Mit:George Clooney, Tom Wilkinson, Tilda Swinton, Sydney Pollack, Michael O'Keefe u.a.
Kurzinhalt:
Michael Clayton ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Kenner, Bach, & Ledeen's, wo er als "Fixer" bekannt ist: Wenn immer ein Problem auftritt, ist er zu stellen um sich dessen anzunehmen und es aus der Welt zu schaffen. Nun wird er zu einem neuen Auftrag gerufen: Sein Kollege und guter Freund Arthur Edens ist scheinbar völlig durchgedreht, legte er doch während eines Verhandlungsgespräches einen Striptease hin. Arthur ist manisch depressiv, und hat vor dem Termin seine Tabletten abgesetzt. Clayton soll die Situation bereinigen und U_North, eine der größten Klienten der Kanzlei, beruhigen. Damit ihm dies gelingt, muss er Arthur unter Kontrolle bekommen. Doch dieser flieht aus dem Hotel und hält sich weiterhin verdeckt. Telefongespräche deuten an, dass er die Seite gewechselt haben und nun die Kläger mit brisantem Material über U_North versorgen will. Verzweifelt versucht Michael, seinen guten Freund zur Vernunft zu bringen. Derweil muss eine leitende Angestellte von U_North entscheiden, was bezüglich Arthur unternommen werden soll. Denn ein Bekanntwerden des Skandals würde das Unternehmen in eine tiefe Krise stürzen. Als schließlich auch Michael Clayton hinter das Geheimnis kommt, muss er eine schwere Entscheidung treffen: Lässt sich der von großen Schulden geplagte Anwalt bestechen, oder folgt er seinem Gewissen?
Review:
Trotz Oscarnominierung bin ich an "Michael Clayton" mit überschaubaren Erwartungen herangetreten – und wurde positiv überrascht. Die ersten 30 Minuten sind zwar – vom gelungenen Einstieg mal abgesehen – noch etwas arm an Handlung und Spannung, werden aber dennoch nie langweilig. Zudem ist der Anfang mit einigen guten Momenten gespickt, wie z.B. die Gespräche zwischen Michael und Arthur, wie Michael Clayton versucht, die Vertreter von U_North einzulullen, oder auch jene Szene, als Arthur sich mit Michaels Sohn unterhält und dieser ihm von seinem neuen Lieblingsbuch erzählt (welches übrigens nur eine Requisite ist – schade! Das Buch klang nämlich wirklich interessant). Doch spätestens als wir mehr über das Geheimnis erfahren und die Bedeutung dahinter erkennen, steigen Spannung und Dramatik fast kontinuierlich an. Wirklich nervenzerreißende Spannung erreicht „Michael Clayton“ zwar nie, er ist und bleibt also eine her ruhiger Thriller, doch dank der sehr realistischen Handlung fand ich ihn um einigen mitreißend als andere Thriller der letzten Jahre. Zwischendurch gibt es auch immer wieder eher ruhige Charakterszenen, welche jedoch keine Lückenfüller sind, sondern dem Zweck dienen die Figuren facettenreicher zu gestalten – was vor allem bei Michael Clayton wirklich gut gelingt.
Die Chemie zwischen George Clooney und Tom Wilkinson weiß ab der ersten Minute zu überzeugen. Das gleiche gilt für ihre schauspielerischen Leistungen. Sunnyboy George Clooney überrascht mit einer bedrückenden Performance, in der er einen vom Leben enttäuschten und von seinem Beruf verbitterten Anwalt mimt, dem bis zum Ende den ganzen Film über kaum ein Lächeln über die Lippen kommt. Auch Wilkinson spielt seine durchaus herausfordernde Rolle souverän, vermittelt er doch genau die richtige Mischung aus Verzweiflung, Wahnsinn, Hochmut und Hoffnung. Aufgrund seiner Instabilität wechselt die Gefühlsregung von ... von apathisch bis hin zu impulsiv und energiegeladen – eine Gratwanderung, die Wilkinson mit Bravour gelingt. Auch Tilda Swintons Leistung muss positiv hervorgehoben werden. Sie spielt eine moralisch extrem fragwürdige Figur, die jedoch sehr wohl über ein Gewissen verfügt, welches sich mit ihrem Interesse, die Firma zu schützen, nicht vereinbaren lässt. Nach außen hin zufrieden und cool, lässt sie zwischendurch auch immer wieder Unsicherheit, Selbstzweifel bis hin zu richtiger Abscheu vor sich selbst durchblicken. Dass all diese drei schauspielerischen Leistungen mit einer Oscarnominierung bedacht wurden, ist also absolut angemessen und hochverdient.
