoch genug über unreife Kinobesucher geraunzt, zurück zum Film. Wie man es vom Regisseur von "300" eigentlich auch gar nicht anders erwartet hatte, ist die Optik eine der größten Stärken des Films. Zack Snyder lässt sich bei seiner Inszenierung, wie schon bei "300", stark von der Vorlage inspirieren, und übernimmt einige Bilder und Szenen fast 1:1 – nur halt mit 24 Bildern pro Sekunde statt nur einem. Optisch hat er jedenfalls das Potential, dass die Vorlage bot, voll ausgeschöpft, und präsentiert hier einen der optisch imposantesten und beeindruckendsten Filme der jüngeren Kinogeschichte. Sicherlich profitiert er dabei auch von der grandiosen Arbeit in der Graphic Novel, dennoch verleiht er den Bildern aus dem Comic durch seinen ganz eigenen, persönlichen Stil eine neue Qualität und einen Glanz, den sie durch einen anderen Regisseur nicht erhalten hätten. Mir persönlich gefällt vor allem sein inszenatorischer Stil, mit dem Einsatz von Zeitlupen in wichtigen Schlüsselmomenten (und nicht nur der Action), sehr gut. Ich mag es, längere Einstellungen zu haben und der Action auch folgen zu können, statt 5 Schnitte pro Sekunde und eine Kamera die so nah an die Protagonisten heranzoomt dass man meint die Popel in ihren Nasen zählen zu können.

Die Akkustik steht der Optik in nichts nach. Einerseits Tyler Bates Score, der wie Filmmusik aus den 80ern klingt und dessen Kompositionen teilweise an "Blade Runner" erinnern (und ja, das meine ich natürlich als Kompliment). Seine Filmmusik hält sich zwar was die Laufzeit betrifft in Grenzen, doch wenn sie eingesetzt wird, unterstützt sie die Emotionen der jeweiligen Szene perfekt. Mal melancholisch, mal mysteriös, mal beunruhigend, mal heroisch... seine Komposition ist ungemein abwechslungsreich und genau wie der Rest des Films sehr originell und eigenwillig – und daher wohl leider auch nicht für alle Ohren gleich gelungen. Über jeden Zweifel erhaben ist aber wohl Zack Snyders grandiose Musikauswahl; von Bob Dylans "The Times they are a-changing" (der eine der besten Introsequenzen der Filmgeschichten untermalt) über "All along the watchtower", "The Sound of Silence", Mozarts "Requiem", Wagners "Ritt der Walküren" und ja, sogar "99 Luftballons", jeder dieser Songs passt auf seine Art und Weise perfekt zur jeweiligen Szene. Ja selbst die beiden etwas untypischen "Unforgettable" beim Kampf gleich zu Beginn und "Hallelujah" während der Sexszene. Einige fanden es unpassend oder gar unfreiwillig komisch, aber mir hat's gefallen. Ich fand es eine wunderschöne, einerseits erotische und andererseits romantische Sexszene, die durch die musikalische Untermalung meines Erachtens aufgewertet wurde. Erst den feuerejakulierenden Archie fand ich dann amüsant – was aber ja wohl auch so beabsichtigt war.

ImageSo optisch beeindruckend die Action (und nicht nur die) in Szene gesetzt sein mag, aber dass sie sich derart in Grenzen hält, wird sicher nicht jedem gefallen. Es gibt eigentlich nur vier Actionszene die insgesamt wohl nicht mehr als 10 Minuten dauern. Dem einen oder anderen wird diese Adrenalindosis definitiv zu gering sein – da mich die Handlung aber praktisch von der ersten Minute an gepackt hat, hat es mich nicht im Geringsten gestört. Gleiches gilt fürs gemächliche Tempo, dass sich vor allem auch aufgrund der komplexen und vielschichtigen Handlung ergibt. Wie auch der Comic erlaubt sich "Watchmen" einige Umwege, in denen teils mehrere Minuten lange Kurzgeschichten erzählt werden welche zwar immer etwas mit einer bekannten Figur zu tun haben und diese (oder ihre Vergangenheit) näher beleuchten, die eigentlich im Zentrum stehende Handlung rund um den Tod des Comedian und die Verschwörung aber nur rudimentär – wenn überhaupt – betreffen. Vor allem nach dem Begräbnis des Comedian gibt es eine längere Pause, in der man sich anderen Dingen zuwendet und diesen Teil der Handlung auf die Warteschleife schiebt. Wenn sich jemand daran stört, kann ich ihm oder ihr das nicht mal Verübeln...

