Originaltitel: The War Prayer
Episodennummer: 1x07
Bewertung:
Erstausstrahlung USA: 09.03.1994
Erstausstrahlung D: 17.09.1995 (Pro7)
Drehbuch: D.C. Fontana
Regie: Richard Compton
Hauptdarsteller: Michael O'Hare als Cmdr. Jeffrey Sinclair,
Claudia Christian als Lt. Comdr. S. Ivanova, Jerry Doyle als Michael
Garibaldi, Mira Furlan als Delenn, Andrea Thompson als Talia
Winters, Stephen Furst als Vir Cotto, Bill Mumy als Lennier, Andreas Katsulas als G'Kar, Peter Jurasik als Londo Mollari
Gastdarsteller: Nancy Lee Grahn als Shaal Mayan, Danica McKellar als Aria Tensus, Rodney Eastman als Kiron Maray, Tristan Rogers als Malcolm Biggs
Denkwürdige Zitate:
„My shoes are too tight, but it doesn't matter, because I have forgotten how to dance.“
Wieder einmal wird dem Zuschauer Londo's zutiefst melancholische Seite offenbart.
Kurzinhalt:
Eine Reihe von Übergriffen auf die außerirdische Bevölkerung von Babylon 5 erschüttert die Station. Dafür verantwortlich ist die Homeguard, eine Pro-Erde-Gruppierung, die den wachsenden außerirdischen Einfluss auf die Menschheit beklagt und in ihr den Grund für so ziemlich alles sieht, was auf der Erde schief läuft. Ivanova ist erschüttert, als sie erkennen muss, dass Malcolm, ein Ex-Freund von ihr, in dieser Gruppe ein recht hohes Tier zu sein scheint. Ivanova und Sinclair versuchen, das Vertrauen von Malcolm zu gewinnen und sich einzuschleichen, um ihre Ziele herauszufinden und zu vereiteln. In der Zwischenzeit trifft ein junges Centauripäarchen auf der Station ein. Die beiden sind verliebt und bitten Londo, etwas gegen ihre bereits festgesetzten Hochzeiten mit anderen Personen, die sie auf den Tod nicht ausstehen können zu unternehmen. Anfangs lehnt Londo ab, doch nachdem der junge Centauri von der Homeguard angegriffen wird, beginnt er umzudenken.
Erwähnenswerte Synchro-Fehler:
Sinclairs Dialog mit Kosh hat die Synchro wieder mal heillos überfordert. Im Original sagt er dort „Well, I hope you reconsider. If you could give us a hand...“ und genau an diesem Punkt fällt Sinclair das mit der Hand ein. Soweit, so logisch. In der Synchro sagt er nur „Ich hoffe sie überlegen es sich noch einmal, es wäre...“ und bricht dann ab. Nur... an dieser Stelle und im Kontext des Dialogs macht seine plötzliche Pause – und der Einfall mit der Hand – doch überhaupt keinen Sinn...
Einen weiteren extremen Schwachpunkt setzt man dann auch noch am Ende. Im Original läuft das letzte Gespräch zwischen Malcolm und Ivanova so ab:
Malcolm: „I don't know you any more.“
Ivanova: „I never knew you.“
Finde den Dialog eigentlich ziemlich genial. Und was macht die Synchro daraus?
Malcolm: „Ich kann dich nicht mehr verstehen.“
Ivanoa: „Darüber bin ich sehr froh.“
Geht's noch gewöhnlicher???
Review:
Es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu bringen und zu begründen, aber Fakt ist: Mir konnte "Angriff auf die Außerirdischen" noch nie sonderlich gut gefallen. Mit der Grundthematik hat meine Ablehnung sicherlich nichts zu tun, ganz im Gegenteil, diese halte ich für größte Stärke der Episode. Viele Folgen der ersten Staffel dienten vor allem dazu, Babylon 5 von Star Trek abzugrenzen und zu verdeutlichen, dass sich beide Serien bzw. Universen in vielen Dingen unterscheiden. Dass Babylon 5 in vielerlei Hinsicht pessimistischer, aber wohl auch realistischer ist. So sind die Menschen in der Zukunft eben nicht alle gut und vertragen sich mit allen Außerirdischen blendend, ganz im Gegenteil. Selbst in mehr als 200 Jahren wird es nach JMS Ansicht immer noch Vorurteile, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit geben – nur dass diese sich dann nicht mehr gegen andere Hautfarben und/oder Ausländer richtet, sondern eben die Außerirdischen. Bewusst werden diese Gefühle von einigen Gruppe wie der Homeguard geschürt, in dem sie die Aliens für alles Schlechte dass auf der Erde passiert verantwortlich machen, und damit einfachen Leuten eine einfache Lösung für ihre Probleme präsentieren – so wie wir es leider auch heutzutage immer wieder erleben.
