Die verlorenen Kammerstücke
Review von Sparkiller:
"Hey, JMS, wir haben gerade einen
Mengenrabatt auf blaue Laken bekommen. Wollen wir dann nicht schnell einen
Babylon 5-Film drehen? Und in Deiner Story-Restekiste liegen ja auch noch ein
paar Schmierzettel!" - So, oder ganz ähnlich, dürfte wohl die Idee zu "The Lost
Tales" geboren worden sein. Doch keine Angst, so negativ wie es diese Einleitung
vermuten läßt ist meine letztendliche Meinung aber nicht ausgefallen. Aber warum
dieser brandneue Direkt-auf-Scheibe-Film für mich jetzt nicht das glorreiche
Ende einer längeren B5-Durststrecke war, das lest ihr gleich... also jetzt...
äh, ihr wisst schon.
Auch bei unserem JMS (J. Michael Straczynski, oberster Ausdenker des
Babylon-Franchises) scheint die "Grüne Wände im Haus sparen den
Zimmermann!"-Politik der Star Wars-Prequels einen gehörigen Eindruck
hinterlassen zu haben. Und zwar keinen, über welchen ich mich nach dem Anschauen
des Ein-Teil-Zweiteilers "The Lost Tales" besonders freuen kann.
Entschuldigung, aber könnten Sie die Kamera bitte wieder gerade drehen? Ich fall sonst immer aus meinem Bett!
Ein-Teil-Zweiteiler? Richtig nicht verstanden! Wie der Titel bereits andeutet,
besteht der Film aus den "verschollenen Geschichten" derer zwei. Die erste
Hälfte handelt von einem "höllischen Erlebnis" (Ha-ha! Welch Wortwitz! Dazu
später mehr.) des Station-Captains Lochley, während sich der Rest um die Reise
von Präsident Sheridan nach Babylon 5 zum Anlaß des zehnten Jahrestages der
Interstellaren Allianz dreht.
Die gute Nachricht vorweg, die Stories sowie die
Dialoge sind nicht unter der Last eines zu extrem ausgefallenen Einsatzes von
CGI-Effekten zusammengebrochen. Diese wurden zwar an den heute geltenden
Standard angepasst, aber dies ist sogar sehr schön gelungen. B5 und alle anderen
Raumschiffe sehen noch genauso knorke aus wie früher, es wurde nur noch einmal
eine Schippe Polygone draufgelegt. Und auch die damaligen Kulissen und Kostüme
baute man größtenteils einfach mal virtuell wieder auf, da man diese bereits an
die vor dem Studio lebenden Penner gespendet hat. Was dem Satz "Ich bin schon
immer hier gewesen." gleich eine ganz andere Bedeutung verleiht, wenn dieser von
einem nach Weinbrand müffelnden Vorlonen stammt.
Doch eigentlich waren die Effekte bei B5 schon immer Nebensache, weckten diese
ja gerade in den frühen Jahren in mir immer den Wunsch, das Gamepad meiner
Nintendo-Konsole in den Fernseher zu stöpseln und mich dabei über die schlechte
Grafik zu ärgern. Denn der eigentliche Grund für die Begeisterung der meisten
Fans der Saga dürfte wohl der, gerade im Vergleich zu anderen TV-Produktionen
(ja, ich meine Dich, ENT!), hervorragend ausgearbeitete rote Faden sein, welcher
erst gegen Ende der Serie ein paar unschöne Fransen erhält. Auch das
Zusammenspiel der Charaktere konnte begeistern und sorgte, jedenfalls bei mir,
für echte Momente der Rührung. Ich weiß, so ein Weichei.
Leider konnte JMS für "Lost Tales" aber nicht aus dem vollen Charakter-Topf
schöpfen. Zum einen aus Budget-Gründen, aber vor allem auch weil die Darsteller
von G'Kar und Dr. Franklin mittlerweile nicht mehr unter uns weilen. Oder wie es
im Film gesagt wird, weil die beiden jetzt "unerforschte Bereiche des
Universums" erforschen. Eine nette und vor allem knappe "Ja, wo sind die zwei
denn?"-Erklärung wie ich finde. Ein dicker Pluspunkt auch für die gesprochene
Einleitung von G'Kar ganz zu Anfang, wofür ein Zitat aus einer älteren Folge
gemoppst wurde.
