Wenn zwei sich streiten... |
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Kolumne über das Ende des Autorenstreiks
Kategorie:
Kolumnen -
Autor: Sebastian Wiese - Datum:
Dienstag, 26 Februar 2008
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Vor einigen Tagen ist der Streik der Drehbuchautoren in den USA zu Ende gegangen. Zeit um Bilanz zu ziehen. Es stellt sich nun natürlich vor allem die Frage: Wer ist als Sieger aus dem Arbeitskampf hervorgegangen und wer steht als Verlierer da? Auf den ersten Blick scheint sich diese Frage recht einfach beantworten zu lassen. Nach anfänglichen Weigern hat sich die Vereinigung der Film- und Fernsehproduzenten (AMPTP) nun doch dazu bereit erklärt, den Autoren zukünftig mehr zu bezahlen und sie vor allem auch an den Einkünften aus den neuen Medien besser zu beteiligen. Also haben die Mitglieder der Gewerkschaft WGA (Writers Guild of America) scheinbar bekommen, was sie wollten. Wenn man jedoch genauer hinsieht, stellt man fest, dass die Erhöhung der Tantiemen auf DVD-Verkäufe und andere Vertriebswege, insbesondere den neuen über das Internet, nicht besonders üppig ausgefallen ist, oder dass der Vertrag so einige Einschränkungen beinhaltet. Beispielsweise dürfen die Sender Serienepisoden weiterhin einige Wochen lang im Internet als Stream zur Verfügung stellen, ohne dass die Autoren dafür Geld erhalten. Letztlich wird wohl gar nicht so viel mehr in den Brieftaschen der Autoren landen. Manch einer hatte sich da sicher mehr erhofft.
Für die Studios und TV-Sender hingegen hatte der Streik bislang gar keine solch gravierenden negativen Folgen, wie mancher vielleicht denkt. Zwar werden sie die ein oder anderen Werbegelder oder andere Einnahmen verloren haben, aber dafür waren auch die Kosten in dieser Zeit geringer. Außerdem haben sie den Streik teilweise dazu genutzt, um sich von einigen teuren, längerfristigen Verträgen zu trennen. Manche Sender hatten zwar mehr (beispielsweise ABC) mit dem mangelnden Nachschub an frischer TV-Ware zu kämpfen als andere (z.B. FOX), in ernsthafte Schwierigkeiten ist aber keiner geraten. Wobei die Durststrecke natürlich auch noch nicht überwunden ist. Einige Formate werden zwar schon recht schnell wieder mit neuem Material auf den Bildschirmen erscheinen, bei manchen wird es aber noch länger dauern, teilweise wird es erst im Herbst soweit sein.
Bei den Streikparteien findet man also weder strahlende Sieger, noch große Verlierer. Die Leidtragenden des Streiks sind woanders zu suchen. Zunächst wären da die Zuschauer, insbesondere die Fans von Serien. Die mussten einige Zeit auf neue Ausstrahlungen ihrer Lieblingsserien verzichten und stattdessen mit Wiederholungen oder qualitativ bescheidenem Ersatz vorlieb nehmen. Auch wenn der Streik nun vorbei ist, so werden doch einigen Serien ein ordentliches Staffelfinale versagt bleiben, Handlungsstränge werden nicht wie ursprünglich geplant erzählt werden können und manch eine Serie wird nach dem Streik überhaupt nicht mehr zurückkehren. All dies ist für die Fans wenig erfreulich und auch den Macher so mancher Serie wird es Leid tun, dass er sein Projekt nicht seinen Vorstellungen entsprechend umsetzen konnte. Man muss aber auch anmerken, dass offenbar keineswegs alle Zuschauer ein Problem damit hatten, dass sie auf fiktionale Sendungen verzichten mussten. Viele schalteten auch bei den stattdessen ausgestrahlten Reality-TV-Formaten, Gameshows oder ähnlichen Sendungen ein, die ohne Drehbücher auskommen. Nicht zuletzt wegen diesem Zuschauerverhalten waren die TV-Sender weniger stark betroffen, als es sich die Autoren für eine starke Verhandlungsposition wohl gewünscht haben.
Aber die negativen Auswirkungen für die Fans sind nicht weiter tragisch, wenn man sich die wahren Verlierer des Streiks anschaut. Es sind die vielen Menschen die bei TV- oder Filmproduktion eher unscheinbare, aber trotzdem unverzichtbare Aufgaben übernehmen. Es sind die Bühnenbauer, Köche, Fahrer und viele andere mehr, die alle für den reibungsloses Ablauf der Dreharbeiten unverzichtbar sind und so ihren Lebensunterhalt verdienen. Viele von ihnen wurden während des Streiks arbeitslos und sie haben oft nicht die finanziellen Mittel eine mehrmonatige Zeit ohne das übliche Einkommen so einfach wegzustecken. Hier hat der Streik viele Existenzen an den Rand des Abgrunds gebracht, oder sogar darüber hinaus. Durch Dominoeffekte betrifft der Streik dann sogar Firmen und Personen, die gar nicht unmittelbar am Film- und Fernseh-Business beteiligt sind. Da viele Leute aus der Film- und Fernsehbranche während des Streiks weniger oder sogar nichts verdienten, ist in den betroffenen Regionen weniger Geld im Umlauf. In Städten wie Los Angeles, New York oder Vancouver, in denen viele Produktionen gedreht werden, wird der wirtschaftliche Schaden durch den Streik auf mehrere Milliarden US-Dollar geschätzt und einen großen Teil davon tragen kleine Unternehmer und Arbeitnehmer.
Die Motive der Autoren für den Streik waren durchaus verständlich und aufgrund der anfangs unnachgiebigen Haltung der Produzentenvereinigung war ein Arbeitskampf wohl unausweichlich. Die beiden Streikparteien sind letztlich relativ unbeschadet aus der Auseinandersetzung hervorgegangen, die schwerste Last mussten, wie so oft, die kleinen Rädchen im Getriebe tragen.
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