Kurzinhalt:
Zwei Monate vor der Krönung von Charles III. zum neuen König von Großbritannien wird der MI-6 auf potentielle Anschlagspläne rund um die Zeremonie aufmerksam. Es wird vermutet, dass der vermögende Exzentriker Athelstan von Wessex, der auf der rechten Seite des politischen Spektrums nun schon länger für Aufregung sorgt, den historischen Tag nutzen möchte, um ganz England in seinen Grundfesten zu erschüttern, und daraufhin selbst als Retter erscheinen und in die Fußstapfen von Königin Elizabeth II. treten zu können. James Bond gibt sich als Chef einer Sicherheitsfirma aus; über eine geschickt eingefädelte, vermeintlich zufällige Begegnung mit einer von Athelstans Mitarbeiterinnen beginnt er sich daraufhin dessen gemeiner Organisation anzunähern. Doch die Zeit drängt, denn trotz der Gefahr denkt Charles gar nicht daran, die Zeremonie zu verschieben. Und so bleiben 007 nur wenige Wochen, um Athelstans Organisation zu infiltrieren und mehr über dessen Anschlagspläne in Erfahrung zu bringen, um diese so vereiteln zu können…
Review:
Im September 2022 ist Königin Elizabeth II. im Alter von 96 Jahren, und nach siebzig Jahren auf dem englischen Thron, von uns gegangen. Ein unfassbarer Zeitraum, der mehrere Generationen umfasst. Wie lange sie Teil unser aller Leben war, zeigt unter anderem ein Blick auf die Abenteuer von James Bond. Ian Fleming verfasste seinen ersten Roman "Casino Royale" im Jahr 1953 – rund in Jahr, nachdem Elizabeth II. gekrönt wurde. Insofern befand sich der von ihm geschaffene Geheimagent Zeit seiner Existenz immer im Dienste ihrer Majestät. Es ist daher verständlich, dass der Nachlassverlag Ian Fleming Publications dieser historischen Änderung auch in der Welt von James Bond mit einer eigenen Geschichte Rechnung tragen wollte. Und so beauftragten sie Charlie Higson, der davor mit seiner "Young Bond"-Reihe Erfolge gefeiert hatte, ein neues 007-Abenteuer rund um die Krönung von Charles III. zu schreiben. Da die Veröffentlichung zwei Tage vor der Zeremonie geplant war, drängte die Zeit. Ich kann nicht beurteilen, ob die relative Überschaubarkeit von "On His Majesty's Secret Service" eben diesem Umstand geschuldet war, er sich hier einfach nur an der Länge seiner (mir noch nicht bekannten) Young Adult-Bücher orientierte, oder aber von vornherein nur eine Story gewünscht war, die sich im Umfang eher den von Ian Fleming geschriebenen Kurzgeschichten als seinen Romanen orientierte. So oder so: Das Endergebnis – dessen Erlöse zur Gänze der karikativen Einrichtung " National Literacy Trust" zu Gute kamen – ist eine doch ziemlich knappe Angelegenheit, die sich problemlos in 1-2 Stunden weglesen lässt.
Wie vorhin erwähnt bin ich mit seinen "Young Bong"-Romanen noch nicht vertraut (und bin mir aktuell auch nicht sicher, ob sich das jemals ändern wird), und kann daher keinen Vergleich ziehen. Mit "On His Majesty's Secret Service" bewegte er sich für mich jedenfalls in etwa auf dem mittelmäßigen Niveau der Gardner-Romane. Sein Buch ist dabei doch ein bisschen eine zwiespältige Angelegenheit. Auf der einen Seite ist die Geschichte flüssig geschrieben, bewegt sich rasch fort, und lässt nicht zuletzt die geringe Seitenanzahl von vornherein kein Aufkommen von Langeweile zu. Zugleich ist das Geschehen aber leider auch nie wirklich spannend und/oder mitreißend. Zudem sind zwar alle Elemente enthalten, die man sich von einem klassischen Bond-Abenteuer erwartet – ein egomanisch-größenwahnsinniger Bösewicht, ein Bond-Girl bei dem man sich lange nicht sicher sein kann, auf welcher Seite sie steht, ein groß angelegter Plan der tausende Todesopfer fordern würde und den es zu vereiteln gibt – allerdings sind all diese Elemente überaus durchschnittlich, und schafft es Gibson weder, eigene Akzente zu setzen, noch ihnen irgendetwas denkwürdiges mitzugeben, was dafür sorgen würde, dass einem die Geschichte (oder zumindest einzelne Aspekte davon) noch länger in Erinnerung bleibt. Der Bösewicht, sein Handlanger, das Bond-Girl, die Action – alles ist absolut 08/15, und nichts sticht irgendwie hervor. Immerhin gelang es Higson aber recht gut, Bonds Persönlichkeit (so wie in den Fleming-Romanen beschrieben) einzufangen. Überrascht war ich zudem davon, wie politisch das Buch daherkommt, wobei der Autor vor allem an den machtgierigen Rechtspopulistin (die sich Patrioten schimpfen) und ihren Anhängern (gendern erübrigt sich da ja) hart ins Gericht geht. Auch das war definitiv ein Plus. Dafür vermisste ich ein bisschen jenes besondere Flair, dass die Fleming-Bücher u.a. so auszeichnete. Und auch der Showdown war leider ziemlich unspektakulär, und auch etwas gar rasch vorüber. Ihr seht, so zieht sich das fast durch die gesamte Besprechung: Auf einen positiven Aspekt folgt ein negativer; was dann eben insgesamt auch eine durchschnittliche Wertung ergibt.
Fazit:
Für einen reinen Publicity-Stunt ist "On His Majesty's Secret Service" ja eigentlich sogar ganz brauchbar – man sollte sich nur kein "vollwertiges" 007-Abenteuer erwarten. Der Roman war doch ein ziemlicher Schnellschuss, zwischen ursprünglicher Idee – und Beauftragung von Charlie Higson als Autor – und Veröffentlichung lagen gerade mal rund drei Monate. Da muss man was die Story betrifft natürlich unweigerlich Abstriche zu machen, sowohl was Komplexität, Umfang als auch ein bisschen Qualität betrifft. Zumindest könnte ich mir vorstellen, dass Higson (inwieweit der Roman bereits das Maximum seiner Fähigkeiten darstellt, kann ich mangels Kenntnis seiner "Young Bond"-Reihe nicht beurteilen) mit etwas mehr Zeit da und dort noch nachgebessert hätte, und insbesondere im Hinblick auf die Story noch mehr in die Tiefe gegangen wäre. So ist "On His Majesty's Secret Service" ein zwar immerhin ganz spaßiges und kurzweiliges, aber auch sehr generisches 007-Abenteuer, welches einem wohl abseits des zentralen Gags – nämlich das Setting rund um die Krönung von Charles III. – nicht lange in Erinnerung bleiben wird.
Bewertung: 2.5/5 Punkten
Christian Siegel
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