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Oliver Stone's Portrait eines missunterschätzten Politikers Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Freitag, 23 Januar 2009
 
W.
(W., USA 2008)
 
W.
Bewertung:
Studio/Verleih: Emperor Motion Pictures/Lionsgate
Regie: Oliver Stone
Produzenten: Bill Block, Paul Hanson, Eric Kopeloff uvm.
Drehbuch: Stanley Weiser
Musik: Paul Cantelon
Kamera: Phedon Papamichael
Schnitt: Joe Hutshing & Julie Monroe
Genre: Politik/Biographie
Kinostart (Deutschland): -
Kinostart (USA): 17. Oktober 2008
Laufzeit: 129 Minuten
Altersfreigabe: Ab 12 Jahren
Homepage: klick (Englisch)
Trailer: klick
Kaufen: DVD, Blu Ray
Mit: Josh Brolin, Richard Dreyfuss, Scott Glenn, James Cromwell, Elizabeth Banks, Jeffrey Wright, Toby Jones, Thandie Newton, Ellen Burstyn, Stacy Keach, Ioan Gruffudd, Colin Hanks, Bruce McGill u.a.


Kurzinhalt: George W. Bush ist das schwarze Schaf der Familie. Während Jeb schon früh an seiner Politikerkarriere arbeitet, interessiert sich "W." mehr für Alkohol, Parties und Frauen. Immer wieder muss sein Vater ihm aus der Klemme helfen oder ihm mithilfe seiner guten Verbindungen einen neuen Arbeitsplatz besorgen, da George jeden Job schon bald hinschmeißt. Letztlich beschließt George W. Bush aber, sozusagen ins Familiengeschäft einzusteigen, und ebenfalls in die Politik zu gehen. Zwar verliert er bei seinem ersten Antritt zu den Gouverneurswahlen, nachdem er aber seinem Vater bei dessen Präsidentschaftskampagne geholfen hat, verfügt er über ein besseres Verständnis der politischen Bühne, und so ist er im zweiten Versuch erfolgreich. Zuletzt sollte er sogar noch wie sein Vater zum Präsidenten der Vereinigten Staaten werden – und das Land nach einer dunklen Stunde in noch dunklere Zeiten führen...

Review: Image"W." ist ganz anders, als sich das wohl die meisten Filmfans erwartet hatten. Oliver Stone ist ja bekanntlich sehr liberal, und bei einem solch einfachen Angriffsziel wie George W. Bush hätte sich hier wohl jeder eine sehr kritische, anprangernde Auseinandersetzung mit dem (nun endlich) Ex-Präsidenten der USA erwartet. Doch Stone geht nicht diesen leichten Weg, sondern wählte für sein filmisches Portrait eine gänzlich andere Route: Statt ihn zu kritisieren, versucht er vielmehr, das Phänomen George W. Bush zu erklären: Wie kam es dazu, dass dieser nicht sonderlich intelligente, gebildete oder engagierte Mann, der eigentlich nie etwas anderes wollte als ein Baseballteam zu managen, zum mächtigsten Mann der Welt wurde? Um dieser Frage nachzugehen, widmet Oliver Stone George W. Bush's Vorgeschichte und seinem Werdegang deutlich mehr Laufzeit als seiner Präsidentschaft, die immer nur in relativ kurzen Momentaufnahmen zwischendurch beleuchtet wird, und wo man sich auf absolute Schlüsselstellen rund um den Irak-Krieg konzentriert.

Während mir Oliver Stone's Zugang eines erstaunlich ausgewogenen Portraits sehr gut gefallen hat – immerhin kennen wir alle Bush's Fehler zur Genüge, wozu also noch groß darauf herumreiten? – konnte mich diese Konzentration auf seine Vergangenheit weniger überzeugen. Die Szenen während seiner Präsidentschaft waren ganz klar die Highlights von "W.", insbesondere die einzige längere Szene des gesamten Films, nämlich die Besprechung kurz vor dem Irak-Krieg. Eben solche Momente hätte ich gerne noch mehr erlebt, zumal uns meines Erachtens wichtige, prägende Ereignisse seiner Präsidentschaft unterschlagen werden, die man, wenn man auszieht um das Phänomen Bush zu erklären, meines Erachtens einfach nicht auslassen darf. Man kann über George W. Bush sagen was man will, aber er ist schon allein aufgrund seiner politischen Erfolge (sowohl seine Wahl wie auch die Wiederwahl waren durchaus eine Überraschung) eine sehr faszinierende Persönlichkeit, die sich mehr Laufzeit verdient hätte als knapp zwei Stunden. Um diese Person näher zu beleuchten hätten es ruhig auch drei Stunden sein dürfen, mit viel mehr Szenen und Momenten seiner Präsidentschaft. So hatte ich irgendwie das Gefühl, dass gleich mehrere Puzzleteilchen fehlen, um das große Rätsel George W. Bush zu entschlüsseln.

ImageDass der Film trotz dieser Schwäche zu überzeugen und gefallen vermag, liegt zu einem großen Teil an den tollen Darstellern. Einige sehen mehr, andere weniger so aus wie jene Personen, die sie verkörpern, doch alle schaffen es, in ihren Rollen glaubwürdig zu sein. Vor allem James Brolin überzeugt dank seiner Gestik und Mimik, die an George W. Bush angelehnt ist, jedoch ohne seine typischen Ticks zu oft einzusetzen und dadurch zu viel Aufmerksamkeit des Zuschauers darauf zu lenken. Neben ihm fallen vor allem Richard Dreyfuss (der Dick Cheney hier zum verwechseln ähnlich sieht), Jeffrey Wright und Ellen Burstyn positiv auf. Einzig James Cromwell sticht etwas negativ aus dem Ensemble hervor, scheint er doch nicht einmal versucht zu haben, sich an George Bush anzulehnen; er spielt seine Rolle einfach so, wie er es für richtig hält. Nicht falsch verstehen, es ist keine schlechte Performance, aber angesichts all dieser Leistungen wo die Schauspieler möglichst versuchen hinter ihren realen Vorbildern zu verschwinden, ist es teilweise schon ein wenig störend.

Fazit: „W.“ ist nicht das populistische und verachtende Machwerk, dass sich viele von Oliver Stone wohl erwartet bzw. George W. Bush gegönnt hätten. Stattdessen ist es der Versuch, die Person begreiflich und verständlich zu machen, und das Phänomen zu erklären. Ein Anspruch, an dem Stone zwar aufgrund der zu geringen Laufzeit scheitert, doch die großartigen schauspielerischen Leistungen und einige sehr gelungene Szenen machen dies großteils wieder wett. Oliver Stone’s Inszenierung ist zudem angenehm schlicht, wodurch er nicht von den tollen Leistungen seiner Darsteller ablenkt. Trotz seiner Schwächen hat „W.“ jedenfalls genug positive Elemente und großartige Momente zu bieten, um ihn für jeden politisch interessierten Filmfan lohnenswert zu machen.

Wertung:7 von 10 Punkten


Christian Siegel
(Bilder © Planet Media)

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