Was die schauspielerischen Leistungen betrifft, so wurde in den letzten Wochen zunehmend Kritik an Malin Akerman laut – was ich nach meinen beiden Sichtungen absolut nicht verstehen kann. Es mag damit zu tun haben dass ich den Film beide male in der Synchro verfolgt habe und ein Großteil der Probleme auf ihren Akzent zurückgehen, aber ich fand ihre Darstellung wirklich sehr gut. Es gibt zahlreiche subtile Momente, in denen sie perfekt zu vermitteln vermag, was in ihrer Figur gerade vorgeht, und auch die emotionaleren Szenen leistet sie meines Erachtens mit Bravour. Auch Patrick Wilson und Billy Cudrup gefielen mir sehr gut, wie mich eigentlich generell das gesamte Ensemble überzeugen konnte. Trotzdem stechen natürlich zwei Schauspieler deutlich hervor, un dass sind Jeffrey Dean Morgan und Jackie Earle Haley. Während es Ersterem gelingt, einem Arschloch doch irgendwie auch noch sympathische Züge abzuringen, trotz all seiner schrecklichen Taten, verschafft es Letzterer selbst in den zahlreichen Szenen, in denen sein Gesicht verdeckt ist, die Emotionen der Figur immer perfekt zu vermitteln. Der Einzige, dessen Leistung mich nicht gänzlich überzeugen konnte und der für mich ein bisschen blass und oberflächlich blieb, ist Matthew Goode – dies liegt aber sicherlich nicht nur an ihm, sondern vor allem auch am Drehbuch, dass ihm im Vergleich zu den anderen Watchmen doch etwas stiefmütterlich behandelt.

ImageEs ist immer schwer, die Leistung der Synchronisation zu bewerten, wenn man den Film noch nicht im O-Ton gesehen hat und auf ein paar kurze Tonschnipsel aus dem Trailer angewiesen ist, aber soweit ich das bis jetzt beurteilen kann sind sowohl die Synchronisation als auch die Übersetzung über jeden Zweifel erhaben. Bei der Auswahl der Stimmen hat man weniger auf bekannte Sprecher und Namen gesetzt, sondern – ähnlich wie schon bei "Der Herr der Ringe" – wirklich versucht die passenden Stimmen für die Figuren zu finden, was meines Erachtens glänzend gelungen ist. Auch die Leistung der Sprecher ist wirklich gut; fast können man meinen, einige wenn nicht gar alle von ihnen wären Fans der Vorlage gewesen und hätten sich daher ganz besonders bemüht, den Figuren gerecht zu werden. Neben Rohrschachs deutscher Stimme stach dabei für mich vor allem auch Peter Flechtner (bekannt als Jack aus "Lost") als Dr. Manhattan hervor, der diesem Charakter genau die richtige Mischung aus Desinteresse und Emotionslosigkeit vermittelt, ohne ihn flach und uninteressant klingen zu lassen oder gar in einen unbeteiligten Moderatormodus zu verfallen.

