Mit: Roger Moore, Patrick Macnee, Charlotte Rampling, John Houston, David Huddleston, Signe Hasso, Gig Young, Leon Ames, John Abbott u.a.
Kurzinhalt:
In seinem Versteck in London wartet Professor Moriarty auf die Ankunft seiner Handlanger. Stattdessen steht plötzlich Sherlock Holmes vor ihm, und hat für seine Nemesis schlechte Nachrichten: Seine gesamte Organisation ist in den letzten Stunden von der Polizei festgenommen worden. Moriarty ist außer sich, und schwört dem Meisterdetektiv bittere Rache – bevor ihm dank eines vorbereiteten Fluchtwegs gelingt, zu entkommen. Kurz darauf erhält Holmes – wie immer – zwei Karten für die erste Aufführung von Irene Adlers nächstem Stück. Dennoch ist diesmal etwas anders: Er deduziert, dass Professor Moriarty die Nachricht abgefangen hat, und "die Frau" als Holmes' Schwachstelle identifiziert hat. Holmes und sein treuer Gefährte Dr. Watson reisen daraufhin nach New York. Doch sie kommen zu spät: Irene Adler hat die Vorführung aufgrund eines privaten Notfalls abgesagt. In ihrer Wohnung angekommen, erfahren sie, dass ihr Sohn Scott entführt wurde. Kurz darauf erhält Holmes eine Nachricht von Moriarty: Er soll sich, wenn ihn die Polizei in Kürze um Hilfe bittet, aus der Angelegenheit raushalten – sonst geht es dem Jungen an den Kragen. Als sich kurz darauf tatsächlich die Polizei bei ihm meldet, da es Moriarty offenbar gelungen ist, die internationalen Goldreserven aus einem Banksafe zu stehlen, muss Sherlock Holmes eine schwierige Entscheidung treffen…
Review:
Der Mitte der 70er entstandene TV-Film "Sherlock Holmes in New York" hat ein bisschen etwas von einem Best Of: Nicht nur muss Holmes hier gegen seinen berühmtesten Widersacher, Professor Moriarty, antreten, mit Irene Adler fand zudem die zweitbekannteste (frühere) Gegenspielerin des Meisterdetektivs ihren Weg in die Geschichte. Die Idee, auf diese Weise die Story aus "Ein Skandal in Böhmen" weiterzuerzählen, fand ich dabei grundsätzlich nicht einmal uninteressant. Wenn ich schon gerade bei den positiven Aspekten bin: Zwar war ich nicht mit allen in ihren jeweiligen Rollen 100%ig glücklich, aber die Besetzung an sich ist mit Roger Moore, Patrick Macnee, Charlotte Rampling und John Houston zweifellos so namhaft wie hochkarätig. Die Produktionsqualität ist für damalige TV-Verhältnisse ebenfalls sehr in Ordnung. "Sherlock Holmes in New York" bietet zudem ein paar sehr nette Deduktionen des Meisterdetektivs. Vor allem aber fand ich alles rund um den vermeintlichen Golddiebstahl (wenn mich der Clou daran auch an irgendwas erinnert hat; entweder kam das schon in einer anderen Geschichte mal vor, oder aber ich habe den Film doch mal in meiner Kindheit aufgeschnappt) wirklich clever gemacht.
Oberflächlich betrachtet hätte "Sherlock Holmes in New York" somit eigentlich beste Voraussetzungen für ein sehr gutes Holmes-Abenteuer geboten. Jedoch: Je näher man hinsieht, desto mehr offenbaren sich Schwächen. Das beginnt schon mit der Besetzung: Uneingeschränkt glücklich war ich eigentlich nur mit John Houston als Moriarty. Charlotte Rampling war zwar als Irene Adler ebenfalls eine ausgezeichnete Wahl, mir gefiel jedoch nicht, wie schwach ihre Rolle hier angelegt war. Vor allem der Ohnmachtsanfall nach Moriartys Nachricht wirkte auf mich extrem "out of character" – so sehr, dass ich an dieser Stelle sogar in Betracht zog, dass sie mit Moriarty unter einer Decke steckt, und dies alles (inklusive ihres vermeintlichen Sohnes) nur eine List ist, um Holmes aus dem Spiel zu nehmen (ob mir das dann wirklich besser gefallen hätte, steht auf einem anderen Blatt). Patrick Macnee wiederum hat das Pech, dass sich seine Interpretation von Dr. Watson in der Tradition von Nigel Bruce bewegen soll: Sprich, statt eines kompetenten Partners haben wir hier einen trotteligen Clown, wobei vor allem die Szene, in der sich Watson wunder, dass es im "Indian Theatre" gar keine Indianer gibt, meine diesbezügliche Schmerzgrenze sehr deutlich überschritt. Im Vergleich dazu schlägt sich Roger Moore in der Titelrolle eigentlich eh ganz wacker. Er bringt seinen typischen (Bond-)Charme in die Rolle ein, weshalb es ihm durchaus Spaß macht, ihn beim Ermitteln zuzusehen. Von meinen bevorzugten Interpretationen der Figur ist aber letztendlich auch er weit entfernt – nicht zuletzt auch deshalb, als es anderen Darstellern ungleich besser gelungen ist, sowohl den Scharfsinn als auch insbesondere die Getriebenheit der Figur zu vermitteln. Deutlich schwerer als das wiegt allerdings, dass die Story hier doch recht dünn ist, und sich dementsprechend – vor allem im Mittelteil – immer wieder mal zieht. Und auch was die Idee betrifft, Sherlock und Irene hätten während einer gemeinsamen Woche in Montenegro ein Kind gezeugt, kann man geteilter Ansicht sein. Insgesamt muss "Sherlock Holmes in New York" somit leider, trotz einiger gelungener Elemente und interessanter Ansätze, doch zu den schwächeren Holmes-Erzählungen gezählt werden.
Fazit:
Im Hinblick auf die positiven Aspekte würde ich "Sherlock Holmes in New York" eigentlich gern (zumindest eine Spur) besser bewerten. Roger Moore mag zwar nicht in Verdacht geraten, mein liebster Holmes aller Zeiten zu werden, legt die Figur aber dank seines typischen Flairs durchaus charmant an. Besser noch als er konnte mir jedoch John Houston in der Rolle seines Widersachers gefallen. Ich mochte auch die Idee, die Story rund um Holmes und Adler weiterzuspinnen. Vor allem aber hatte es mir die Auflösung rund um Moriartys (vermeintlichen) Diebstahl der Goldreserven angetan. Das war wirklich clever. Insgesamt überwiegen aber leider doch die negativen Aspekte. So ist mir Watson hier deutlich zu trottelig angelegt; zumal der hier ohnehin schon relativ gewitzte Holmes (in der Interpretation von Roger Moore) keinen komödiantischen Sidekick als Kontrast zur trockenen Hauptfigur erforderte, wie das bei den Rathbone-Filmen (die eben genau von dieser Dynamik lebten) der Fall war. Noch schwerer als das wiegt, dass mir Irene Adler hier deutlich zu schwach und vor allem auch passiv angelegt war. Just "die Frau" auf die Rolle eines Fräuleins – oder Mütterchens – in Nöten reduziert zu sehen, tut einem Holmes-Fan wie meiner einer doch ziemlich weh. Vor allem aber war die Story für die selbst eh nur etwas mehr als neunzig Minuten ein bisschen zu dünn, weshalb sich doch immer wieder Längen – und mit ihnen zugleich leider auch Langeweile – einschleichen. Schade, weil die Ansätze für ein gelungenes Holmes-Abenteuer waren hier definitiv gegeben.