Kurzinhalt:
2024: Vor rund vierzig Jahren ist die Marine-Biologin Gillian Taylor spurlos verschwunden. Nun versucht die True Crime-Podcasterin Melinda Silver zusammen mit ihrem Kollegen Dennis Berry den Fall aufzuklären. Doch je mehr sie sich mit den Ereignissen kurz vor Taylors Verschwinden beschäftigt, desto mysteriöser wird es, angefangen bei angeblichen Wunderheilungen in einem Krankenhaus, über das zeitgleiche Verschwinden der von Taylor betreuten Wale George und Gracie, bis hin zu Berichten über UFOs und Außerirdische. In was ist Melinda da nur hineingeraten? 2268: Die Föderationswissenschaftlerin Taya Hamparian wurde entführt. Alles deutet darauf hin, dass sich der Täter auf dem Planeten Atraz verschanzt, bis er Hamparian an die Klingonen – die sehr an ihren Forschungsergebnissen interessiert wären – übergeben kann. Eben dies soll die Enterprise unter dem Kommando von Captain James T. Kirk verhindern. 2292: Das hochentwickelte Volk der Osori lädt Vertreter der Föderation, der Klingonen und der Romulaner zu einer gemeinsamen Mission auf Nimbus III, der auch als Planet des galaktischen Friedens bekannt ist. Bei dieser Begegnung wollen die Osori entscheiden, ob sie ihrer isolationistischen Politik treu bleiben, oder sich vielleicht sogar einem der Bündnisse anschließen wollen. Doch nach dem vermeintlichen Tod von einem ihrer Delegierten steht die Mission unter keinem guten Stern…
Review:
Wie die Inhaltsangabe bereits verrät, verteilt sich das Geschehen in "Lost to Eternity" auf drei unterschiedliche Zeitebenen. Lange Zeit erschließt sich einem dabei nicht, worin denn eigentlich der Zusammenhang zwischen ihnen besteht, und auch wenn es einen solchen wie sich schließlich zeigt doch gibt, sehe ich darin eines der größten Probleme von "Lost to Eternity". Man hat einfach lange Zeit den Eindruck, drei voneinander unabhängige Geschichten zu lesen. Diese kamen bei mir dann auch noch recht unterschiedlich an. Beginnen wir mit jener im Jahr 2024. Bevor ich mir den Roman vorknöpfte (sehr wohl aber bereits den Klappentext kannte), hielt ich die Idee, von einem True Crime-Podcast zu erzählen, der sich des Verschwindens von Gillian Taylor annimmt, eigentlich ganz pfiffig. Tatsächlich liegt es ja fast auf der Hand, dass – würde es sich um unsere reale Welt handeln – sich ein Podcast dieses ungeklärten Falls annehmen würde. Zwar bin ich persönlich weder regelmäßiger Podcast-Hörer noch True Crime-Fan – ich schaue mir jedes Jahr zu Weihnachten die aktuelle Staffel von "Only Murders in the Building" an, damit ist mein entsprechender Hunger dann aber auch ausreichend gestillt– aber zu Beginn fand ich diesen Zugang noch ziemlich cool. Es dauerte allerdings nicht lange, bis sich ein großes Problem damit offenbarte: Weil im Gegensatz zu Melinda wissen wir natürlich schon, was mit Gillian Taylor geschehen ist. Insofern sind wir der Journalistin die ganze Zeit voraus. Wir erfahren hier nichts Neues, haben keine neuen Erkenntnisse, sondern lesen ihr einfach dabei zu, wie sie das herausfindet, was wir längst wissen. Mich hat das stellenweise an den "Star Wars"-Roman "Der Geist von Tatooine" erinnert. Also natürlich haben die beiden inhaltlich genau gar nichts miteinander gemein, aber dort besucht Leia ja Tatooine, und wandelt auf den Spuren ihres Vaters. Dabei ist es genau so: Wir erleben ständig nur, wie sie auf das reagiert, was uns bereits bekannt/bewusst ist. Und eben dies nutzt sich in meinen Augen, da wie dort, doch sehr rasch ab. Erst recht spät im Verlauf der Geschichte betritt Greg Cox dann auch für Kenner von "Zurück in die Gegenwart" inhaltliches Neuland. Da war es aber fast schon zu spät.
