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A GEEKs LiFE #3: Listen to the Universe Drucken E-Mail
SF-Treff im RADOM Kategorie: Kolumnen - Autor: Christian Spließ - Datum: Mittwoch, 07 Februar 2007
 
A GEEKs LiFE #3: Listen to the Universe
A GEEKs LiFE #3: Listen to the Universe
Erst wenn die Tür im Rücken richtig ins Schloss gefallen ist darf man erneut eine Klappe öffnen, ein unangenehmes Gefühl legt sich auf die Ohren wie beim Start eines Flugzeugs oder beim Eintauchen eines Zuges in den Tunnel - kein Wunder, denn hier ist Überdruck im Spiel - und erst dann ist man im RADOM willkommen.

Was nun nicht heißen soll dass die Sternwarte in Bochum nicht gastfreundlich ist, ganz im Gegenteil, bot sie doch im Dezember letzten Jahres das perfekte Ambiente für die erste Lesung des SF-Stammtisches Ruhrgebiet, der sich nach einer längeren Ruhepause wieder gesammelt hatte und mit neuen Kräften durchstartete. Ursprünglich gegründet von Achim Hiltrop, der sich darüber wunderte dass im Ruhrgebiet offenbar kein Stammtisch existierte. Verständlich wenn man darüber nachdenkt dass das Ruhrgebiet einen Vorteil hat: Den der kurzen Wege. Mit Bus und Bahn ist man schnell mal in einer anderen Stadt. Warum also nicht diese Vorteile nutzen und einen allgemeinen, genreübergreifenden Stammtisch gründen, der von Stadt zu Stadt wandern sollte? Im Nachhinein betrachtet war die Idee zwar recht gut, aber das mit dem Wechseln der Städte klappte nicht so recht - so dass man schließlich übereinkam erstmal eine Pause einzulegen und einen Neustart zu wagen.

Der Impuls für einen neuen Start kam dann von Mike Hillenbrand. Der Macher des Corona-Magazins hatte vor etliche Jahren das RADOM bei einer privaten Feier kennengelernt und die riesige Antenne, die noch heute im Gebrauch ist und schon die Tonsignale der ersten Mondlandung übertrug, faszinierte ihn. Und an dieser Stelle komme dann ich ins Spiel: Schließlich fragte mich Mike, da das Ganze ja eine Lesung werden sollte ob ich bereit dazu wäre die Tonmitschnitte zu machen, das Ganze hinterher zu schneiden und für einen weiteren, bisher noch nicht verwirklichten aber angedachten Gebrauch verwenden wollte? Konnte ich da Nein sagen? Natürlich nicht.

Das RADOM der Sternwarte in Bochum, diese gigantische Kuppel die sich über der Antenne hüllt damit sie den Witterungseinflüssen nicht ausgesetzt ist - Wind, Regen, Taubendreck - widmet sich der Umweltforschung, dem Klimawechsel, dem Weltraum an sich und ist eine Weiterbildungsanstalt. Schulklassen können hier genauso etwas über den Aufbau des Sonnensystems, über den Mond, über das All an sich erfahren wie auch der normale Bürger. Noch heute werden wissenschaftliche Forschungen unter anderem über den Klimawechsel an diesem Ort betrieben. Die Frage, was mit dem Raumschiff Erde passiert ist eine, die hier in allen Details erforscht wird. Die große, runde Kuppel wird dominiert von der gigantischen Antenne - die wirklich faszinierend und eindrucksvoll ist - daneben gibts überdimensionale Satellitenphotos unserer Erde, ein kleines Diorama erzählt von der Mondlandung - ein Nachbau des Mondautos steht dort übrigens. Ein ausgezeichneter Rahmen also, der zum Thema SF gut passte. Dazu kam noch dass das Team der Sternwarte wirklich sehr nett und hilfsbereit war und überhaupt keine Berührungsängste hatte.

