Mit: Eric Bana, Jennifer Connelly, Nick Nolte, Sam Elliott, Josh Lucas u.a.
Kurzinhalt:
Bruce Krenzler und Betty Ross sind zwei junge Forscher, die sich mit den Auswirkungen von Gammastrahlen auf Lebewesen beschäftigen. Eines Tages passiert eine Katastrophe: Eine Entladung des Gammastrahlers steht kurz bevor und lässt sich nicht mehr verhindern. Um seine Kollegen zu beschützen, stürzt sich Bruce vor die Maschine und fängt so die lebensgefährliche Strahlendosis ab. Sehr zur Freude, aber auch zum Erstaunen seiner Kollegen überlebt Bruce diesen Zwischenfall. Doch mit diesem Ereignis verändert sich alles: Die Gammastrahlen haben etwas freigesetzt, dass Bruce bisher tief im inneren seiner Seele verborgen hatten, und es droht, ihn zu überwältigen. Dann erscheint plötzlich sein tot geglaubter Vater an seinem Krankenbett, und behauptet, sein richtiger Name wäre Banner. Er provoziert Bruce, bis es schließlich passiert: Bruce mutiert zu einem riesigen, kraftstrotzenden und SEHR wütenden grünen Monster. Um zumindest zu versuchen, das Monster in ihm unter Kontrolle zu bringen, muss er sich seiner lange und sorgsam verdrängten Vergangenheit stellen...
Review:
Ich bin wohl der einzige Mensch auf Erden, für den Ang Lee’s „Hulk“ von allen Superhelden-Comicfilmen seit Revival des Genres im neuen Jahrtausend (durch Bryan Singers X-Men) den bisher besten Film darstellt. Gerade das, was viele gestört hat – der verhältnismäßig geringe Anteil an Action, die Handlung rund um Banners Trauma aus der Kindheit, der Superschurke tritt erst am Ende so richtig auf – fand ich sehr erfrischend und gelungen. Vielleicht liegt es daran, dass ich kein Fan der Comics bin (ich habe in meiner Kindheit/Jugend so gut wie keine Superheldencomics gelesen) und daher unvorbelasteter in den Film gehen konnte. Jedenfalls empfand ich diese ungewöhnliche thematische Ausrichtung nach all dem Superhelden-Einheitsbrei zuvor (mit dem ewig gleichen Kampf Superheld gegen Superbösewicht) als höchst willkommene Abwechslung.
Dass der Film, so gut er mir auch gefallen haben mag, ein ziemlicher Flop war, lässt sich allerdings nicht bestreiten - und wundert mich auch nicht im Geringsten. „Hulk“ ist von allen Superheldenfilmen der letzten Jahre wohl eindeutig die un-mainstream-artigste. Fans der Comics stören sich zudem – was ich durchaus nachvollziehen kann – an den vielen Änderungen, die Ang Lee vorgenommen hat; er nimmt die Comics wirklich nur als Ausgangsbasis, als Denkanreiz, und spinnt darum eine psychologisch durchaus komplexe Geschichte, die mit ihrem Anspruch innerhalb des Genres immer noch recht einzigartig ist. Dass man damit aber Hulk-Fans, die ihren Superhelden vor allem dabei erleben wollen, wie er Dinge zerstört, nicht gerade zufriedenstellt, ist auch klar. Generell muss man hier dem Verleih wieder einmal vorwerfen, dass er in den Trailern einen gänzlich anderen (nämlich deutlich actionorientierteren) Film beworben hat, als man ihn dann tatsächlich auf der Kinoleinwand sehen konnte. Insofern kann ich allen, die vom Mangel an Action enttäuscht waren, nicht einmal einen Vorwurf machen…
Doch nicht nur als Fan der Comics hat man es schwer, auch wenn man sonst keine Comicfilme mag macht es einem „Hulk“ nicht leicht, ihn zu mögen. Im Vergleich zu Spiderman und Konsorten ist die Titelfigur doch nochmal deutlich abgehobener, mit der Transformation zu einem riesigen Koloss (dem die Boxershort trotzdem selbst nach der Rückverwandlung noch wie angegossen passt), der im weiteren Verlauf der Handlung einen Kampf mit genetisch manipulierten Killerpudeln ausfechtet und wie ein grünes Riesenkänguru durch die Gegend hopst. Und genau darin liegt wohl das Grundproblem des Films: Fans stören sich an den zahlreichen Änderungen, und die andere sehen sich mit einem Film konfrontiert, der sehr ernst ist, aber wohl bestimmt nicht von jedem ernst genommen werden kann. Was bleibt, ist ein Nischenprogramm, dass einige wenige ansprechen wird – einen großen Erfolg an den Kinokassen kann man so aber natürlich nicht erzielen.