Ein weiteres potentielles Problem rund um die Podcast-Geschichte ist, dass man die längste Zeit davon ausgehen muss, dass Melindas Nachforschungen unweigerlich im Sande verlaufen müssen. Weil es ist nicht wirklich erkennbar, wie sie jemals auf die Wahrheit stoßen und den Fall so aufklären könnte. Was dies betrifft, findet Cox zwar letztendlich doch noch eine Lösung, um diesen möglichen Kritikpunkt zu umgehen, in meinen Augen machte er es damit aber nur noch schlimmer, da mir eben diese Wendung extrem konstruiert vorkam. Und so erreichte der Epilog, der als berührender Abschluss der Story gedacht war, bei mir vielmehr genau das Gegenteil. Den anderen beiden Handlungssträngen ergeht es nur marginal besser. Jener in 2268 ist zwar sicherlich nicht schlecht, erzählt aber letztendlich von einem sehr generischen Abenteuer der klassischen "Star Trek"-Crew. Ich kann verstehen, was Cox mit dem dreigeteilten Ansatz bezweckte, und dass er eben auch in der Ära von Kirks erster Fünfjahresmission eine Geschichte erzählen (und den ganz besonderen Zauber der Serie wiederaufleben lassen) wollte, aber narrativ gesehen ist die Story letztendlich fast völlig überflüssig. Somit hat mir letztendlich alles in 2292 am besten gefallen. Dort wird die Geschichte dann zu einem durchaus gefälligen Abschluss geführt; zudem ist die Film-Ära im Vergleich zu jener der Serie noch nicht ganz so erforscht. Und nicht zuletzt profitiert dieser Teil von "Lost to Eternity" vom Auftritt von Saavik. Damit sind wir aber leider zugleich bei meinen letzten beiden großen Kritikpunkten, im Hinblick auf ungenutztes Potential. Denn letztendlich macht Cox mit ihrer Figur hier nicht fiel. Wir erfahren über sie nichts neues, zudem konnte ich auch nicht erkennen, inwiefern die Ereignisse hier auf Saavik irgendeine größere Auswirkung gehabt hätten. Zugegeben, er kann nichts dafür, dass man bei "Das unentdeckte Land" leider – da weder Kirstie Alley noch Robin Curtis in die Rolle zurückkehren, und man sie nicht noch einmal neu besetzen wollte – Saavik durch Valeris ersetzen musste. Deren Verrat hätte einfach so viel stärker gewirkt, weil es eine uns zu dem Zeitpunkt bereits bekannte Figur gewesen wäre. Und tatsächlich hätte die Geschichte hier eine gute Erklärung bieten können, wieso Saavik sich letzten Endes den Verrätern angeschlossen hat. Nur von "hätte" haben wir halt leider nichts.
Und das ist die Krux: Cox wollte hier die Geschichte von Saavik weitererzählen, während es aus meiner Sicht viel interessanter gewesen wäre, stattdessen die Vorgeschichte von Valeris zu erzählen. "Lost to Eternity" hätte die Gelegenheit geboten, uns einen Einblick in die Mentor-Schülerin-Beziehung zwischen ihr und Spock zu geben, und auch in ihrem Fall hätten die Ereignisse hier eine logische Grundlage für ihre weitere Entwicklung, und letztendliche Entscheidung im Hinblick auf die Verschwörung geboten. Aber selbst das ist noch nicht einmal Cox' größtes Versäumnis hier. Denn auch wenn die 2268- und 2292-Handlungsstränge soweit ganz ok waren, hätte ich liebend gerne auf sie verzichtet, wenn dies bedeutet hätte, etwas darüber zu erfahren, wie es Gillian Taylor nach ihrem Sprung in die Zukunft ergangen ist. Etwas, dass sich hier ja eigentlich angesichts der Story in der Gegenwart als paralleler Handlungsstrang förmlich aufdrängen würde. Greg Cox hätte hier die Gelegenheit gehabt, eine Lücke im "Star Trek"-Kanon zu schließen. Dass er diese ungenutzt verstreichen lässt, und uns stattdessen mit zwei zwar ok-igen, aber halt auch sehr generischen Stories abspeist, die diesen in keinster Weise bereicherten, fand ich halt schon enorm schade.
Fazit:
Für mich ist "Lost to Eternity" eine Mischung aus interessanten Ansätzen und vertanen Chancen. Ersteres bezieht sich in erster Linie auf die Idee, von einem True Crime-Podcast zu erzählen, der sich mit dem mysteriösen und nie aufgeklärten Verschwinden von Gillian Taylor auseinandersetzt. Grundsätzlich ja ein netter Einfall – der jedoch darunter leidet, dass wir Melinda die längste Zeit dabei zusehen, wie sie Dinge herausfindet, die wir schon längst wissen, was halt leider nie wirklich interessant ist. Aber auch die Art und Weise, wie Melinda hier am Ende doch noch ihre Antworten erhält, war mir zu konstruiert, und hat mich daher bedauerlicherweise überhaupt nicht überzeugt. Die beiden anderen Handlungsstränge sind zwar grundsätzlich ok, wobei ich vor allem jenen in 2292 ganz nett fand. Leider aber stellt Greg Cox dort mit Saavik nicht wirklich viel an, und wäre es in meinen Augen generell besser gewesen, sich hier vielmehr um Valeris zu kümmern, und so unsere Bindung zur Figur zu verstärken (wovon "Das unentdeckte Land" rückblickend hätte profitieren können). Vor allem aber wäre es mir einfach weitaus lieber gewesen, wenn Greg Cox auf die von ihm hier erdachten Stories in den Zeitebenen 2268 und 2292 verzichtet, und stattdessen parallel zu Melindas Nachforschungen von Gillian Taylors weiterem Leben im dreiundzwanzigsten Jahrhundert erzählt hätte. Zumindest ich hätte das bedeutend spannender gefunden, als das, was uns Greg Cox hier stattdessen serviert.