Kurzinhalt:
1929: Eine Expedition nach Südamerika, die Indiana Jones gemeinsam mit seinem guten Freund und Kollegen Swanson unternimmt, geht gründlich schief: Genau während ihrer Expedition bricht der nahegelegene Vulkan aus. Dank der schnellen und selbstlosen Reaktion seines Freundes kommt Indy zwar mit dem Schrecken davon, Swanson bezahlt dafür allerdings mit seinem Leben. Kurz vor seinem Tod überreicht er Indy einen wunderschönen goldenen Anhänger in der Form einer gefiederten Schlange, der den Maya-Gott Quetzalcoatl darstellen soll. Er bittet ihn, diesen an seine Tochter auszuhändigen. Drei Jahre später ist es Indiana Jones endlich gelungen, Joana Swanson ausfindig zu machen. Doch am Abend bevor er ihr den Anhänger übergeben will, wird er von einer Gruppe Indios überfallen. Die Angriffe häufen sich, und spätestens als auch Joana angegriffen wird, wird klar, dass die Indios vor nichts zurückschrecken, um den Anhänger in ihre Gewalt zu bringen. Gemeinsam mit Joana reist Indy nach Kuba, um bei einem bekannten Archäologen nach Hinweisen zu suchen, weshalb es die Indios auf den Anhänger abgesehen haben. Doch Dr. Norten verfolgt eigene, finstere Pläne…
Review:
Dass Lizenzromane ihren Ursprung in einem anderen Land als Amerika haben, ist ja doch eher ungewöhnlich. Tatsächlich ist es im Falle von "Indiana Jones" aber nicht nur so, dass Wolfgang Hohlbein exklusiv für den deutschen Markt insgesamt acht Bücher rund um die Abenteuer des Archäologen geschrieben hat (und damit mehr als jeder seiner amerikanischen Kollegen), tatsächlich waren seine ersten beiden Abenteuer sogar die ersten nicht auf ein Drehbuch basierenden "Indiana Jones"-Romane weltweit. Aus meiner Sicht sind sie zugleich die einzigen, die es aus Fan-Sicht wert sind, wie ein Archäologe auf der Jagd nach einem uralten verschollenen Schatz nach ihnen zu suchen. "Indiana Jones und die gefiederte Schlange" erweist sich diesbezüglich auch gleich mal als grandioser Einstieg (an den Hohlbein dann selbst bei den weiteren Büchern nicht immer anknüpfen konnte). Das beginnt schon beim von Oliviero Berni gestalteten Cover, welches ich für das schönste aller "Indiana Jones"-Romane halte. Ein Motiv, dass sich auch super als Filmplakat gemacht hätte, und die Stimmung eines typischen Indy-Abenteuers perfekt einfängt. Letzteres gilt erfreulicherweise dann auch für den Inhalt. Max McCoy gelang es zwar immerhin schon eine Spur besser als Rob MacGregor und Martin Caidin, das typische Feeling der Indy-Filme einzufangen, Wolfgang Hohlbein legt diesbezüglich aber noch einmal deutlich eins drauf. Von der ersten Seite an fühlt man sich in einem weiteren, bisher unbekannten Abenteuer von "Indiana Jones", dass sich vor den Filmen nicht zu verstecken braucht. Aber auch Indy selbst ist sehr gut und stimmig getroffen.
Was ebenfalls (positiv) hervorsticht, ist das Abenteuer an sich. Hohlbein gelingt es mit dem Anhängen, der ein Abbild des Maya-Gottes Quetzalcoatl zeigt, sich einerseits in der Tradition der Filme zu bewegen (in denen eben auch immer Artefakte mit übernatürlichen Qualitäten im Mittelpunkt standen), zugleich aber keine reine, einfallslose Kopie abzuliefern. Gerade auch der Wechsel von der in der Trilogie (von "Tempel des Todes" abgesehenen) dominierenden christlichen Mythologie hin zur südamerikanischen Kultur sorgt für eine nette Abwechslung, und bringt frischen Wind hinein. Zugleich achtet Hohlbein jedoch auch darauf, es im Hinblick auf die übernatürlichen Elemente nicht zu übertreiben. Dies war ja ein Punkt, der mich an so manchem Werk seiner US-Kollegen doch enorm gestört hat. Hier hingegen passt es überwiegend. Neben dem ersten Auftritt der feurig-gefiederten Schlange im Kamin des Hauses von Dr. Horten hatte es mir diesbezüglich dann insbesondere noch der Showdown angetan. Umso mehr, als dort dann auch im Hinblick darauf, dass den Bösewicht sein Schicksal durch seine eigenen Taten (und die Entfesselung der von ihm angestrebten Macht) ereilt, die Tradition der Filme gewahrt wird. Nur einen Punkt sehe ich kritisch: Im Hinblick auf den alten Indio, sowie Anita, dichtet er nicht einfach nur einem mächtigen, antiken Artefakt, sondern Personen aus Fleisch und Blut übernatürliche Fähigkeiten an. Zwar war es hier nicht ganz so ausgeprägt wie bei manchen Romanen seiner US-Kollegen, dennoch wäre mir lieber gewesen, wenn Hohlbein darauf verzichtet hätte. Wenn ich schon bei der Kritik bin: Ich persönlich hätte eine andere Kapiteleinteilung vorgezogen. Bei Hohlbein verteilen sich diese rein auf die Schauplätze, was bedeutet, dass im extremsten Fall auch mal rund hundert Seiten in einem Aufwasch präsentiert werden. Etwas mehr Unterbrechungen zwischendurch, um Pausieren und das Buch weglegen zu können, wären wünschenswert gewesen. Und auch der Klappentext, bei dem sich derart viele Fehler eingeschlichen haben, dass man glauben könnte, der Verfasser hätte das Buch nicht gelesen, ist zu erwähnen (auch wenn Hohlbein dafür natürlich nichts kann).