Schließlich denkt man ja in der Regel bei dem Begriff SF zuerst an Fernsehserien - und erst in zweiter Linie an Autoren. Aber die SF in Deutschland war durch Autoren an diesem Abend vertreten: Uwe Post und Frank Hebben, Niklas Peinke, Thorsten Küper, natürlich Mike Hillenbrandt mit seinem Buch über das Star-Trek-Jubiläum und last but not least Achim Hiltrop. Aber bevor all die Lesenden nach und nach eintrafen galt es ja erstmal zu gucken, was die Technik hergab - immerhin eine Menge. Das einzige Manko des Abends: Da es mittlerweile doch saukalt geworden war, hatte man die Tische und Stühle in den beheizbaren Teil des RADOMS verlegt. Beheizbar war dieser Teil zwar, aber die Heizung kannte nur zwei Zustände: An und Aus. Und so musste hin und wieder mal "ein Brikett nachgelegt" werden.

Es sollten um die fünfzig Gäste werden, sogar jemand aus Berlin war eingetroffen um Mike Hillenbrand zu hören - und natürlich die anderen Autoren auch. Wer bisher weder Frank Hebben noch Uwe Post noch Achim Hiltrop noch Niklas Peinke noch einen der anderen Autoren kannte wird an diesem Abend sicherlich so einigen Nachholbedarf entwickelt haben - denn das breite Spektrum zeigte, welche Qualität die literarische deutsche SF zu bieten hat. Zwischen den Lesungsblöcken gab es immer Zeit und Gelegenheit zum Essen, zum sich Unterhalten - so ging man der Frage nach ob der Cyberpunk jetzt tatsächlich ein totes Genre ist oder doch eher nicht aber natürlich wurde auch über Gott und die Welt geredet.

Frank Hebbens "Fromme Küchengeräte" eröffneten den Abend - eine humorige Kurzgeschichte über die Folgen eines Virus in der Zukunft, wenn alle Geräte mit Chips und Stimme und Intelligenz versehen sind. Und der Wohnungsbesitzer auf einmal als "Gebieter" und "Gott" angesprochen wird. Humoristisch wurde dann die Lesung fortgesetzt, Frank und Uwe Post versetzten sich in die Rollen zweier Ruhrgebietkumpels, von denen einer dank seines neuen Schlittens auf einmal "bei den Neanderthals" feststeckt - eine Dialog-Geschichte mit verteilten Rollen erzählt und vorgelesen, dazu mit Soundeinlage - hervorragend, machte Spaß. Zumal "Boah ey, dat wird teuer" wirklich recht hybsche Anklänge an den Ruhrgebietsslang erwies. Ernster wurde es dann als Uwe Post alleine das Pult betrat - seine Geschichte "Edead.com" wurde noch vor kurzem mit dem William-Voltz-Preis ausgezeichnet und erzählt eine tragische Liebesgeschichte aus der Perspektive eines Verstorbenen, der auf dem Server einer US-Firma als digitales Backup landet - also nach seinem Tod. Nachdem schon einmal die Möglichkeiten der Technik genutzt wurden - nämlich für den Trailer zum Thunderbolt-Video "Dystopia X", dass sich wie ich erfahren durfte doch noch leicht in dieses Jahr verschiebt, im Grunde aber schon fertig sei - konnte man während Thorsten Küper einen Teil seiner Geschichte "Neum" las im Hintergrund zeitgleich den Anflug miterleben, den der Polizist in der Geschichte tat. Dies blieb zwar die einzige richtige Einbindung von Multimedia-Inhalten an diesem Abend, aber die an die Seitenwände projezierten Weltraumbilder verliehen auch dem Rest der Texte einen stimmungsvollen Rahmen. Eine heitere Note schlug dann Newcomer Niklas Peinke ein, der in "Ding und das Tankmädchen" reichlich genußvoll den Betrieb an einer Universität auf die Schippe nahm - da habe, so gestand er mir, durchaus die ein oder andere persönliche Erfahrung mitreingespielt, er lehrt und forscht schließlich auf dem Gebiet der Mathematik. Mike Hillenbrand kam dann im Anschluss zu Wort - eigentlich natürlich war er die ganze Zeit als Moderator präsent, aber jetzt war "Dies sind die Abenteuer: 40 Jahre Star-Trek" an der Reihe vorgestellt zu werden. Drei Auszüge aus dem Buch las Mike vor, beantwortete Fragen und signierte natürlich auch - nicht ohne zu betonen dass die an diesem Abend vorhandenen Exemplare vermutlich die letzten ihrer Art seien. Über eine Neuauflage des Buches werde momentan mit dem Heel-Verlag verhandelt, aber die erste Auflage wäre komplett verlagsvergriffen. Natürlich hatte ich das Buch schon längst im Schrank stehen und ich muss gestehen, dass ich immer noch davon überzeugt bin dass Mike Hillenbrand zusammen mit Thomas Höhl hier ein faszinierendes, logisches - ähem - ich meine spannendes Buch zu allen Star-Trek-Serien geschrieben hat, diese Fan-Faszination kam an dem Abend auch perfekt rüber. Schließlich geht man auf so eine Veranstaltung teilweise selbst als Fanboy... Zuletzt gab es eine Premiere der besonderen Art: Aus seinem noch nicht erschienem Rettungskreuzer-Ikarus-Roman - eine SF-Serie beim Atlantis-Verlag, mittlerweile knapp an die 30 Bände sind dort erschienen und nach einem vorzeitigem Ende sieht es nicht aus - las Achim Hiltrop zwei Szenen, in denen es um Chirurgie, eine außerirdische Lebensform in Baumgestalt namens Thorpa und um das ging, was jeder Mediziner gerne im Kreis der Kollegen macht: Klatschen. Und Lästern. Und das hemmungslos. Jedenfalls wenn man Achim Glauben schenken mag... Zum Schluss gab es dann noch richtige Wissenschaft, das Team des RADOMS erklärte anhand dreier kurzer Vorträge, was eigentlich das RADOM macht - durchaus faszinierend, allerdings ging es schon auf Mitternacht zu. Vielleicht sollte das nächste Mal ein ausführlicher Vortrag das Ganze einleiten, aber Mike Hillenbrand ist schon beim Feintuning momentan. Denn dass das nicht die einzige Veranstaltung gewesen ist, war schon recht bald nach dem Ende klar. Frühjahr 2007 solls soweit sein, ich bin gespannt. Dann ist es natürlich auch etwas wärmer...

