Kurzinhalt:
Nachdem es erfolgreich gelungen ist, den Anschlag auf die klingonische Kanzlerin Azetbur zu verhindern, sollte die Enterprise eigentlich zur Erde zurückkehren, um außer Dienst gestellt zu werden. Dann jedoch hat die Sternenflotte für die Captain James T. Kirk und seine Crew doch noch einen letzten Auftrag. Auf dem Planeten Ssan ist ein Bürgerkrieg zwischen der Regierung und der Assassinengilde ausgebrochen. Zwei Diplomaten der Föderation sollen zwischen den Parteien vermitteln: Clay und Jocelyn Treadaway. Bei letzterer handelt es sich um die Exfrau von Leonard McCoy. Das Wiedersehen verläuft dementsprechend emotional, und nicht nur zwischen Leonard und Jocelyn, sondern vor allem auch zwischen ihm und ihrem neuen Mann Clay herrscht dicke Luft. Doch Jim kann auf die Hilfe seines alten Freundes nicht verzichten, ist dieser doch mit der Kultur der Ssan aufgrund eines früheren Einsatzes – frisch aus der medizinischen Akademie – bestens vertraut. Als jedoch Clay seine Warnungen in den Wind schlägt, werden Captain Kirk und Jocelyn von den Assassinen gefangen genommen…
Review:
Auch "Schatten auf der Sonne" ist wieder ein Roman, der einige Lücken in der Kontinuität schließen will, statt einfach "nur" ein weiteres Standalone-Abenteuer der alten Enterprise-Crew zu erzählen. Wie ihr wisst, bin ich grundsätzlich definitiv ein Fan dieses Ansatzes. In diesem konkreten Fall war ich allerdings leider mit Michael Jan Friedmans Umsetzung nicht wirklich glücklich. Das beginnt schon beim gewählten zeitlichen Setting. "Das unentdeckte Land" war ein sehr guter Abschluss einer Ära, und ein mehr als würdiges letztes Abenteuer für die Crew rund um Captain Kirk (mit Saavik statt Valeris wäre der Film in meinen Augen sogar nahezu perfekt gewesen). Wenn man jetzt meint, dieser vermeintlich letzten Mission nun doch noch eine allerletzte Mission folgen lassen zu müssen, dann sollte man besser etwas im Petto haben, was mindestens gleichwertig wenn nicht gar besser ist. Eben daran scheitert Friedman schon mal – und das insofern völlig ohne Not, als die Story mindestens genauso gut funktioniert hätte, wenn er sie zeitlich vor, statt nach "Das unentdeckte Land" eingeordnet hätte. Im Hinblick auf den Status Quo unmittelbar nach dem sechsten "Star Trek"-Film lehnt sich Friedman vereinzelt auch etwas zu sehr aus dem Fenster, wie z.B. wenn er behauptet, Jim und Carol hätten ihre Beziehung wieder aufgenommen. Nun konnte er natürlich nicht wissen, dass der nachfolgende Film "Treffen der Generationen" seiner hier getroffenen Aussage widersprechen würde. Zumal "Das unentdeckte Land" ja eigentlich als das definitiv letzte Abenteuer der alten Crew angekündigt war, und Friedman somit nicht davon ausgehen musste/konnte, dass es noch weitere kanonische Geschichten geben würde, die seiner Behauptung hier widersprechen. Dennoch halte ich die Idee, dass die beiden wieder zusammenkommen könnten, gerade auch im Hinblick auf Davids Tod für eine steile These. Wobei das zugegebenermaßen nur eine Randbemerkung ist, und somit letztendlich recht einfach ignoriert werden kann.
Schwerer wiegt da schon alles rund um McCoy. Eigentlich hat mir im Vorfeld (Anm: Ich habe den Roman jetzt zum ersten Mal gelesen, wusste aber schon, dass man darin Pilles Vergangenheit beleuchtet) die Idee dahinter sehr gefallen. Die Umsetzung verschaffte mir dann allerdings mehrmals Bauchweh. Einer meiner größten Kritikpunkte betrifft dabei das Liebesdreieck zwischen Leonard, Jocelyn und Clay. Ich meine, ich verstehe schon, dass es diese Menschen im Leben gibt, über die man nie 100%ig hinwegkommt, aber zum Zeitpunkt an dem die Story angesiedelt ist (auch das übrigens ein Grund, warum es wohl besser gewesen wäre, sie – möglicherweise sogar deutlich [zur Zeit der klassischen Serie?] – früher anzusiedeln) sind über dreißig Jahre vergangen. Dass es Leonard nach all dieser Zeit immer noch nicht geschafft hat, es zu akzeptieren und eine Schlussstrich zu ziehen – na ja. Schlimmer als das fand ich aber die weitere Entwicklung dieser Geschichte, angefangen bei der zerrütteten Ehe zwischen den Treadaways, über Clays irrationales Verhalten vor allem auch in Richtung Leonard, bis hin zur Art und Weise, wie sich Jocelyn Pille an den Hals wirft. An diesen Stellen hatte ich echt schon Angst, dass Seife aus meinem Kindle quellen könnte. Das war von Friedman einfach völlig hanebüchen beschrieben. Und dann ist da noch der Ausgang des Geschehens. Eigentlich war mir bereits bei Jocelyns Beichte an Jim bewusst, worauf das hinauslaufen wird, aber die Art und Weise, wie es dann dazu kam, war halt auch soooooo extrem klischeehaft, dass der Moment die gewünschte emotionale Wirkung bei mir völlig verfehlte, und ich vielmehr ein (mit Augenrollen verbundenes) Lachen unterdrücken musste.
