Sherlock Holmes - 2x02: Der griechische Dolmetscher
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Originaltitel: The Copper Beeches Episodennummer: 2x02 Bewertung: Erstausstrahlung US: 01. September 1985 Erstausstrahlung D: 18. November 1987 1987 Drehbuch: Derek Marlowe Regie: Alan Grint Besetzung:
Jeremy Brett als Sherlock Holmes,
David Burke als Dr. John Watson,
Charles Gray als Mycroft Holmes,
Alkis Kritikos als Mr. Melas,
George Costigan als Wilson Kemp,
Nicholas Field als Harold Latimer,
Anton Alexander als Paul Kratides,
Victoria Harwood als Sophy Kratides,
Oliver Maguire als Inspector Gregson,
Rita Howard als Mrs. Stern,
Peter Mackriel als Ticket Inspector u.a.
Kurzinhalt:
John Watson ist überrascht, als ihm Sherlock Holmes eines Tages beiläufig von seinem Bruder Mycroft erzählt – dachte Watson doch bislang, dass sein Freund und Mitbewohner keine Familie (mehr) hätte. Zusammen suchen sie Sherlocks angeblich noch genialeren Bruder im Diogenes Club auf, wo dieser sie mit dem griechischen Dolmetscher Melas bekannt macht. Der wiederum hat sich nach einem so mysteriösen wie erschreckenden Vorfall an Mycroft gewandt, und erzählt nun Holmes und Watson davon: Vor ein paar Tagen wurde Melas in seiner Wohnung von zwei zwielichtigen Gestalten besucht, die ihn für einen dringenden – und lukrativen – Job anheuerten. Nachdem man ihm eine Augenbinde angelegt hatte und mit der Kutsche in etwa zwei Stunden unterwegs war, fand er sich in einem abgelegenen Anwesen wieder, wo er auf einen offensichtlich dort gegen seinen Willen festgehaltenen Landsmann, Paul Kratides, traf. Diesen sollte er, auf Geheiß der Kriminellen, dazu überreden, Dokumente zu unterzeichnen – wozu sich Paul jedoch weigerte. Sherlock und Mycroft gelingt es aus seinen Schilderungen eine Hypothese rund um die Vorgänge zu erstellen. Beiden wird klar, dass die Zeit drängt, wenn sie Paul Kratides noch retten wollen…
Review (kann Spoiler enthalten):
Von der literarischen Vorlage, die sich im Sammelband "Die Memoiren des Sherlock Holmes" wiederfindet, war ich noch nie sonderlich angetan. Ich fand die Schilderungen des titelspendenden Dolmetschers nie sonderlich spannend, und mir bekam Sherlock dort auch wieder einmal zu wenig zu tun, und nahmen die Schilderungen des Klienten zu viel Platz ein. Letzteres kann zwar durchaus auch im Hinblick auf die TV-Adaption gesagt werden, dennoch kam diese insgesamt bei mir deutlich besser an. Ein wesentlicher Grund mag sein, dass man hier einmal zumindest ein bisschen von der Vorlage abweicht, und uns einen packenden Showdown im Zug präsentiert, der für mich mit Abstand das Beste an "Der griechische Dolmetscher" war. Denn in der Vorlage ist die Geschichte eine jener, in denen Sherlock doch überwiegend eine Niederlage einstecken muss: Es gelingt ihm zwar, Melas zu retten, doch Paul verstirbt, und seine Entführer entkommen. Zwar erfahren wir ganz zum Schluss, dass es zwischen diesen offensichtlich zu einem Streit kam, weshalb sie tot aufgefunden werden, doch daran war Sherlock eben nicht mehr aktiv beteiligt.
Für die Serie weicht man nun recht deutlich davon ab: Zwar kommt Sherlock auch hier zu spät, um Paul zu retten, zusammen mit Watson und seinem Bruder gelingt es ihm dann allerdings, die Verbrecher im Zug zu stellen. Stark fand ich dabei vor allem auch jenen Moment, wo Sherlock Pauls Schwester Sophy – die sich zwar freiwillig an Kemps Plan beteiligte, dabei aber nie wollte, dass ihr Bruder zu Schaden kommt – von seinem Tod erfährt. Aber auch das kurze Gespräch von Mycroft und Kemp im Speisewagen, wo auch Sherlocks Bruder seinen Teil zur Ergreifung der Verbrecher beiträgt, gefiel mir. Überhaupt, Mycroft: Es war schön, die Figur nun auch in dieser Serie endlich zu Gesicht zu bekommen. Und mit der Wahl von Charles Gray (mir in erster Linie als dritter Blofeld, dessen Gesicht wir zu, nun, Gesicht bekommen aus dem "James Bond"-Film "Diamantenfieber" ein Begriff; nachdem er kurioserweise bereits bei "Man lebt nur zweimal", wo Blofeld quasi sein Leinwanddebüt gab, in einer anderen Rolle zu sehen war) war ich ebenfalls durchaus glücklich. An Jeremy Brett – der auch hier wieder mit das Beste an der Folge ist – kommt er zwar natürlich nicht heran, dennoch hat mir ihr Zusammenspiel hier durchaus gefallen. Und ganz allgemein fand ich den Fall hier in dieser inszenierten Form dann doch zumindest eine Spur packender und interessanter, als auf dem Papier. Mein Favorit aus den Erzählungen rund um die Abenteuer von Sherlock Holmes und Dr. Watson wird er zwar auch in dieser Variante nicht; dennoch finde ich es beachtlich, was man hier bei der TV-Adaption aus der meines Erachtens doch eher schwachen Vorlage herausholen konnte.
Fazit:
Holmes-Puristen mögen sich daran stören, dass die Serie – welche zuvor den Kurzgeschichten auf denen die Episoden basierten ziemlich genau folgten – hier zum ersten Mal zum Ende hin recht deutlich von dieser abweicht, und sich somit doch einige Freiheiten nimmt. Da für mich allerdings der Showdown im Zug mit Abstand das Beste an "Der griechische Dolmetscher" war, und die Folge somit für mich enorm aufwertete (weshalb ich sie letztendlich auch deutlich besser fand als die Vorlage), kann ich mich nicht einfach nur darüber nicht beschweren, sondern sehe ich darin sogar vielmehr die größte Stärke der Adaption. Denn von der Vorlage war ich noch nie so begeistert, und empfand sie doch eher als Tiefpunkt von "Die Memoiren des Sherlock Holmes". Insofern hat Derek Marlowe hier aus meiner Sicht ganze Arbeit geleistet. Darüber hinaus sticht natürlich in erster Linie der (erste?) Auftritt von Mycroft Holmes hervor, für den mit Charles Gray ein durchaus bekanntes Gesicht gewonnen werden konnte. Zwar nehmen mir die Schilderungen von Mr. Melas auch hier etwas gar (und zu) viel Raum ein, aber der Showdown im Zug, der Sherlock auch um einiges mehr zu tun gibt als in der Vorlage, macht diesen Kritikpunkt zu einem großen Teil wieder wett.