Die Kreaturen in Hellboys WeltKategorie: Sonstige - Autor: Martin Wenzel - Datum: Donnerstag, 16 Oktober 2008
Zahnfeen und Gliedmaßen-Händler
„Ich mochte schon immer Filme, in denen das Monster der Star ist. Das
hat meine Sicht auf die Kunst und auf das Geschichtenerzählen
beeinflusst", sagt del Toro. Seine große Leidenschaft für Monster aller
Größen und Formen demonstriert er eindrucksvoll in „Hellboy - Die
Goldene Armee". Der Regisseur fährt fort: „Im ersten Film hatten wir
große Kreaturen. Diesmal wollte ich sehen, was passiert, wenn der erste
Angriff von kleinen Kreaturen ausgeht, die zudem recht niedlich
aussehen."
Damit waren die Zahnfeen geboren. So anmutig und zart sie aussehen,
haben diese Feen nichts gemeinsam mit ihren freundlichen Namensvettern:
Diese Wesen haben einen unstillbaren Appetit auf Kalzium, den sie
besonders gerne mit dem Verzehr von Menschenfleisch stillen. „Guillermo
hat sich selbst übertroffen bei der niedlichen Darstellung seiner
Zahnfeen - aber es sind dennoch sehr bösartige, kleine Dinger", sagt
Selma Blair.
Für die Szene im Krankenzimmer der B.U.A.P., bei der Johann die Zahnfee
wiederbelebt, entwickelte Solution Studios ein detailgenaues
Animatronic-Modell. Für den großen Angriff der aggressiven Kreaturen im
Auktionshaus kam das visual effects-Team von Mike Wassel zum Einsatz.
Dort schuf man einen Schwarm von Zahnfeen, der zunächst die Anwesenden
im Auktionshaus attackiert und sich dann auf das Team der B.U.A.P.
stürzt.
Die Crew von Wassel schuf auch die baumartige Kreatur Elemental, die
eine Größe von 20 Metern erreicht, sobald sie mit Wasser in Berührung
kommt. Ursprünglich wurden die Elemental-Samen von Elfen benutzt, um
ein Ökosystem zu schaffen. Nun verwendet Nuada die magischen Sporen als
biologische Wunderwaffe. Sobald sie mit Feuchtigkeit in Kontakt kommt,
entwickelt die Pflanze ihr rasantes Wachstum.
Ebenfalls von Solution stammt das Design der Soldaten der Goldenen
Armee, die sich auf der Leinwand vom Rohling zur voll ausgerüsteten,
fast fünf Meter hohen Kampfmaschine verwandeln. Die Goldene Armee
befand sich im Schlafzustand, seit sie von Balor weggesperrt wurde -
doch sie hat nur darauf gewartet, dass ein neuer Besitzer der Krone ihr
neue Befehle erteilt. Del Toro beauftragte seine Künstler mit einer
großen Kammer, in der Hunderte von goldenen Eiern lagern. Von Solution
wurde dieses atemberaubende Szenario zum Leben erweckt.
Prosthetische Kreaturen finden sich reichlich in der Welt von „Hellboy
- Die Goldene Armee". Zeitweise kamen über zwei Dutzend Kreaturen
gleichzeitig zum Einsatz, entsprechend gehörte die Kreaturen-Abteilung
zu den größten Teams der Produktion. Spectral Motion aus Los Angeles
war verantwortlich für 15 Figuren. Zu den weiteren Effekt-Spezialisten
gehören Solution Studios, Creature Effects und Euroart Studios aus
Großbritannien, DDT aus Spanien und Filmefex aus Ungarn.
„Das ist bei weitem der größte Film, für den ich gearbeitet habe", sagt
Mike Elizalde, der Gründer von Spectral Motion. „Es war eine
Herausforderung, aber auch sehr befriedigend, weil jede Figur einen
cleveren und relevanten Bezug zur Story hat."
Zu den Kreaturen von Spectral Motion gehört Wink, der als Handlanger
von Prinz Nuala zum brutalen Gegenspieler von Hellboy wird. Verkörpert
wird das 2,25 Meter große Biest von Schauspieler Brian Steele, der eine
Größe von 1,90 Meter hat. Das Kostüm, ein animatronisches Meisterstück,
hat ein Gewicht von 130 Pfund und war eine Maßanfertigung für Steele.
