Die Entstehung von "Star Trek - Der Film"Kategorie: Sonstige - Autor: Christian Siegel - Datum: Dienstag, 08 Januar 2008
Trotz Fan-Protesten folgte nach 3 Jahren und 79 Abenteuern die Absetzung von „Star Trek“ – und einige Zeit sah es so aus, als hätte sich das Thema damit auch erledigt (von einer eher auf Kinder ausgerichteten Zeichentrickserie einmal abgesehen). Doch zur Überraschung aller, setzte die Serie im amerikanischen Privatfernsehen zu einem neuen Höhenflug an. Die Popularität und die Zuschauerzahlen von „Star Trek“ stiegen laufend an, schon bald gingen Begriffe wie Beamen, Klingonen etc. in den normalen Sprachgebrauch über – und die Serie wurde in den Kultstatus erhoben. In diesem Aufwind sah Gene Roddenberry – nachdem er mit einigen anderen Serienideen gescheitert war – die Chance, die Serie zu neuem Leben zu erwecken. 1975 setzte er sich an den Schreibtisch und verfasste einen ersten Drehbuchentwurf für eine Rückkehr der Enterprise auf der Kinoleinwand. Der Startschuss für eine jahrelange Odyssee…
Der erste Versuch: „The God Thing“
Roddenberry’s erster Entwurf für einen Star Trek-Kinofilm trug den Titel „The God Thing“, und beinhaltete bereits einige Elemente, die sich dann auch im eigentlichen Kinofilm wiederfinden sollten. So war die 5-Jahres-Mission mittlerweile zu Ende, und die uns lieb gewonnen Figuren wurden allesamt befördert oder gingen nun anderen Beschäftigungen nach, wie z.B. Spock, der nach Vulkan zurückgekehrt ist, um sich endlich seiner menschlichen Seite zu entledigen. All dies kommt dem Star Trek-Fan bekannt vor, andere Elemente wie Scotty’s Alkoholproblem oder McCoy’s neue Beschäftigung als Tierarzt wurden allerdings in weiterer Folge verworfen. Im Mittelpunkt der Handlung steht ein mächtiges Wesen, dass sich auf die Erde zubewegt und holographische Propheten auf die Erde schickt, die behaupten, es sei Gott. Admiral Kirk, mit seinem Schreibtischjob unzufrieden, nutzt die Gelegenheit, um die alte Truppe wieder zusammenzurufen und sich mit der umgerüsteten Enterprise der seltsamen Entität zu stellen. Es stellt sich heraus, dass es sich um eine künstliche Intelligenz in einem riesigen, mächtigen Raumschiff handelt – das jedoch defekt ist und dadurch eine Bedrohung für die Erde darstellt. Am Ende gelingt es der Crew der Enterprise, die Entität aufzuhalten – dafür bekommen sie quasi als kleines Geschenk ein paar Jahre ihres Lebens zurück, und kehren somit am Ende des Films wieder von ihrer Fünfjahresmission zurück.
Mit „The God Thing“ wollte sich Roddenberry mit der Frage beschäftigen – was, wenn der Gott aus dem alten Testament zugleich auch der Teufel wäre? Genau das hätte man in weiterer Folge im Film herausgefunden, oder zumindest angedeutet. Es hätte sich herausgestellt, dass dieses Wesen bereits früher die Menschheit besucht hat, zuletzt vor etwas mehr als 2.000 Jahren, um das Gesetz des Universums zu predigen – wobei es nicht immer zimperlich zu Werke geht. Als sich Kirk ihr nicht beugen will, verletzt sie Sulu und Spock tödlich – nur um sich danach wieder gnädig zu zeigen und die beiden vor dem sicheren Tod zu bewahren. Danach verfallen immer mehr Besatzungsmitglieder diesem „Gott“ – der hier doch deutliche Züge des „großen Verführers“ Satan zeigt. Eine weitere sehr umstrittene Stelle war jene, als ein Vulkanier sich über diesen unreifen Gott wundert, der es nötig hat, von seinen Untergebenen alle sieben Tage angebetet zu werden. Es waren wohl Szenen wie diese – sowie die generell sehr provokante Thematik – die Paramount schließlich dazu veranlassten, das Drehbuch abzulehnen. Daraufhin bemühte sich Roddenberry, die Geschichte als Roman zu veröffentlichen. Doch nachdem er ein erstes Manuskript verfasst hatte, hielt ihn die Arbeit an anderen Projekten – allen voran „Phase II“ – davon ab, den Roman fertig zu stellen. Anfang der 90er machte sich schließlich Michael Jan Friedman daran, Roddenberry’s Entwurf zu überarbeiten und den Roman fertig zu stellen. Doch trotz mehrerer Ankündigungen und fertigen Coverbildern – auf eine Veröffentlichung von „The God Thing“ wartet man bis heute leider vergeblich…
