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X-Men 2 Drucken E-Mail
Vertieft die Story des Films – bis zum Exzess Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Donnerstag, 20 März 2025
 
Titel: "X-Men 2"
Bewertung:
Autor: Chris Claremont
Übersetzung: Nicht bekannt
Umfang: 409 Seiten (E)
Verlag: Goldmann (D), Del Rey (E)
Veröffentlicht: 2003 (D), 04. März 2003 (E)
ISBN: 978-0-345-46196-4 (E)
Kaufen: Taschenbuch (E)
 

Kurzinhalt: Seitdem der Öffentlichkeit mit der Existenz von Mutanten mit außergewöhnlichen Fähigkeiten konfrontiert wurde, ist die politische und gesellschaftliche Lage in den USA nach wie vor angespannt. Als ein bislang unbekannter Mutant einen Anschlag auf den US-Präsidenten verübt – der jedoch mit dem Schrecken davonkommt – droht die Situation weiter zu eskalieren. Immer noch unter Schock stehend, gibt Präsident den radikalen Plänen von Colonel William Stryker zum Umgang mit der Bedrohung durch Mutanten grünes Licht. Dies wiederum ruft sowohl die X-Men unter Charles X. Xavier, als auch die von Erik "Magneto" Lehnherr geführte Bruderschaft auf die Barrikaden. Beide verfolgen grundsätzlich ähnliche Ziele – sie wollen die Sicherheit von Mutanten sicherstellen – jedoch auf höchst unterschiedliche Art und Weise. Wo Xavier eine friedliche Existenz mit der Menschheit anstrebt, sieht Erik diese als Bedrohung, die es auszulöschen gilt. Die Gefahr durch William Stryker und sein Programm zwingt die beiden Gruppen dann jedoch, zusammenzuarbeiten…

Review: Der erste "X-Men"-Film, der im Jahr 2000 das Genre der Comicfilme wieder salonfähig machte, erwies sich rückwirkend doch ein bisschen als Machbarkeits- und Erfolgsstudie. Ein Testlauf, der die Studios davon überzeugen sollte, dass das Publikum den "Batman & Robin"-Flop wenn schon nicht vergessen so doch zumindest ausreichend verdaut hatte. Nachdem dies erfolgreich erledigt war, konnte Bryan Singer bei seinem Nachfolger dann aus den vollen schöpfen, und legte in vielerlei Hinsicht eins drauf. Die Story ist deutlich tiefgründiger und epischer, auch den Charakteren widmet man sich um einiges ausführlicher, und nicht zuletzt bot man mit dem (vorläufigen) Tod von Jean Grey am Ende eine hochdramatische Wendung, welche das vermeintlich an Kinder und Jugendliche gerichtete Genre endgültig in Richtung ernsthafterer Erwachsenenunterhaltung weiterentwickelte. Von vielen dieser Elemente profitiert natürlich ganz grundsätzlich schon mal ein das Drehbuch adaptierender Filmroman. Spannend fand ich jedoch, dass ganz abgesehen vom Inhalt sich diese Entwicklung aus den Filmen, hin zu mehr Tiefe, auch den Romanadaptionen widerspiegelt. Dies dürfte wohl nicht zuletzt dem Wechsel hinter der Tastatur zu verdanken sein. Ich war ja grundsätzlich mit der Arbeit von Kristine Kathryn Rusch und Dean Wesley Smith beim Vorgänger recht zufrieden, allerdings musste selbst ich zugegeben, dass sie es sich bei "X-Men" doch etwas gar leicht gemacht haben. Das Drehbuch in Word reinkopieren, die Regieanweisungen rausnehmen, ein paar Szenenbeschreibungen einfügen, und die Dialoge in klassische Roman-Form bringen -> fertig. Mehrwert im Vergleich zum Film bot ihre Romanadaption aber keinen.

