Mit: Willa Fitzgerald, Kyle Gallner, Madisen Beaty, Bianca A. Santos, Steven Michael Quezada, Ed Begley Jr., Barbara Hershey u.a.
Kurzinhalt:
Zwei Autos rasen über die Straße. Der Mann hinter dem Steuer des zweiten Wagens schießt mit einer Schrotflinte auf das Auto davor, und zwingt dieses so in einen Unfall. Eine Frau läuft heraus, und flüchtet in den Wald. Bei einem älteren Paar findet sie Zuflucht. Doch wie kam es überhaupt dazu? Ein paar Stunden zuvor schien die Welt noch die Ordnung zu sein. Da saßen die beiden direkt vor einem Motel in einem Auto, um abzuklären, ob sie die Nacht miteinander verbringen wollen. Dabei wird schon bald deutlich, dass die Frau Sex der eher härteren Gangart bevorzugt – umso wichtiger, dass im Vorfeld alles genau abgeklärt und strenge Regeln festgelegt werden. Dann jedoch nimmt die vermeintlich leidenschaftliche Nacht eine überaus düstere Wendung…
Review (kann Spoiler enthalten):
Das Leben ist ein ewiger Kreislauf. Für Filme gilt das ebenso: Quentin Tarantino war Zeit seines (bisherigen) kreativen Schaffens (ob dieses wirklich schon abgeschlossen ist, oder doch noch ein zehnter und letzter Film kommt, lässt sich ja noch nicht definitiv sagen) von den Filmen geprägt, die er in seiner Kindheit und Jugend gesehen hat. Dementsprechend nahm er sich an eben diesen ein Beispiel, und zeigen sich bei seinen Filmen immer wieder entsprechende, deutliche Einflüsse. Rund dreißig Jahre nach seinen Anfängen wächst nun eine neue Generation an Filmemachern heran, die wiederum mit seinen Werken aufgewachsen sind. Auftritt JT Mollner. Ok, zugegeben, es ist jetzt nicht so, dass Quentin Tarantino dessen Faszination für den Film geweckt hätte; laut eigener Aussage waren seine ersten Erfahrungen mit dem anspruchsvolleren Kino vielmehr Roman Polanski, Stanley Kubrick und Federico Fellini. Sein jüngster Spielfilm bewegt sich aber eindeutig in der Tradition von "QT", seien es die Kapitel, die verschachtelte (und unchronologische) Erzählweise, oder auch der gesamte Ton des Films, bei dem Spannung, Brutalität und Komik Hand in Hand gehen. Nur im Hinblick auf nackte Füße und absurde Dialoge müssen Tarantinophile Abstriche machen. Davon abgesehen bekommen sie mit "Strange Darling" aber einen der besten Filme, die Tarantino nie gedreht hat.
Womit ich allerdings nicht den Eindruck erwecken will, dass JT Mollners Film eine reine, einfallslose Kopie von dessen Filmen wäre. So wie ja auch schon Tarantino vor ihm greift er diese Einflüsse auf, bereichert sie dann jedoch zugleich um eigene Ansätze, und so erst recht wieder etwas Neues und zumindest ansatzweise auch Frisches entstehen zu lassen. Neben dem bewusst an eine andere Epoche angelehnte Look (wobei das sicherlich nichts ist, was rein Tarantino zuzuschreiben ist) fühlte ich mich vor allem bei den Kapiteln und deren unchronologischer Anordnung an Tarantino erinnert, ist das doch eine Erzählweise, auf die er im Lauf seiner Karriere immer wieder zurückgegriffen hat. Und wie schon dessen Filme profitiert auch "Strange Darling" davon, wie die einzelnen Kapitel zunehmend aufeinander aufbauen, wobei das erste gleich einmal das Interesse des Publikums weckt, während die weiteren dann die darin (und danach) aufgeworfenen Fragen nacheinander beantworten. Sonderlich überraschend fand ich diese zwar nicht, dennoch wertete dieser verschachtelte Aufbau den Film für mich definitiv auf (was insofern beachtlich ist, als ich zuletzt eigentlich zunehmend rein chronologisch erzählte Geschichten ohne solche Spompanadeln bevorzuge; hier war es aber halt echt super gemacht). Inszenatorisch sticht in erster Linie der echt saugeile Look des Films hervor. Die Musik stammt aus der Feder von Z Berg, und zählt ebenfalls zu seinen ganz wesentlichen Stärken, wobei es mir insbesondere die eindringliche Interpretation von "Love Hurts" zu Beginn angetan hatte. Und darstellerisch ist "Strange Darling" auch überaus fein. Gefreut habe ich mich dabei u.a. über die kleinen Gastauftritte von Ed Begley Jr. und Barbara Hershey; in erster Linie gehört der Film aber natürlich Willa Fitzgerald und Kyle Gallner, die beide (sowohl individuell als auch gemeinsam) bei mir definitiv Eindruck hinterlassen haben. Lediglich einen Kritikpunkt gibt es – bzw. gäbe es, weil um den auszuführen, müsste ich zu viel verraten. Sagen wir einfach, eine gewisse Entwicklung im letzten Kapitel hat mir nicht ganz geschmeckt; mir wäre wohler, das hätte man anders umgesetzt. Die letzte Einstellung an sich war dann aber wieder klasse; zumal sich dort dann nochmal eine unheimliche Spannung aufbaute.
Fazit:
Es gibt Filme, die haben dich schon beim "Hallo". So ging's mir mit "Strange Darling": Die Inszenierung der Anfangsszene mit der aus dem Wald laufenden Frau, unterlegt mit der vermeintlich besten Cover-Version von "Love Hurts" aller Zeiten – ich war auf Anhieb begeistert; und das hat sich auch in den neunzig Minuten danach nicht wesentlich geändert. Aufbau und Erzählstruktur waren wirklich klasse (wenn ich auch so manchen Twist nicht ganz so überraschend fand wie vielleicht gedacht), die Inszenierung und der ganze Look des Films waren auch großartig, die Besetzung bis in die kleinste Nebenrolle super, und die Musik zum Sterben schön. Wunderbar auch der stellenweise aufpappende Humor, wie z.B. das Frühstück, welches eine köstliche Parodie auf klassische Foodporn-Szenen war. Und ja, der Film war eindeutig stark von Tarantino inspiriert, aber in meinen Augen wirklich gut gemacht, und vor allem auch trotz allem eigenständig genug, um keine reine, einfallslose Kopie zu sein. Lediglich ein Punkt hat mich geringfügig gestört, aber um das näher auszuführen, müsste ich spoilern. Grundsätzlich war ich aber von Anfang bis Ende voll drin, und wurde bestens unterhalten. Empfehlung!