Originaltitel: Cogenitor Episodennummer: 2x22 Bewertung: Erstausstrahlung USA: 30.04.2003 Erstausstrahlung D: 07.11.2004 Drehbuch: Rick Berman & Brannon Braga Regie: LeVar Burton Hauptdarsteller:
Scott Bakula als Captain Jonathan Archer,
Connor Trinneer als Commander Charles "Trip" Tucker III,
Jolene Blalock als Subcommander T'Pol,
Dominic Keating als Lieutenant Malcolm Reed,
Anthony Montgomery als Ensign Travis Mayweather,
Linda Park als Ensign Hoshi Sato,
John Billingsley als Doctor Phlox.
Gastdarsteller:
Andreas Katsulas als Vissian Captain Drennik,
F.J. Rio als the Vissian chief engineer,
Becky Wahlstrom als the cogenitor,
Laura Interval als Tactical Officer Veylo,
Larissa Laskin als Calla,
Stacie Renna als Traistana u.a.
Kurzinhalt:
Die Enterprise NX-01 erforscht einen Hyperriesen, als sie auf ein Schiff der Vissianer treffen. Diese sind technologisch höher entwickelt als die Menschen, weshalb es ihnen auch möglich ist, genauere Sensordaten des Sterns zu gewinnen. Die beiden Mannschaften freunden sich ebenso rasch miteinander an wie die beiden Captains. Schließlich beschließt Jonathan Archer, den Captain des vissianischen Schiffs, Drennik, auf eine Expedition in den tiefen Orbit des Sterns zu begleiten. Währenddessen freundet sich Trip mit einer Vertreterin des dritten Geschlechts der Vissianer, einem sogenannten Cogenitor, an. Diese machen lediglich drei Prozent der Bevölkerung aus, und werden lediglich für die Fortpflanzung benötigt; davon abgesehen erfüllen sie jedoch in der vissianischen Gesellschaft keinen Zweck und werden unterdrückt. Seine Untersuchungen ergeben allerdings, dass die Cogenitoren den anderen Vertretern des Volkes was Intelligenz, Denkvermögen usw. betrifft in nichts nachstehen. Gegen den Rat von T'Pol beginnt Trip daraufhin, in die gesellschaftliche Ordnung der Vissianer einzugreifen…
Denkwürdige Zitate:"It has no name."
(Die Vissianer stellen Trip ihren Cogenitor vor.)
"So how long is this going to last? I might want to stay there for a while." "It should protect you from omicron radiation for about twelve years."
(Das sollte reichen.)
"This is a question of human rights!" "They're not human."
(T'Pol versucht, Trip von seinem Entschluss abzubringen.)
"I was hoping to spend some intimate time with you. Maybe we could sleep together tonight."
(Vissianische Frauen sind erfreulich direkt!)
"You did exactly what I'd do? If that's true, then I've done a pretty lousy job setting an example around here."
(Archer ist über Trips Verhalten erschüttert.)
"On my world, when someone asks for asylum it has to be given serious consideration." "We're not on your world."
(Da hat Drennik völlig recht.)
"It's my fault. I'm responsible." "You're damn right you are."
(Archers harte Worte an Trip am Ende.)
Review:
Anno 2004 hat mich "Cogenitor" wirklich mächtig überrascht. Nach so vielen Nieten, unzähligen einfallslosen Episoden sowie dem immer gleichen Action-Abenteuer-Käse hatte ich den "Enterprise"-Machern im Allgemeinen und Rick Berman & Brannon Braga im Besonderen eine solche Episode einfach nicht mehr zugetraut. Insofern hatte mich die Episode damals ungemein positiv überrascht, und richtiggehend umgehauen. Diesmal wusste ich zwar natürlich schon, was mir erwartet, dennoch konnte mir die Folge auch bei der Zweitsichtung wieder ungemein gut gefallen – und sticht in meinen Augen auch nach wie vor klar und deutlich aus dem Einheitsbrei, den uns "Enterprise" bislang geboten hatte, wie ein strahlendes Leuchtfeuer hervor. So konzentriert man sich diesmal rein auf einen moralischen Konflikt. Keine feindlichen Aliens, die die Enterprise bedrohen, keine Besatzungsmitglieder, die in irgend einer misslichen Lage stecken, kein sonstiges in letzter Minute draufgepapptes Bedrohungsszenario (obwohl ich schon befürchtet hatte, ein solches serviert zu bekommen, als Archer und der vissianische Captain bei der Erforschung der Anomalie kurz in Schwierigkeiten geraten – doch selbst ds erwies sich letztendlich als Fehlalarm) – das gab's bisher bei Enterprise noch nie.