Was kann man zur Handlung des Films groß sagen? Ich finde sie einfach nur genial. Ich liebe SF, ich liebe Dystopien, ich liebe Was wäre wenn-Gedankenexperimente. "Watchmen" ist all das und noch viel mehr. Wie "The Dark Knight" zuvor hebt er mit seiner Komplexität, seiner Vielschichtigkeit und seinem Tiefgang das Genre der Comicfilme auf eine neue, nie geahnte Stufe, und schlägt dabei doch eine ganz andere Richtung ein: Wo "Dark Knight" so realistisch wie möglich gehalten war, geht "Watchmen" genau den entgegengesetzten weg und ist viel mehr SF- als Comicfilm, und schon allein deshalb wohl nicht für die Masse geeignet. Ich liebe die Vielschichtigkeit der Figuren, wie problemgebeutelt sie sind. Die Helden in "Watchmen" sind wahrlich nicht frei von Fehlern, ganz im Gegenteil. Niemand ist perfekt, jeder hat seine eigene kleine oder auch größere Schwäche, ein Problem mit dem er zu kämpfen hat. Die Superhelden in "Watchmen" sind keine flachen Pappfiguren, sondern echte, vielschichtige Charaktere. Im besten Falle sind sie Helden mit Fehlern, im schlechtesten Anti-Helden, wenn nicht gar selbst schon Bösewichte.

ImageRohrschach mordet, foltert und verstümmelt Verbrecher ohne Gnade. Dr. Manhattan entfernt sich aufgrund seiner Gottgleichen Fähigkeiten so weit von uns, dass man sich mit der Zeit fragen muss ob er denn überhaupt noch etwas menschliches an sich hat. Der Comedian ist ein richtiges Arschloch, und doch steckt hinter seinem Verhalten mehr als das – fast so, als würde er damit der Gesellschaft ihre grausliche, zu einem Grinsen verzerrte Fratze zeigen wollen. Das schöne daran: Man weiß eigentlich genau, dass man viele der Figuren oder zumindest ihre Taten nicht gutheißen kann, und doch ertappt man sich immer wieder dabei, sie doch irgendwie zu mögen – ja selbst den Comedian. Damit hält "Watchmen" seinen Zuschauern durchaus einen Spiegel vor, und daraus, wie man auf die eine oder andere Figur oder die eine oder andere ihrer Taten reagiert, kann man auch etwas über sich selbst lernen. Dies ist nirgends so deutlich wie gegen Ende des Films, als das Komplott und dessen Hintergründe schließlich offenbart wird. Es ist ein mutiges Ende, dass zum Nachdenken anregt, und im großen Rahmen jene Frage stellt, die wie ein Damokleschwert über die gesamte Handlung und viele kleinere Taten zwischendurch zu schweben scheint: Heiligt der Zweck wirklich die Mittel?

So gut mir dieser Twist am Ende auf intellektueller Ebene auch gefallen haben mag, insgesamt betrachtet war ich mit den letzten 30 Minuten des Films bereits nach der ersten Sichtung und noch ohne jegliche Kenntnis der Vorlage nicht ganz glücklich – ein Eindruck, der sich nachdem ich tags darauf den gesamten Comic an einem einzigen Tag verschlungen habe nur noch verstärkt hat. Und dabei meine ich noch nicht mal den fehlenden Tintenfisch – im Gegenteil, denn dieser hätte wohl in der Tat im Film nicht funktioniert. Außerdem gefällt mir das neue Komplott grundsätzlich sogar besser als jenes aus der Graphic Novel. (Achtung, Spoiler!)Nicht irgendwelche unbekannten interdimensionale Aliens stellen die große Bedrohung dar, welche die Welt eint, sondern in gewisser Weise Gott (Spoiler Ende). Nein, mein Problem mit dem Ende war einerseits, wie kalt es mich gelassen hat. Wie schon erwähnt, intellektuell konnte ich es anerkennen, doch emotional hat es mich leider nicht im Geringsten berührt. Angesichts der Geschehnisse schon eine ziemliche Enttäuschung.