Okay, also für wie lange halten Sie sich schon für unsichtbar? Und apropos, haben Sie zufällig unsere Dekoration gesehen? - Als Präsident Sheridan mal erwähnte daß er gut schlichten könne, meinte er damit eigentlich nicht den Stil der Einrichtung für sein Büro.
Auch ansonsten konnte man anscheinend nicht viel Geld für Neben-Darsteller
und Komparsen aus der Kaffeekasse des Studios puhlen, wovon es selbst im
Vergleich zur Serie sehr wenige gab. Da ging wohl der Löwenanteil an die
Computer-Fritzen, die zwar sehr gute Arbeit geliefert haben, welche aber grob
geschätzt nur wenige Minuten des Films ausmacht. Bluescreen-Kulissen mal außen
vor gelassen, ich mein jetzt große "Boah!"-Kracher.
Daher auch meine Bezeichnung des ganzen Films als Kammerspiel. Denn jede der
beiden Geschichten ist auf nur zwei bis drei Handlungsorte beschränkt, welche
sich zudem nicht besonders unterscheiden. Diese werden dafür mit ordentlich
Dialog gefühlt, was sich gerade in der Lochley-Handlung um einen besessenen
Stations-Lakaien und damit verbundene Grundsatz-Diskussionen über die Zukunft
der Zukunfts-Kirche (?) ganz schön in die Länge ziehen kann.
Überhaupt wird in "Story A" das B5-Universum durch die Einführung religiöser
Elemente ganz schön drastisch verändert, wobei die Geschichte selber wenig
spannend ist. Was auch wilde Kamerafahrten durch eine zum Gefängnis umgebaute
Besenkammer nicht wirklich retten können. Gerade diesen Abschnitt könnte ich mir
wirklich als minimalistisches Bühnenstück vorstellen. Wer weiß, ob der Zettel
mit dem Entwurf nicht sogar mit "Babylon 5: The Musical" beschriftet war.
Etwas besser wird da schon "Story B", welche sich zumindestens zaghaft in das
große, rote Fadengeflecht von JMS einfügt. Und hier reichte das Geld mit Galen
(aus "Crusade") wenigstens noch für einen semi-bekannten Charakter. Dieser
scheint übrigens auch weiterhin ein Abo für düstere Prophezeiungen zu besitzen,
besucht er den Präsidenten auf seiner Reise nach B5 doch einfach mal beim
Schlafen in seinem Kopp, um diesem einen finsteren Auftrag zu erteilen.
(Sheridan, nicht seinem Kopp. Obwohl, ist ja irgendwo dasselbe...)
Chrrrr... verdammte Bett-Rationierung... chrrr... mag nicht mehr im Stehen schlafen... - Gemein. Und dabei braucht Lochley doch (wie man hier gut sehen kann) mindestens 25 Stunden Schönheitsschlaf täglich. Oder wenigstens einen Oberlippen-Damenrasierer, brrrr...
Aber abgesehen von kurzen, aber netten, Effekten beschränkt sich auch hier
der größte Teil des Ablaufs auf viel Dialog. Dies ist zwar nicht verkehrt, aber
der Anteil scheint mir doch höher als noch bei der Serie. Stören tut dies aber
wohl auch deswegen, weil dieser nur zwischen sehr wenigen Personen stattfindet
und jeder der beiden Story-Abschnitte nur knappe 35 Minuten lang ist. Quasi ein
"Serie Lite" mit besseren Effekten.
Fazit: Viel Gerede mit wenigen Leuten in karger Kulisse bedeutet für mich ein
Kammerspiel. Zwar kein Trauerspiel, aber nach der langen Pause habe ich halt
einen größeren Knaller erwartet. Die vorherigen TV-Filme waren zwar oft
trashiger, versuchten aber meist doch etwas epischere Geschichten zu erzählen.
