Star Trek´s tolle Ideen auf dem Prüfstand der RealitätKategorie: Kolumnen - Autor: Reiner Krauss - Datum: Samstag, 23 Dezember 2006
„Aber die Gesetze der Physik kann ich nicht ändern, Captain!“
(Scotty zu Kirk, unzählige Male)
Die Science Fiction ist eine beliebte Quelle um uns den Glauben zu bringen „Nichts
ist unmöglich“. Doch selbst für Toyota ist dies nur eine schöne Werbeaussage, die
dort ihre Grenzen hat, wo die Physik ihre Grenzen hat. Der gute Autofahrer weiß
das genauso wie ein Michael Schumacher auch.
Die beliebte SF-Serie „Star Trek“ bietet uns viele tolle Ideen, die deshalb so
potentiell möglich klingen, weil die Autoren sich realen physikalischen Theorien
bedienen. Man vergisst jedoch allzu schnell dabei, das dort wo die naturgegebenen
physikalischen Grenzen einsetzen, die gedanklichen Freiheiten des Autors gerade
erst beginnen.
Wir dürfen deshalb nie vergessen welchen Gegebenheiten unser Universum
gehorcht. Dabei stellt sich nicht die Frage warum es sich so verhält, sondern höchstens
wie es sich verhält. Energie ist Energie, und sogar in Millionen von Jahren, wenn
wir sehr viel mehr über die Physik gelernt haben als heute, werden die Energieanforderungen
für eine Reise quer durch die Galaxis dieselben sein; und die Energie, die benötigt
wird, um die Gravitation nach unserem Willen zu verbiegen, scheint größer zu sein
als alle in der Galaxis vorhandene Energie. Das ist auch der Grund warum die meisten
Wissenschaftler es so unwahrscheinlich finden, dass die Erde von Außerirdischen
besucht worden ist, insbesondere von Außerirdischen mit einer hinreichend hoch entwickelten
Zivilisation und Technologie. Und was sollen sie bisher hier gemacht haben, Metallobjekte
in Körper hinterlassen, gelegentliche Entführungen und abgedrehte Experimente -
so ein Aufwand für so wenig Ergebnis. Was für den Freund der „Ufologen“ eine plausible
Erklärung scheint ist für Physiker aber die am wenigsten plausible Erklärung - einfach,
weil die irdischeren Erklärungen wesentlich geringere Anforderungen stellen als
jene, die interstellare Reisende voraussetzen.
Man könnte auch annehmen, was nicht mal die Star Trek Autoren tun, es gelten nicht
überall die physikalischen Gesetze im Universum und andere hätten eine Weg gefunden
solch weite Strecken nach anderen Gesetzen zu überwinden, oder es wäre gelungen
die Gravitationskräfte aufzuheben. Doch spätestens wenn sie unseren beobachtbaren
Kosmos erreichen gelten die gleichen physikalischen Gesetze auch für sie. Star Trek´s
geistiger Vater Gene Roddenberry hat den Warp-Antrieb erfunden um diese Gesetze
geschickt zu umgehen. Diese Antriebsidee soll es einem erlauben von einem Punkt
zum anderen schneller als mit Lichtgeschwindigkeit zu reisen. Doch das wirkliche
Dilemma, neben der ungeheueren Energieanforderung, ist leider, dass man trotzdem
nicht früher ankommt als mit konventioneller Technik. Wie das? Stellen wir uns vor
ein Raumschiff wolle mit Warp-Antrieb tausend Lichtjahre in einer Sekunde zurücklegen.
Damit der Raum vor ihm kollabiert, muss dafür gesorgt werden, dass überall in diesem
Raum die richtige Materieanordnung gegeben ist. Zu diesem Zweck müssen sie ein Signal
den ganzen Weg durch diesen Raum schicken. Doch es dauert mindestens diese tausend
Jahre bis das Signal das Raumgebiet durchquert hat. So könnten sie zwar (im Prinzip)
beliebig schnell reisen, wenn die Warpfront vor Ihnen erst einmal angefangen hat
zu kollabieren, doch der Countdown zum Start würde tausend Jahre dauern.
Doch lassen wir die tollen Theorien der Science Fiction kurz hinter uns und betrachten
den einfachen Fall eines Apfels vom Baum. Dieser Apfel fällt immer auf den Boden
und nicht hinauf. Das war vor Hunderten von Jahren so, das ist heute so und das
wird in weiteren tausenden von Jahren so sein. Die Physik entwickelt sich nicht
in revolutionären Sprüngen, die das bisherige Wissen wegwischt, sondern in einer
stetigen Evolution, die auf dem gesammelten Wissen aufbaut. Newtons Gesetze werden
in Millionen von Jahren noch ebenso gelten wie heute, ganz gleich, welche neuen
wissenschaftlichen Erkenntnisse die Zukunft bringt. Wenn auf der Erde eine Apfel
vom Baum fällt wird er immer nach unten fallen, auch wenn ein solcher Apfel nicht
Newton auf den Kopf gefallen wäre und er deshalb nicht die Gravitationsgesetze entwickelt
hätte.