Für den Filmroman zum Nachfolger verpflichtete man nun Chris Claremont, der die "X-Men"-Comics jahrelang prägte, und mit seinem Relaunch unter dem Titel "Uncanny X-Men" für viele Fans auch die definitive Version dieser Superhelden vorlegte. Er legt die Adaption des Nachfolgers ganz anders an, was ab der ersten Seite zu bemerken ist. Wo Rusch und Smith sehr oberflächlich blieben, und das Drehbuch fast 1:1 wiedergaben, geht Claremont ab der ersten Szene enorm in die Tiefe, gestaltet sowie die Ereignisse/die Story als auch die Figuren aus. Der Angriff auf den Präsidenten gibt hier die Stoßrichtung vor; wir springen von einer Person zur nächsten, und erfahren, wie sie die Ereignisse erlebt. Und so füllt eine Szene, die im Film zwei Minuten einnimmt, im Buch rund zwanzig Seiten. Er nimmt das Drehbuch eben auch wirklich nur als Ausgangslage, aus Grundgerüst, und baut eben darauf auf. Davon profitiert "X-Men 2" vor allem in der ersten Hälfte enorm. Claremont geht hier vor allem was die Figuren betrifft so viel mehr in die Tiefe, weshalb man sich ihnen auch noch einmal um einiges verbundener fühlt als beim Film oder auch den (Roman-)Vorgänger. Bei letzterem hatte ich ja u.a. beanstandet, dass das Autorenpaar nichts macht, um die im Film zu kurz gekommenen Figuren auszugestalten. Nicht nur, dass das Drehbuch zum Nachfolger daran gearbeitet hat, und manche der vernachlässigten Charaktere stärker in den Mittelpunkt rückten, Claremont setzt mit seiner enorm in die Tiefe gehenden und auf die Figuren fokussierten Erzählweise hier noch einmal eins drauf. Und das sowohl in den Actionszenen, wie z.B. den Angriff auf die Schule, als auch den Charaktermomenten. Damit verstärkt er diese ohnehin schon auch in den Filmen vorhandene Tendenz zu mehr Tiefe und einem näheren Auseinandersetzen mit den Figuren noch einmal zusätzlich. Und eben dies funktioniert über weite Strecke des Romans ausgesprochen gut.

Nur zum Ende hin drohte er es mir damit dann doch ein bisschen zu übertreiben. Weil ab der Ankunft in der Alkali-Basis hat für mich dann die Balance aus (Charakter-)Tiefe und Action bzw. Vorwärtsbewegung nicht mehr gepasst. Aus meiner Sicht verpasste er hier mit eben diesem Punkt den idealen Umschaltmoment, um doch ein bisschen mehr auf die Tube zu drücken. Er geht auch bei den Ereignissen dort derart ins Detail, dass er dem Geschehen einiges an Dynamik, und damit stellenweise auch Dramatik, raubt. Zumindest ich hätte mir somit ab dieser Stelle doch gut fünfzig Seiten weniger gewünscht. Der letzte Punkt der einen als Leser dann doch etwas irritiert ist das Ende, welches sich dramatisch vom Film unterscheidet. Denn im Gegensatz zu dort überlebt Jean Grey hier das Finale rund um den Bruch des Damms. Ich konnte leider keine Informationen zum Hintergrund finden. Möglich, dass es in der ursprünglichen Fassung des Drehbuchs noch genau so stand, und man sich erst im Zuge der Dreharbeiten dazu entschieden hat, dies zu ändern. Es mag auch damit zusammenhängen, dass der Roman – aus mir unerfindlichen Gründen – rund zwei Monate vor dem Kinostart in den USA in den Regalen stand. Man wollte wohl nicht, dass dieser Twist vorab schon bekannt wird. In diesem Fall hätte ich es aber besser gefunden, einfach die Veröffentlichung des Buchs zu verschieben – und Claremont das Ende noch einmal umschreiben und an jenes aus dem Film angleichen zu lassen. Weil auch wenn solche Adaptionen für mich immer aus dem Vergleich zwischen einer (manchmal früheren) Drehbuchversion und dem fertigen Film einen besonderen Reiz ziehen, aber der Unterschied war dann doch zu eklatant, weshalb es in diesem spezifischen Fall eher irritierend als faszinierend war.

Fazit: Der zweite "X-Men"-Film war eine deutlich tiefergehende Angelegenheit als der flott-oberflächliche erste. Logisch, dass sich dies auch grundsätzlich schon mal in der Adaption widerspiegelt. Und doch liegt es nicht nur am Drehbuch, sondern in erster Linie an der Wahl des Autors. Nachdem es sich Kristine Kathryn Rusch und Dean Wesley Smith beim Vorgänger sehr einfach gemacht und nur ein bissl um die Dialogzeilen des Drehbuchs herumgeschrieben haben, dient eben dieses dem "X-Men"-erfahrenen Autor Chris Claremont nur als Grundgerüst. Er geht bei der Beschreibung der Ereignisse, aber auch dem Innenleben der Figuren, enorm in die Tiefe, und wertet damit die Story aus dem Film über weite Strecken noch einmal deutlich auf. Sein Zugang, den er bis zuletzt aufrecht erhält, hat jedoch auch einen Haken: Er drückt das Erzähltempo deutlich nach unten, und raubt damit insbesondere dem Showdown in der Alkali-Basis an Dynamik. Vor allem aber wundert man sich als Kenner des Films über den Ausgang des Geschehens. Warum der Roman so veröffentlicht wurde, und man das Ende nicht an jenes aus den Film anpasste, ist mir absolut unverständlich. Von diesen zwei Punkten abgesehen ist "X-Men 2" aber eine phantastische Adaption des Films/Drehbuchs.

Bewertung: 4/5 Punkten
Christian Siegel
(Cover © 2003 Del Rey)





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