All dies ändert aber nichts an meiner Begeisterung für den Film. Die Figuren sind angenehm komplex, vor allem Banner konnte mich absolut überzeugen. Wie er sein ganzes Leben seine Emotionen unterdrückt, einerseits aufgrund seines Kindheitstraumas, und andererseits weil er wohl die ganze Zeit merkt, dass da etwas in ihm steckt, etwas böses, dass nur darauf wartet, an die Oberfläche geholt zu werden. Die klug erzählte Handlung rund um seine verkorkste Kindheit, wie man nach und nach kleine Hinweise gibt, um am Ende eine durchaus schockierende Wendung zu erzählen. Einigen mag diese sehr auf die Figuren konzentrierte und doch eher gemächliche Erzählweise zu langsam gewesen sein, ich fand es sehr interessant und selbst beim x-ten sehen noch sehr gelungen und faszinierend. Einen großen Anteil daran haben auch die tollen schauspielerischen Leistungen, wobei vor allem Eric Bana hervorsticht. Es gelingt ihm perfekt, die im Hintergrund köchelnde Emotion darzustellen und erkennbar zu machen – vor allem in seinen Augen.
Die zweite bemerkenswerte schauspielerische Leistung vollbringt Nick Nolte, der geschickt zwischen understatement und overacting hin- und herpendelt, und eine beachtliche Performance voller einprägsamer und unverwechselbarer Momente zeigt. Sam Elliott überzeugt wiederum als angenehm netter Bösewicht, dem zwar viel daran liegt die Bevölkerung und vor allem natürlich seine Tochter zu beschützen, der jedoch Banner bzw. den Hulk nicht notwendigerweise töten will – sondern einfach nur im weiteren Verlauf angesichts dessen unbändiger Kraft einfach keine andere Lösung mehr sieht. Lediglich Josh Lucas bleibt mit seiner Figur ein wenig eindimensional. Und Jennifer Connelly... sagen wir mal so, ihre Leistung ist bestimmt nicht schlecht, aber wenn es einen Schauspieler/eine Schauspielerin gibt, der man bei „Hulk“ anmerkt, dass sie den Job nur wegen des Geldes angenommen hat und lieber einer anderen Beschäftigung nachgegangen wäre, dann ist es sie. Etwas mehr Elan und Spielfreude hätten es schon sein dürfen. Dass es ihr mit einer wenig motivierten Performance dennoch gelingt, eine gute Leistung abzuliefern, spricht nur für ihre Fähigkeiten als Schauspielerin.
Eine der wesentlichen Stärken des Films ist Ang Lee’s ungewöhnliche und hochwertige Inszenierung, die meines Erachtens qualitativ deutlich über „X-Men“, „Spiderman“ und Konsorten einzustufen ist. Neben vielen interessanten Einstellungen und Bildern – wie z.B. die teils endlose Wüste, die Banners empfundene Einsamkeit und Verlorenheit unterstreicht – überzeugt vor allen Dingen die Bildersprache voller interessanter Details. So wird Banners Gesicht von Bildschirmen und Geräten oft grün angeleuchtet, und auch sonst verstecken sich teilweise viele interessante Anspielungen in den Bildern. Am Auffälligsten sind aber natürlich die an „24“ bzw. Comic-Strips erinnernden Fenster, die bestimmte Ereignisse gleichzeitig aus mehreren Perspektiven zeigen. Eine großartige Idee, die zudem auch auf sehr interessante und ansprechende Art und Weise umgesetzt wurde. Die Action mag zwar eher spärlich gesät sein, aber die entsprechenden Szenen die vorhanden sind wissen im Großen und Ganzen ebenfalls mit einer guten Inszenierung zu überzeugen. Vor allem der immer noch sehr originell wirkende Kampf zwischen dem Hulk und den Hubschraubern mitten in Arizona hat es mir angetan, und weiß mit vielen guten Bildern und Einstellungen zu gefallen.
Die Effekte wurden nach dem Release des Films teilweise sehr heftig kritisiert, ich finde jedoch, so schlecht sind sie dann auch wieder nicht. Natürlich erkennt man dem Hulk seine Computerherkunft durchaus an, und von einem Gollum, der nach so vielen Jahren wohl immer noch den unangefochtenen Klassenprimus darstellt, was digitale Figuren betrifft, ist der große Riese natürlich weit entfernt. Nichtsdestotrotz finde ich die Auflösung und die Details des Modells – wobei mir insbesondere die natürlich wirkende Bewegung der Haare gefallen konnte – mehr als nur ausreichend. Seine Mimik mag zwar zugegebenermaßen etwas eingeschränkt sein, ich denke aber, das Hauptproblem, warum er für viele so künstlich aussieht ist einfach, dass er sich aufgrund seiner grünen Farbe von jedem Hintergrund stark abhebt. Das verleiht einem halt doch schnell das Gefühl, dass dieses Bildelement dort irgendwie nicht so recht hineinpasst. Als rundum gelungen empfand ich allerdings Danny Elfman’s Soundtrack. Nachdem mich seine Komposition für Spiderman nicht wirklich überzeugen konnte, ist sein Score für den „Hulk“ durchaus abwechslungsreich und vor allem mit einem einprägsamen und originellen Hauptthema versehen, dass auf viele verschiedene Arten interpretiert wird, um die Stimmung des jeweiligen Moments perfekt zu unterstützen. Dabei kommen neben dem tradionellen Orchester auch einige Instrumente zum Einsatz, die man sonst in Soundtracks eher selten hört - was seine Komposition sehr abwechslungsreich und interessant macht.
