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Das Licht ferner Tage Drucken E-Mail
Faszinierende Idee, mäßige Umsetzung Kategorie: Literatur & Comics - Autor: Christian Siegel - Datum: Donnerstag, 13 März 2025
 
Titel: "Das Licht ferner Tage"
Originaltitel: "The Light of Other Days"
Bewertung:
Autoren: Arthur C. Clarke & Stephen Baxter
Übersetzung: Martin Gilbert
Umfang: 486 Seiten
Verlag: Heyne (D), Gollancz (E)
Veröffentlicht: 01. April 2001 (D), 16. April 2000 (E)
ISBN: 978-3-641-21909-3 (D), 978-0-312-87199-6 (E)
Kaufen: Taschenbuch (D), Kindle (D), Taschenbuch (E), Kindle (E)
 

Kurzinhalt: Hiram Patterson ist der Firmengründer und -chef des Unternehmens OurWorld, welches an Wurmlochtechnologie forscht, mit der man die weltweite Kommunikation revolutionieren will. Nach Jahren der Entwicklung ist es nun endlich soweit, und es gelingt, ein mikroskopisch kleines Wurmloch zwischen zwei Punkten auf der Erde zu öffnen. Nach diesem ersten Erfolg schreitet die Entwicklung rasant voran. Es dauert nicht lange, bis direkte Kommunikation durch die Wurmlöcher möglich ist. Vor allem aber dienen diese als Kameras – die vor keinem einzigen Punkt auf der Erde halt machen. Damit gehört Privatsphäre von einem Moment auf den nächsten de facto der Vergangenheit an. Kurz darauf kommt es zum nächsten Durchbruch: Es gelingt, Wurmlöcher in die Vergangenheit zu öffnen. Dies wird daraufhin sowohl bei Gerichtsverfahren angewendet, als auch um die Menschheitsgeschichte zu erforschen – und dabei auch mit so manchen Mythen aufzuräumen. All dies ist jedoch erst der Anfang einer regelrechten technologischen und gesellschaftlichen Revolution, welche die Menschheit für immer verändern wird…

Review: Zu dem Zeitpunkt, als ich mir "Das Licht ferner Tage" vor mehr als zwanzig Jahren das erste Mal vorknöpfte, hatte ich bereits einiges von Arthur C. Clarke, aber auch Stephen Baxter gelesen. Da es sich dabei jeweils um einige ihrer besten Arbeiten handelte (während mir von Baxter in den nachfolgenden Jahren leider auch so mancher Roman unterkam, mit dem ich wenig bis gar nichts anfangen konnte), war meine Erwartungshaltung gegenüber dieser Zusammenarbeit der beiden entsprechend hoch. Das Endergebnis konnte mich bedauerlicherweise nur teilweise überzeugen. Die größte Stärke von "Das Licht ferner Tage" liegt zweifellos in der zugrundeliegenden Grundidee rund um die Wurmlöcher, und die daraus resultierenden, zunehmend faszinierenden (und fantastischen) Anwendungsmöglichkeiten dieser Technologie. Ich will hier diesbezüglich jetzt bewusst nicht zu viel vorwegnehmen, weil für mich gerade in der Frage, wie weit Clarke und Baxter diese Idee noch weiterspinnen werden, dem Roman viel von seiner Faszination gibt. In jedem Fall haben mir aber die meisten dieser Gedankenspiele ausgesprochen gut gefallen; nur ihre allerletzte Idee hat mich zugegebenermaßen, so tröstlich sie auch sein mag, dann doch nicht 100%ig überzeugt. Davon abgesehen fand ich diesen Teil von "Das Licht ferner Tage" aber jedenfalls sehr faszinierend. Gleiches gilt für die Frage, welche gesellschaftlichen Veränderungen mit diesen technologischen Revolutionen einhergehen.