Der Schauspieler konnte sich damit als Wink bewegen, die
Gesichtsausdrücke und seine waffenähnliche Hand mit ausfahrbarer Keule
wurden per Fernbedienung von Puppenspielern kontrolliert.
„Aussehen, Qualität, Mechanik, Artikulation und die ganze
Persönlichkeit dieser prosthetischen Figuren sind ganz unglaublich. Als
wir Wink zum ersten Mal sahen, konnten wir es fast nicht glauben. Die
gesamte Crew am Drehort hörte mit der Arbeit auf und versammelte sich
um ihn, es war faszinierend", erläutert der ausführende Produzent Chris
Symes.
Stunt-Koordinator Brad Allan fasst die Bewunderung des Teams für die
Leistung von Brian Steele zusammen: „Die Anstrengungen von Brian, diese
Figur zum Gehen zu bringen, sind allein schon enorm. Aber dann hat er
damit auch noch gekämpft."
Für Maskenbildner Mike Elizalde gehörte das prosthetische, detailgenaue
Make-up von Hellboy zur täglichen Routine. Es dauerte drei Stunden, um
das gesamte Gesicht, Nacken, Arme und Torso von Ron Perlman zu
bearbeiten. „Es ist kein Vergnügen, wenn man Gummiteile an Gesicht und
Körper geklebt bekommt und damit noch vor der Kamera Gefühle ausdrücken
soll", sagt Elizalde. „Ron ist ein großartiger Schauspieler, seine
Emotionen sind selbst durch die Maske spürbar."
Del Toro ergänzt: „Manchmal muss ich bei Schauspielern zunächst auf die
Maske verzichten, damit sie das richtige Gespür für die Rolle bekommen.
Aber bei Ron ist das nie notwendig. Der Mann ist ein Meister im
Make-up."
Um Doug Jones in Abe Sapien zu verwandeln, benötigten die Maskenbildner
Thom Floutz und Simon Webber täglich fünf Stunden. Für Dougs neue
Figuren, den Angel of Death und Chamberlain, war ebenfalls ein
arbeitsintensiver Aufwand nötig.
„Für mich gehört der Angel of Death zu den imposantesten der neuen
Kreaturen", erzählt Perlman. „Er hat acht Flügel, ist fast drei Meter
groß und 40 Kilo schwer."
„Ich spiele immer Figuren unter massivem Make-up", sagt Jones.
„Manchmal ist es schwer, manchmal heiß und manchmal wird es dir
angeklebt. Bisweilen bekommt man eine mechanische Maske, unter der man
die Dialoge der anderen nicht mehr hören kann oder das Gesichtsfeld ist
so eingeschränkt, dass man nicht sieht, was man tut. Aber es gehört zu
meinem Job so zu tun, als ob ich jeden Tag so aussehen würde. Zudem ist
das Design so schön, dass es ein wahres Vergnügen ist, es lebendig
erscheinen zu lassen."
Um die Figur des Johann zu bewegen, waren mehrere Akteure notwendig,
wie Dodd erklärt. „Ich hatte zwei Animatoren, die per Fernsteuerung die
Abläufe kontrollierten. Der eine bewegt meinen Mund, der aus zwei
kleineren Elementen besteht, die sich bei jedem Wort nach oben und
unten bewegen. Der andere kontrolliert den Rauch in meiner Glaskugel
und bewegt an bestimmten Momenten jene beiden augenähnlichen
Vorrichtungen auf meiner Maske, die zur Atmung dienen. Wenn Johann
jammert oder es spannend wird, stößt er an dieser Stelle Rauch aus."
Für die verschiedenen anderen Kreaturen beauftragte del Toro zahlreiche
Künstler und überließ es den Effektspezialisten, die Entwürfe zum Leben
zu erwecken. Der Regisseur ist bekannt für seine Methode, die
individuellen Ideen allen anderen im Team zugänglich zu machen. So
entsteht ein Design-Amalgam, das aussieht, als bestünde es schon seit
Ewigkeiten.