Davon abgesehen war ich von "Indiana Jones und die gefiederte Schlange" aber überaus angetan. Neben dem sicherlich größten Pluspunkt, dass es Hohlbein hier fantastisch gelingt, die Stimmung der Filme einzufangen, stach auch die Action hervor. Diese ist wohldosiert, packend (und bildlich) beschrieben, abwechslungsreich, und ergab sich für mich immer natürlich aus der Handlung heraus, statt irgendwie aufgesetzt zu wirken. Da und dort übertreibt Hohlbein zwar ein wenig, wenn es darum geht, Indys "Leid" in diesen Momenten zu schildern (wie z.B. bei den aufgeschnittenen, blutenden Händen bei der Szene im Fahrstuhl; dass es Indy trotzdem gelingen soll, noch minutenlang weiterzuklettern, soll mir Hohlbein mal vorhüpfen), davon abgesehen fand ich die Actioneinlagen aber sehr gelungen. Auch im Hinblick auf das Erzähltempo sticht der Roman positiv hervor. Hohlbein findet die richtige Mischung aus Exposition und Vorwärtsbewegung, sowie aus Dialog und Action. Einzig den Figuren hätte er sich vielleicht noch etwas ausführlicher widmen können; selbst bei Indy bleibt er diesbezüglich doch ein bisschen oberflächlich. Demgegenüber sah ich es positiv, dass Indy hier zwar eine weibliche Begleiterin erhält, sich daraus jedoch (in erster Linie, da es sich um die gerade einmal achtzehnjährige Tochter seines Freundes handelt) keine Romanze entwickelt. Ich fand es durchaus erfrischend, mal ein Indy-Abenteuer ohne Romanze zu erleben. Im Großen und Ganzen fand ich auch Joana als seine Begleiterin durchaus gelungen. Ihre beleidigt-trotzige Reaktion, als Indy sie zurückweist, konnte ich ihr aufgrund ihres Alters und der damit einhergehenden Unreife durchaus verzeihen; nur ihren Eifersuchtsanfall, als sie Indy unter Anitas Bett entdeckt, hätte man sich dann doch sparen können. Wie ich diese Einlage generell recht überflüssig fand; das hatte mehr von einem Bauerntheater und/oder einer Verwechslungskomödie, und der eine Moment, wo ich mich jetzt nicht unbedingt in einem Indy-Abenteuer wähnte. Als letzter Kritikpunkt seien dann auch noch Hohlbeins mangelnde Pokerkenntnisse erwähnt. Ich weiß, zu der Zeit gabs noch kein Internet, wo man sich in Sekundenschnelle hätte schlaumachen können. Als Kenner zieht es einem aber halt einerseits bei den ständigen Erhöhungen von Jose (obwohl Indy nur mitgegangen ist), vor allem aber wenn eine Straße ein Full House schlägt, alles zusammen.
Fazit:
Nachdem mich die Arbeiten seiner drei amerikanischen Kollegen ja leider wenig bis gar nicht überzeugen konnten, ruhten nun all meine Hoffnungen auf Wolfgang Hohlbein. Und zumindest mal bei einem ersten Roman meistert er diese Aufgabe mit Bravour. Schon allein der geniale Einstieg mit dem tragischen Ende der Expedition von Indy und seinem guten Freund Swanson übertrifft was Spannung, Atmosphäre und Indy-Feeling betrifft locker alles, was in den Romanen seiner drei Autorenkollegen zu lesen war. Aber auch danach bleibt "Indiana Jones und die gefiederte Schlange" durchgehend unterhaltsam. Dafür sorgt neben dem hohen Erzähltempo (bei dem er jedoch zugegebenermaßen das Innenleben der Figuren etwas vernachlässigt) vor allem auch der spannende und wendungsreiche Plot, die Wahl des im Mittelpunkt stehenden Artefakts (sowie die Mythologie dahinter), sowie die gute Mischung aus Action und Inhalt. In erster Linie begeistert "Indiana Jones und die gefiederte Schlange" aber damit, wie es Hohlbein hier gelingt, die Atmosphäre der Filme einzufangen, ohne jedoch eine einfallslose Kopie von diesen abzuliefern. Kleinere Schwächen verhindern zwar eine (noch) höhere Wertung, sollten aber keinen Indy-Fan davon abhalten, sich zusammen mit ihm in dieses Abenteuer zu stürzen.
Bewertung:
4/5 Punkten
Christian Siegel
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