ImageMein zweites großes Problem ist struktureller Natur, und der Vorlage geschuldet. Hierzu muss ich leider auch in Spoiler-Territorium vordringen, daher: Wenn ihr den Film noch nicht gelesen habt, diesen Absatz besser überspringen! (Zur Sicherheit wurde er trotzdem eingefärbt): (Achtung, Spoiler!) Die Szenen auf dem Mars, in denen Laurie Jon dazu überredet die Menschheit zu retten, sind rückwirkend betrachtet völlig sinnlos. Das Ende hätte sich - sowohl im Comic als auch im Film - genau so abgespielt, wenn er auf dem Mars geblieben wäre. Wozu war diese Offenbarung also gut, ihre Tränen, seine neu gewonnene Begeisterung für das Wunder des Lebens? Für mich war es eine der Schlüsselstellen des Films (und des Comics), die jedoch durch das Ende jeglicher Bedeutung beraubt wird. Es ist wie ein riesengroßer, minutenlanger roter Hering, völlig bedeutungslos, und ohne Auswirkungen auf die restliche Handlung. Gerade da ich die Szene so mochte und sie so wichtig fand hat mich das schon irgendwie gestört. (Spoiler Ende)

Meine Meinung zum Film nach der ersten Sichtung (also noch bevor ich die Vorlage kannte) lässt sich also mit einem Wort zusammenfassen: Überwältigend. Nun, da ich den Comic kenne, kann ich auch die Frage beurteilen, wie gut denn die Adaption gelungen ist, und grundsätzlich ist Zack Snyder auch hierfür ein gutes Zeugnis auszustellen. Viele Stellen wurden 1:1 übernommen, vieles von dem man vielleicht erwartet h ätte dass es gestrichen wird wurde bewahrt, und Dinge die zu lange abgelenkt und die Handlung zumindest im Kino zu sehr aufgehalten hätten wurden gestrichen. Trotzdem bin ich froh, den Comic erst im Anschluss an meinem Kinobesuch gelesen zu haben. Dadurch wurde der Filmerfahrung eine weitere interessante Schicht verpasst, während ich den Film sonst vielleicht nur als verminderte, abgespeckte Version des Comics empfunden hätte. Kurz gesagt: Der Film ruiniert einem die Graphic Novel nicht, denn auch mit Filmkenntnis gibt es dort noch genug zu entdecken, dass es lohnenswert macht.

ImageUmgekehrt sieht es schon problematischer aus. Jeder hat wohl seinen ganz persönlichen Moment im Comic (oder derer gar mehrere), die ihm schon immer sehr gut gefallen haben und ihm im Film nun fehlen. Und vor allem beim Ende gehen mir zwei Schlüsselstellen sehr stark ab: (Achtung, Spoiler!)Der Koitus zwischen Laurie und Dan, sowie das kurze Gespräch zwischen Dr. Manhattan und Ozzymandias, wo sich in der sonst immer so überzeugten und selbstsicheren Schale des letzteren zum ersten und einzigen Mal ein kleiner Riss bilden darf. Und so gut mir die Änderung des Endes auch gefällt, die deutlich erschütternde Variante aus dem Comic mit herumliegenden Leichen soweit das Auge reicht hätte es wohl eher geschafft mich auch emotional zu bewegen als das doch eher unblutig von statten gehende Massensterben aus dem Film (Spoiler Ende). Trotzdem, man mag sich gar nicht vorstellen, was ein anderer Regisseur mit dieser Vorlage angestellt hätte. Trotz kleinerer Änderungen hie und da, die Seele des Comics wurde bewahrt, wie auch seine Komplexität, seine Vielschichtigkeit und seine Fähigkeit, Fragen aufzuwerfen und den Leser bzw. Zuschauer lange nach dem Konsum noch zu beschäftigen. Sicherlich, es ist keine perfekte Verfilmung, trotzdem kann man Zack Snyder und seinem Team zu dieser Leistung nur gratulieren, denn mit "Watchmen" haben sie ein beeindruckendes Filmereignis geschaffen, das seinesgleichen sucht. Ganz egal, was man vom Film im Endeffekt halten mag, eines können ihm selbst seine schärfsten Kritiker nicht absprechen: Seine Einzigartigkeit...

