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Film-Review zum vegetarischen Horrorschocker Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Sonntag, 18 Januar 2009
 
Ruinen
(The Ruins, USA 2008)
 
Ruinen
Bewertung:
Studio/Verleih: Dreamworks SKG
Regie: Carter Smith
Produzenten: U.a. Chris Bender, Stuart Cornfeld und Ben Stiller
Drehbuch: Scott B. Smith, basierend auf seinem Roman "Dickicht"
Musik: Graeme Revell
Kamera: Darius Khondji
Schnitt: Jeff Betancourt
Genre: Horror
Kinostart (Deutschland): 26. Juni 2008
Kinostart (USA): 04. April 2008
Laufzeit: 91 Minuten
Altersfreigabe: Ab 16 Jahren
Homepage: klick
Trailer: klick
Kaufen: DVD, Roman
Mit: Jonathan Tucker, Jena Malone, Laura Ramsey, Shawn Ashmore, Joe Anderson u.a.


Anmerkung: Ein Review zur DVD von "Ruinen" findet ihr hier!

Kurzinhalt: Vier junge Amerikaner machen in Mexico Urlaub, als sie von einem Deutschen angesprochen werden. Dieser schlägt ihnen vor, sich am nächsten Tag zu einem geheimen Maya-Tempel zu begeben; nicht so eine Touristenfalle, sondern eine abgelegene, weitestgehend unerforschte Ruine. Da die vier Urlauber aus den USA bisher eh nicht viel gemacht haben als neben dem Pool zu liegen und kräftig zu feiern, beschließen sie, dass ihnen ein kleiner Kulturtrip gut tun würde – und schließen sich ihm an. Und anfangs hält der Tempel alles, was er versprochen hat: Er ist beeindruckend, und keine Touristen streifen umher. Doch der Tempel birgt ein schreckliches Geheimnis, dass die fünf Besucher schließlich auf grausame Art und Weise erkennen, als sie von Mayas auf den Tempel gejagt werden: Denn dort wächst eine äußerst gefräßige und gefährliche Pflanze...

Review: ImageAuf einigen amerikanischen Internetseiten wurde "Ruinen" ja ziemlich gefeiert, und auch wenn ich nicht 100%ig in diese Begeisterungsstürme einstimmen kann... in Zeiten der fast immer gleichen Teenieslasher, die sich gegenseitig mit Blut, Brutalität und abgetrennten Körperteilen zu übertreffen hoffen, war dieser Film schon eine willkommene und gelungene Abwechslung (wobei man ehrlich sagen muss dass er der gewöhnlicheren Konkurrenz dahingehend kaum nachsteht). Er beginnt zwar wie all diese typischen Filme ("Hostel", "Touristas" etc.), doch dadurch dass die Bedrohung nicht von sadistischen Menschen, Organhändlern oder sonstigem menschlichen Abschaum kommt, sondern von einer gefährlichen, listigen und höchst gefräßigen Pflanze, verleiht "Ruinen" einen originellen Touch. Die fleischfressenden Pflanzen wurden zudem wirklich gut umgesetzt. Eine solche Handlung bzw. Bedrohung kann leicht unfreiwillig komisch wirken, doch bei "Ruinen" sind diese durchaus beängstigend und bedrohlich – gut gemacht!

Was "Ruinen" großartig gelingt, ist die langsame Steigerung des Grauens. Im Gegensatz zu anderen Filmen, wo man nach ruhigem Einstieg unvermittelt in eine schreckliche Situation geworfen wird, steigert sich der Horror hier gemächlich – aber stetig. Von Minute zu Minute wird die Situation der fünf auf der Spitze des Tempels gefangenen Touristen schlimmer, bis sowohl ihnen als auch dem Zuschauer die Aussichtslosigkeit ihrer Lage bewusst wird. Und kaum glaubt man, jetzt könne es eigentlich gar nicht mehr schlimmer kommen – wumm – wartet "Ruinen" schon mit der nächsten üblen Wendung auf. Dass sich die Pflanzen nicht wild auf ihre Opfer stürzen, sondern sich Zeit lassen, in der Gewissheit dass sie nicht entkommen können, steigert den Horror nur noch. Regisseur ... gelingt es zudem, den Film durchaus atmosphärisch umzusetzen und auch was das Gefühl der Bedrohung betrifft, die Schling(pflanz)e stetig enger zu ziehen. Mit der Zeit macht sich dann, trotz der schönen Location, auch so etwas die Klaustrophobie bemerkbar. Einen großen Anteil am Gelingen des Films haben neben den gelungenen Effekten, die eine perfekte Mischung aus echten und digitalen Effekten präsentieren, auch die Schauspieler. Zwar dürfen sie im großen und ganzen nur die typischen gesichtslosen und austauschbaren Teenieopfer spielen, trotzdem verleihen sie sowohl ihren Figuren als auch der Bedrohung durch ihre gelungene und im Bereich des Genres sicherlich überdurchschnittliche Leistung Glaubwürdigkeit. Dies gilt insbesondere für die beiden weiblichen Darstellerinnen Laura Ramsey und Jena Malone, während Jonathan Tucker doch etwas hölzern agiert.