Weitere gescheiterte Entwürfe
Während es zu „The God Thing“ mittlerweile doch einige interessante Details gibt, so ist über das von Allan Scott und Chris Bryant verfasste Drehbuch „Planet of the Titans“ nur verhältnismäßig wenig Information zu finden. Glaubt man diversen Berichten aus dem Internet, so sah die Handlung darin ungefähr so aus: Bei dem Versuch, das Föderationsraumschiff Da Vinci vor einer Katastrophe zu retten, wird Captain Kirk wahnsinnig und verschwindet. Jahre später verschlägt es die Enterprise unter dem Kommando von Captain Gregory Westlake zum Planeten der „Titanen“ – einer mächtigen Rasse aus grauer Vorzeit, die über mächtige Technologie und großes Wissen verfügt haben sollen. Doch auch die Klingonen beanspruchen den Planeten für sich – der jedoch langsam aber sicher in ein schwarzes Loch gezogen wird und so droht, sich dem Griff sowohl der Klingonen als auch der Föderation bald zu entziehen. Kirk wird auf einem nahegelegenen Planeten gefunden und schließt sich dem Kampf an, in dem man sich schließlich auch einer bisher unbekannten außerirdischen Macht stellen muss, die für das Verschwinden der Titanen verantwortlich zu sein scheint. Die Schlacht führt die Enterprise schließlich in das schwarze Loch, woraufhin das Raumschiff mitsamt Besatzung in die Vergangenheit geschleudert wird. Sie finden sich schließlich im Orbit der Erde wieder, wo sie, als sie sich herunterbeamen, den dort lebenden primitiven Menschen beibringen, Feuer zu machen – und sich so als die legendären Titanen offenbaren.
Im Gegensatz zu „The God Thing“ waren die Arbeiten an diesem Filmentwurf schon weiter vorangeschritten. Ralph McQuarrie fertigte ein paar Konzeptzeichnungen – unter anderem auch von der neuen Enterprise – an, und man begann auch bereits mit ersten Storyboardzeichnungen. Ende 1976 wurde dann jedoch auch dieses Drehbuch von Paramount abgelehnt. Neben diesen beiden Entwürfen gab es auch noch ein drittes Drehbuch für einen potentiellen 1. Star Trek-Film, und zwar von Harlan Ellison. Bis auf die recht schräg anmutende Grundidee einer Reptilienrasse, die in die Vergangenheit reist um die Geschichte so zu verändern, dass Schlangen die dominante Spezies auf der Erde werden, ist jedoch nichts weiter darüber bekannt - ja nicht einmal ein Titel. Wie auch immer… keiner der drei Entwürfe sollte die Verantwortlichen von Paramount überzeugen. Nach diesen gescheiterten Versuchen, einen Star Trek-Kinofilm zu erschaffen, richtete man schon bald das Augenmerk wieder auf den TV-Schirm: Star Trek sollte wieder ins Fernsehen zurückkehren, um die Abenteuer der zweiten 5-Jahres-Mission von Kirk & Co. zu erzählen.
„Phase II“ – Die verlorene Star Trek-Serie
Als Paramount 1977 mit den Planungen für einen eigenen Fernsehsender begannen, sahen sie in einem wiederbelebten „Star Trek“ das perfekte Flagschiff, um diesen bekannt zu machen. Schon bald begannen die Verhandlungen mit der alten Besetzung, und bis auf eine Ausnahme erklärten sich alle bereit, wieder auf die Brücke der Enterprise zurückzukehren. Lediglich Leonard Nimoy wollte für eine 2. Star Trek-Fernsehserie nicht mehr zur Verfügung stehen. Um die Lücke zu füllen, die Spocks Abwesenheit verursachen würde, wurde mit dem Vulkanier Xon eine neue Figur geschaffen, die den Platz an der Wissenschaftsstation einnehmen würde. Als weitere Neuzugänge waren Lieutnant Ilia und Commander William Decker geplant. Letzterer sollte sich als möglicher zukünftiger Captain der Enterprise profilieren, da man befürchtete, sich über kurz oder lang William Shatner’s Gage nicht mehr leisten zu können. Nachdem die Verträge mit der alten Besatzung unterschrieben waren und das Konzept sowie die Figuren soweit ausgearbeitet waren, begannen die Vorbereitungen für die eigentliche Serie. Neben Konzeptzeichnungen für Raumschiffe, Raumstationen etc. gab es auch bereits Entwürfe für das neue Innenleben der Enterprise. Die Modellbauer waren derweil damit beschäftigt, die neue, redesignte Enterprise zu bauen. Das Modell war mehr als doppelt so groß als jenes aus der 1. Serie, und sollte so deutlich hochwertigere Spezialeffekte ermöglichen.