"Cogenitor" ist Star Trek in Reinkultur. Die Episode zeigt einerseits ein sehr interessantes Dilemma auf, erspart sich jedoch zugleich einen häufigen Fehler von "Star Trek", indem sie zu keinem Zeitpunkt moralisierend wirkt. Es gibt bei diesem Konflikt keine einfache Lösung; wir können sowohl Trips Bestürzung über die Behandlung des dritten Geschlechts nachvollziehen als auch die Argumentation von Archer und dem Captain der Vissianier, dass diese Sache die Menschen nun mal nichts angeht und sie kein Recht dazu haben, sich einfach so in die Kultur einer fremden Rasse einzumischen. Im Gegensatz zu vielen anderen Folgen wird hier nicht mit der Moralkeule geschwungen, sie dient nicht dazu, eine eindeutige Message mit dem Holzhammer in die Hirne der Fans einzuprügeln, sondern zeigt vielmehr eine "no win"-Situation auf, die jeden Zuschauer sich fragen lässt, wie er wohl gehandelt hätte. Die Grundthematik der Folge ist dabei natürlich hauptsächlich eine Analogie auf die Behandlung der Frauen in der Vergangenheit, lässt sich jedoch genau genommen auf so ziemlich alle Gelegenheiten anwenden, bei denen eine bestimmte Gruppierung und/oder Minderheit aus fadenscheinigen Gründen unterdrückt wurde. Wobei für mich in erster Linie auch noch die Ähnlichkeiten zur Behandlung afroamerikanischer Sklaven vor dem amerikanischen Bürgerkrieg hervorstachen, wo teilweise ganz ähnliche Argumente vorgebracht wurden und/oder Regeln galten. So dürfen die Vertreter des 3. Geschlechts weder lesen noch schreiben, um zu verhindern, dass sie Wissen erwerben, dieses gegenseitig austauschen können und sich organisieren. Und auch gewisse Parallelen zum dritten Reich lassen sich finden. Dementsprechend funktioniert die Episode auf mehreren Ebenen und lässt sich auf viele verschiedene Arten interpretieren – was das Geschehen für mich eben ganz besonders interessant – und universell – macht.
Wo ich meine Meinung in den vergangenen 10 Jahren hingegen geändert habe, ist beim Ende. Anno dazumal war ich von diesem nicht übermäßig begeistert; ich habe zwar den Mut der Macher gelobt, fand aber, dass es was die emotionale Wirkung auf den Zuschauer betrifft hinter den Möglichkeiten zurückgeblieben ist. Mittlerweile denke ich anders: Auf das Schiff der Vissianer zu schwenken und uns den Selbstmord tatsächlich miterleben zu lassen, wäre ein zu starker narrativer Bruch gewesen. Warum auch immer, hat die Szene – obwohl ich diesmal schon wusste, was kommt – bei mir diesmal jedenfalls stärker gewirkt, und finde ich die Konstellation – Trip erfährt es von Captain Archer, und kann sich dazu auch gleich nochmal eine Standpauke anhören – eigentlich optimal. Damals wie heute sticht für mich aber in erster Linie auch der Mut hervor, den die Macher hier bewiesen haben. Ganz ehrlich: Das hätte ich ihnen damals überhaupt nicht mehr zugetraut. Es ist so eine völlige Abkehr des typischen "Friede Freude Eierkuchen"-Mottos von "Star Trek". Zugegeben, ganz so getroffen wie der Ausklang der "Babylon 5"-Episode "Die Gläubigen" hat es mich zwar auch diesmal wieder nicht. Aber das war schon verdammt gut gemacht, hochdramatisch, und bewegend.
Mein einziger nennenswerter Kritikpunkt der die Höchstwertung verhindert ist, dass ich bezüglich der endgültigen Aussage der Episode etwas skeptisch bin – gerade auch in Anbetracht des Endes. Grundsätzlich finde ich es ja toll, dass sie sich das getraut haben, und mir gefällt auch, dass es aus diesem Dilemma keinen einfachen Ausweg gibt. Letztendlich lehnt man sich in meinen Augen aber doch etwas zu sehr auf die Seite der Nichteinmischung, und verdammt mir Trips Mitgefühl und Aktionismus zu sehr. Aber: Wenn sich nie jemand gegen den Status Quo auflehnt, wird sich auch nie etwas ändern. Letztendlich halte ich es für wichtig, auf Missstände hinzuweisen und sich gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit auflehnen – die Message der Episode geht jedoch genau in die gegenteilige Richtung. Ja, ich weiß schon, fremde Kultur statt eigene – aber heißt dass, solange es mich nicht betrifft, sollte ich wenn ich auf eine Ungerechtigkeit stoße seelenruhig zuschauen und mich nicht weiter darum kümmern? Keine Ahnung, ob Berman & Braga das wirklich aussagen wollten, aber es ist eine Interpretation, die sich mindestens anbietet (wenn nicht gar aufdrängt) – und halt doch eher weniger nach meinem Geschmack ist. Davon abgesehen ist "Cogenitor" aber großartig – wobei neben der Handlung selbst auch die Produktionsqualität hervorsticht. Die Aufnahmen des Protoriesen waren wieder mal sehr schön, und die Musik war ebenfalls sehr gelungen. In erster Linie stachen für mich aber die Gaststars hervor. Andreas Katsulas erkannte ich sofort an der Stimme, und ich habe mich über seinen Auftritt hier (wo er mal einen "Guten" spielen durfte) wirklich sehr gefreut. Darüber hinaus muss vor allem noch die Leistung von Becky Wahlstrom als Cogenitor hervorgehoben werden, die sowohl ihre anfängliche Zurückhaltung als auch ihr langsames "Erwachen" wunderbar spielt, und uns die Figur sehr sympathisch macht.