Die Schlacht der Roboter-Armee
Der Showdown in der Kammer der Goldenen Armee gehört, direkt nach dem Auftritt des Angel of Death, zum dramatischen Höhepunkt von „Hellboy - Die Goldene Armee". An der spektakulären Choreografie dieser Szene war jede Abteilung der Produktion beteiligt.
Das Stunt-Team arbeitete für die Planung von Hellboys Schlacht gegen die computergenerierten Soldaten der Goldenen Armee eng mit der visual effects-Abteilung zusammen. Einer besonders sorgfältigen Planung bedurfte der Kampf von Hellboy mit dem Prinzen, bei dem Stunts und Spezialeffekte mit den Schauspielern Ron Perlman und Luke Goss präzise koordiniert werden mussten.
Durch das aufregende Design der Kammer der Goldenen Armee wird die Heftigkeit des Kampfes noch verstärkt. Die großen, goldenen Zahnräder werden zur Kampfarena der beiden Gegner. Die Bewegung der Zahnräder ist zugleich der Auslöser, der die Goldene Armee zum Leben erweckt.
Die Action begann mit dem Ausruf „Startet die Zahnräder" des ersten Regieassistenten Cliff Lanning. „Jeder Film hat ein unterschiedliches Spektrum von Effekten. Bei diesem Film machen die Zahnräder den großen Unterschied", sagt assistant SFX supervisor Manex Efrem, der für Konstruktion und Bewegung der Räder verantwortlich war. „Wegen dieser Zahnräder ist dieser Kampf einzigartig und ohne Vorbild. Die Räder drehen sich, einige bewegen sich vertikal, andere sind konisch verzahnt. Es wirkt wie ein Kampf-Ballett."
Die Zahnräder inspirierten auch Stunt-Koordinator Brad Allan. „Wir sahen hier eine Möglichkeit für Komödie und Spannung: Wir nahmen ein bisschen von Charlie Chaplin und ‚Moderne Zeiten' sowie etwas Jackie Chan und versahen das alles mit unserem eigenen ‚Hellboy'-Geschmack."
Den unterschiedlichen Kampfstil der beiden Gegner beschreibt Allan so: „Hellboy ist der starke Typ mit einer steinernen Faust. Der Prinz setzt auf Geschwindigkeit und sein Schwert, er ist schnell wie ein Blitz."
Wenngleich der gut trainierte Luke Goss viele der Schwert- und Speerkämpfe selbst absolvierte, engagierte Allan als Verstärkung einige chinesische Spitzenkämpfer. So wie Allen selbst gehörten auch sie schon zum Stunt-Team von Jackie Chan. Weil die Kampftechnik des Prinzen auf vielen Ausweichmanövern beruht, bauten del Toro und Allan viele Saltos in seine Bewegungen ein.
„Ich war überrascht, dass ich mit dem groß gebauten Luke Goss einen derart guten Bodenturner fand, denn diese Athleten sind gemeinhin klein und kompakt", sagt Allan. „Mit Damien Walters, einem großen, dünnen, blonden Sportler mit blauen Augen fanden wir einen weiteren Spitzensportler von Weltklasseformat. Er ist kein Stunt-Profi, aber er lieferte genau das, was wir brauchten. Seine Leistung ist so atemberaubend, dass die gesamte Crew nach jeder Szene applaudierte."
Den Umgang mit dem historischen Schwert von Bethmoora beherrscht Prinz Nuada wie kein anderer. Tatsächlich konnte er Hellboy in einem früheren Kampf damit fast besiegen, bevor es nun zur Revanche kommt. Konzeptkünstler Velasco erläutert die Zeichnungen von Pablo Angeles: „Die Idee war, dass das Schwert wie ein Teleskop funktioniert. In der kurzen Version ist es ein Schwert mit Doppelklinge, ausgefahren ist es wie ein Speer. Alle Waffen der Elfen-Herrscher sind reichhaltig verziert. Wir haben bewusst auf Kelten-Motive verzichtet und wollten lieber unsere eigenen Muster entwerfen. Am Ende entwickelte sich unser Design in die Richtung von orientalischen und islamischen Ornamenten."