Ein Mix aus Beidem wäre wohl nicht verkehrt gewesen. Schade.
Fazit:
Mit dem liebgewonnen Babylon-Franchise haben diese beiden Geschichten so viel
zu tun wie „Rosemarie’s Baby“ mit „Desperate Housewifes“: Alles ist dunkel,
beengt und trägt den seltsamen Nachgeschmack von Frankensteins DVD-Labor.
Die Präsentation von Story Nummer 1 (= Exorzismus im Waschraum) ist dabei nicht
ganz ohne gruselige optische Momente. Vor allem hier sehen manche
Kameraeinstellungen tatsächlich so aus, als hätte JMS direkt aus dem
Schaukelstuhl draufgehalten. Teilweise drehen sich die Nahaufnahmen fast um 90
Grad, während das Licht erlischt, der Besessene mit Soundstudio-Monster-Stimme
schöne Grüße von Satan ausrichtet und plötzlich das Hintergrundorchester
losprustet. Vermutlich aufgrund des leicht unfreiwilligen Humors. – Ein
seltsames B5-Vergnügen mit Gesprächen um Gott und die (Winz-)Welt, bei dem man
das Gefühl hat, dass sich JMS in letzter Zeit schon mal nach einem passenden
Eichensarg umgesehen hat. Note: 4
Danach hat man eigentlich keine Lust mehr auf Teil 2, da der im Grunde genau so
aussieht: Minutenlanges Gesaller im Darkroom, die üblichen Vernichtungsvisionen
à la „Waffenbrüder“ und Mystery jenseits der letzten (Scham)Grenze. Es scheint
fast so, als sei JMS inzwischen zur Eigenparodie verkommen und seine religiöse
Affinität zum nervösen Tick. Tick-Tick-Tick. In der Kombination mit Story 1 SEHR
ungünstig gewählt… Note: 4+
Bewertung: Story A (Captain Lochley und
die Besenkammer des Schreckens): 4+
Story B (Sheridan auf hoher Subraum-See): 3+
Sparkiller
Kurzreview von Daniel Klapowski:Klaps klappriger Meinungskasten - Kirchensteuer und Harry Potter
Mit dem liebgewonnen Babylon-Franchise haben diese beiden Geschichten so viel zu tun wie „Rosemarie’s Baby“ mit „Desperate Housewifes“: Alles ist dunkel, beengt und trägt den seltsamen Nachgeschmack von Frankensteins DVD-Labor.
Die Präsentation von Story Nummer 1 (= Exorzismus im Waschraum) ist dabei nicht ganz ohne gruselige optische Momente. Vor allem hier sehen manche Kameraeinstellungen tatsächlich so aus, als hätte JMS direkt aus dem Schaukelstuhl draufgehalten. Teilweise drehen sich die Nahaufnahmen fast um 90 Grad, während das Licht erlischt, der Besessene mit Soundstudio-Monster-Stimme schöne Grüße von Satan ausrichtet und plötzlich das Hintergrundorchester losprustet. Vermutlich aufgrund des leicht unfreiwilligen Humors. – Ein seltsames B5-Vergnügen mit Gesprächen um Gott und die (Winz-)Welt, bei dem man das Gefühl hat, dass sich JMS in letzter Zeit schon mal nach einem passenden Eichensarg umgesehen hat.
Note: 4
Danach hat man eigentlich keine Lust mehr auf Teil 2, da der im Grunde genau so aussieht: Minutenlanges Gesaller im Darkroom, die üblichen Vernichtungsvisionen à la „Waffenbrüder“ und Mystery jenseits der letzten (Scham)Grenze. Es scheint fast so, als sei JMS inzwischen zur Eigenparodie verkommen und seine religiöse Affinität zum nervösen Tick. Tick-Tick-Tick. In der Kombination mit Story 1 SEHR ungünstig gewählt…
Note: 4+
Daniel Klapowski
Vielen Dank an die Kollegen
von ST-Enterprise.de für dieses Review
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