Originaltitel: The Final Problem Episodennummer: 2x06 Bewertung: Erstausstrahlung US: 29. September 1985 Erstausstrahlung D: 16. Dezember 1987 Drehbuch: John Hawkesworth Regie: Alan Grint Besetzung:
Jeremy Brett als Sherlock Holmes,
David Burke als Dr. John Watson,
Eric Porter als Professor Moriarty,
Rosalie Williams als Mrs. Hudson,
Olivier Pierre als Director of the Louvre,
Claude Le Saché als Minister of the Interior,
Michael Goldie als The Artist,
Robert Henderson als American Millionaire,
Paul Sirr als Young Art Expert,
Jim Dunk als Porter at Victoria,
Paul Humpoletz als Herr Steiler,
Simon Adams als Swiss Youth u.a.
Kurzinhalt:
Sherlock Holmes wurde von der französischen Regierung damit beauftragt, die gestohlene Mona Lisa wieder zu beschaffen – was ihm auch gelingt. Er ahnt nicht, dass er damit einen weiteren Plan des kriminellen Meisterhirns Professor James Moriarty vereitelt hat. Dieser hat von seiner Einmischung genug, und besucht ihn im Apartment in der Baker Street, um ihn eine Warnung zu überbringen. Als sich Holmes nicht einschüchtern lässt, hetzt er mehrere Attentäter auf den Meisterdetektiv – denen Holmes mit Müh und Not entkommen kann. Parallel dazu hat er das kriminelle Netzwerk von Moriarty ausgeforscht, und die notwendigen Informationen, um sie festzusetzen, an die Polizei übergeben. Bis diese handeln kann, wird es jedoch noch ein paar Tage dauern. Da er es bis dahin in London für zu gefährlich hält, plant Sherlock Holmes, die Stadt vorläufig zu verlassen – was dann schließlich mit tatkräftiger Unterstützung von Mrs. Hudson sowie seinem engen, treuen Freund Dr. Watson, der ihn auf seine Reise begleitet, auch gelingt. Die beiden verschlägt es schließlich ins Schweizer Bergdorf Meiringen, welches nahe des berühmten Reichenbachfalls gelegen ist. Eben dort wird dann schließlich der ultimative Showdown zwischen Sherlock Holmes und seiner Nemesis James Moriarty stattfinden…
Review (kann Spoiler enthalten):
Für diese größtenteils sehr werksgetreue Adaption von Granada war ja John Hawkesworth hauptverantwortlich. Dieser hatte sich jedoch bis zum Ende der zweiten Staffel größtenteils zurückgehalten, und – man könnte fast meinen, so wie Professor Moriarty selbst – im Hintergrund die Fäden gezogen, während er die Episoden selbst von anderen (von ihm ausgesuchten) Autoren schreiben ließ. Bis zu "Die Liga der rothaarigen Männer", und nun eben auch "Sein letzter Fall", für die er selbst die betreffende Verantwortung übernahm. Ich schließe daraus, dass diese für ihn – verständlicherweise – eine ganz besondere Bedeutung hatten, und es ihm wohl als er mit diesem Projekt gestartet ist in erster Linie auch darum ging, diesen Punkt zu erreichen, und die besagten Geschichten adaptieren zu können; und dabei wohl definitiv weniger "Die Liga der rothaarigen Männer" – die er nur dafür nutzte, um Professor Moriarty einzuführen (und damit für mich sinnvoll auf die Vorlage aufzubauen und diese im Zuge seiner Adaption zu verbessern, da wir so bei "Sein letzter Fall" – im Gegensatz zu dieser – auch schon einen Bezug zu Moriarty haben) – als nun eben "Sein letzter Fall" (im Übrigen mochte ich den doppeldeutigen deutschen Titel der Kurzgeschichte schon immer ausgesprochen gerne).
Ob es nun so ist oder nicht, kann ich nicht sagen, unter Anwendung von Holmes' Kunst der Deduktion sehe ich aber neben seiner direkten Beteiligung auch darin, dass man für diese Episode ganz offensichtlich mehr Geld in die Hand nahm als für die Serie sonst üblich (was es dann eben auch erlaubte, die Schweiz-Szenen am Originalschauplatz zu drehen), ein Indiz für meine These. Und der hier (für damalige Verhältnisse) betriebene Aufwand hat sich auch absolut gelohnt. "Sein letzter Fall" hat sich mir damals als sich sie in meiner Kindheit im TV gesehen habe ins Gedächtnis gebrannt (vor allem dann die letzten paar Minuten am Reichenbachfall), und mich damals wie heute nachhaltig beeindruckt. Wie zu Beginn meiner Reviews zur Serie erwähnt, habe ich danach – aufgrund der Staffelpause – den Anschluss verloren, weshalb ich den Rest noch nicht kenne, und dementsprechend nicht einmal aus der Erinnerung heraus irgendeinen Vergleich anstellen kann. Und auch wenn ich noch auf viele weitere gelungene Episoden hoffe, so gehe ich doch davon aus, dass "Sein letzter Fall" die Sternstunde von "Sherlock Holmes" bleiben wird. Dabei nimmt man sich für diese ansonsten sehr werkgetreue Verfilmung von Sir Arthur Conan Doyles Geschichten im ersten Drittel noch einige Freiheiten, um die Story ein bisschen "voller" und aufgrund des damit einhergehenden höheren Erzähltempos auch dramatischer zu gestalten. Eben dafür hat sich John Hawkesworth die Geschichte rund um den Diebstahl der Mona Lisa ausgedacht, die es Moriarty in weiterer Folge ermöglichen soll, hochwertige Fälschungen als das gestohlene Original an vermögende Kunstliebhaber zu verkaufen. Dass es Holmes gelingt, eben diesen Plan zu vereiteln, ist dann der Auslöser für den wiederum der Vorlage entnommenen Besuch von Moriarty bei Holmes, dem auch das Zitat "All that I have to say has already crossed your mind" entnommen ist (welches auch bereits im Rathbone-Film "Die Frau in Grün" verwendet wurde), und wo der Professor den Meisterdetektiv davor warnt, sich auch weiterhin in seine Pläne einzumischen – wovon sich Sherlock aber natürlich nicht beeindrucken lässt.