Tony Gilroys Inszenierung ist sehr stilvoll und erinnert mit seiner ruhigen Hand und seinem Gespür für die richtige Länge einer Szene an Clint Eastwood. Wo andere Regisseure durch die Handlung hetzen, lässt Gilroy dem von ihm selbst verfassten Drehbuch ausreichend Zeit, um sich zu entfalten, ohne dabei auch nur eine Sekunde Film zu verschwenden. Zudem tappt er auch nicht in die Falle, berührende Szenen zu übertrieben zu inszenieren und dadurch an Wirkung zu verlieren – ganz im Gegenteil. Gänzlich unspektakulär und ohne auf Teufel komm raus die gewünschte Gefühlsregung beim Zuschauer erzwingen zu wollen, vertraut er auch bei emotionalen Szenen auf die Wirkung der Geschichte, der Bilder und der Musik, was die entsprechenden Momente nur noch wirkungsvoller macht. Auch James Newton Howard trägt mit seiner wieder einmal sehr stilvollen und gelungenen – wenn auch für ihn mittlerweile schon fast etwas zu typischen – Inszenierung zum Gelingen des Films bei. Neben den großartigen Schauspielerischen Leistungen ist der wahre Star von „Michael Cayton“ allerdings das Drehbuch, dass eine sehr realistische und ehrliche Geschichte erzählt. Vor allem im späteren Verlauf des Films ist "Michael Clayton" mit einigen Wendungen gespickt, die unter die Haut gehen. Auf eben diese werde ich im Rest des Reviews nun etwas genauer eingehen, wer den Film noch nicht gesehen hat und dies möglichst unvorbereitet tun will, sollte daher lieber erst beim Fazit weiterlesen.
Eine der schockierendsten Wendungen des Films ist ohne jeden Zweifel der kaltblütige Mord an Arthur, der von Karen beauftragt wird. Ich bin nun wahrlich kein Kostverächter, wenn es um Horrorfilme geht, aber es ist schon lange her, dass mich eine Szene so nachhaltig geängstigt hat. Die Leichtigkeit, mit der diese Profikiller Arthur ausschalten, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen... mir lief es dabei wirklich kalt den Rücken herunter, und an diesem Abend habe ich bevor ich zu Bett ging gleich 3x kontrolliert, ob das Schloss auch zugesperrt ist. Nachdem schließlich auch Michael über das Geheimnis stolpert, wird die Spannung gegenüber der moralischen Frage etwas in den Hintergrund gedrängt, was jedoch dem Unterhaltungswert keinen Abbruch tut. Großartig dann wieder das Ende: Es ist schon lange her, dass ich einen Filmbösewicht so verabscheut und ihm (bzw. in diesem Fall ihr) eine Niederlage so sehr gegönnt habe wie hier. Als Michael Karen schließlich austrickst und sie sich dessen bewusst wird, war ich kurz davor, aufzuspringen, in bester Hiro-Manier die Arme in die Luft zu reißen und „Ja!“ zu brüllen. Selten bot der Sieg über einen Schurken mehr Genugtuung als hier – vor allem da ich es Clayton durchaus zugetraut hätte, das Geld anzunehmen.
Bei all meiner Begeisterung sollen jedoch auch die paar Kritikpunkte die ich vorzubringen habe – auch wenn diese im Vergleich zu den gelungenen Aspekten verblassen und eigentlich kaum der Rede wert sind, da sie der Qualität des Films keinen Abbruch tun – nicht verschwiegen werden. Nach dem äußerst professionell durchgeführten Mord an Arthur wirkt der Mordversuch an Michael Clayton vergleichsweise schlampig. Bei Arthur bemüht man sich extra so, keine Spuren zu hinterlassen und es ja wie einen Selbstmord aussehen zu lassen, doch anstatt bei Clayton einen Unfall zu inszenieren, steckt man ihm eine Bombe ins Auto? Wie überaus subtil. Irgendwie will das zu diesen Killern, die den Mord davor so professionell und wohl durchdacht durchgezogen haben, nicht wirklich passen. Dadurch, dass man dank des Einstieges schon weiß, dass Michael überlebt, hält sich die Spannung beim Mordversuch sehr in Grenzen. Sicher war dieser Beginn ein netter Kniff und recht gelungen, doch das Attentat wäre um einiges spannender gewesen, wenn man mit Clayton hätte mitfiebern können. Last but not least: Dass sich der Bösewicht am Ende des Films selbst verrät, hat man mittlerweile in so vielen Filmen gesehen, dass es aufgrund der Klischeehaftigkeit und Einfallslosigkeit schon einen fahlen Beigeschmack hinterlässt. Da ich jedoch, wie oben schon erwähnt, Karen diese Niederlage wirklich gegönnt habe, will ich ausnahmsweise mal Gnade vor Recht ergehen lassen und wohlwollend darüber hinwegsehen…
Fazit:
"Michael Clayton" ist ein großartiger Justizthriller, bei dem sich Spannung und Anspruch die Klinke in die Hand drücken. Einerseits ein fieser, erstaunlich realistischer Thriller über die illegalen Machenschaften eines mächtigen Konzerns, andererseits ein Schaustück über die Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben und über moralische Grenzen - und inwieweit wir dazu bereit sind, für unseren Job und/oder Geld diese zu überschreiten. Neben dem wunderbaren Drehbuch überzeugen vor allem die grandiosen schauspielerischen Leistungen von George Clooney, Tilda Swinton und Tom Wilkinson, sowie die stilvolle Inszenierung und der passende Soundtrack. Komplettiert wird der positive Gesamteindruck durch einige Wendungen, die wirklich unter die Haut gehen, sowie dem großartigen Ende. Ein empfehlenswerter Justizthriller, der sich vor Genregrößen wie z.B. "Die Firma" nicht zu verstecken braucht.
Wertung:
9 von 10 Punkten
Christian Siegel
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