Originaltitel: The Master Blackmailer Episodennummer: 5x08 Bewertung: Erstausstrahlung US: 27. Januar 1993 Heimkino-Premiere D: 24. April 1993 Drehbuch: Jeremy Paul Regie: Tim Sullivan Besetzung:
Jeremy Brett als Sherlock Holmes,
Edward Hardwicke als Dr. Watson,
Roy Marsden als John Stockton,
Keith Barron als Rob Ferguson,
Yolanda Vazquez als Carlotta,
Maurice Denham als Reverend Merridew,
Richard Dempsey als Jack,
Juliet Aubrey als Dolores,
Jason Hetherington als Michael,
Elizabeth Spriggs als Mrs Mason,
Peter Geddis als Mr Gresty,
Kate Lansbury als Mrs Gresty,
Maria Redmond als Vera Gresty,
Freddie Jones als Pedlar,
Hilary Mason als Miss Ruddock,
Stephen Tomlin als Police constable Ware,
Eileen O'Brien als Mrs Carter,
Andrew Abrahams als Mr Carter,
Marcello Walton als Tom Carter u.a.
Kurzinhalt:
Reverend Merridew ist der Priester einer kleinen, beschaulichen und friedlichen Gemeinde. Seit der Ankunft von John Stockton befindet sich diese jedoch zunehmend in Aufruhr. Seinen Vorfahren wurde nachgesagt, dass es sich um Vampire handelt, und auch gegenüber Stockton wird ein entsprechender Verdacht laut. Umso mehr, als sich in seiner Nähe immer wieder mysteriöse Todesfälle zutragen. Holmes beschließt, ins Dorf zu reisen, um sich des Falls anzunehmend. Natürlich nicht etwa, weil er glauben würde, dass Stockton tatsächlich ein Vampir ist, sondern vielmehr, weil er fürchtet, zu welchen Taten sich die Gemeinde in ihrer Angst vor Stockton hinreißen lassen könnten. Dort angekommen muss jedoch selbst er gestehen, dass der angebliche Vampir über eine ungewöhnliche, fast schon hypnotische Ausstrahlung verfügt. Doch bedeutet dies wirklich, dass er in irgendeiner Art und Weise für die mysteriösen Todesfälle im Dorf – zuletzt den erst ein paar Monate alten Sohn des Ehepaares Ferguson – verantwortlich ist?
Review (kann Spoiler enthalten):
Die Granada-Serie ist nicht einfach nur mit dem Anspruch gestartet, sämtliche Romane und Kurzgeschichten von Sir Arthur Conan Doyle zu adaptieren, sondern dabei vor allem auch möglichst werksgetreu vorzugehen. Vor allem zu Beginn der Serie schien man sich teilweise sklavisch an die Vorlage zu halten – für meinen Geschmack manchmal fast schon zu sehr. Demgegenüber fand ich die wenigen Abweichungen, an die man sich wagte, überwiegend gelungen, und die Geschichte tendenziell eher auf- denn abwertend. Dies schließt auch das vorangehende Abenteuer "Der König der Erpresser" ein, bei dem – wie auch bei "Der letzte Vampir", und im Gegensatz zu "Das Zeichen 4" und "Der Hund von Baskerville" – eine Kurzgeschichte als Basis für einen TV-Film (und damit quasi einer Doppelfolge) herhalten musste. Was natürlich eine Erweiterung und Vertiefung der Story notwendig machte. Dort blieb aber der Kern erhalten, und standen die neu hinzukommenden Elemente (wie zusätzliche Opfer) im Dienste der Story, die Doyle in der Vorlage erzählte.