Bei allen Worten des Lobes komme ich dann doch nicht gänzlich umhin, auch noch zwei wesentliche Kritikpunkte anzuführen. Der erste ist der sehr misslungene Kampf zwischen dem Hulk und den mutierten Hunden. Hätte man den Film auf typische Popcorn-Unterhaltung ausgerichtet und mit leichten ironischen Untertönen versehen, hätte es als humoristische Auflockerung ja noch funktionieren können – davon ausgehend, dass man es dann auch entsprechend inszeniert hätte – doch das Problem ist, Ang Lee nimmt auch diese Konfrontation tatsächlich ernst. Nichtsdestotrotz ist sie einfach nur unfreiwillig komisch und sieht teilweise leider ziemlich lächerlich aus – was zur sonst so ernsten Ausrichtung des Films einfach nicht passen will. Problem Nr. zwei ist der Showdown. Während ich das abschließende Gespräch zwischen Banner und seinem Vater genial finde – vor allem wie sich letzterer über seinen Sohn lustig macht und so versucht, endlich dessen „wahre“ Gestalt zum Vorschein zu bringen – ist die letzte Konfrontation doch sehr abgehoben und over the top. Ganz verteufeln kann ich sie deshalb nicht, da ich es sehr originell finde und es sich sehr stark vom üblichen Showdown-Geplänkel abhebt, aber richtig anfreunden kann ich mich mit dieser „Hulk kämpft gegen Strom, dann gegen Stein, dann gegen Wasser“-Szene irgendwie nicht. Und auch wenn mich der Mangel an Action sonst nicht gestört hat, aber… nachdem man fast 120 Minuten auf diese Konfrontation hingearbeitet hat, hätte sie schon noch eine Spur länger ausfallen dürfen…
Fazit:
Fans der Comicvorlage werden sich an den zahlreichen Änderungen stören, und daran, dass die Action doch etwas zu kurz kommt. Bei allen anderen kommt es wohl darauf an, ob sie einen zu einem riesigen grünen Berserker mutierenden Menschen akzeptieren können und wollen oder nicht. Denn um den Film genießen zu können, braucht es bestimmt eine gewisse Toleranzgrenze, was den Realismus in Filmen betrifft. Doch egal ob Fan oder nicht, auf jeden Fall ist es wichtig zu wissen, was einen erwartet: kein weiteres hohles Actionspektakel, sondern eine sehr eigenwillige und durchaus anspruchsvolle Superhelden-Comicverfilmung, bei der eindeutig die handelnden Personen und die Story – und nicht die Action – im Vordergrund stehen. Mir hat die Ausrichtung jedenfalls sehr gut gefallen, und gemeinsam mit den großartigen schauspielerischen Leistungen und der hochwertigen und originellen Inszenierung ist und bleibt der 1. „Hulk“-Film von allen Superheldenfilmen der letzten Jahre (bis jetzt) mein klarer Favorit…
Ich finde den zwar auch gut, aber als ich ihn vor kurzem mal wieder sah, ist mir wieder aufgefallen, dass er optisch eigentlich ziemlich alt aussieht. Er ist zwar von 2003, sieht aber eher aus, als wäre er von 1988. Die Effekte überzeugen aber, bis auf gewisse Ausnahmen.
Gibt ja einige Filme von Anfang der 2000er, die optisch inzwischen aussehen, als wären sie Ende der 80er, Anfang der 90er gedreht wurden. Darunter können neben Hulk unter anderem gezählt werden:
Hmm... also an die 80er hätte ich jetzt mal eher nicht gedacht. Die hatte ich eher düster und mit verhalteneren/realistischen Farben in Erinnerung und nicht so knallbunt. Das zeichnete in meinen AUgen eher die 90er aus. So gesehen könnte man ihn als späten 90er-Film bezeichnen . Gestehe aber: Um dies genauer beurteilen zu können, müsste ich ihn mir noch einmal ansehen.
Nein, "Hulk" sieht in meinen Augen eher wie ein Mitte 90er-Film aus, aber da er ein früher 0er-Film war, könnte man ihn halt als "späten 90er-Film" (nicht Film aus den späten 90ern, sondern verspäteter 90er-Film; so war das gemeint) bezeichnen. Und ja, Matrix war seiner Zeit was den Inszenierungsstil und die Optik betrifft voraus, und fühlt sich eher wie ein 0er-Film an .