Kurzinhalt:
1930: Als in Europa seltsame Fluggeräte gesichtet werden, die wie fliegende Untertassen aussehen, und ein deutsches Flugzeug zur Notlandung im Ozean zwingen, wird der britische Geheimdienst hellhörig: Was bzw. wer steckt hinter den Angriffen? Handelt es sich etwa gar um Wesen von einer anderen Welt? Um eben diese Fragen zu beantworten, stellt Indiana Jones ein Team aus Freunden und Kollegen zusammen, welche das Rätsel der im Himmel lauernden "Hyänen" lüften sollen. Ihre Nachforschungen führen sie quer über die ganze Welt – und auch in die Lüfte, wo es dann schließlich auch zum Showdown mit den unbekannten Angreifern kommt…
Review:
Nach sechs "Indiana Jones"-Abenteuern von Rob MacGregor (bzw. sieben, wenn man seine Adaption von "Der letzte Kreuzzug" mitzählt) übergab dieser die Schreibfeder an seinen Nachfolger Martin Caidin. Dieser macht sehr früh deutlich, dass er hier nicht sein eigenes Süppchen kocht, sondern seine Werke in der gleichen Kontinuität wie die MacGregor-Erzählungen angesiedelt sind. So gibt es nicht nur Referenzen auf Ereignisse und Figuren aus dessen Romanen – nicht zuletzt Indys verstorbene Ehefrau Deidre – mit Jack Shannon tritt zudem Indys dort etablierter bester Freund auf. Eben dies sehe ich doch eher zwiespältig. Zwar finde ich es grundsätzlich wichtig, richtig und gut, Respekt vor dem (bzw. denen) zu zeigen, was (bzw. die) vor einem kam. Angesichts der Tatsache, dass ich mit MacGregors Geschichten weitestgehend nicht viel anfangen konnte, und sie daher als Vorgeschichte zu den Filmen doch eher ausblende, hätte ich hier allerdings eben doch nichts dagegen gehabt, wenn sich Caidin von MacGregors Romanen gelöst hätte. Ich finde, da ja auch die Kontinuität der "Indiana Jones"-Filme recht lose war – von einzelnen wiederkehrenden Figuren wie Marcus Brody, Sallah und Marion Ravenwood abgesehen – hätte man eine entsprechende Zäsur in diesem konkreten Fall durchaus argumentieren können. Letztendlich war das aber weder etwas, dass "Hyänen des Himmels" sonderlich auf- noch abgewertet hätte. Die Probleme von Caidins wenig überzeugendem Erstling – der somit leider auch qualitativ an MacGregor (und da noch dazu an dessen schwächere Werke) anknüpft – liegen nämlich ganz woanders.
Eines der größten ist dabei sicherlich, dass sich "Indiana Jones und die Hyänen des Himmels" nie wirklich wie ein "Indiana Jones"-Abenteuer anfühlt. Mir drängte sich sehr früh der Verdacht auf, dass Caidin eine solche Geschichte schon lange im Kopf herumspukte, jedoch kein Verlag angebissen hat, und er nun, als er mit der Fortführung der literarischen "Indiana Jones"-Romane beauftragt wurde, die perfekte Gelegenheit dafür sah, sie endlich zu verwirklichen. Leider aber hat die Story überhaupt nichts mit den Kernthemen der "Indiana Jones"-Reihe – Archäologie und mystische Artefakte – zu tun. Man stellt sich auch von Anfang an die Frage, warum der britische Geheimdienst just Indy mit dieser Mission beauftragen sollte. Wie sich diese stark im Bereich der Spionage angesiedelte Story generell stellenweise mehr wie ein Bond-Abenteuer anfühlt. Anfänglich mag der potentielle übernatürliche Aspekt diesem Vergleich im Weg stehen, wenn sich dann aber mal aufklärt, was es mit den UFOs auf sich hat – und wir vor allem auch von den Plänen dieser geheimen Organisation erfahren – fühlt man sich doch an so manches 007-Abenteuer erinnert. Doch nicht nur die Story will nicht so recht zu "Indiana Jones" passen, die Hauptfigur war vor allem auch für mich stellenweise nicht wiederzuerkennen. Was den Indy aus den Filmen so auszeichnet, sind seine Schläue, sein Wagemut und sein Geschick, mit denen es ihm immer wieder gelingt, sich aus verschiedensten brenzligen Situationen zu befreien. Was er jedoch nicht ist, ist jemand, der ausgeklügelte Pläne schmiedet, die er dann über Tage oder gar Wochen umsetzt. Wie heißt es so schön in "Jäger des verlorenen Schatzes": "I'm making this up as I go." Martin Caidin offenbart hier ein derartiges mangelndes Verständnis seiner Hauptfigur, dass man sich mit der Zeit ernstlich zu fragen beginnt, ob er die Filme überhaupt je gesehen, oder nur MacGregors Romane (die sich ebenfalls nicht unbedingt mit einer sonderlich treffenden Charakterisierung von Indy – oder zumindest des Indys aus den Filmen – auszeichneten) kennt.