Von "Der letzte Vampir" kann man dies nicht mehr behaupten. Der bislang eigentlich verlässliche Jeremy Paul lässt hier jeglichen Anspruch einer werksgetreuen Adaption der Vorlage vermissen. Im Endergebnis haben "Der letzte Vampir" und "Der Vampir von Sussex" in etwa noch so viel – oder besser gesagt wenig – miteinander zu tun, wie beim Film "Der Vampir von Whitechapel" mit Matt Frewer in der Hauptrolle. Letztendlich verbleiben hier nur die angespannte familiäre Situation im Hause Ferguson rund um den problematischen Teenager Jack, sowie die Idee, dass das Aussaugen von Gift aus einer Wunde am Hals als Vampirismus fehlinterpretiert wird. Der Rest ist von Jeremy Paul hier frei erfunden – und das leider in meinen Augen (im Gegensatz zu früheren Änderungen und/oder Ergänzungen) größtenteils schlecht. Zuerst einmal: Ich kann verstehen, warum man meinte, mit John Stockton einen vermeintlichen, fast schon klassischen (an die Hammer-Filme mit Christopher Lee erinnernden) Dracula-Verschnitt zu benötigen. Grundsätzlich spielt Roy Marsden das auch gut. Leider aber wirkt der ganze Plot enorm aufgesetzt, steht in nur sehr oberflächlicher Verbindung zur der Vorlage (in Grundzügen) entnommenen Storyline bei den Fergusons, und wirkt vor allem auch ziemlich widersinnig. Angefangen bei Holmes Aussage, dass es Menschen gibt, die anderen quasi die Energie aussaugen (ernsthaft?), über die übertriebene Darstellung von Stocktons (eben doch nur menschlicher) hypnotischer Wirkung, bis hin zur Art und Weise, wie dieser schließlich unzeremoniell aus der Story geschrieben wird, und für diese letztendlich eigentlich überhaupt keine Rolle spielt. Darüber hinaus war Stocktons Verhalten teilweise doch wundersam. Warum sollte er z.B. Holmes zur Ruine locken, um ihm dort das Theater rund um einen vermeintlichen Geist vorzuspielen? Was hat er davon, worin liegt seine Motivation? Alles rund um die Figur ergibt leider nicht wirklich Sinn.
Der betreffende Handlungsstrang ist allerdings nur die größte, jedoch nicht einzige Ergänzung. Auch alles rund um den Stalljungen, seine eifersüchtige Verlobte etc. war letztendlich völlig überflüssig, und nur dafür da, um Laufzeit zu schinden. Mit das größte Problem von "Der letzte Vampir" ist allerdings, dass eine bestimmte Szene beim Finale dann die gewünschte dramatische Wirkung bei mir nicht entfalten konnte, sondern ich es vielmehr derart unfreiwillig komisch fand, dass ich doch tatsächlich lauf Auflachen musste. Der Epilog am Bahnsteig, wo der Fall nochmal aufgerollt wird, zählt dann zu den wenigen guten Momenten der Episode. Diese profitiert darüber hinaus natürlich auch wieder von der gewohnt hohen Produktionsqualität, sowie den Leistungen von Edward Hardwicke als Doktor Watson und Jeremy Brett als Sherlock Holmes (wenn ich auch bei letzterem dem Eindruck hatte, dass er hier schon gesundheitlich angeschlagen war, und nicht mehr ganz die Energie von früher in die Rolle einbringen konnte). Umso bedauerlicher allerdings, dass ihre Talente, sowie das Geld (für Inszenierung und Umsetzung) für diese in meinen Augen misslungene Adaption verschwendet wurden.
Fazit:
Es schmerzt mich, diesen vierten Granada-TV-Film nur auf dem bescheidenen Niveau von "Der Vampir von Whitechapel" einordnen zu können. Bedauerlicherweise hat bei dieser fast völlig freien Adaption von "Der Vampir von Sussex" aber leider viel zu wenig funktioniert. Der ergänzte Handlungsstrang rund um Stockton ist letztendlich völlig überflüssig, und führt auch komplett ins Nichts. Auch einige andere Erweiterungen haben mich nicht überzeugt. Kritisch ist zudem zu sehen, dass im Gegensatz zu den selbst schon etwas loseren Adaptionen zuvor der Kern der Story hier fast vollständig verloren gegangen ist. Und nicht zuletzt eine Stelle beim Finale, die mich zum Lachen brachte, obwohl dies ganz offensichtlich nicht die Intention war, drückte die Wertung dann noch einmal um einen halben Wertungspunkt (und damit eben – in die Filmskala umgerechnet – das Niveau von "Der Vampir von Whitechapel", bzw. auch der bislang von mir am schlechtesten bewerteten Folge "Der Mann mit dem geduckten Gang") nach unten. Da hilft es auch nichts, dass Hardwicke und Brett wieder gut (wenn auch in der Vergangenheit auch schon mal besser) waren, und man der Produktion in qualitativer Hinsicht (Locations, Ausstattung, Inszenierung) nichts vorwerfen kann. In diesem Fall wurden sie leider vom – bislang größtenteils sehr verlässlichen – Jeremy Paul im Stich gelassen.