Mit: Keanu Reeves, Winona Ryder, Woody Harrelson Robert Downey Jr., Benicio Del Toro, Rory Cochrane u.a.
Kurzinhalt:
In nicht allzu ferner Zukunft verbreitet sich eine neue Droge wie ein Lauffeuer unter der Bevölkerung: Substanz T (wie Tod). Um der Droge Herr zu werden, agieren zahlreiche Vermittler verdeckt in der Szene. Zu diesen zählt auch Fred, der ein Doppelleben führt: Einerseits als Bob Actor, der mit seinen Freunden in einem Haus herumhängt und sich einer Droge nach der anderen hingibt, andererseits als Drogenermittler, der sich und seine Freunde überwacht und nach Hinweisen sucht, die ihn zu einem größeren Drogendealer führen könnten. Doch ehe er es sich versieht, wird Fred selbst Substanz T süchtig. Zunehmend gerät er in einen Strudel aus Verwirrung und Paranoia, und verliert zunehmend den Bezug zur Realität - und sich selbst...
Review
Auf kaum einen Film habe ich so lange gewartet, wie auf "A Scanner Darkly": Bereits Ende 2004 wurde ich auf diese Philip K. Dick-Verfilmung aufmerksam, und freute mich schon sehr darauf, ihn im Kino zu sehen. Nun, im Endeffekt hat es zwar leider nicht für die große Leinwand gereicht, aber wenigstens erschien der Film in diesem Jahr endlich auf DVD. Entgegen meiner Prinzipien (und trotz meiner Skepsis bezüglich der Optik) wagte ich diesmal sogar einen Blindkauf - und wurde dann leider doch eher enttäuscht. "A Scanner Darkly" war und ist eine sehr ungewöhnliche Filmerfahrung für mich. Selbst eine Woche nachdem ich den Film gesehen hatte wusste ich noch nicht so recht, was ich von ihm halten soll - und daran hat sich eigentlich bis heute nichts geändert. Zwar gibt es einige positive Elemente, aber leider auch vieles, dass weniger gelungen war.
Was mich positiv überrascht hat war die Optik: Diese war für mich vorab der Hauptgrund dafür, dass ich eher skeptisch an den Film herangegangen bin, hat sich jedoch im Endeffekt als dessen größte Stärke erwiesen. Zugegeben, der sehr eigenwillige optische Zeichentrickstil wird sicher nicht jedem liegen, und auch ich stelle mir die Frage ob es wirklich notwendig war, den kompletten Film so zu gestalten - und ob man dieses Stilmittel nicht besser ein wenig sporadischer verwendet hätte (z.B. nur während Szenen im Drogenrausch). Andererseits wird "A Scanner Darkly" erst bzw. nur durch diese außergewöhnliche Optik zu einem faszinierenden Film: Es gibt zahlreiche interessante Bilder und originelle Ideen, die sich ohne dieses Verfahren so wohl nicht hätten umsetzen lassen. Jedenfalls verleiht dieser optisch ausgefallene Ansatz "A Scanner Darkly" jenen Reiz des Besonderen, den der Film andernorts leider vermissen lässt.
Zwar wissen auch abseits der Optik einige originelle Einfälle und Ideen zu gefallen, wie die Jedermann-Anzüge oder auch die Hintergründe von Substanz T, doch die Handlung an sich ist leider wenig gelungen. Man hangelt sich von einer Drogenszene zur nächsten, ohne Spannung, ohne Tempo, ohne Dramaturgie, und ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, was das ganze eigentlich soll und wohin man sich hinbewegt - oder ob man sich denn überhaupt bewegt. Eine weitere große Schwäche sind die pseudo-tatantinoartigen Drogendialoge, die nicht - wie es wohl beabsichtigt war - witzig sind, sondern einfach nur öde. Den Protagonisten bei ihrer ewigen Lamentei zuzuhören ist ungefähr so, als wenn man sich vollkommen nüchtern in eine Gruppe besoffener Leute mischt - für die mag zwar alles unheimlich komisch sein und auf irgend eine abgedrehte Art und Weise auch Sinn ergeben, aber als nichtalkoholisierter Zuhörer kann man meist nur den Kopf schütteln. Auch hier war es mir meist unmöglich, den seltsamen Gedankengängen zu folgen, und so hockte ich schon ziemlich bald ziemlich gelangweilt vor dem Fernseher.