Generell wird mir Indiana Jones hier viel zu sehr wie ein unfehlbarer Superheld dargestellt. Was die Indy-Filme ja unter anderem so auszeichnet, ist dass die Figur selbst extrem bodenständig und menschlich ist, und es uns damit leicht fällt, sich mit ihr zu identifizieren. Mehr noch: Mit ihm als realistischen Anker fällt es auch leichter, die zum Ende hin dann üblicherweise zu Tage tretenden übernatürlichen Elemente zu akzeptieren. Doch nicht nur, dass Indy in "Hyänen des Himmels" Pläne schmiedet, und allen anderen Figuren immer mehrere Schritte voraus zu sein scheint, er wirkt auch unfehlbar und unkaputtbar. (Auch) Das will nicht nur nicht zur Darstellung aus den Filmen passen, es raubt der Geschichte auch enorm an Spannung. In dieser Hinsicht rächt es zweifellos auch, dass die Bedrohung durch die Geheimorganisation viel zu lange viel zu vage bleibt, als dass man wüsste, was genau auf dem Spiel steht, und dementsprechend mit Indy und seinem Team mitfiebern würde. Es hilft auch nicht, dass sich Caidin, damit Indy auf uns so clever wie möglich wirkt, eines extrem billigen Tricks bedient: Denn dieser hat sowohl den anderen Figuren als auch uns gegenüber immer einen Informationsvorsprung. Sprich, war hätten eigentlich von vornherein gar nicht die Möglichkeit, die gleichen Rückschlüsse zu ziehen, da wir nicht das wissen, was Indy weiß. Auch dies ist im Übrigen ein wesentlicher Unterschied im Vergleich zu den Filmen, wo wir die Geschichte immer mit Indy als unseren Stellvertreter erkundeten, und neue Informationen zusammen mit ihm erfahren haben. Nicht zuletzt weil er hier fast ständig mehr weiß als wir – aber auch, da andere Figuren hier ebenfalls einen wichtigen Stellenwert einnehmen und Indy in seinem eigenen Abenteuer stellenweise zur Randnotiz verkommt – geht auch dieser wesentliche Aspekt aus den Filmen völlig flöten.