Auch das Casting für die neuen Rollen war größtenteils abgeschlossen. Für Ilia verpflichtete man die ehemalige indische Schönheitskönigin Persis Khambatta, die allerdings bis dahin nur über geringe schauspielerische Erfahrung verfügte. Für die Rolle des neuen Vulkaniers Xon wurde David Gautreaux gecastet, ebenfalls ein eher unbekanntes Gesicht, der zuvor in einer Folge der Patrick Duffy-Serie „Der Mann von Atlantis“ zu sehen war. Lediglich für den potentiellen Kirk-Ersatz Decker, der einen jungen, charismatischen aber auch halbwegs bekannten Schauspieler erfordert hätte (eine Art neuen William Shatner), war noch niemand gefunden. Dennoch gingen die Vorbereitungen für die Serie kontinuierlich weiter. Kostüme wurden angefertigt, auch ein paar erste Testaufnahmen hatte man bereits im Kasten. Neben dem Pilotfilm „In Thy Image“ waren noch 12 weitere Episoden geschrieben – genug, um damit eine halbe Staffel zu füllen. Zwei dieser Drehbücher, „The Child“ und „Devil’s Due“, wurden Jahre später für die Serie „Das nächste Jahrhundert“ wieder aufgegriffen und – wenn auch mit leichten Änderungen – umgesetzt. Über die restlichen sind jedoch leider nur kurze Inhaltsangaben bekannt – die vermuten lassen, dass diese Rückkehr auf die TV-Schirme eine eher durchwachsene gewesen wäre. Neben sehr guten Ansätzen – wie z.B. einer Doppelfolge die sich näher mit der Politik der Klingonen auseinander gesetzt hätte – gab es auch einige weniger überzeugende Ideen… allen voran „Tomorrow and the stars“, dass sich wie ein Remake der genialen Folge „The City on the Edge of Forever“ anhört. Wie auch immer… trotz aller Vorbereitungen – und einer offiziellen Ankündigung – sollte es die „Phase II“ nie auf die TV-Schirme schaffen.
Das Ende der Phase II und der Beginn der Kinoabenteuer
Dafür verantwortlich waren zwei voneinander unabhängige Ereignisse. Zuerst ging das geplante Paramount Television Network den Bach runter, noch ehe es realisiert war. Damit war der „Phase II“ jener Sender der die Serie hätte ausstrahlen sollen, plötzlich abhanden gekommen. Dies allein hätte natürlich noch nicht unbedingt das endgültige Aus bedeuten müssen – hätten sich Paramount doch einen anderen Sender für „Star Trek – Phase II“ suchen können. Doch in einer der Planungsmeetings der neuen Star Trek-Serie wurde dem damaligen Paramount-Chef Michael Eisner der Entwurf des Pilotfilms „In Thy Image“ vorgelegt – und dieser war von der Idee begeistert. „Nach 5 Jahren haben wir nun endlich unseren Kinofilm gefunden“, soll er der verdutzten versammelten Mannschaft offenbart haben. Damit war die Entscheidung gefallen: Der lang gehegte Traum Roddenberry’s, Star Trek auf die große Leinwand zu bringen, sollte sich – wenn auch auf Kosten der Phase II – doch noch erfüllen. Einen großen Anteil an dieser Entscheidung hatten wohl auch die Erfolge von „Krieg der Sterne“ und „Unheimliche Begegnung der dritten Art“, sowie die Kosten, die bis dahin bereits in der Vorbereitung auf die Serie angefallen waren. Dadurch, dass man zumindest einiges davon, wie die Kostüme, Modelle etc., für einen Film verwendete, bestand die Hoffnung, die Kosten schnell wieder hereinzubekommen. Denn ein – erfolgreicher – Kinofilm bringt natürlich viel schneller Profit als eine TV-Serie…
Diese Entscheidung brachte jedoch auch einige gravierende Veränderungen mit sich: Leonard Nimoy machte klar, für einen Kinofilm nun doch zur Verfügung zu stehen, wodurch die Rolle des Xon obsolet wurde. Der bereits für die Rolle gecastete David Gautreaux war im Film schließlich nur in einer kleinen Cameo auf der von V’Ger verschlungenen Raumstation zu sehen. Auch hinter der Kamera gab es eine wichtige Veränderung: Da Paramount dem für die Regie des Pilotfilms verpflichteten Bob Collins die Inszenierung eine großen Kinofilms nicht zutrauten, wurde stattdessen Robert Wise engagiert, der zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Mal mit dem Regieoscar ausgezeichnet wurde (für „West Side Story“ und „A Sound of Music“). Nun galt es noch, aus dem auf einer Idee von Gene Roddenberry basierenden und von Alan Dean Foster verfassten Entwurf ein fertiges Drehbuch zu machen. Doch statt Foster direkt damit zu beauftragen (der daraufhin lange gekämpft hat, um für seine Arbeit am Drehbuch in den Credits erwähnt zu werden), wendete man sich an Harold Livingston. Das Grundgerüst der Story war zwar schon in Alan Dean Fosters Entwurf vorhanden, trotzdem wurden noch einige Änderungen vorgenommen. Wo Kirk in Fosters Fassung sehr aggressiv reagiert, geht er im fertigen Drehbuch deutlich bedachter vor. Die Entität, im Entwurf noch auf der Suche nach dem Gott N’sa (NASA), suchte schließlich etwas allgemeiner einfach nur nach seinem „Schöpfer“. Und schließlich musste auch noch ein Weg gefunden werden, Spock wieder auf die Enterprise zu bringen.
