Sherlock Holmes - 5x02: Das Problem der Thor-Brücke
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Originaltitel: The Problem of Thor Bridge Episodennummer: 5x02 Bewertung: Erstausstrahlung US: 28. Februar 1991 Heimkino-Premiere D: 2004 Drehbuch: Jeremy Paul Regie: Michael A. Simpson Besetzung:
Jeremy Brett als Sherlock Holmes,
Edward Hardwicke als Dr. Watson,
Daniel Massey als J. Neil Gibson,
Celia Gregory als Maria Gibson,
Catherine Russell als Grace Dunbar,
Niven Boyd als Marlow Bates,
Andrew Wilde als Sergeant Coventry,
Stephen Howard als Mr. Ferguson,
Philip Bretherton als Mr. Joyce Cummings Q.C.,
Dean Magri als Billy u.a.
Kurzinhalt:
Maria Gibson, die Ehefrau eines Gouverneurs, wird erschossen auf der Thor-Brücke – die sich in der Nähe des Anwesens befindet – aufgefunden. Als die Polizei den Fall untersucht, deutet alles darauf hin, dass es sich bei der Gouvernante des Haushalts, Grace Dunbar, um die Täterin handelt. Nicht nur hielt die Ermordete eine Notiz von ihr in der Hand, wonach sie einwilligt, sich mit Maria auf der Brücke zu treffen – was Grace auch offen zugibt – es wird zudem ein Revolver, aus dem eine Kugel abgefeuert wurde, in ihrer Kommode gefunden. Doch für J. Neil Gibson, den Ehemann der Verstorbenen, ist es undenkbar, dass Grace etwas mit dem Mord zu tun haben könnte. Er wendet sich hilfesuchend an Sherlock Holmes, verlässt dann aber erbost dessen Wohnung, als sich dieser erkundigt, inwieweit er und die Gouvernante ein Verhältnis hatten. Doch die Ausführungen von Mr. Gibson haben Holmes' Interesse geweckt, weshalb er – natürlich wie immer in Begleitung seines Freundes und Kollegen Dr. Watson – die Ermittlungen aufnimmt…
Review (kann Spoiler enthalten):
Die Vorlage zu "Das Problem der Thor-Brücke" zählt zu meinen absoluten Favoriten nicht nur der entsprechenden Kurzgeschichtensammlung ("Sherlock Holmes' Buch der Fälle"), sondern der Holmes-Geschichten generell. Dementsprechend hoch war mein Anspruch an die Adaption – die hier von Jeremy Paul (mit dem ich in der Vergangenheit ja nicht immer 100%ig glücklich war) mit Bravour gemeistert wird. Wobei er natürlich teilweise auch von Aspekten profitiert, die außerhalb seines Einflussbereichs lagen. Hier ist natürlich nicht zuletzt – wie eigentlich immer – die schauspielerische Leistung von Jeremy Brett in der Titelrolle zu erwähnen. Der kann hier insofern wieder einmal ganz besonders glänzen, als er hier sehr viel zu tun bekommt. Und damit meine ich nicht nur seine Screentime an sich, sondern auch, dass er verschiedene Facetten von Holmes zeigen kann. Bei der Deduktion auf der Brücke beweist er wieder einmal seine Beobachtungsgabe und seine Intelligenz. Im Gespräch mit Miss Dunbar zeigt sich sein (als Charaktereigenschaft oftmals vernachlässigte) Mitgefühl. Und in der brüsken Art und Weise, wie er Mr. Gibson zurückweist ("You dismiss my case?" "No, Mr. Gibson, I dismiss you") kommt auch wieder seine ungeduldig-forschere Seite (und seine "no bullshit"-Einstellung) zur Geltung.
Vor allem aber brilliert Holmes hier natürlich dann bei der Auflösung am Ende, die generell für mich das absolute Highlight von "Das Problem der Thor-Brücke" ist, und für mich zu meinen Favoriten unter den Holmes-Geschichten zählt. Das war – auch von dem Täter/der Täterin (denn nein, ich werde hier natürlich nichts verraten) – wirklich sehr geschickt ausgeklügelt. Aber auch Watson darf hier wieder einen Beitrag leisten. Seine Interpretation des Falls mag sich zwar als falsch erweisen (wobei seine Rückschlüsse – mit Ausnahme der Frage, warum Mr. Gibson dann Sherlock Holmes überhaupt anheuern würde – durchaus plausibel waren), dafür ist es seine Idee, Mr. Gibsons Brief zu verwenden, um Zugang zu Mrs. Dunbar zu erhalten. Ein weiteres ganz wesentliches Plus von "Das Problem der Thor-Brücke" ist die Inszenierung durch Michael A. Simpson (der, wie ich feststellen musste, ich bedauerlicherweise seinen einzigen Einsatz für die Serie hatte). Vor allem die Szene zu Beginn, als Grace in Richtung Brücke aufbricht, hat es mir dank des eingesetzten Kamerafilters, der den Himmel in ein orangenes Licht taucht, sehr angetan. Aber auch rund um die Brücke gibt es ein paar sehr nette Einstellungen – wobei hier natürlich auch die Location-Scouts zu loben sind, die hier eine wirklich coole Brücke gefunden haben. Und dann ist da natürlich noch der Fall an sich, der von Anfang an mein Interesse zu wecken vermochte, wunderbar ausgeklügelt ist, und dann eben in der bereits lobend erwähnten Auflösung mündet. Zugegeben, angesichts all dieser Stärken hatte Jeremy Paul hier letztendlich eigentlich gar nicht mal so viel zu tun, bzw. war es eher eine Frage dessen, nichts zu verhauen. Aber auch das ist bereits eine nicht zu unterschätzende Leistung, für die auch er hier ausdrücklich zu loben ist.
Fazit:
Mit "Das Problem der Thor-Brücke" präsentiert uns die Serie nach längerem wieder ein echtes (kleines) Highlight. Zugegebenermaßen standen die Vorzeichen dafür insofern sehr gut, als auch die Vorlage bereits zu meinen Lieblings-Holmes-Geschichten zählt; dass dies jedoch nicht zwingend immer auch eine phänomenale Adaption ergeben muss, hat u.a. die Granada-Version von "Der Hund von Baskerville" gezeigt. Hier hingegen passt so ziemlich alles: Jeremy Brett zeigt sich wieder mal in Bestform, der Fall ist prima ausgeklügelt und lädt zum Mitraten ein, die Inszenierung von Michael A. Simpson tut sich mit einigen optisch überaus netten Szenen hervor, die Location der Brücke war auch super ausgewählt, und vor allem die clevere Auflösung hat es mir dann (wie schon in der Vorlage) enorm angetan. Andere Episoden mögen vielleicht noch die Spur mitreißender und/oder dramatischer gewesen sein, und daher knapp die Nase vorn haben. Insgesamt war ich von "Das Problem der Thor-Brücke" aber höchst angetan.