Warum besucht man als Fan eigentlich solch eine Veranstaltung? Der Standardsatz wenn man jemanden fragt ob dieser aufgrund des Programms da wäre lautet ja bekanntlich bei größeren Conventions: "Programm? Welches Programm?" Und wer länger in der Szene unterwegs ist wird das sicherlich kennen: Natürlich ist es nett, wenn man Fan einer Serie ist - sagen wir Perry Rhodan, Zamorra, Star-Trek oder was es so gibt - Panels mit den Schauspielern zu besuchen oder einfach nur Leuten zuzuhören, die etwas von ihrer Sache verstehen. Und klar, der SF-Stammtisch hatte keine großen, bekannten Namen - wobei das natürlich auf die Sichtweise ankommt, Thorsten Küper oder Uwe Post sind Namen, denen man im literarischen Fandom durchaus öfters über den Weg läuft und die auch allesamt in Story-Anthologie-Zines wie NOVA oder sogar der CT veröffentlicht haben. Der Grund, warum man diese Art von Veranstaltung besucht und sich damit als Geek entpuppt, der immerhin ein Leben hat, ist eher die Freude darüber mal mit anderen Leuten zusammenzutreffen, die genau das selbe Hobby haben, die man länger nicht gesehen hat, die man vielleicht auch schon längst mal treffen wollte und überhaupt - für einen Abend mal Urlaub vom Alltag zu nehmen, Geschichten zuzuhören, angeregte Diskussionen zu führen ist ja sicherlich auch eine Sache, die nachvollziehbar ist. Schließlich machen, wenn man sich das genauer bedenkt, Fans anderer Stilrichtungen - Fußball, Musik, Aquarellmaler - auch nichts anderes. Uniformen trägt schließlich jeder Fußballfan, die heißen dann nur Kutten...

Auf jeden Fall freue ich mich darüber das RADOM mal wiederzusehen, diese Antenne IST verfrellt nochmal eindrucksvoll und überhaupt ist das schon cool durch diese Schleuse zu gehen. Auf das nächste Mal dann, vielleicht sieht man sich ja mal von Fan zu Fan - oder liebevoll gemeint natürlich - als Geek zu Geek...

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