Leider schafft es Linklater auch nicht, dem Zuschauer die Figuren wirklich nahe zu bringen. Zu abgefahren sind die Charaktere bzw. die eigene Drogenwelt, die sie für sich erschaffen haben, als dass man sich mit ihnen identifizieren könnte. Dass macht das Schneckentempo in dem sich der Film fortbewegt gleich noch deutlich spürbarer. Es tut sich halt einfach die meiste Zeit über nichts, man mangelt sich von einem drögen Drogendialog zum nächsten, anstatt die Handlung konsequent weiterzuentwickeln. Stattdessen wird diese soweit vernachlässigt, dass es im weiteren Verlauf bei einigen Szenen und Entwicklungen schwer wird, dem Film zu folgen; durch die oberflächliche Behandlung wird alles unnötig kompliziert und konfus, wodurch sich zur Langeweile auch noch Frust gesellt.
Etwas überstürzt erschien mir auch die Wendung rund um Keanu Reeves. Während man im Roman von Seite zu Seite seinen zunehmenden (Ver-)Fall und Realitätsverlust mitverfolgen kann, konnte zumindest ich im Film keine Anzeichen ausmachen, (Achtung, Spoiler!) dass Fred nicht (mehr) weiß dass er Bob Actor ist. Insofern konnte ich bei der entsprechenden Szene auch nicht mit ihm mitfühlen, da ich viel zu beschäftigt damit war, mich über diese aus heiterem Himmel stattfindende Entwicklung zu wundern (Spoiler Ende). Auch der Twist am Ende konnte mich nicht wirklich überzeugen. Ich kann zwar die Hintergründe verstehen, wirklich Sinn ergibt es für mich allerdings nicht. (Achtung, Spoiler!) Damit meine ich jetzt nicht, dass man Fred beim neuen Pfad einschleust, sondern eher, warum das ganze Gerangel zuvor von wegen Fred überwacht Bob Actor nötig war (Spoiler Ende). Immerhin war das unmittelbare Ende und auch die darin verpackte Wendung wieder recht gelungen.
Jedenfalls kann man "A Scanner Darkly" eines attestieren: Er ist mit Sicherheit die bisher treueste Adaption einer Vorlage von Philip K. Dick. Zwar fehlen naturgemäß einige Stellen aus dem Buch, aber fast alle Szenen aus dem Film finden sich auch im Roman wieder. Und ich denke, genau darin ist der Hund begraben. Mal ganz abgesehen davon, dass Bücher und Filme zwei gänzlich unterschiedliche Medien mit sehr unterschiedlichen Anforderungen sind... so sehr ich Philip K. Dick als visionären Autor auch schätzen mag, so bin ich doch nicht gänzlich blind gegenüber seinen Schwächen. Und dazu zählen insbesondere Charakterisierung, Dramaturgie, Atmosphäre und Spannungsaufbau. Eben hier braucht es - insbesondere bei einer Filmadaption - etwas Überarbeitung. Stattdessen hat Linklater den Roman fast 1:1 verfilmt, und erbt aufgrund dieser (zu) werkgetreuen Adaption einige Schwächen der Vorlage, während es ihm nicht gelingt, einige jener Aspekte die im Roman recht gut gelungen sind (wie Bob Actors langsamer Verfall) erfolgreich in den Film zu übertragen. Was bleibt sind interessante Ansätze, die jedoch von Linklater leider konsequent vernachlässigt werden - und der Beweis dafür, dass eine werkgetreue Verfilmung noch lange keinen guten Film ergeben muss...
Fazit:
"A Scanner Darkly" ist ein sehr durchwachsener SF-Film. Es gibt einige gute (wenn auch kaum überraschende) Wendungen, die hier beschriebene Zukunftsvision ist sehr interessant, und die von mir im Vorfeld eher skeptisch beäugte Optik des Films hat sich als dessen größte Stärke erwiesen. Andererseits verliert sich Linklater in zu vielen sinnlosen Drogendialogen und vergisst darob nicht nur auf seine Figuren, sondern auch auf die Handlung und die Dramaturgie. Anstatt auf Philip K. Dicks Vorlage aufzubauen, verfilmt er sie fast 1:1, und übernimmt dabei leider einige Schwächen des Buches, während einige Stärken auf der Strecke bleiben. Was bleibt, sind faszinierende Einzelelemente, verwoben in einem - immerhin schön anzusehenden - dichten Netz gediegener Langweile...
Wertung:
5 von 10 Punkten
Christian Siegel
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