Alles was die Homeguard, ihre Angriffe auf die Außerirdischen und die Auswirkungen dessen betrifft, ist ja wirklich gelungen. Mir gefällt die kurze Szene, als Garibaldi einen Sympathisanten verhört und man ihm geradezu ansieht dass er nichts lieber täte als zu versuchen, Vernunft in ihn hineinzuprügeln. Oder wie sich die Außerirdischen schließlich gegen die Menschen wenden. Und dann kommt die konstruierte und extrem vorhersehbare Wendung, dass just Ivanova's Exfreund, mit dem sie gerade erst wieder anzubandeln begann, innerhalb der Homeguard ein recht hohes Tier zu sein scheint. Das ist so... 08/15, so abgedroschen, so GEWÖHNLICH. Gerade bei Babylon 5, das sonst in so vielen Dingen einen originellen Ansatz verfolgt, fällt eine so klischeehafte Handlung halt besonders negativ auf. Zudem verfehlt es dadurch, dass man Malcolm gerade erst kennengelernt hat und er auch mit Ivanova gerade erst wieder auszugehen begann, völlig an emotionaler oder gar schockierender Wirkung. Sicher fühlt man für Ivanova ein bisschen Mitleid, aber um ehrlich zu sein... sonderlich überzeugend fand ich diese Liebesgeschichte schon VOR der Offenbarung nicht unbedingt.
Viel schlimmer ist aber dann, wie sich Ivanova und Sinclair in die Organisation hineinschwindeln, um möglichst alle Mitglieder der Homeguard die sich auf Babylon 5 versteckt halten zu erwischen. Sicherlich sind solche Organisationen sehr interessiert daran, neue Mitglieder in hochrangigen Positionen zu gewinnen, aber hier war mir Malcolm doch deutlich zu vertrauensvoll. Zudem sollte man meinen, dass man zu möglichen neuen Rekruten einige Ermittlungen anstellen lässt. Vor allem aber müsste ihn doch stutzig machen, dass sich Sinclair ihm, einem Fremden gegenüber, so offenherzig gibt. Wenn Sinclair so etwas zur falschen Person gesagt hätte, wäre er seinen Posten schneller los geworden als Kosh "An itching nose must be scratched" sagen kann (© "Star Wreck: In the Pirkinning", einer coolen Fan-Parodie auf Star Trek und Babylon 5 aus Finnland, bei der vor allem die grandiosen Effekte bestechen). Hier sollten doch gerade bei einer Organisation, die vorsichtig sein muss, die Alarmglocken schrillen. Sicherlich hat man von ihm einen kleinen Vertrauensbeweis verlangt und zwingt man ihn zuletzt noch zu einer Art Aufnahmetest, als man ihn dazu auffordert ein Alien zu töten, aber zu diesem Zeitpunkt war er doch schon längst in den Plan eingeweiht, und daher war es schon viel zu spät.
Und wo wir grad bei dieser Szene sind... Mann, war das klischeehaft. Gibt’s eigentlich irgend einen Film über einen verdeckten Ermittler, wo so etwas nicht vorkommt? Zumal sich Sinclair hier meines Erachtens leicht herausreden hätte können ("Bloß weil ich die Außerirdischen tot sehen will heißt das nicht, dass ich mir selber die Hände schmutzig mache" – so etwas in der Art. Er hätte auch sagen können, dass er Malcolm selber noch nicht so recht traut und sich nicht auf diese Art und Weise angreifbar machen will. Nur zwei Beispiele von vielen...). Außerdem... ist es wirklich klug, jemandem dem ich noch nicht 100%ig vertraue eine geladene PPG in die Hand zu drücken? Hier offenbart das Drehbuch von D.C. Fontana doch deutliche Schwächen. Die von ihr erdachte Nebenhandlung rund um das junge, verliebte Centauripäarchen ist leider auch eher dürftig. Ja, Londo's Dialog über die zu engen Schuhe ist sicherlich wieder einmal eine Schlüsselszene und einer der besten Momente der 1. Staffel (im übrigen eine Szene, die von JMS hinzugefügt wurde), nur alles darum herum war leider ziemlich langweilig und nur leidlich interessant. Und dass Londo unter seiner fröhlich-lauten Schale ein melancholisch-einsamer Mensch... äh... Außerirdischer ist, hat man zu diesem Zeitpunkt selbst als B5-Neuling schon begriffen. Dies allein ist mir als Begründung oder als Zweck dieser Nebenhandlung doch zu dürftig, um diese zu rechtfertigen.
