Kurzinhalt:
Im Jahr 2037 entdeckt ein Astronom auf dem Mond, der die Sonne erforscht, und aus den aktuellen Beobachtungen Berechnungsmodelle für die Sonnenaktivität errechnet, dass in fünf Jahren ein massiver Sonnensturm die Erde treffen wird. Einen ersten Vorgeschmack darauf erhält die Welt am 09. Juni desselben Jahres, wo ein deutlich kleinerer Sonnensturm sämtliche Elektronik auf der Erde lahmlegt. Dies ist jedoch nichts, was die Menschheit 2042 erwartet. Der betreffende Ausstoß von der Sonne wird so stark sein, dass er sämtliches Leben auf unserem Planeten – egal ob Menschen, Tiere oder Pflanzen – auslöschen und die Erde somit in eine leblose Wüste verwandeln wird. Die Anführer der freien Welt beraten daraufhin mit Astronomen und anderen Wissenschaftlern, was getan werden kann, um die Katastrophe wenn schon nicht zu verhindern so doch zumindest ihre Auswirkungen zu verringern. Letztendlich einigt man sich auf den Plan, einen riesigen Schild im Orbit der Erde zu bauen, mit dem diese vor einem Großteil der Strahlung geschützt werden soll. Während die königliche Astronomin Siobhan McGorran dieses Projekt überwacht, wendet sich die Soldatin Bisesa Dutt an die Präsidentin der eurasischen Union, Miriam Grec. Denn aufgrund ihrer Erfahrung auf Mir ist Bisesa davon überzeugt, dass es sich beim anstehenden Sonnensturm nicht um eine natürliche Katastrophe, sondern den gezielten Angriff einer außerirdischen Intelligenz handelt…
Review:
Nachdem man beim Vorgänger "Zeit-Odyssee" in meinen Augen den Blick zu sehr in die Vergangenheit gerichtet hat, wenden sich Arthur C. Clarke und Stephen Baxter hier nun wieder der Zukunft zu. "Sonnensturm" präsentiert dabei ein fast schon klassisches Katastrophen-Szenario, wie es Ende der 90er auch im Kino wieder zunehmend erfolgreich wurde. Beide Autoren haben im Verlauf ihrer (Einzel-)Karriere Erfahrung mit dem Genre gesammelt, Clarke z.B. mit "Der Hammer Gottes", und Baxter mit "Moonseed" (ein paar Jahre nach "Sonnensturm" sollte er zudem mit dem Zweiteiler "Flood" und "Ark" nochmal ins Genre zurückkehren). Wie der Titel schon verrät, geht es in diesem Fall um einen extremen Sonnensturm, welcher die Erde quasi sterilisieren und sämtliches Leben, egal in welcher Form, auslöschen wird. Im Vergleich zu, beispielsweise, einem Asteroiden, der auf die Erde zurast, erscheint die Aufgabe, diese Katastrophe abzuwenden, geradezu herkulisch, wenn nicht gar unmöglich. Insofern weckte diese Ausgangssituation (im Vergleich – und Gegensatz – zu "Die Zeit-Odyssee") sofort mein Interesse. Leider nahm meine Faszination mit der Zeit doch wieder etwas ab. Baxter (weil ich bin mir zu 100%ig sicher, dass die betreffenden Stellen von ihm kamen; wie ich wie schon beim Vorgänger wieder viel Geld darauf wetten würde, dass er auch hier generell der Haupt-Schreiber war, und Clarke – davon abgesehen, dass er seinen berühmten Namen hergab – in erster Linie beratend tätig war) verliert sich hier, wie es für sein Werk nicht unüblich ist, teilweise in seitenlangen wissenschaftlichen Abhandlungen, die für Science-Nerds interessant sein mögen, für mich die Story aber wiederholt zum Erliegen brachten. Wenn ich mich für so etwas interessiere, kaufe ich nun mal ein entsprechendes Sachbuch, und keinen (Science Fiction-)Roman.
Auffällig zudem, dass die beiden im Hinblick auf die Eroberung des Sonnensystems deutlich zu optimistisch waren, mit einer ständigen Basis auf dem Mond, sowie ersten Schritten in Richtung Mars. Und ja, zugegeben, zwanzig Jahre später ist das natürlich ganz besonders auffällig, da wir mittlerweile dem zeitlichen Setting des Romans näher sind, als dem Zeitpunkt, zu dem er geschrieben wurde. Aber, ganz ehrlich: Dass 2037 für all diese Entwicklungen zu optimistisch sein wird, war eigentlich auch 2005 absehbar. Trotzdem hat mir "Sonnensturm" insgesamt doch um einiges besser gefallen als der Vorgänger. Ich konnte einfach mit der (nun wieder in der Zukunft angesiedelten) Story, dem Setup rund um die drohende Auslöschung allen Lebens auf der Erde, und nicht zuletzt auch den Figuren hier deutlich mehr anfangen als bei "Die Zeit-Odyssee". Und vor allem das letzte Viertel, wo dann die Ereignisse rund um den Sonnensturm in den Mittelpunkt rücken, fand ich dann wirklich packend. Zumal, wie erwartbar, längst nicht alles glatt läuft, und trotz aller Bemühungen der Menschheit der Verlust von zahlreichen Leben (und Lebensräumen) zu beklagen ist. Auch die Rolle, die künstliche Intelligenz bei der Mission spielt, stach für mich hervor. Hier zeigen sich beide Autoren deutlich optimistischer, als das z.B. bei Clarke in "2001" (zu dem es übrigens wieder ein paar nette Anspielungen gibt) der Fall war, bzw. auch angesichts der aktuellen Entwicklungen (und zunehmenden Skepsis) angemessen erscheint. Man kann nur hoffen, dass künstliche Intelligenz – falls es uns tatsächlich gelingen sollte, eine solche zu erschaffen, welche dieser Bezeichnung auch gerecht wird – über ähnliche ethische Werte verfügen (und uns derart wohlgesonnen sind), wie es Baxter und Clarke hier hypothetisieren. Zuletzt ist dann auch noch mit den Hinweisen auf die Erstgeborenen eine interessante Ausgangssituation für den abschließenden Teil der Trilogie gegeben.
Fazit:
Im Vergleich zum Vorgänger "Die Zeit-Odyssee", wo man sich in meinen Augen viel zu sehr mit unserer Vergangenheit beschäftigte, war "Sonnensturm" wieder deutlich mehr meins. Einerseits schon allein aufgrund des Settings in der Zukunft, mehr noch aber der fast schon übermächtigen Bedrohung, der sich die Menschheit – oder genauer gesagt, sämtliches Leben auf der Erde – gegenübersieht. Vor allem die letzten hundert Seiten, die sich dann um genau jenen schicksalhaften Tag – und unsere Bemühungen, das Schlimmste zu verhindern – drehen, hatten es mir dementsprechend ziemlich angetan. Ehe es soweit ist, verliert sich Baxter (denn die betreffenden Stellen sind eindeutig auf seinen Mist zurückzuführen) leider da und dort etwas zu sehr in wissenschaftlichen Details, die "Sonnensturm" stellenweise eher den Eindruck eines Vortrags denn eines Romans geben können. An die besten Werke der beiden kommt somit auch der zweite Teil ihrer gemeinsamen Trilogie nicht heran. Gegenüber "Die Zeit-Odyssee" war "Sonnensturm" aber jedenfalls ein deutlicher Fortschritt.