Schwierige Dreharbeiten, verhaltene Reaktionen
Am 19. Juli 1978 war das Drehbuch fertig – sollte jedoch, aufgrund immer wieder auftretender Meinungsverschiedenheiten zwischen Harold Livingston, Gene Roddenberry und den Studioverantwortlichen, bis zum Ende der Dreharbeiten immer wieder umgeschrieben werden. Die erste Klappe fiel im August 1978, im Januar 1979 waren die Hauptdreharbeiten abgeschlossen. Im Sommer 1979 wurden allerdings im Zuge der Special Effects-Arbeiten noch einige neue Szenen gedreht, wie z.B. der Angriff der Klingonen. Nachdem schon bald klar wurde, dass die ursprünglich für die Spezialeffekte beauftrage Firma mit diesem Aufwand heillos überfordert war (eine der wenigen Sequenzen, die von ihrer Arbeit übrig bliebt, war die Szene mit dem Wurmloch), beauftragte man Douglas Trumball, der bereits für die großartigen Effekte in 2001 verantwortlich war. Doch selbst für sein Team sollte sich der Premierentermin am 7. Dezember 1979 als Herausforderung herausstellen, die nur schwer zu meistern war. Der Film wurde praktisch in letzter Sekunde fertig – weshalb man auch auf Vorab-Vorführungen und damit die Gelegenheit verzichten musste, nach Kritik und Anregungen eines Preview-Publikums den Film noch einmal zu überarbeiten. Im Endeffekt nahm Robert Wise die bis dahin einzige existierende Filmkopie höchstpersönlich zur Premiere nach Washington mit.
Auch wenn der Film von Fans und Kritikern teilweise harsch verrissen und mit alternativen Titeln wie „The Motionless Picture“ bedacht wurde, spielte er mit rund 80 Millionen Dollar selbst das aufgrund der Phase II-Vorbereitungen aufgeblähte Budget locker wieder ein. Dennoch blieb das Einspielergebnis deutlich hinter „Krieg der Sterne“ und der „Unheimlichen Begegnung der dritten Art“ – und damit auch den Erwartungen von Paramount – zurück. Nichtsdestotrotz, der daraus entstandene Eindruck, der Film wäre ein Flop gewesen, hält einer genaueren Betrachtung nicht stand – gelang es bisher doch nur „Zurück in die Gegenwart“ und „Der erste Kontakt“, das Einspielergebnis von „Star Trek – Der Film“ zu übertreffen. Zusätzlich zu den Kinoeinnahmen durfte sich Paramount auch über einen lukrativen Deal mit ABC freuen, die sich die Erstausstrahlungsrechte für das Fernsehen die (für damalige Verhältnisse) stolze Summe von 15 Millionen Dollar kosten ließen. Die TV-Ausstrahlung des Films war insofern ein Novum, als diese einige charakterorientierte Szenen enthielt, die für den Kinofilm geschnitten wurden. Damit bot die TV-Ausstrahlung von „Star Trek – Der Film“ eine der ersten erweiterten Fassungen der Filmgeschichte. Auch auf DVD sollte der Film Neuland betreten. So bot man Robert Wise nicht nur an, zu seinem ursprünglichen Director’s Cut zurückzukehren und einige Veränderungen vorzunehmen – einige Szenen wieder hereinzunehmen, andere zu streichen oder zu kürzen – zudem wurden auch einige der Effekte überarbeitet.
Kleiner Wehrmutstropfen: Die „Director’s Edition“ ist leider auch die einzige auf DVD erhältliche Fassung des Films. Kultszenen wie „Spock!“ „Jim…“ „Pille…!” werden dem digitalen Star Trek-Fan – zumindest als deutsche Synchronisation – wohl für immer vorenthalten bleiben…
Ein ausführliches Review zu „Star Trek – Der Film“ findet ihr in Kürze hier auf der fictionBOX!