Fazit:
"Cogenitor" ist meiner Ansicht nach die erste "Enterprise"-Folge, die die Bezeichnung "Star Trek" auch wirklich verdient hat. Eine großartige Episode, die sich rein auf das moralische Dilemma konzentriert und ganz ohne ablenkende, aufgesetzte Spannungselemente auskommt. Dabei schildert die Episode auf gelungene Art und Weise eine "No-Win"-Situation, die auch dementsprechend in einem – für "Star Trek" doch eher ungewöhnlichen – tragischen Ausgang mündet. In der Behandlung der Cogenitors selbst lassen sich dabei Parallelen zu allen möglichen historischen und gegenwärtigen Unterdrückungen von Bevölkerungsschichten und/oder Minderheiten finden, die der geneigte Zuschauer ganz nach Belieben analysieren und interpretieren kann. Zusätzlich aufgewertet wird die Episode durch die beiden Gaststars; über den Auftritt von Andreas Katsulas habe ich mich ganz besonders gefreut, während Becky Wahlstrom als Cogenitor eine bestechende Leistung zeigt. Einzig mit der sich zumindest mir aufdrängenden letztendliche Aussage der Episode bin ich nicht ganz glücklich. Davon abgesehen war "Cogenitor" aber mit Abstand die bisher beste "Enterprise"-Folge, und konnte mir zumindest ansatzweise den Glauben an die Serie wieder zurückgeben.
Wertung: 4.5 von 5 Punkten
Christian Siegel
Inhaltsbeschreibung:
Als die Enterprise einen Stern untersucht, der sich bald zur Supernova verwandeln wird, trifft sie auf ein Schiff der Vissianer. Diese befinden sich ebenfalls auf Forschungsmission und nehmen die Einladung Archers zum kulturellen Austausch gerne an. Die Vissianer kommen an Bord und verstehen sich prächtig mit der Besatzung der Enterprise. In der Kantine trifft Tucker auf den Chefingenieur des anderen Schiffes, auf dessen Frau und auf eine dritte Person - den so genannten Cogenitor. Der Chefingenieur erzählt Trip, dass es bei den Vissianern drei Geschlechter gibt und der Cogenitor nur als "Brutstation" für die Kinder da ist. Tucker ist fasziniert davon und möchte mehr über den Cogenitor erfahren. Er bringt in Erfahrung, dass dieses dritte Geschlecht nicht lesen lernen darf, keine Interessen verfolgen darf, ja nicht mal einen eigenen Namen hat er/sie - es. Archer wird vom Captain der Vissianer inzwischen zu einer Außenmission der ganz besonderen Art eingeladen - der Flug durch die Corona des Sterns mit einem kleinen Schiff. Da die Technologie der Menschen noch lange nicht so weit ist, wie die der Vissianer und Archer so etwas wahrscheinlich nie wieder tun wird, nimmt er an. Trip ist inzwischen heimlich in das Quartier des Cogenitors geschlichen und will ihm lesen beibringen. Schon nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass er nicht minder intelligent ist, als andere Vissianer. Am nächsten Tag nimmt ihn Trip verbotener Weise mit auf die Enterprise und zeigt ihm dort allerlei Dinge. Doch das bleibt nicht unbemerkt. Die "Besitzer" des Cogenitors sind wütend und unterrichten T'Pol von diesem Vorfall. Diese hält Tucker dann einen Vortrag über die Nichteinmischung in andere Kulturen.
Trip muss diese Regeln wohl oder übel akzeptieren und geht wieder seiner Arbeit nach, als plötzlich der Cogenitor vor ihm steht - er möchte Asyl auf der Enterprise beantragen und nicht mehr zurück zu den Vissianern, da sie ihm bei der Förderung seiner Fähigkeiten nicht helfen wollen. Archer - inzwischen von seinem Ausflug zurückgekehrt - prüft den Antrag und redet mit Trip über Situation. Verständlicherweise ist der Captain nicht gerade glücklich, als er erfährt, dass Trip einfach so in die Kultur der Vissianer eingemischt hat. Es folgt ein Gespräch mit den Betroffenen - dem Chefingenieur und seiner Frau, die den Cogenitor für ihre Babypläne benötigen. Archer kommt zu dem Schluss, dass er den Asylantrag ablehnen muss und der Cogenitor wird zurück auf das vissianische Schiff gebracht. Die beiden Schiffe trennen sich und gehen wieder ihre eigenen Wege, als nach ein paar Tagen eine Nachricht der Vissianer eintrifft: Der Cogenitor hat Selbstmord begangen.