Fazit:
Das Hauptproblem von "Angriff auf die Außerirdischen" ist, dass die Episode trotz guter Ansätze wenig interessant und wenig dramatisch ausgefallen ist. So schleicht sich zwischen den wenigen Highlights doch immer wieder etwas Langeweile ein. Zudem drücken ein paar allzu gewöhnliche und/oder wenig überzeugende Aspekte, wie die Story rund um Malcolm und wie es Sinclair und Ivanova gelingt, sich in die Organisation hineinzuschummeln, stark auf den Unterhaltungswert. Es mag ein paar gelungene Einzelelemente geben (das Design der neuen Alien-Rasse Abbai, Delenns Freundin, Londo's Rede, die Grundthematik), doch im Gegensatz zu den meisten Babylon 5 Episoden ist "Angriff auf die Außerirdischen" nicht mehr, sondern weniger als die Summe ihrer Teile...
Wertung: 2 von 5 Punkten
Christian Siegel
Produktionsnotizen:
Vom Skript zur Folge:
Im Skriptbuch ist D.C. Fontana's Erstentwurf zu "Angriff auf die Außerirdischen" enthalten, der sich nicht unwesentlich von der fertigen Episode unterscheidet. Hier die wichtigsten Unterschiede im Überblick:
Im Drehbuch gibt es kein Brandmal, so wie es Mayan auf die Stirn gebrannt wird (eine Kombination aus dem Symbol für Männer und Frauen). Demnach gibt es auch keinen Dialog, in dem sie Franklin's Vorschlag ablehnt, es zu entfernen - was für mich schon ein wesentlicher Moment der Figur war.
Da man zum Zeitpunkt des ersten Drehbuchentwurfs annahm, dass Andreas Katsulas während der Dreharbeiten nicht zur Verfügung stehen würde, ist G'Kar im Drehbuch nicht enthalten. Dementsprechend gibt es auch keinen Aufstand.
Die gemeinsame Vergangenheit zwischen Ivanova und Malcolm gestaltet sich hier ein wenig anders: Hier hat nämlich er sie verlassen, nicht umgekehrt. Auch die Entwicklung in der Gegenwart unterscheidet sich stark. Ivanova ist ob seines plötzlichen Auftauchens und ihrer sich anbahnenden Beziehung so verwirrt, dass sie sogar die Arbeit vernachlässigt - etwas, dass sich mit der Ivanova die wir kennen nicht wirklich vereinbaren lässt und wohl genau auch deshalb korrigiert wurde.
Malcolm stellt Ivanova einige Fragen über die Außerirdischen an Bord der Station - und macht damit schon früh deutlich, dass es ihm nicht wirklich um Ivanova sondern nur um seine Mission geht.
Auch die Art und Weise wie Ivanova von der Beteiligung von Malcolm in der Homeguard erfährt, unterscheidet sich stark zu jener aus der Episode. Im Drehbuch gibt es keinen "Videobeweis", stattdessen hat Malcolm ein Tattoo auf dem Handgelenk, über das er identifiziert wird. Da dies jedoch keinesfalls ein stichhaltiger Beweis ist, will Ivanova anfangs diesen Vorwürfen keinen Glauben schenken. Um so entsetzter ist sie, als Malcolm schließlich auf Sinclairs Einladung "hineinfällt" und seine wahren Gedanken preis gibt.
Zuletzt noch eine Aufzählung ein paar Dinge/Szenen/Momente/Dialoge, die im Erstentwurf noch fehlen: Es gibt keine Rose, kein Abbai-Alien, kein "Meine Schuhe sind mir zu eng", und auch kein Vir, der Londo die Stirn bietet und ihm sagt dass er falsch läge.
Quelle: „Babylon 5 Scripts - Other Voices, Volume 1”
Verpatzte Szenen
Auf Sinclairs Mitteilung im Rat, dass die Untersuchung bezüglich der Angriffe auf Außerirdische abgeschlossen sei, reagiert eines der Aliens aus dem Rat in einem nicht verwendeten Take eher ungehalten: Er haut mit der Faust auf den Tisch und brüllt „Das ist Bullshit!”