Fazit: Die ersten zwei Stunden des Films waren absolut genial und insgesamt gesehen das Beste, was ich dieses Jahr bisher im Kino bisher gesehen habe. (ev. mit Ausnahme der letzten 15 Minuten von "Slumdog Millionaire"). Die letzte halbe Stunde konnte mich selbst ohne Kenntnis des Comics nicht mehr ganz so überzeugen, und vor allem nun da ich die Vorlage kennen hinterlässt sie teilweise doch einen leichten bitteren Nachgeschmack. Nichtsdestotrotz kann mal als Fan der Vorlage insgesamt gesehen wohl zufrieden sein, wenn man sich anschaut, wie viel vom Comic in den Film übertragen wurde. "Watchmen" ist ein einzigartiges und unvergleichliches Filmerlebnis, dass jedoch sicherlich nicht für jeden gemacht ist. Er ist kein Actionspektakel, sondern ein erstaunlich anspruchsvoller Film mit einer sehr komplexen und vielschichtigen Handlung. Ein Film, der nicht dazu einlädt, das Hirn an der Kinokasse abzugeben, sondern im Gegensatz dessen Einsatz erfordert. Vielen wird er wohl zu lang, langsam und langweilig sein, und jenen Leuten die so denken kann ich nicht einmal einen Vorwurf machen, da ich ihre Meinung, auch wenn ich sie nicht teile, durchaus verstehen und nachvollziehen kann. Doch für alle jene, die entweder die Vorlage mochten oder die eine Vorliebe für Science Fiction, Gedankenexperimente und düstere Utopien haben, ist "Watchmen" ein Pflichttermin. Die Zeichen mögen momentan darauf stehen, dass der Film es an den Kinokassen schwer haben wird – doch ich glaube fest daran, dass "Watchmen" der "Blade Runner" unserer Generation werden könnte, und ihm erst in einigen Jahren jene Anerkennung zu teil wird, die er sich in meinen Augen auch jetzt schon verdient hätte...

Wertung:10 von 10 Punkten


Christian Siegel


(Bilder © Paramount Pictures)


Tipp:Nehr Infos und ein Gewinnspiel zu "Watchmen" findet ihr in unserem Film-Special.

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Kommentare (2)
RSS Kommentare
1. 02.04.2009 15:15
 
@ Christian Siegel
Bitte dies nicht allzu persönlich zu nehmen, aber auf der einen Seite über unreife Kinobesucher zu lamentieren und dann Mozarts "Ritt der Walküren" zu schreiben... aua. Das schmerzt. :upset
 
2. 05.04.2009 23:26
 
Huch...
Habe ich wirklich Mozarts Ritt der Walküren geschrieben? *nachles* Auweia, tatsächlich. Wie peinlich. Den betreffenden Teil meines Reviews hat ich aus einem Forenbeitrag übernommen, den ich zu nachtschlafender Stunde verfasst hatte. Wollte eigentlich Mozarts Requiem & Wagners Ritt der Walküren schreiben. Irgendwie war mein Hirn da dann wohl schon weiter als meine Finger, und zu allem Überfluss habe ich die Stelle beim Korrekturlesen auch noch übersehen. 
 
Zu meiner Verteidigung sei fest gehalten, dass ich nur über unreife, nicht über ungebildete Kinobesucher lamentiert habe. Das ist ein Unterschied :D 
 
PS: Werde den Fehler nun korrigieren. Für alle, die sich fragen, worum's hier geht, ursprünglich war in meinem Review "über "All along the watchtower", "The Sound of Silence", Mozarts "Ritt der Walküren" und ja, sogar "99 Luftballons"" zu lesen. Asche über mein Haupt!
 
Christian Siegel

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