Leider aber beschäftigen sich die beiden für meinen Geschmack mit all diesen interessanten Elementen nicht ausführlich genug. Einerseits liegt dies wohl daran, dass die technologischen Sprünge, die mit der Wurmlochforschung einhergehen, sich derart überschlagen, dass zu wenig Zeit bleibt, um sich mit der Bedeutung für und den Auswirkungen auf die Welt – und die Gesellschaft – ausreichend auseinanderzusetzen. Als Beispiel möchte ich zumindest auf die ersten beiden Entwicklungen eingehen: Zuerst dient das Wurmloch "nur" dazu, dass man jeden beliebigen Punkt auf der Erde ansteuern kann. Das allein hätte – gerade auch im Hinblick auf die Privatsphäre, aber auch betreffend der geopolitischen Lage (was das Ausspionieren anderer Mächte usw. betrifft) enorme Auswirkungen. "Das Licht ferner Tage" kratzt diesbezüglich aber gerade mal nur an der Oberfläche, ehe schon die nächste große Revolution vorgestellt wird, die es ermöglicht, eben solche Wurmlöcher in die Vergangenheit zu öffnen. Dies wiederum hätte im ersten Schritt natürlich vor allem auf Gerichtsverfahren enorme Auswirkungen, da im Hinblick auf die Schuld oder Unschuld einer Person kein Zweifel mehr bestehen würde. Aber auch der direkte Zugang zu unserer eigenen Geschichte – und z.B. die Möglichkeit, das Leben des echten Jesus von Nazareth zu verfolgen – hätte natürlich große gesellschaftliche Auswirkungen, gerade auch im Hinblick auf die Weltreligionen. Auch hier gilt: Oberflächlich wird das zwar behandelt, aber wirklich in die Tiefe geht man nicht.

Neben der rasanten Weiterentwicklung und dem (aus meiner Sicht zu) frühen Vorstellen der nächsten Stufe gibt es aber auch noch einen weiteren ganz wesentlichen Punkt: Denn die Familiengeschichte rund um die Pattersons nimmt mindestens so viel Platz ein, wie die gerade besprochene Thematik. Und das aus meiner Sicht leider, weil mich die betreffenden Elemente nie so recht interessierten. Ich kann zwar verstehen, dass es den beiden (wobei ich definitiv meinte, hier eher die Handschrift von Baxter zu spüren; würde ich raten, wäre meine Vermutung, dass Clarke hier doch eher "nur" das Grundgerüst der Story beigesteuert hat) ohne diese Familie als direkten Bezugspunkt zu abstrakt gewesen wäre, hätte aber wohl eine andere (vielschichtigere) Reihe an Protagonisten vorgezogen, als diese Dynastie mit ihren seifenopernartigen (an "Dallas" und ähnliche Serien erinnernden) Konflikten. Wie ich hier generell leider kaum Figuren gefunden habe, mit denen ich mich so richtig identifizieren und dementsprechend auch mitfiebern konnte. Immerhin, wer aus der Figurenkonstellation heraussticht, ist Hiram Patterson, der vom Charakter her an aktuelle, die Schlagzeilen (leider) dominierende Tech-Mogule wie Elon Musk erinnert, wobei ich ihre doch sehr kritische Darstellung vor allem für die damalige Zeit (Anfang der 0er-Jahre war man diesen ja überwiegend noch recht wohlgesonnen) doch beachtlich (und erschreckend prophetisch) fand. Insgesamt lag die Stärke von "Das Licht ferner Tage" aber definitiv mehr in den hier vorgestellten, teils faszinierenden, teils erschreckenden Ideen (und Zukunftsvisionen), als bei der Umsetzung und/oder den Figuren.

Fazit: Die erste Kollaboration zwischen Stephen Baxter und Arthur C. Clarke (wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass Clarke hier eher die Idee und die Story beigesteuert hat, der Text selbst aber größtenteils bis ausschließlich von Baxter geschrieben wurde) überzeugte mich vor allem mit der faszinierenden Grundidee rund um die Wurmlöcher, und in welche Richtung die auf sie basierende Technologie in weiterer Folge dann entwickelt. Herauszufinden, wie weit Baxter und Clarke eben dies noch treiben werden, und was sie sich als nächstes haben einfallen lassen, machte für mich den größten Reiz von "Das Licht ferner Tage" aus. Leider fand ich, dass die vielen technologischen Sprünge in einem einzelnen Roman nicht wirklich erlaubte, sich tiefergehend mit deren Implikation – und Auswirkung auf die Gesellschaft – auseinanderzusetzen. Diesbezüglich bleibt der Roman leider sehr oberflächlich. Vor allem aber ver(sch)wendete man in meinen Augen viel zu viel Seiten auf die Familiengeschichte, die mich persönlich nicht interessierte. So gesehen setzten die beiden hier, zumindest meinem Empfinden nach, die falschen Schwerpunkte, und blieb die spannende Grundidee somit hinter den sich daraus ergebenden erzählerischen Möglichkeiten zurück.

Bewertung: 2.5/5 Punkten
Christian Siegel
(Cover © 2017 Heyne)





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