Das sagen die Schauspieler
Claudia Christian über ihre Darstellung in den ersten Episoden der Serie: „Es gab natürlich einige Beschwerden, dass ich am Anfang zu steif war, aber meine Antwort darauf war immer, dass Ivanova in dem Job neu war. Da ist es normal dass du etwas eingeschüchtert bist und dich auf die Arbeit konzentrierst. Ich denke die wahre Persönlichkeit zeigt sich erst, wenn man sich wohl fühlt, und man sicherer wird.“
Peter Jurasik über die "Meine Schuhe sind zu klein" – Szene: „Eine wundervolle Rede. Ich hatte zwar das Gefühl langsam in die anspruchsvolleren Töne von Londo hineinzuwachsen, aber in diese Rede habe ich nie so recht hineingefunden. Es ist schwer für mich die Episode anzusehen, weil ich glaube das Joe hier wichtige Dinge geschrieben hat. Ich weiß nicht wie es den anderen Schauspielern ging, aber man sah mich oft an Joe's Tür klopfen und ihn fragen "Äh, Joe, was bedeutet das?" und "Warum tue ich das?", und er war immer sehr geduldig und erklärte es mir, wie ein guter Vater. Also entweder habe ich es [Anm.: diese Rede] intellektuell nicht verstanden oder ich habe es einfach nicht geschafft, emotional dahin zu kommen, wobei es wohl eher letzteres war. Ich denke also dass ich dem Drehbuch in keinster Weise gerecht wurde. Das wundervolle an Joe's Dialogen ist, dass sie dich manchmal unterstützen, und du selbst wenn du nur eine durchschnittliche Performance bringst, auf ihnen wie ein Surfer auf der Welle reiten kannst, und sie dich aufnehmen und an den Strand bringen.“
Quelle: „Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 1: Signs and Portents”
Kommentare von JMS
„Was wir machen ist, rote Fäden am Leben zu halten. Wir lassen die Zuschauer wissen dass wir diese Dinge nicht vergessen haben, und dass die früher oder später wieder aufkommen werden. Der beste Weg um das zu tun ist, sie gelegentlich zu erwähnen und dem Zuschauer damit zu sagen "Ihr wisst, es ist da, wir wissen, es ist da, und wir haben nicht darauf vergessen."“
Quelle: „Babylon 5: Season by Season-Guides - Volume 1: Signs and Portents”
„Ungefähr vor zwei Monaten, lieferte einer unserer freien Mitarbeiter ein Drehbuch ab, in dem es um eine Gruppe hasserfüllter Menschen ging, in dessen Verlauf eine Gastrolle - einer Minbari - überfallen und das Symbol dieser Gruppe aufgebrannt wird. Ihr könnt daher ohne Zweifel mein Erstaunen verstehen, als ich DS9 anstellte, und genau das passieren sah. Unglücklicherweise hatten wir die Episode schon gedreht, alles ist im Kasten, also können wir nichts mehr daran ändern. Außerdem - das ich mich da absolut klar ausdrücke - gab es keine Möglichkeit, dass sich DS9 diese Idee von uns ausgeborgt haben könnte oder in irgendeiner Art von uns, noch wir von ihnen, beeinflusst hätten sein können. Um es jetzt ausstrahlen zu können, hätten sie mit dem Drehen anfangen müssen, lange bevor der Autor den Entwurf bei uns abgegeben hatte. Und niemand von uns wusste, was vor sich ging, bis wir es in der Nacht der Ausstrahlung gesehen haben ... und am nächsten Tag das Entsetzen in den Gesichtern trugen. Sowas passiert nun mal ... und wenn man sich auf ähnlichem Terrain bewegt -- Menschen gegen Außerirdische, oder eine Gruppe von Außeridischen gegen eine andere Gruppe von Außeridischen -- wird so etwas wie das hier unvermeidlich. Wenn man sich zum Beispiel die Stirn der Ferengi und der Minbari anschaut, liegt klar auf der Hand, worauf ich hinaus will. Es ist trotzdem erstaunlich, wenn es passiert. Ich schätze, ich will nur deutlich machen, dass, wenn dieser Teil ausgestrahlt wird, die Sequenz in unserer Serie abgedreht und im Kasten war, als die DS9 Episode ausgestrahlt wurde.“
Quelle: Der deutsche Lurker’s Guide für Babylon 5
Zusammengestellt von Christian Siegel
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