ImageDie Brutalität muss sich zwar vor der modernen Teenieslasherkonkurrenz nicht wirklich verstecken (so werden beispielsweise jemandem die Beine amputiert), wirkt aber irgendwie natürlicher und logischer eingebaut. Zudem hatte ich hier weniger das Gefühl des reinen Selbstwecks, als dass man damit den Horror verstärken und aufzeigen wollte, in welcher grauenhaften Situation sich die fünf Touristen befinden. Daher gehen selbst die expliziteren Szenen aus meiner Sicht in Ordnung, und fallen nicht in die gleiche diskussionswürdige Kategorie wie z.B. die Folterszenen aus "Hostel". Nichtsdestotrotz werden diese Einlagen sicherlich nicht nach jedermanns Geschmack sein, und angesichts der Tatsache dass erstaunlich unblutige Szenen zu den spannendsten, gänsehauterzeugendsten und erinnerungswürdigsten erscheinen stellt sich schon die Frage, ob es nicht auch ohne diese Momente gegangen wäre (bzw. ob man diese wirklich so deutlich zeigen musste).

Womit wir auch schon bei den Schwächen wären. So ist das Verhalten der auf dem Tempel "Gefangenen" zwar größtenteils nachvollziehbar, die eine oder andere dämliche, unlogische Wendung (wie z.B. den "Du hast mit ihm geschlafen!"-Vorwurf, der völlig unmotiviert und wie aus dem nichts kam) hätte man sich aber meines Erachtens sparen sollen. Auch der Spruch "Amerikanische Touristen verschwinden nicht einfach so im Urlaub"-Sager wirklich unnötig dummdreist-naiv. Die größte Schwächen ergab sich für mich allerdings erst aus dem Bonusmaterial. Ich sehe alternative Enden ja wirklich gerne und finde es immer wieder höchst interessant zu sehen, welche andere Ansätze die Macher hatten, um dem jeweiligen Film einen gelungenen Abschluss zu verpassen. Hin und wieder kann es aber vorkommen, dass einem das alternative Ende so viel besser gefällt als jenes aus dem Film, dass es diesen noch einmal ein bisschen abwertet. Neben "Stirb Langsam 3 – Jetzt erst recht" trifft dies für mich nun leider auch auf "Ruinen" zu. Und dabei meine ich nicht mal das Ende am Friedhof, dass mir ähnlich wie der Besuch der Russen bei der Ruine zu horrortypisch war (à la "Es ist noch nicht vorbei"). Aber diesen kurzen Moment im Jeep hätte ich unheimlich gern im Film gesehen. Es wäre zwar ein weniger offenes, aber deutlich mutigeres Ende dieses originellen und einfallsreichen Horrorfilms gewesen.

Fazit: Interessanter Öko-Horror mit origineller Idee, bei der die fleischfressenden Pflanzen wirklich überzeugend umgesetzt wurden. Es gab einige atmosphärisch durchaus gelungene Szenen, und der Horror entwickelte sich angenehm langsam, dafür aber stetig. Von Minute zu Minute wurde die Situation der Jugendlichen schlimmer und auswegloser. Zwar gibt es für die eine oder andere kleinere Schwäche Abzüge, doch alles in allem war das ein gut gemachtes, abwechslungsreiches Horrorfilmchen!

Wertung:7 von 10 Punkten


Christian Siegel
(Bilder © DreamWorks)

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Kommentare (1)
RSS Kommentare
1. 27.01.2009 13:27
 
Gelungener Kriech-Horror
Danke für dein wie immer gelungenes und appetiitanregendes Review. :grin Ich hatte den Film vorher unter Billig-Horror eingestuft. Durch deine überwiegend positive Besprechung hab ich ihn mir dann aber doch angeschaut, weil gute Gruselfilme leider rar gesäht sind.  
Und, wie du es selbst so schön beschreibst, war ich positiv überrascht. 
 
Allerdings muss ich dir an 2 Stellen deines Reviews widersprechen: 
 
1) "...die eine oder andere dämliche, unlogische Wendung (wie z.B. den "Du hast mit ihm geschlafen!"-Vorwurf, der völlig unmotiviert und wie aus dem nichts kam) hätte man sich aber meines Erachtens sparen sollen. ..." 
 
Die Szene war nicht überflüssig und kam auch nicht aus dem Nichts. Ich habe es so verstanden, dass die Pflanzen, entweder in ihrem Kopf oder so wie mit dem Handy-Klingelton, Geräusche erzeugt haben, die so klangen als würden die beiden miteinander schlafen. Außerdem war die Frau verzweifelt, verletzt und spürte, wie die Pflanzen in ihr wuchern. Für mich hat ihr wütender Ausbruch das nochmal deutlich gemacht. Dass nebenbei Matthias "ökologisch abgebaut" wurde, zeigte nur nochmal die Überforderung und Hilflosigkeit, der die Gruppe gegenüber stand. Zwischen persönlichen Problemen und dem Pflanzen-Horror. 
 
2) "Auch der Spruch "Amerikanische Touristen verschwinden nicht einfach so im Urlaub"-Sager wirklich unnötig dummdreist-naiv." 
 
Lieber Christian, diese Gruppe bestand aus Leuten Anfang 20, die noch nie in so einer Situation waren und daran gewöhnt sind, dass es für alle Probleme schon eine Lösung gibt. Wenn man in einem Land aufwächst, das von Pathos und Nationalstolz nur so überquillt und in dem einem ständig eingetrichtert wird, es sei das "Land der ungegrenzten Möglichkeiten", finde ich dieses "dummdreiste" Verhalten der jungen und naiven und überforderten Touristen logisch und für deren Charakterisierung gut eingesetzt.
 
Martin Wenzel

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