Was jedoch nicht heißt, dass er der Gefahr gegenüber, die Moriarty für sich und die Welt darstellt, blind wäre. Und so bereitet er alles dafür vor, um dessen gesamte Organisation mit einem Schlag verhaften lassen zu können. Nachdem dies erledigt ist, und gleich drei Anschlägen auf sein Leben hintereinander, gibt es aber keinen Grund, in London darauf zu warten, bis die Polizei ihre Aktion startet – und sich damit auch weiterhin der Bedrohung durch Moriarty und seine Organisation auszusetzen. Bei Holmes Flucht auf London darf sich nicht nur John Watson wieder einmal als treuer Freund herausstellen, auch die Haushälterin Mrs. Hudson spielt dabei eine kleine aber entscheidende Rolle. Bei der Szene im Zug gibt es dann auch den einzigen – hier jedoch in Summe vernachlässigbaren – Kritikpunkt, weil mittlerweile sollte Watson Holmes' Tricks (und Verkleidungen) gut genug kennen, um sich den Mann der sich mit ihm im Abteil befindet genauer anzusehen. Aber gut. 1:1 der Vorlage ist dann jener Moment entnommen, wo sich Holmes und Watson am Bahnhof hinter Gepäckstücken verstecken, während Moriarty mit einem "Kleinzug" – vermeintlich – ihre Verfolgung aufnimmt.
Wirklich hervorstechend ist dann aber das letzte, in Meiringen angesiedelte Drittel. Teilweise liegt dies an den tollen Location-Aufnahmen an den Originalschauplätzen. Zudem gelingt es Regisseur Alan Grint dann vor allem auch in diesem Teil ausgesprochen gut, die bedrückende Stimmung immer mehr zu verdichten. Auch kleine Momente, die deutlich machen, wie besorgt Sherlock Holmes im Hinblick auf die Gefahr ist, in der er und Watson nach wie vor schweben, tragen ihren Teil dazu bei. All dies führt dann schließlich zum Finale am Reichenbachfall, dass einfach nur phänomenal gemacht ist, und man aus meiner Sicht gar nicht besser hätte umsetzen können. Angefangen bei jenem Moment, wo Moriarty (grandios gespielt von Eric Porter) plötzlich vor Holmes steht, über dessen Nachricht an seinen alten Freund Dr. Watson, bis hin zur Inszenierung des Kampfes zwischen den beiden Kontrahenten, der dann schließlich darin mündet, dass die beiden, sich nach wie vor aneinander klammernd, in die Tiefe stürzen (was wir sogar direkt mit der Kamera verfolgen; da verzeiht man es auch gerne, dass auf der hochauflösenden Blu-Ray zu Beginn kurz die Seile an denen die Stuntmen hängen zu erkennen sind). Vor allem für damalige TV-Verhältnisse ist die Umsetzung dieses wohl berühmtesten Moments aus den Holmes-Erzählungen absolut herausragend geglückt. Was mir sowohl in der Kurzgeschichte als auch hier bei der Umsetzung auch schon immer enorm gefiel ist, wie Watson hier dann am Ende dazu gezwungen ist, Holmes' Methoden anzuwenden, um zu kombinieren, was genau an der Klippe vorgefallen ist. Die Episode schließt dann schließlich mit einer melancholisch-bedrückenden Epilog von Watson, in dem sich dieser an seinen guten alten Freund erinnert – und David Burke (in seinem letzten Auftritt in der Serie) direkt in die Kamera, und damit zu uns Zuschauern, spricht. Abschließend sei nochmal kurz auf den Beginn der Episode eingegangen, wo wir eine düstere Interpretation der Titelmelodie zu hören bekommen, die einen perfekt in das nachfolgende Geschehen einstimmt – eines von vielen kleinen Details, die den makellos-herausragenden Eindruck von "Sein letzter Fall" komplettieren.
Fazit:
Bei "Sein letzter Fall" passt einfach alles. Angefangen bei der veränderten, hier in Moll gehaltenen Titelmelodie. Über die künstlerische Freiheit, die sich John Hawkesworth bei dieser Adaption nahm, in dem er einen Fall rund um die gestohlene Mona Lisa ersann, um der Konfrontation zwischen Holmes und Moriarty eine unmittelbare Ursache zu geben. Den starken schauspielerischen Leistungen von Eric Porter als Moriarty, David Burke als Watson, sowie vor allem auch wieder Jeremy Brett als Holmes. Der fantastischen Inszenierung durch Alan Grint, die sich bereits in den ersten fünfundvierzig Minuten immer wieder mit netten Einstellungen hervortut, dann aber insbesondere rund um den Reichenbachfall – sowie den Fall von Holmes und Moriarty – zu begeistern weiß. Bis hin zur absolut famosen und für mich praktisch perfekten Umsetzung eben dieses letzten Duells zwischen Holmes und Moriarty, die dann auch in einem berührenden Monolog von John Watson mündet, der hier vermeintlich das Schlusswort rund um seinen besten Freund spricht. Für mich ist "Sein letzter Fall" nicht einfach nur die Sternstunde der Serie, sondern tatsächlich auch eine Sternstunde des Fernsehens der 80er. Eine Episode, die mich damals (in meiner Kindheit) wie heute zutiefst zu beeindrucken und zu begeistern vermochte.