Eine weitere fabelhafte Idee aus dem Star Trek-Universum war und ist das Beamen.
Warum soll es nicht eines Tages möglich sein stellt sich die Frage? Heute haben
sich sogar Wissenschaftler Gedanken darüber gemacht, ob das je eines Tage zu realisieren
sei. Nun, scheinbar vielversprechend war ein Schweizer Experiment gewesen, das uns
hoffen lies es wäre bald soweit. Doch wer auch dabei wagt nicht nur den populistischen
und vordergründigen Schein zu beachten, sondern auch hier hinter die Kulissen schaute
erkannte schnell, das es um das Übertragen von holografischen Informationen via
Laserstrahl ging. Doch viele hatten schon so eine Vorstellung von der Zukunft à
la Star Trek bald auf Erden, doch leider ist es auch hier wieder die Realität die
unsere Fantasie bremsen muss, denn es ist in Wahrheit genauso als würde man sich
Hoffnung machen, mit einem Faxgerät das Originaldokument in Echtzeit durch die Telefonleitung
zum Empfänger zu senden. Hier wissen wir aus eigener Anschauung dass das so nicht
geschied. Jedem der aber auch nur ansatzweise versuchen wollte einen Menschen von
A nach B zu beamen müsste es gelingen dessen etwa 1028 Atome (eine Zahl mit 28 Nullen)
in weniger als einer Sekunde mit der Hitze von mehr als eine Million mal höheren
Temperatur des Sonnenkerns zu verdampfen, mit einem Teleskop das größer ist als
die Erde abzustrahlen und dabei die Datenmenge zu übermitteln die bei 10 GB-Festplatten
eine Kette von 10.000 Lichtjahren bildet (selbst die Enterprise bräuchte theoretisch
mit Warp 9 ganze 5 Jahre diese Strecke abzufliegen). Diese Maschine benötigt zudem
mehr Energie als die gesamte Menschheit je produziert hat und ganz nebenbei müsste
man noch die Gesetze der Quantenmechanik umgehen, sodass es eine schöne und nur
in der SF-Fernsehserie billige Lösung war ein Erkundungstrupp nicht mit einer Landefähre
auszusetzen.
Wenn schon nicht sich ernsthaft Hoffnungen machen können einmal mit Überlicht zu
reisen oder in Sekunden von einem Ort zum anderen zu beamen, dann doch wenigsten
ein Holodeck mit greifbaren und fühlbaren Hologrammen könnte man sich wünschen.
Wünschen ja, realisieren so nie, denn Hologramme werden durchaus animierbar sein
können in einiger Zukunft, doch sie werden auch weiterhin keine Substanz haben.
Es heißt also weiter den Datenhandschuh anziehen und die 3D-Brille aufsetzen oder
abends im Bett das Licht ausmachen um zu träumen.
Scheinbar sieht es so aus, als ob wir uns gar keine Hoffnungen machen können Star
Trek-Technik einsetzen zu können. Nur fast, denn den persönlichen Kommunikator,
unser allseits geliebtes Handy, gibt es ja schon. Nur dürfen Sie wirklich deswegen
nicht glauben dass ihre Telefonrechnung eines Tages die Sternenflotte bezahlt! Warum
gelang uns diese Vision? Ganz einfach, weil wir uns die physikalischen Gesetze zunutze
gemacht haben und sie nicht versuchten träumerisch zu umgehen.
Das Wünschenswerte zugunsten des tatsächliche Geschehenden verwerfen – das ist die
Herausforderung des aufgeschlossenen Menschen heute und in Zukunft. Darum bleibt
immer zu trennen zwischen Science und Fiction.
„Das größte Geschenk, das die Wissenschaft der Menschheit vermacht hat, ist meiner
Meinung nach das Wissen, dass - ob es uns gefällt oder nicht - das Universum wirklich
so ist, wie es ist. Manchmal ist es rätselhaft manchmal banal. Darum sind
die wirklich Aufgeschlossenen, nicht jene, die sich unkritisch ein Universum zusammenbasteln,
das ihren eigenen Lieblingstheorien und Wünschen entspricht." (Lawrence M. Krauss,
Professor für Physik und Astronomie an der Chase Western University, Cleveland,
Ohio)