Der beste Teil des Romans ist ganz klar jener, der McCoys frühere Mission auf Ssan aufrollt. Der dortige tragische Ausgang – und die darin mitschwingende Ironie – haben mich nämlich in der Tat angesprochen. Perfekt war jedoch selbst dieser Teil nicht, denn was daran so schlimms ein soll, dass McCoy versucht, von seinem Patienten Informationen zu erhalten, die das Leben anderer retten könnte (was ja, wie man meinen sollte, das höchste Ziel von Ärzten ist) – weshalb sich seine Freunde von ihm abwenden (was von mir eher was von einem Kindergarten hatte) – wollte sich mir nämlich nicht erschließen. Immerhin hat er ihm weder leid zugefügt, noch seine Pflichten als Arzt dabei irgendwie vernachlässigt. Insofern war ich an dieser Stelle was die Aussage betrifft (und dass wir McCoys entsprechenden Einsatz kritisch sehen sollen, wird dann spätestens an der weiteren Entwicklung rund um den Oberarzt deutlich – den ich davor eigentlich ziemlich sympathisch fand [weshalb ich eigentlich auch gehofft hatte, dass sich die Bedenken der anderen gegen ihn als falsch und er sich vielmehr als missverstanden herausstellen würde]) nicht auf Friedmans Seite. Wobei ich zugegebenermaßen auch keine medizinische Ausbildung habe, und daher auch nicht wirklich beurteilen kann, inwiefern Pilles Vorgehensweise gegen den hippokratischen Eid verstieß. Trotz dieses Mankos hat mir dieser Teil aber insgesamt recht gut gefallen. Zumal uns Friedman sowohl dort als daraus abgeleitet dann auch in der "Gegenwart" mit einem spannenden moralischen Dilemma konfrontiert, über das sich vortrefflich streiten lässt. Und wie McCoy dann trotz allem was war versucht, das Leben des Ober-Assassinen zu retten, zeigt definitiv genau jene Menschlichkeit, welche die Figur in der Serie (und den Filmen) so auszeichnete. Wie sein Charakter (und der aller anderen bekannten Figuren) generell sehr gut getroffen ist. Mit der Story, die Michael Jan Friedman hier erzählt, war ich aber halt leider überwiegend nicht wirklich glücklich.
Fazit:
Die Idee hinter "Schatten auf der Sonne" fand ich – vielleicht abseits des zeitlichen Settings nach "Das unentdeckte Land", welches ich an Friedmans Stelle als letztes großes Abenteuer der TOS-Crew hätte stehen lassen (zumal sein Roman was die Größe, Bedrohung und Emotionalität betrifft an dieses nie herankommt) – ja eigentlich sehr interessant und vielversprechend. Mit der Umsetzung war ich allerdings leider nur vereinzelt glücklich. Am besten schlägt sich noch der Blick in Pilles Vergangenheit, zum ersten Einsatz auf Ssana. Was daran verächtlich sein soll, zu versuchen, von seinem Patienten Informationen zu bekommen, die das Leben anderer retten könnte, habe ich zwar nicht verstanden, davon abgesehen gefiel mir dieser Handlungsstrang aber sehr gut, und stach vor allem auch mit dem tragischen Ende hervor. Demgegenüber war mir alles rund um McCoy, seine Exfrau und ihren neuen Mann zu seifenopernartig. Zumal sie sich auch alle wie unreife Teenager und nicht Mittsechziger gebaren. Viel zu früh war mir dann auch klar, worauf das hinauslaufen wird; sowohl die Vorhersehbarkeit als auch die Klischeehaftigkeit des betreffenden Moments sorgten dann dafür, dass dieser die gewünschte emotionale Wirkung bei mir völlig verfehlte. Immerhin, Leonard McCoy ist von Friedman sehr gut getroffen, und mit ihm erhält hier das oftmals vernachlässigte dritte Mitglied des TOS-Triumvirats endlich mal Gelegenheit, so richtig zu glänzen. Ich wünsche nur, Friedman hätte sich dafür eine (in meinen Augen) bessere Story ausgedacht.
Bewertung: 2/5 Punkten
Christian Siegel
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