Der mangelnde Fokus auf Indiana Jones macht sich umso kritischer bemerkbar, als es Martin Caidin trotz der ausführlichen Betrachtung der Personen um ihn herum nie gelang, mich eine Bindung zu diesen aufbauen zu lassen, so dass ich mit ihren mitgefiebert und bei der einen oder anderen tragischen Wendung am Ende auch mit ihnen mitgefühlt und/oder getrauert hätte. Eben dies lässt die betreffenden Passagen wie leere Meter (bzw. Seiten) wirken. Am schlimmsten ist aber zweifellos, dass sich Martin Caidin hier für die Geschichte viel zu viel Zeit nimmt, es die längste Zeit an Action und/oder Spannung vermissen lässt, und vor allem die Story in elendslangen, nicht enden wollenden Dialogen ertränkt. "Hyänen des Himmels" bietet viel zu viel Worte, und zu wenig Taten. Es passiert zu wenig, und bis überhaupt mal etwas passiert, vergeht viel zu viel Zeit. In Folge dessen habe ich mich durch ihn stellenweise leider förmlich durchgequält. Ein sich anfänglich aufdrängender Kritikpunkt – das mit den UFOs, die (ebenfalls) nicht so recht zu Indiana Jones passen wollen (siehe auch "Königreich des Kristallschädels") – wird dann jedoch im Verlauf der Geschichte revidiert. Dass sich die Bedrohung letztendlich eben noch nicht als außerirdisch, sondern überaus weltlich herausstellt, gehört für mich zu den (zu) wenigen rettend-positiven Eigenschaften des Romans (und für alle, denen die hier geschilderte Technologie für die Zeit in der sie spielt nicht plausibel erscheint, bietet Caidin in seinem – wenn auch stellenweise etwas besserwisserisch wirkendem – Nachwort eine detaillierte Betrachtung seiner Inspirationsquellen). Vor allem aber muss ich "Hyänen des Himmels" zugestehen, zum Ende hin zumindest eine Spur unterhaltsamer zu werden. Während des Showdowns gibt es zumindest teilweise spannende oder zumindest interessante Momente; zudem hat man dank Caidins sehr bildhafter Sprache einen guten Eindruck davon, was genau passiert, und kann die entsprechenden Szenen quasi im eigenen Kopf abspielen lassen. Wobei das Gespür für die packende Action, die Caidin hier dann unter Beweis stellt, den vorhergehenden Mangel an eben dieser fast noch bedauerlicher macht.
Fazit:
Eines der Hauptprobleme von Caidins erstem Ausflug in die Welt von Indiana Jones ist, dass es sich eben nicht wie die Welt von Indiana Jones anfühlt. "Die Hyänen des Himmels" ist eher ein Spionageroman im Stile eines James Bond denn ein Indy-Abenteuer. Caidin erzählt eine Geschichte voller Intrigen, Verschwörungen und teils abstrusen Wendungen, in der Indy völlig fehl am Platz wirken würde – wäre er denn wiederzuerkennen. Denn statt des von uns geliebten Lehrers und Hobby-Archäologen, der immer wieder in brenzlige Situationen gerät, aus der er sich dann mit einer Kombination aus Geschick und Glück befreit, agiert der Dr. Jones hier wie ein strahlender, souveräner und Pläne schmiedender Superagent. Damit fehlt das die Filme u.a. so auszeichnende Konzept eines gewöhnlichen Mannes, der sich in außergewöhnlichen Situationen wiederfindet. Allerdings: Es ist so bezeichnend wie verheerend, dass dies noch nicht einmal das größte Problem des Romans ist. Denn was "Indiana Jones und die Hyänen des Himmels" mehr als alles andere das Genick bricht, ist Caidins Erzählstil. Nicht nur, dass er sich viel zu viele Seiten nimmt, um die Geschichte zu erzählen, und die Story sich daher stellenweise im Schneckentempo fortbewegt. Es wird hier auch viel zu viel – und zu lang – gequasselt, und zu wenig getan. Die elendslangen Dialoge wurden mit der Zeit echt ermüdend, und stellten meine Geduld als Leser wiederholt – und erheblich – auf die Probe. Immerhin steigert sich der Unterhaltungswert dann zum Ende hin aufgrund des durchaus gefälligen Showdowns dann ein bisschen. Zudem gefiel mir, dass Caidin hier statt einer übernatürliche vielmehr eine weltliche Erklärung für die mysteriösen Phänomene wählt. Letztendlich waren diese beiden positiven Aspekte aber deutlich zu wenig, um den Roman (für mich) noch retten zu können.
Christian Siegel
Bewertung:
1/5 Punkten
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